Exklusive Umfrage: Welche Kompetenzen künftige Chefs mitbringen müssen
- Josephine Bewerunge
![Eine Waage mit zwei Waagschalen. Auf der einen steht eine einzelne Frau mit einem Megafon, auf der anderen vier junge Personen. Die Frau ist schwerer als die vier zusammen. [© master1305 – stock.adobe.com]](https://www.e-fellows.net/uploads/NEU-Medienbibliothek/Symbolbilder/_articleImageSmall/3225321/Chef-Mitarbeiter-Autoritaet.jpg)
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Eine Umfrage des Personaldienstleisters Robert Half zeigt, welche Herausforderungen in den nächsten zehn Jahren auf Spitzenmanager zukommen. Nicht nur an technologischen Kompetenzen mangelt es.
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Auf dem Arbeitsmarkt steht eine große Übergabe bevor. In den kommenden zehn Jahren wird sich die Generation X immer weiter dem gesetzlichen Renteneintrittsalter annähern. Die Babyboomer werden es vollständig überschreiten. Damit vollzieht sich ein Generationenwechsel, der insbesondere dort spürbar wird, wo eine lange Lebens- und Arbeitserfahrung in aller Regel Voraussetzung sind: in den Chefetagen von Unternehmen. Wer dort in einigen Jahren die Verantwortung übernehmen soll, will gut vorbereitet sein. Denn die Digitalisierung schreitet in rasantem Tempo voran und verändert die Anforderungen an Unternehmensspitzen grundlegend. Was also müssen Führungskräfte heute tun, um auch in der Zukunft gute Führung zu gewährleisten?
Die Antwort liefert eine Umfrage, die der Personaldienstleister Robert Half in Auftrag gegeben hat und deren Ergebnisse der F.A.Z. vorab vorliegen. Sie befasst sich mit den Herausforderungen, denen sich C-Level-Führungskräfte bis 2035 stellen müssen. C-Level, damit ist die oberste Führungsebene gemeint - all jene, die eine Position als "Chief Officer" bekleiden. Sie tragen meist die strategische Hauptverantwortung und sind dafür zuständig, ihr Unternehmen erfolgreich und zukunftsfähig aufzustellen. "Viele Unternehmen befinden sich mitten in einem Transformationsprozess - technologisch, personell und kulturell", sagt Philipp Weingart, Managing Director bei Robert Half. "Gleichzeitig klaffen Anspruch und Wirklichkeit in der Nachfolgeplanung, der digitalen Führungsfähigkeit und beim Talentaufbau weit auseinander."
Jüngere Generationen haben andere Werte
Den Umfrageergebnissen zufolge sehen Führungskräfte die größte Herausforderung darin, Fachkräfte zu gewinnen, zu entwickeln und zu halten. Das hänge auch mit den sich wandelnden Wertevorstellungen jüngerer Generationen zusammen, sagt Weingart: "Viele Führungskräfte sind nicht ausreichend vorbereitet, Talente nicht nur zu gewinnen, sondern auch durch sinnstiftende Arbeit, Flexibilität und Entwicklungsmöglichkeiten zu binden." Gleichermaßen herausfordernd ist laut der Umfrage die Aufgabe, die technische Infrastruktur den Leistungsanforderungen anzupassen, die modernere Wettbewerber vorgeben. Durch die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsprozessen gewinnen außerdem Themen wie Datenschutz und Cybersicherheit an Bedeutung.
Für die Umfrage wurden im ersten Quartal dieses Jahres 400 Führungskräfte aus den EU-Staaten und dem Vereinigten Königreich befragt. Sie verteilen sich gleichmäßig auf Unternehmen verschiedener Größenordnungen und haben unterschiedliche Branchenzugehörigkeiten. Außerdem beteiligten sich 100 Private-Equity-Investoren aus Europa und den USA. Ihr Blick ist auch in Bezug auf das Tempo kritisch, mit dem Wettbewerber Innovationen auf den Markt bringen. Vielen Unternehmen fällt es zunehmend schwer, Schritt zu halten. "Technologiezyklen werden immer kürzer, während viele Unternehmen noch in veralteten Systemen und Denkmustern festhängen", sagt Weingart. Es fehle an strategischer Technologiekompetenz in der Führungsetage und an strukturellen Rollen, um Innovation zu orchestrieren.
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Mensch und Maschinen in Einklang bringen
Fragt man Führungskräfte, wie sie sich auf diese Herausforderungen einstellen, steht die Verbesserung der Cybersicherheit an erster Stelle. Darauf folgen die Vorhaben, zukunftsfähige Kompetenzen in der Belegschaft zu fördern und die eigene Führungsstärke und Resilienz auszubauen. Im letzten Punkt sehen Investoren mit Abstand die größte Notwendigkeit.
Laut Weingart wird zukunftsstarke Führung "nicht durch Titel, sondern durch Wirkung definiert - und durch die Fähigkeit, Menschen und Maschinen in Einklang zu bringen." Künstliche Intelligenz spiele dabei als "Katalysator für strukturelle Veränderung in der Unternehmensführung" eine zentrale Rolle.
Die Umfrage zeigt auch, in welchen Bereichen Führungskräfte bis 2035 die größte KI-bedingte Veränderung erwarten. Demnach gehen sie mehrheitlich davon aus, dass Bereiche wie das Finanzmanagement, die Berichterstattung oder die Produktentwicklung vollständig von einer Künstlichen Intelligenz übernommen werden. Unterstützen wird die KI etwa in der Leistungsmessung, der Aus- und Weiterbildung von Personal oder der Optimierung von Lieferketten und Prozessen. "KI kann repetitive Aufgaben automatisieren und datengetriebene Entscheidungen verbessern - aber nur wenn Führungskräfte sie verstehen und verantwortungsvoll einsetzen", fasst Weingart zusammen. "Sie ersetzt nicht den Menschen, aber sie verändert, wie der Mensch führt."
Um dem demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel beizukommen und die Nachfolgefrage rechtzeitig anzugehen, braucht es Veränderungen in der Arbeitskultur, leistungsfähige Technologien und Führungspersonen, die auch gegen Ende ihrer Karriere Offenheit und Entschlossenheit beweisen. Institutionelles Wissen weiterzugeben, ist Teil der Aufgabe. Dieses Wissen stetig zu erweitern, ist Teil der Lösung.
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