Putzen: Ab wann wird’s eklig?

Autor*innen
Laura Binder
Mann in Schürze und Gummihandschuhen steht mit Wischmop in der Hand auf der Handfläche einer großen Hand. Er hebt triumphierend die Faust.

Nasswischen muss nicht sein, staubsaugen hingegen umso mehr. Welche Putzaufgaben überflüssig und welche unterschätzt sind, verraten Expertinnen.

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Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 06/2023.

Ratgeber, Hacks oder Cleanfluencer: Wenn es ums Putzen geht, kennt jeder vermeintliche Weisheiten und Wundermittel. Aber was hilft wirklich? Und vor allem: Was muss überhaupt wie oft geputzt werden? Expertinnen erklären, worin man wirklich Zeit investieren sollte und was man getrost lassen kann.

Martina Schäfer

Martina Schäfer ist stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft und gibt als Expertin Tipps in der Sendung "Kaffee oder Tee" beim SWR. Zudem berät sie soziale Einrichtungen wie die Caritas bei der korrekten Reinigung.

Simone Scheithauer

Simone Scheithauer ist Direktorin des Instituts für Krankenhaushygiene und Infektiologie der Universitätsmedizin Göttingen sowie Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. Als Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin, sowie Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie gibt sie Antworten zu den möglichen Gefahren von Schmutz.

Muss man jede Woche putzen?

"Wie oft man putzen sollte, kommt immer darauf an, wer in einem Haushalt zusammenlebt", sagt die stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft Martina Schäfer. Ein Single macht vermutlich weniger Dreck als eine Großfamilie. Wer Hunde hat, hat mehr Schmutz als ein Aquariumbesitzer. Aber: Nicht nur die Bewohnerzahl ist wichtig, sondern auch, wie viel Zeit man Zuhause verbringt. "Wenn jemand den ganzen Tag im Büro ist, verschmutzt die Wohnung natürlich weniger", so Schäfer. Eines gilt für alle: "Man sollte mindestens einmal pro Woche einen Grundputz machen, also jeden Raum staubsaugen, Oberflächen reinigen, das Bad und die Küche putzen."

Ist Staub gefährlich?

Staub besteht aus vielen verschiedenen Partikeln: Hautschuppen und Haaren, Fasern aus Polstern und Kleidung, Essenskrümeln oder Straßenschmutz. Auch wenn die Komponenten an sich nicht gefährlich sind, kann Staub aber Beschwerden auslösen. Milben werden durch ihn angezogen und ihr Kot ist gefährlich, denn der zerfällt in winzige Partikel und enthält Allergene, wie bestimmte Verdauungsenzyme der Milben. Besonders für Kinder ist das laut Umweltbundesamt eine Gefahr, denn sie fassen sich oft mit der dreckigen Hand ins Gesicht oder in den Mund.

Grundsätzlich reizt jeder eingeatmete Staub die Atemwege und kann auf Dauer Allergien oder Atemwegserkrankungen verursachen. Deswegen, sagen die Expertinnen, ist Staubsaugen Pflicht, und zwar mindestens einmal die Woche in allen Räumen. Was gern vergessen wird: Auch die Möbel, wie das Sofa, mit einem feuchten Tuch abwischen, um feinen Staub zu entfernen.

Muss man Böden nass wischen?

"Saugen ist das neue Wischen", sagt Martina Schäfer. Heißt: Wer einen leistungsstarken Staubsauger hat, damit mindestens einmal die Woche saugt und ihn sauber hält, kommt damit schon sehr weit. Sauber halten bedeutet: Nach dem Saugen den Behälter entleeren, die Filter ausschütteln und bei starker Verschmutzung das Gerät abwischen. Dann reicht es vollkommen, zusätzlich Flecken punktuell zu entfernen, sagt Schäfer.

"Manche Leute kaufen sich einen Saug- und Wischroboter. Sie kommen nicht in alle Ecken und sind eher als Ergänzung zum manuellen Wischen oder Saugen geeignet. Bei Wischrobotern mit nur einem kleinen Tuch wird der Dreck eher verteilt", sagt Schäfer. Ähnlich sei das beim manuellen Wischen: Wer mit nur einem einzigen nassen Tuch durch die ganze Wohnung wischt, trägt nichts zur Sauberkeit bei. Wenn, dann müsse der Mopp oder das Mikrofasertuch von Raum zu Raum immer wieder gereinigt oder ausgespült werden.

Welches ist der hygienisch wichtigste Raum?

"Die Küche und die damit verbundene Lebensmittelhygiene sind sehr wichtig", sagt die Mikrobiologin Simone Scheithauer. Denn: Erreger müssen immer den Weg zum Menschen finden. Und am leichtesten passiert das in der Küche. Wer beispielsweise ein rohes Huhn vor dem Kochen schneidet und auf demselben Brettchen danach einen Salat zubereitet, läuft Gefahr, sich beim Essen mit Keimen, zum Beispiel Campylobacter-Bakterien, zu infizieren, die Durchfallerkrankungen verursachen. Und wenn zusätzlich der Fleischsaft spritzt oder tropft, sind auch die Arbeitsflächen kontaminiert. Laut dem Bundesamt für Ernährung können aber auch vegetarische und vegane Lebensmittel belastet sein, zum Beispiel rohe Eier mit Salmonellen oder Gemüse mit Schimmelpilzen. Wenn etwas offen schimmelt, reicht es nicht, das Lebensmittel wegzuwerfen. Man sollte unbedingt auch die Umgebung, zum Beispiel das Kühlschrankfach, mit Seife und Essigessenz auswischen.

"Es wird immer dann gefährlich, wenn potenzielle Infektionserreger in ausreichender Menge vorhanden sind", sagt Scheithauer. Bei der Lebensmittelzubereitung gilt deshalb: Kein Risikolebensmittel mit roh zubereiteter Nahrung zubereiten, die Arbeitsfläche abwischen und Messer und Kochutensilien unbedingt immer abwaschen.

Was sind die größten Gefahren im Bad?

"Schimmelpilzsporen", sagt Scheithauer. "Im Bad finden diese die optimalen Bedingungen, um sich aus der Luft abzulagern, denn dort ist es feucht und warm." Feuchter Dreck kann den Schimmelbewuchs begünstigen. Laut Weltgesundheitsorganisation haben Menschen, die sich in Räumen mit Schimmelbefall aufhalten, ein hohes Risiko für Atemwegserkrankungen oder Asthma. Neben dem Putzen ist das Lüften der effektivste Weg, Schimmel vorzubeugen. Ist der Raum einmal befallen, sollte man Schimmel professionell entfernen lassen.

Auch Fäkalbakterien sind eine Gefahr im Bad. Sie können sich in Handtüchern ablagern. Deshalb sollte man für verschiedene Körperstellen verschiedene Handtücher benutzen. "Ich empfehle, die Handtücher nach dreimaligem Benutzen zu wechseln und dann bei 60 Grad Celsius zu waschen", sagt Martina Schäfer von der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft. Wichtig: Zum Waschen immer Vollwaschmittel benutzen, denn das enthält Bleichstoffe, die auch antibakteriell wirken.

Braucht es wirklich Reinigungssteine in der Toilette?

In erster Linie übertünchen Reinigungssteine schlechte Gerüche. "Man sollte sich also fragen, woher diese Gerüche kommen", sagt Martina Schäfer. "In der Regel kommen die vom Biofilm, also der Schleimschicht von Mikroorganismen, die sich in dunklen Verfärbungen in der Toilettenschüssel zeigt." Die kann man zum Beispiel so entfernen: Einfach eine Gebissreiniger-Tablette in die Toilette geben und bis zum nächsten Spülgang einweichen lassen.

Spülen sollte man übrigens bei geschlossenem Deckel, damit nichts aus der Toilette an die Fliesen spritzt. Schäfer empfiehlt, die Toilette ohnehin jeden zweiten Tag zu reinigen, ebenso wie das Waschbecken. Denn auf dem Toilettensitz oder am Wasserhahn können sich Bakterien mehren, die man dann mit seinen Händen ins Gesicht übertragen kann, zum Beispiel beim Kratzen, Augenreiben oder Essen.

Wie oft muss ich die Bettwäsche wechseln?

Das Unhygienischste im Schlafzimmer ist tatsächlich der Mensch selbst: Beim Schlafen schwitzt man pro Nacht etwa einen halben Liter Schweiß aus, außerdem verliert man Hautschuppen. "Von diesen Hautschuppen ernähren sich Milben, die sich auf staubigen Stoffen besonders wohl fühlen", sagt die Hygieneexpertin Schäfer. Milben selbst sind zwar nicht gefährlich, aber ihr Kot kann allergische Reaktionen hervorrufen. Wenn man den Kot einatmet, weil man zum Beispiel die Bettdecken aufschüttelt, kann das auf lange Sicht sogar zu einer Hausstauballergie oder Asthma führen. "Das Bettzeug sollte man deshalb alle drei Wochen wechseln und dann auch gleich die Matratze absaugen", empfiehlt Schäfer. "Den Kopfkissenbezug wechselt man einmal die Woche."

Und Vorsicht beim Bett Machen am Morgen: Das Bettzeug sollte nach dem Schlafen zum Lüften aufgeklappt werden, um den Milben die Lebensgrundlage zu nehmen. Denn die mögen es warm und feucht. Im Schlafzimmer empfiehlt sich deshalb eine Temperatur von 15 bis 18 Grad Celsius. Auch für das Waschen von Bettzeug gilt: Vollwaschmittel bei 60 Grad. "Und zudem: Bügeln Sie die Bettwäsche nach dem Waschen, das desinfiziert thermisch, also über die Temperatur", sagt Schäfer. Andere Staubfänger, wie Vorhänge oder Teppiche müssen nicht zwingend gewaschen werden, sie können abgesaugt werden.

Wie putze ich am effektivsten?

"Der Erfolg einer Reinigung setzt sich zusammen aus Chemie, Temperatur, Mechanik und der Zeit", sagt Martina Schäfer. Ein Beispiel: Wer seine Küchenfliesen reinigen will, sollte den richtigen Reiniger aussuchen – einen fettlösenden, wie Spülmittel oder eine Sodalösung zum Beispiel –, warmes Wasser verwenden, ein Mikrofasertuch benutzen. Durch das Zusammenwirken zweier unterschiedlicher Faserarten kann sowohl fetthaltiger Schmutz als auch Wasser aufgenommen werden.

Wichtig ist auch: "Nur wischen, nicht sprühen", sagt Simone Scheithauer. Alles, was gesprüht wird, kann auch in die Lunge gelangen. Deshalb rät sie dazu, Reiniger aus der Flasche auf ein Putzwerkzeug wie ein Tuch zu geben und wischend zu reinigen. Auf die Flächen sprühen sollte man nur an schwer erreichbaren Stellen.

Womit putze ich am besten?

Viel wichtiger als die Reinigungsmittel ist aber die Wahl der Putzwerkzeuge. "Schwämme sollte man im besten Fall gar nicht verwenden", rät Martina Schäfer. Durch ihre luftige Struktur kann man sie schlecht reinigen und sie bieten optimale Wohnbedingungen für Bakterien. "Lieber in gute Mikrofasertücher investieren", sagt Schäfer. "Wenn ich ein Mikrofasertuch einsetze, brauche ich fast keine Chemie." Wer mit diesen Tüchern reinigt, kann durch die feine Oberflächenstruktur viel Schmutz aufnehmen. Und man kann sie einfach in der Waschmaschine bei 60 Grad Celsius mit einem Vollwaschmittel reinigen.

Vorsicht geboten ist bei Hausmitteln. So ist echte Natronlauge – im Gegensatz zu einer Lauge aus Natron und Wasser – zwar beim Putzen äußerst effektiv, für den Menschen aber auch gefährlich. Sie ist stark ätzend und sollte deshalb auf keinen Fall mit der Haut in Kontakt kommen. "Ich warne davor, echte Natronlauge zu benutzen, wie es in manchen Lifehacks verkürzt beschrieben wird, denn das Risiko, Augenschäden zu erlangen oder gar zu erblinden, ist groß", erklärt die Mikrobiologin Scheithauer. Eine Lauge aus Küchennatron und Wasser hingegen ist ungefährlich und reinigt zum Beispiel Fugen oder den Backofen. Um Flächen zu reinigen, reicht oft einfache Seife aus. Auch selbstgemachte Mittel, aus beispielsweise Orangenschalen oder verdünnter Essig sind sehr gut geeignet. Ansonsten ist Spülmittel dank seiner fettlösenden Wirkung ein gutes Allzweckmittel.

Sollte man sich beim Putzen schützen?

Um die Hautbarriere zu schützen, sollte man beim Putzen Handschuhe tragen. Wenn man zum Beispiel den Backofen reinigt und dabei Dämpfe entstehen, empfiehlt es sich außerdem, eine Maske zu tragen. Auch dann, wenn viel Staub aufgewirbelt wird, ist eine Maske nützlich. Denn man weiß nie, was sich dort abgesetzt hat. "In manchen Garagen nisten sich zum Beispiel Rötelmäuse ein, die Hantaviren ausscheiden können. Diese können sich im Staub absetzen und beim Putzen in die Lunge gelangen", sagt Scheithauer.

Muss man Küchengeräte regelmäßig reinigen?

Wer seine Geräte und Oberflächen nicht pflegt, kämpft nicht nur mit einer Brutstätte für Keime, sondern auch mit Verschleiß. "Kalk, Verkrustungen, üble Gerüche: Es tun sich noch mehr Probleme auf, wenn man nie putzt", sagt Martina Schäfer. In der Regel reicht es aber, Geräte beim wöchentlichen Grundputz abzuwischen und die Reinigungsprogramme in der vorgeschriebenen Frequenz zu nutzen, damit es hygienisch ist. Denn: "Warte ich zu lange, brauche ich immer stärkere Chemie, um alles wieder sauber zu bekommen."

Was sollte man auf keinen Fall machen?

"Nicht desinfizieren!", warnt Simone Scheithauer. "Desinfektionsmittel haben in normalen Haushalten nichts verloren." Jeder Einsatz von Desinfektionsmittel brauche eine klare Indikation. Heißt: Es braucht eine Begründung zum Desinfizieren, zum Beispiel Krankheitserreger, wie sie im medizinischen Bereich vorkommen. "Es geht dabei um das Antiseptic Stewardship", erklärt Scheithauer. "Die gute Wirkung von Desinfektionsmitteln ist, dass man Erreger abtötet. Die negative Wirkung ist, dass sie Erreger resistenter machen können." Und somit auch gefährlicher.

Und was sollte man auf jeden Fall machen?

Hände waschen. Denn von draußen schleppt man Erreger mit in die Wohnung, die, wenn sie sich ablagern, aus Staubnestern, Krümmen unter der Küchentheke oder den verklebten Resten eines verschütteten Getränks Brutstätten machen. Simone Scheithauer sagt: "Wenn man zum Beispiel dreckiges Geschirr mehrere Tage stehen lässt, können sich darauf Erreger ablagern. Diese müssen dann zwar erst wieder den Weg zu uns finden, aber trotzdem sollte man diese Nährböden vermeiden." Und deshalb als allererstes die Hände waschen, wenn man nach Hause kommt, rät Martina Schäfer.

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