Heilpflanzen und Hausmittel: Was hilft wirklich bei Erkältungen?

Autor*innen
Johanna Kuroczik
Eine Person mit roter Nase und Ringen unter den Augen, die in Schals und Tücher gehüllt ist und Tee trinkt. Sie sitzt in einer überdimensionierten Teetasse.

Vermeintliche Heilgewächse gibt es viele: In Mexiko schlürfen Erkältete Zwiebelsud, in Finnland schwört man auf Johannisbeeren – und am heitersten erkältet man sich in Schottland.

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Zumindest eine Branche hat sich vom Umsatztief der Corona-Pandemie wieder vollständig erholt: Die Erkältungsmittel-Industrie. Abstandsregeln drückten die Nachfrage, doch mittlerweile läuft das Geschäft mit Hustensaft, Nasenspray und Kräuterpastillen wieder. Dank der vielen Millionen Menschen, die derzeit unter Erkältungen leiden. Auch selbst zubereitete Hausmittel sind wieder gefragt.

Doch wenn man sich müffelnden Zwiebelsaft ins Ohr träufelt, beim Inhalieren mit Eukalyptus die Nase verbrüht und zu scharfen Ingwersud runterwürgt, bleibt die alte Frage: Hilft das Zeug überhaupt? Um dem nachzuspüren, begeben wir uns an dieser Stelle auf eine Reise. Mit Schnupfen durch die Welt der Heilkräuter. Können wir von fremden Kulturen – und befremdlichen Hausmitteln – lernen?

In vielen Ländern etwa schwört man auf die Kraft der Zwiebelgewächse gegen Erkältungen. In Mexiko kocht man ein Gebräu aus Zwiebeln, Knoblauch und Zitronen. In Polen schwört man auf Zwiebeln im Schwarztee. Und im harten Russland tropft man sich den Knoblauchsaft angeblich direkt in die Nase.

Die Macht der Zwiebel

Eine olfaktorische Herausforderung, die von der Forschung belohnt wird: Zwiebeln enthalten nicht nur Vitamine, sondern auch antimikrobiell wirkende Stoffe wie Quercetin oder Allicin. Diese Organosulfur-Verbindung steckt auch im Knoblauch, Allium sativum. In einem Altersheim in Spanien haben 65 Einwohner im Namen der Forschung tapfer sechs Monate lang täglich Knoblauch-Zwiebel-Extrakte geschluckt – und sie waren seltener krank. Die Inhaltsstoffe werden gar als Antibiotika-Ersatz erforscht oder zur Behandlung von Covid-19. Schlechte Nachricht für Teetrinker: Zwiebel und Knoblauch wirken nur roh gut. Das Kochen zerstört manche Inhaltsstoffe.

Ein wenig schmackhafter wird einem die Erkältung in Finnland gemacht. Dort schlürfen Kranke wohl einen Aufguss aus schwarzen Johannisbeeren. Diese wucherten schon in mittelalterlichen Klostergärten und enthalten Vitamin C sowie Gamma-Linolensäure, die gegen Entzündungen helfen soll. Theoretisch. Aussagekräftige Studien zur Wirkung gibt es nicht. Das heißt nicht, dass sie nichts nützen. Doch solche Forschung wird gewöhnlich von den Pharmakonzernen finanziert. Auf uraltes Gestrüpp lässt sich jedoch kein lukratives Patent anmelden. Dieses Schicksal trifft auch die südkoreanische Seealgen-Suppe gegen Erkältungen und Hustensaft aus dem vitaminhaltigen schwarzen Rettich aus Ägypten.

Man muss kein Wissenschaftler sein, um zu ahnen, dass das Hausmittel der Amerikaner wenig taugt. Dort schleppt man sich bekanntlich noch ins Office, wenn man grüne Klumpen aushustet. Viele Angestellte haben nur wenige bezahlte Krankheitstage zur Verfügung. Da bräuchte es eigentlich etwas Effektives, stattdessen trinkt man bei Erkältungen Orangensaft. Frischer Saft mag ein paar Vitamine enthalten, doch die Heilkraft wird sogar orangenem Zuckerwasser aus Konzentrat nachgesagt, das jegliche Nährstoffe entbehrt.

Wundermittel Ingwer?

Der Klassenfeind China hat da gesündere Impulse. Traditionell setzt man hier bei Infekten auf Ingwer. Da sorgen Scharfstoffe für eine bessere Durchblutung, was dem Immunsystem hilft: sie wirken auch gegen Viren und Bakterien. Gingerole lindern Übelkeit. Ein weiteres Gewächs, das tatsächlich bei Erkältungen zu helfen scheint, ist Thymian. Ätherisches Öl dämpft den Hustenreiz und der Inhaltsstoff Thymol wirkt gegen Bakterien.

Wer sich partout nicht mit rohem Knoblauch und Ingwer anfreunden kann, der erkältet sich am besten in Schottland. Hier gilt als traditionelles Heilmittel: Ein Punsch mit Whisky. Der schadet dem Immunsystem zwar, aber immerhin hebt er die Stimmung.

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