Karriere: Big Tech, Big Dreams

Autor*innen
Julian Schmelmer
Eine Person, deren Kopf durch einen Monitor ersetzt ist, schwebt auf dem Rücken liegend wie im freien Fall. Um sie herum sind Planeten zu sehen.

Viele träumen davon, in Big-Techunternehmen zu arbeiten. Vier Berufseinsteiger:innen erzählen, wie sie bei Amazon, Microsoft und Pinterest gelandet sind.

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Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe: Wie du deinen Eltern nah bleibst – und trotzdem deinen eigenen Weg gehst.

Julia Kasper

29, hat Wirtschaftsingenieurwesen an der HM studiert und arbeitet seit zwei Jahren als Program Manager bei Microsoft.

"Mein Leben ist von Meetings und Programmieren bestimmt" 

"Eigentlich hatte ich nie Bock auf IT, obwohl ich damit aufgewachsen bin. Mein Papa arbeitet bei einem Mittelständler aus unserem Dorf in der IT-Abteilung. Als ich klein war, hat er mir immer mal wieder ein Computerspiel wie 'Addy Junior' unter den Weihnachtsbaum geschmuggelt. Nach dem Abi habe ich dann Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule München studiert. Nach drei Praktika in Auto- und Luftfahrtunternehmen bemerkte ich aber, diese Branchen sind nicht meins.

Statt für Antriebssysteme interessierte ich mich mehr für die Gespräche der IT-Abteilung in der Kaffeeküche. Die Diskussionen über das Programmieren motivierten mich, meinen Fokus darauf zu legen. Im dritten Semester besuchte ich meine ersten Vorlesungen in C++ und Python. Im Master habe ich den IT-nahen Studiengang Finance and Information Management gewählt und meine ersten Apps gebaut.

Ich träumte schon länger davon, für eine große Techfirma zu arbeiten. Also bewarb ich mich ein Semester vor der Masterarbeit bei Microsoft als Werkstudentin und wurde genommen. Danach konnte ich als Modern Work Consultant bleiben.

Vergangenes Jahr habe ich dann ins Headquarter nach Redmond bei Seattle gewechselt. Im Bewerbungsverfahren gab es drei Interviews, ein technisches, ein Culture-Gespräch und eins als Program Manager. Dort kann ich nun Softwareinnovationen für Developer mitgestalten, die das Leben von Millionen Nutzer:innen auf der ganzen Welt verändern. Silicon-Valley-Klischees wie gratis Essen, Bäume auf dem Dach oder Tischtennisplatten werden hier nicht erfüllt. Was mir gefällt, ist die Diversity, jede:r wird so akzeptiert wie sie oder er ist.

Mein Leben ist von Meetings und Programmieren bestimmt. Zum Ausgleich mache ich dreimal die Woche CrossFit und dienstags und donnerstags HIIT-Workouts. Am Wochenende erkunden mein Partner und ich den Mount Rainier National Park oder gehen in die Stadt.

Ob ich für immer hier leben und arbeiten möchte, weiß ich noch nicht. Im Moment lebe ich aber meinen Traum."

Ardawan Okhovat Alavian

28, hat BWL an der Uni Hamburg studiert und arbeitet seit vier Jahren als Creative Production Lead bei Snapchat.

"Ich entwickele Augmented Reality Lenses" 

"Als ich vor zehn Jahren die Snapchat-App auf mein Handy geladen habe, hätte ich nicht gedacht, dass ich dort mal arbeiten würde. Nach der Schule habe ich BWL an der Uni Hamburg studiert. Ich dachte, damit kann ich später mal irgendwo im Marketing arbeiten. Neben dem Studium war ich dann auch im Aviation Marketing am Hamburg Airport und habe unter anderem dessen Social-Media-Kanäle gestartet. Nach dem Bachelor wollte ich noch mal was anderes ausprobieren. Als ich eine ausgeschriebene Stelle im Bereich Creative Strategy im Hamburger Büro von Snap gesehen habe, dachte ich, ich bewerbe mich einfach mal auf ein Praktikum. Denn mein Prof hat früher immer gesagt, wenn man sich nicht bewirbt, ist die Chance, angenommen zu werden, gleich null. Ich hatte aber keine Hoffnung, dass sie mich nehmen würden, weil ich keine Erfahrung in dem Bereich hatte. Umso mehr habe ich mich gefreut, als nach drei Bewerbungsrunden die Zusage kam.

Als Quereinsteiger musste ich den Mut beweisen, neue Dinge auszuprobieren, und den Ehrgeiz haben, sie zu lernen. Für Snapchat war ausschlaggebend, dass ich mit meiner Art und meinem Auftreten zum Unternehmen passe. Meine Vorkenntnisse waren weniger wichtig. Durch Fortbildungen in internen Trainings konnte ich mich schnell weiterentwickeln.

Inzwischen bin ich seit vier Jahren bei Snapchat. Meine Aufgabe als Creative Production Lead ist es, Video-Assets, Filter und vor allem Augmented Reality Lenses für Marken zu entwickeln, damit diese erfolgreich auf der Plattform werben können. Mit meinem Team von zwölf Leuten arbeite ich an neuen AR-Kampagnen für Snapchat. Zuletzt haben wir zum Beispiel für Samsung eine spielerische AR-Lense entwickelt, bei der man den digitalen Putzerfisch Pablo durch eine Unterwasserwelt lenken kann.

Früher habe ich Snapchat nur für die Kommunikation mit meinen engen Freund:innen genutzt, jetzt snap ich auch mal mit Business-Partner:innen. Mein Snap-Score liegt übrigens inzwischen bei 122.839."

Tareq Haschemi

29, hat Informatik Technischer Systeme an der HAW Hamburg studiert und arbeitet seit zwei Jahren bei Amazon Web Services.

"Ich bekam Angebote von Headhuntern" 

"Im Abi hatte ich einen Drei-Komma-Schnitt. Heute arbeite ich für eines der größten Techunternehmen im Bereich Machine Learning: Amazon. Mit 13 habe ich mit Photoshop meine ersten Homepage-Designs erstellt und programmiert. In meiner Jugend habe ich mehr Nächte vorm Computer als auf Partys verbracht. Für meine Freund:innen und mich stand schon damals fest, dass ich später mal was mit Informatik machen würde, und das habe ich dann auch durchgezogen.

Ich studierte Informatik Technischer Systeme an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Im Studium haben meine Kommiliton:innen und ich uns neben regulärer Software-Programmierung auch mit hardwarenaher Software und Robotern beschäftigt.

Nebenbei arbeitete ich als Werkstudent in einem Softwareunternehmen, das Personalplanungssoftware für Kundenservice-Center anbietet. Dort habe ich die Vorhersage von Anrufzahlen unserer Kund:innen mithilfe von künstlicher Intelligenz automatisiert. Die Software lernt aus wiederkehrenden Mustern in regelmäßigen Abständen.

Nach meinem Bachelorstudium habe ich dann als IT-Berater mit Schwerpunkt Data Science bei Lufthansa Industry Solutions gearbeitet. Dort habe ich unter anderem Vorhersage-Algorithmen für Flugankunftszeiten entwickelt. Nach drei Jahren habe ich mich bei Amazon Web Services beworben und bin dort nun ML Engineer Consultant II, dass heißt, ich berate Kund:innen, wie sie unsere Cloud-Services gezielt einsetzen können, oder entwickle datengesteuerte Anwendungen in der Cloud mit Algorithmen. Für die Bundesliga bin ich einer der Leads, der die KI-Modelle erstellt, um aus Daten vom Spielfeld Insights wie die Expected Goals zu generieren.

Seit der Pandemie arbeite ich von zu Hause und komme kaum noch ins Büro. Dafür reise ich regelmäßig zu meinen Kund:innen und berate sie in ihren IT-Fragen. Mit meinem Gehalt bin ich übrigens sehr zufrieden und arbeite nur selten mehr als 40 Stunden in der Woche."

Shanice Sintim-Aboagye

30, hat an der Hochschule Fresenius in Hamburg studiert und arbeitet als Administrative Business Partner bei Pinterest.

"Meine Eltern haben früher zu mir gesagt: 'Du musst immer ein bisschen besser sein als die anderen, um gesehen zu werden.' Das habe ich mir zu Herzen genommen. Nach meinem Bachelor in Medien- und Kommunikationsmanagement an der Hochschule Fresenius in Hamburg habe ich drei Jahre lang in einer Agentur als Management Assistant gearbeitet. Meinen Master wollte ich nicht irgendwo machen, ich wollte in Dänemark studieren. Im Rahmen des Studiums habe ich ein Praktikum bei Social Ghana absolviert, einer renommierten Social-Media-Agentur in Westafrika. Die Kombination aus guten Studienabschlüssen und praktischer Erfahrung hat dazu geführt, dass mich Techfirmen einstellen wollten. Ich bekam Angebote von Headhuntern für Jobs bei Facebook und Snapchat – und entschied mich für Snapchat, dabei hatte ich die App nicht einmal installiert.

Im November 2022 bin ich dann zu Pinterest gewechselt. Dort arbeite ich als Administrative Business Partner und unterstütze das Team bei Projekten wie der Erstellung eines internen Knowledge-Sharing-Kanals. Ich habe mich bewusst für Pinterest entschieden, weil hier ein inspirierender und inklusiver Space für alle Mitarbeitenden geschaffen wird. Durch die flexiblen Arbeitsstrukturen konnte ich im vergangenen Monat aus Ghana arbeiten. Außerdem schätze ich die Weiterbildungsmöglichkeiten mit digitalen Tools.

Viele junge Schwarze Menschen haben es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht, besonders wenn sie aus der ersten Einwanderergeneration kommen. Meine Eltern haben einen Großteil ihres Ersparten für meine Bildung ausgegeben. Nicht jede Familie hat diese Möglichkeit. Deshalb habe ich Aidia mitgegründet, das erste Afrodeutsche Start-up-Pitch-Event. Wir unterstützen Start-ups finanziell und sorgen dafür, dass sich Afrodeutsche Gründer:innen mit erfolgreichen Schwarzen Unternehmer:innen wie Jesaja Brinkmann und Kave Bulambo vernetzen können, und mit Unternehmen wie PayPal oder der Otto Group. Dass ich heute mein Wissen und meine Erfahrungen weitergeben kann, das macht mich besonders stolz."

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