Entspannung: Drei Tage im Wellnesshotel sind kein Urlaub

Autor*innen
Paul Weinheimer
Sonnenuntergang hinter den Bergen und ein Gebäude im Vordergrund

Urlaub und Erholung sind wichtig – aber leider nicht immer stressfrei. Das geht auch anders: 12 ½ Tipps, wie man wirklich entspannt aus dem Urlaub zurückkommt.

e‑fellows.net präsentiert: Das Beste aus ZEIT Campus

Lies bei uns ausgewählte Artikel aus ZEIT Campus, dem Magazin der ZEIT für alle Abiturient:innen, Studierenden, Absolvent:innen und Young Professionals.

Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe: Wie du deinen Eltern nah bleibst – und trotzdem deinen eigenen Weg gehst.

Im Urlaub will man sich entspannen, klar. Dabei beginnt er oft mit einer To-do-Liste: Habe ich alle wichtigen E-Mails beantwortet? Brauche ich noch eine Impfung? Und wo ist eigentlich mein Reisepass? Nicht selten bedeutet Urlaub deshalb auch: Stress. Mit diesen 12 ½ Tipps kann man wirklich entspannen.

1. Palmenstrand oder Ostsee? Wähle das richtige Reiseziel!

Längere Reisen nach Hanoi oder San Francisco können dazu führen, dass man erst später in den Erholungsmodus schaltet. "Eine Stunde Zeitverschiebung macht einen Tag Gewöhnung an die neue Zeitzone aus. Bei sechs Stunden sind es ungefähr sechs Tage, bis man im Rhythmus angekommen ist", sagt Ingo Fietze, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Charité in Berlin. Meistens schlafe man erst mal schlechter ein und fühle sich deswegen erschöpfter.

Auch für die Anreise eine Nacht durchzumachen, kann stressen. Der Facharzt für Psychotherapie Robert Willi sagt: "Brechen Sie lieber frühmorgens auf." So komme der Körper auch bei einer späten Ankunft noch in die Tiefschlafphase. Das sei schonender für den Biorhythmus und bringe vor allem eins: Entspannung.

Wenn man wirklich runterfahren will, sollte man auch eher an einen Ort fahren, den man bereits kennt. Vielleicht an den Bodensee, nach Warnemünde oder in die Eifel, weil man dort schon als Kind mit der Familie seinen Urlaub verbracht hat. "Wenn ein Ort vertraut ist, ist man weniger aufgeregt und muss sich nicht erst orientieren", sagt Robert Willi.

Noch weniger stresst nur die Staycation. Dabei holt man den Urlaub zu sich nach Hause. Statt einzukaufen, zu putzen, aufzuräumen, lässt man den ganzen Alltagskram hinter sich und nimmt sich besondere Aktivitäten vor: Am Samstag reserviert man vielleicht einen Tisch im Restaurant am anderen Ende der Stadt, am Sonntag bleibt man im Freibad, bis der Bademeister Feierabend macht, oder radelt ins Grüne. Man macht eben all die Dinge, für die sonst die Tourist:innen in die Stadt kommen.

2. Drei Tage oder drei Wochen? So lange brauchst du wirklich zum Runterkommen.

Sonne, Strand, Palmen: Klischee kann geil sein. Aber wer nur eine Woche Urlaub bekommt, sollte sich gut überlegen, ob er zwei Tage davon am Flughafen verbringen möchte, um irgendwo hinzufliegen.

Der Facharzt für Psychotherapie Robert Willi sagt: "Zwei bis drei Wochen Urlaub braucht man in der Regel schon, um runterzukommen." Ab diesem Zeitraum sinke der Cortisolspiegel deutlich.

Wichtig sei auch, dass man "lange Stressphasen nicht einfach mit einem Wochenende im Wellnesshotel ausgleichen kann." Um einer Überlastung vorzubeugen, die möglicherweise in einem Burn-out enden kann, sollte man kontinuierlich auf Ausgleich achten. Deshalb rät er, jeden Tag Entspannungszeiten einzuplanen und nicht nur am Wochenende oder im Urlaub. Dabei helfen können regelmäßiger Sport (besonders Ausdauersport), Yoga oder progressive Muskelentspannung sowie autogenes Training.

3. Zusammen ist man weniger allein – und weniger gestresst. Oder umgekehrt.

Erholsam ist, was anders ist. Wer die meiste Zeit allein im Homeoffice arbeitet, der findet vielleicht eine Reise mit Freund:innen entspannter. Und wer jeden Tag im Großraum sitzt und mit Kolleg:innen zum Mittagessen geht, der entspannt sich vielleicht besser, wenn er allein wandern geht.

Die Psychologin und Stressexpertin Bettina Löhr sagt: "Wir brauchen Kontrasterlebnisse, um etwas als richtige Pause, also als Urlaub zu erleben. Wenn einen nicht alles an den Alltag erinnert, kann man schneller abschalten."

4. Wie schaffe ich es, mich in den ersten Tagen des Urlaubs zu entspannen?

Der Urlaub fängt nicht erst dann an, wenn du den Koffer im Hotel auspackst. Schon eine Woche vor der Abreise kannst du dir eine Checkliste machen, damit du nichts vergisst. So hast du genügend Zeit, alles einmal durchzugehen. Wer zu faul zum Nachdenken ist, findet im Internet Packlisten für verschiedene Reiseziele.

Außerdem sollte man nicht versuchen, in den letzten Arbeitstagen noch alles abzuarbeiten: "Stattdessen kann es hilfreich sein, sich eine Liste mit Dingen zu machen, die man nach dem Urlaub direkt angeht", sagt Psychologin und Stressexpertin Bettina Löhr. Was auch helfen kann: ein Übergabeprotokoll für die Kolleg:innen zu schreiben.

Wie lange das Abschalten im Urlaub dauert, ist ein guter Indikator für das eigene Stresslevel, sagt Stresscoachin Diana Köhler: "Wenn man über eine Woche braucht, ist das ein Warnzeichen, dass man auch sonst ein zu hohes Stresspensum hat."

Um schneller in den Urlaubsmodus zu kommen, kann es helfen, Erinnerungen an vorherige Urlaube "hochzuholen". Damit das gelingt, empfiehlt Köhler, die Urlaubsplaylist aus dem vergangenen Jahr zu hören oder ein bestimmtes Kleidungsstück anzuziehen, mit dem man eine vergangene Reise verbindet.

Damit man nicht mehr über die Arbeit nachdenke, sei vor allem in den ersten Tagen Bewegung wichtig: ein Spaziergang, den man mit einem schönen Besuch in der Eisdiele verbindet, oder Schwimmen im Meer. Aber auch hier: bloß kein Leistungsdruck, gerade beim Urlaubsstart sollte man sich nicht stressen.

5. Digital Detox oder Insta-Storys teilen? Das Internet ist nicht dein Urlaubsfreund.

Leg dein Handy weg. Ja, wirklich. "Wenn eine E-Mail von der Chefin oder vom Chef auf dem Handy aufploppt, kann der Tag gelaufen sein", sagt der Facharzt für Psychotherapie Robert Willi. Dabei spiele auch der Erwartungsdruck eine Rolle: Selbst wenn man auf eine Nachricht nicht direkt reagiere, würde man darüber nachdenken und habe man permanent den Druck zu antworten, was Stress produziere.

Sein Tipp: "Die Zeit am Smartphone oder Tablet sollte man auf null reduzieren." Damit das gelingt, kann man das Handy zeitweise im Hotel lassen und oldschool mit einer Karte die Gegend erkunden, alle Arbeits-Apps muten, Pushnachrichten deaktivieren und sich Bildschirmzeiten einrichten. Außerdem kann man sich einen festen Zeitraum überlegen, der für Nachrichten checken und Urlaubsfotos verschicken reserviert ist.

Auch Bettina Löhr sagt: "Das Gehirn braucht manchmal einfach Ruhe. Nur wenn man das Handy weglegt, kann man seine Kreativität wiederfinden und Momente bewusster erleben."

6. "Drei Aperol" oder "Ein Leitungswasser, bitte!"? Warum Alkohol trinken stresst.

Für viele gehört ein Aperol Spritz zum Urlaub wie das Sonnenuntergangsselfie oder ein Mückenstich. Aber Alkohol erhöhe nicht nur den Cortisolspiegel, sondern verschlechtere "bei mehr als zwei Gläsern Bier oder Wein die Schlafqualität", sagt Ingo Fietze, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums an der Charité in Berlin. Einschlafen sei in der Regel kein Problem, vor allem die zweite Nachthälfte schlafe man allerdings schlechter: "Unter anderem weil die sedierende Wirkung des Alkohols nachlässt, was einen extremen Weckreiz auslöst."

Wenn man eine oder zwei Nächte schlecht schlafe, würde man davon nicht unbedingt sofort etwas merken, wenn man aber eine Woche lang jeden Abend drei, vier Aperol Spritz trinke, könne das durch schlechte Schlafqualität den Stresspegel erhöhen, sagt der Facharzt für Psychotherapie Robert Willi. Wenn der Stresspegel steige, sei man leichter gereizt, müde und unkonzentrierter. Über einen längeren Zeitraum könne Schlafmangel außerdem zu depressiven Symptomen führen.

Wer trotzdem etwas trinken möchte, sollte vier bis sechs Stunden vor dem Schlafen nur noch Wasser zu sich nehmen, da der Alkohol so schon vorher abgebaut wird.

7. In der Sonne brutzeln oder Lichtschutzfaktor 50? Wie die Sonne die Erholung schmelzen kann.

Braun werden, das ist für viele das Ziel, die auf ihren Urlaub angesprochen werden wollen. Braun werden ist allerdings kein Orden, denn wer auf den richtigen Sonnenschutz achtet, spart dem Körper eine Menge Stress. Wer eher einen hellen Hauttyp hat, kann sich ohne den richtigen Sonnenschutz schon beim kurzen Spaziergang in der Mittagssonne verbrennen, bei einem dunkleren Hauttyp kann es 30 bis 60 Minuten dauern. So oder so: wenig Zeit.

Hohe Temperaturen sind ohnehin schon anstrengend, kommt dann noch ein Sonnenbrand hinzu, kann das schnell zu völliger Erschöpfung führen. Wichtig ist außerdem: Auch mit einem Lichtschutzfaktor 50 sollte man nicht den ganzen Tag in der Sonne liegen.

8. Wie viel Schlaf ist im Urlaub gut?

Der Urlaub eignet sich perfekt als Schlaflabor. Bettina Löhr sagt, hier könne man am besten testen, wie viel Schlaf man wirklich benötige. Sie rät, einfach mal auszuschlafen und aufzustehen, wenn man von allein aufwache. Dann sollte man allerdings auch nicht mehr liegen bleiben. Wer mit der Snoozefunktion noch Stunden im Bett verbringt, kann sich den erholsamen Schlaf wieder kaputtmachen.

Wer im Urlaub gern mal über die Stränge schlage, "sollte mindestens viermal die Woche auf einen normalen Schlaf von sieben bis acht Stunden kommen", sagt Ingo Fietze. Im Notfall sei auch ein Schlafsplitting im Urlaub möglich: vier bis sechs Stunden in der Nacht und vier bis zwei am Strand.

9. Laufen, schwimmen, fünf Bücher lesen: Nimm dir nicht zu viel vor!

Du nimmst dir vor, im Urlaub jeden Tag eine halbe Stunde joggen zu gehen oder eine Yogasession zu machen? Gute Idee, Bewegung kann dem Stresshaushalt guttun, aber auch Vorsätze können stressen: "Leistungsdruck ist Gift für die Erholung", sagt Bettina Löhr. Man laufe ständig Gefahr, der eigenen Erwartungshaltung nicht gerecht zu werden. "Manchmal ist es auch okay zu sagen: Ich brauche jetzt nicht noch eine Sightseeingtour oder muss noch drei Museen besichtigen."

10. Nichtstun muss man üben!

Du willst diese tolle Ausstellung sehen, in dem schönen Park spazieren gehen und unbedingt in dem megaleckeren veganen Restaurant essen? Klar, Programmpunkte schaffen Struktur. Aber: Plane auch Ruhetage ein und übe dich im Nichtstun. "Achtsamkeit spielt eine große Rolle, das bewusste Erleben im Urlaub ist entscheidend", sagt Bettina Löhr. Dazu gehören aktive Momente der Ruhe, ebenso wie ein gutes Maß an Aktivitäten, denn zu viel Abhängen kann auch anstrengend werden.

11. Berechne dein Budget vorher und nicht erst an Tag fünf beim Abendessen.

Wenn du mit Freund:innen oder deinem Partner in den Urlaub fährst, solltet ihr euch fragen: Machen wir eine Gemeinschaftskasse oder zahlt jede:r für sich allein? Wie viel Geld darf die Reise insgesamt kosten? Wo wollen wir sparen, wo wollen wir uns was gönnen können? So umgeht man unangenehme Diskussionen darüber, wer die Restaurantrechnung bezahlt und ob man sich jeden Tag einen teuren Liegeplatz am Strand leisten kann. Kostenlose Apps wie Splid oder Splitwise können das Money-Chaos sortieren: Hier kann jede:r die eigenen Kosten eintragen und man behält als Gruppe den Überblick.

12. Stress lass nach: So kommst du entspannt zurück.

Montag geht die Arbeit wieder los, dann reicht es ja, Sonntag um 22 Uhr zu Hause zu sein, oder? "Nein", sagt Robert Willi: "Wichtig ist, langsam runter und langsam wieder hochzufahren." Bei Stress spielen die Vorhersehbarkeit und Erwartungshaltung eine entscheidende Rolle: Allein schon der Gedanke an den Stress nach dem Urlaub führt selbst zu Stress. Wer sich also einen längeren Zeitraum für die Vorbereitung einplant, kann eine solche "vorbereitende Stressreaktion" abmildern. Im besten Fall kommt man schon am Freitag nach Hause, so kann man Samstag und Sonntag die Koffer auspacken, die Wäsche machen und Montag in die Arbeitswoche starten.

12. ½. Timing is everything!

Ja, wirklich! Wenn im Büro gerade die Hölle los ist, kann es auch entspannter sein, den Urlaub zu schieben. Das sollte man aber wirklich nur in Ausnahmesituationen tun, denn wer im Urlaub runterfährt und sich richtig erholt, arbeitet danach auch besser.

Bewertung: 3,5/5 (3 Stimmen)

Weitere Artikel der Kategorie Leben