Ernährung: Die trophologische Mythologie

Autor*innen
e-fellows.net Redaktion
Hände halten Himbeere

Ernährung ist ein schwieriges Thema – zumindest bekommt man leicht diesen Eindruck angesichts der Informationsflut, die täglich auf uns einströmt. Und mittendrin: Ernährungsmythen. Überall lauern sie: vermeintlich gute Ratschläge oder gesicherte Fakten, die Freunde, Eltern oder Großeltern "schon mal wo gehört" haben. Was davon stimmt? Fünf weit verbreitete Ernährungsmythen – und was dran ist.

Mythos 1 – der Urmythos: Es gibt gesunde und ungesunde Lebensmittel

Grüntee und Süßkartoffel? Klasse! Schwarztee und Kartoffeln? Bloß nicht! Wer Ernährungsblogs und Influencern glaubt, gewinnt schnell den Eindruck, dass sich die Menge an essbaren Substanzen in zwei fundamentale Kategorien aufteilt: Die Gojibeeren, Chiasamen und Avocados dieses Planeten, die der Garant für ein mindestens hundertjähriges Leben sind. Und all die anderen minderwertigen Nahrungsmittel, die dringend und zwingend ersetzt werden müssen.

Die gute Nachricht: Es gibt kein schlechtes Essen, nur schlechte Ernährung – es sei denn, du denkst darüber nach, Pilze in Tschernobyl zu sammeln. Für alle anderen, nicht toxisch oder anderswie belasteten Lebensmittel gilt: Auf die Mischung und die Menge kommt es an – per se brauchst du dir aber wegen keines Lebensmittels Gedanken zu machen. Solange dein Essen weder zu ungesundem Gewichtsverlust noch zu ungesunder Gewichtszunahme führt und dich mit allen notwendigen Vitaminen, Spurenelementen, Ballast- und Mineralstoffen versorgt, hau rein. Gewiss, es gibt Lebensmittel, die eine besonders hohe Nährwertdichte haben oder die deinen individuellen Bedürfnissen besonders entgegenkommen. Trotzdem heißt das nicht, dass alle anderen Lebensmittel deswegen ungesund oder gar verboten sind. Hauptsache, am Ende geht die Rechnung auf.

Welche Mischung für einen selbst gesund ist, variiert übrigens von Mensch zu Mensch und von Lebensabschnitt zu Lebensabschnitt. Vielleicht brauchst gerade eher kalorienarme, proteinhaltige oder jodarme Lebensmittel oder solche mit besonders vielen guten Fettsäuren? Mehr als auf Influencer solltest du hier auf deinen Arzt hören.

Mythos 2: Mehrkornbrot ist gesünder als Weißbrot

Mehrkornbrot klingt unglaublich gesund, ist in Wahrheit aber einfach das, was es sagt: ein Brot aus mehreren Kornsorten, und zwar mindestens drei. Keine davon muss aber Vollkorn sein, der nährstoffreichere Bruder des "Weißmehls". 

Wenn du nach besonders vielen Vorteilen für deine Ernährung und Gesundheit suchst, bist du beim Vollkornbrot an der richtigen Adresse. Hier werden nach der Ernte nur die Grannen und Spelzen entfernt, die Schale und der Keimling aber mitverarbeitet. Und genau da sitzen die ganzen Ballaststoffe, Öle, Mineralstoffe und Vitamine, die deinem Körper guttun. Bonus: Vollkorn hält länger satt, weil es mehr Ballaststoffe enthält. Das ist außerdem gut für deine Verdauung.

Mythos 3: Vollkorn macht nicht dick

Wie schon gesagt, ist Vollkorn voll in Ordnung. Trotzdem können auch Körnerhelden – wie fast jedes Essen – prinzipiell dick machen.

Die Antwort auf die Frage, was eigentlich dick macht, ist ein wenig zu komplex, um sie in einem Absatz zu beantworten. Ganz grundsätzlich lagert unser Körper aber überschüssige Energie gerne ein. Für später. Kann man ja immer noch mal gebrauchen. Und weil er keine Gefriertruhe hat, lagert er die Energie im Fettgewebe ein. Das ist dann das Depotfett für nahrungsarme Tage.

Wie viel Energie du brauchst, hängt von mehreren Faktoren ab: Größe, Alter, Geschlecht, Fitnesslevel und – Gewicht, denn wer mehr wiegt, verbraucht auch mehr Energie. Diese Energie berechnet man in Kilokalorien (kcal) oder Kilojoule (kJ). Normalgewichtige Frauen bis 25 Jahre brauchen pro Tag circa 1.900, Männer circa 2.500 kcal (ohne große körperliche Anstrengung).

Warum ist Vollkorn also so wertvoll, kann aber trotzdem dick machen? Wenn du den Brennwert von "normalen" Spaghetti mit Vollkornspaghetti desselben Herstellers vergleichst, ergibt sich praktisch kein Unterschied: 100 Gramm Spaghetti kommen mit 359 kcal daher, dieselbe Menge Vollkornspaghetti mit 350 kcal. Ein extra großer Teller Vollkornnudeln macht zwar satter, aber nicht schlanker.

Mythos 4: Eiweiß ist gut, Eigelb ist ungesund

Die gute Nachricht zuerst: Die Warnung, dass Eier den Cholesterinspiegel negativ beeinflussen, gilt mittlerweile als veraltet. Eier sind eine hervorragende Proteinquelle, denn der Körper kann das darin enthaltene Eiweiß bestens verwerten. Das ist gut für alle, die zu wenig Protein zu sich nehmen – und das passiert gar nicht mal selten. 

In Industrienationen hapert nämlich meist nicht an der Menge des Essens, sondern an seiner Zusammensetzung. Gerade hochwertige Proteine kommen gerne mal zu kurz. Du brauchst aber nicht gleich loszulaufen und Eiklar pur in der Flasche zu kaufen. Das Eigelb enthält nämlich sogar mehr "Eiweiß" (also Protein) als das Eiklar selbst: 16,1 Gramm Protein bringt das "Gelbe vom Ei" auf 100 Gramm mit, 11,1 das bei Fitnessgurus beliebte Klar. Dazu liefert der Dotter dir noch viele wertvolle Vitamine und Mineralstoffe, die dein Körper benötigt. Genieß also dein Spiegelei, Vollei-Omelett oder Frühstücksei mit gutem Gewissen.

Mythos 5: Honig ist gesünder zum Süßen als Kristallzucker! #zuckerfrei

Honig besteht zu rund 80 Prozent aus Fructose und Glucose. Das ist Zucker. Es wird auch nicht weniger Zucker dadurch, dass er aus Bienenrüsseln kommt. Gut, ein paar Enzyme und Mineralstoffe mehr bringt Honig schon mit. Aber zuckerfrei ist Bienenbabyfutter trotzdem nicht. Warum auch, die Bienenkids sollen ja schnell wachsen. 

Auch der Brennwert ist mit 300 kcal auf 100 Gramm hoch. Gleiches gilt übrigens für Agavendicksaft, Ahornsirup und Co.: nicht frei von, sondern hauptsächlich aus Zucker. Übrigens steht Fructose in Zusammenhang mit Diabetes Typ II, Übergewicht, dem metabolischen Syndrom und besonders mit Leberschäden. Sie ist also nicht der "bessere" Zucker. Süßt deshalb mit Bedacht.

Wenn dir also das nächste Mal ein Foodie-Blog ein "zuckerfreies Rezept mit Honig" oder ein supergesundes Eiklar-Omelette andreht oder dir beim Bäcker nebenan das Mehrkornbrötchen als gesunde Alternative zum Schnittbrötchen verkauft wird, weißt du Bescheid. 

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