Nach dem BWL-Studium: So gelingt der Einstieg als Unternehmensberater

Autor*innen
Julius Stockheim
Eine Person läuft einen geschwungenen nach oben zeigenden Pfeil entlang.

Unternehmensberater bei McKinsey, BCG oder Deloitte: Für viele BWL-Studenten ist das der Traumjob. Doch was muss man als Bewerber mitbringen? Recruiter von zwei Tophäusern geben Antworten.

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Seit Veit Lux im Oktober 2021 seinen BWL-Bachelor an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf begonnen hat, gibt es für ihn nur noch ein Ziel: Unternehmensberater werden. Und zwar bei einem der großen Häuser. Deloitte, Boston Consulting, EY, McKinsey, PwC – Lux möchte als Consultant in der Champions League mitspielen. "Unternehmensberater ist ein angesehener Beruf. Er ist ein Karrieresprungbrett, und die Expertise, die man als Berater sammelt, ist noch mehr wert als das Geld, was man verdient", sagt der 21-Jährige.

Lux ist bewusst, dass die Konkurrenz hart ist – und Einstiegsstellen als Berater begehrt sind. "Der Beruf ist enorm gefragt, insbesondere seit 2022, als viele Start-ups und Banken weniger neu eingestellt haben", sagt Jonathan Steinbach, der bei McKinsey & Company für das Recruiting zuständig ist. Während viele Branchen sich aktuell mit Neueinstellungen zurückhalten, baut die Beraterbranche Personal auf: Deloitte wuchs im vergangenen Jahr von weltweit 163.000 auf 170.000 Mitarbeiter in den Bereichen Consulting und Advisory. Einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) zufolge planen 55 Prozent der befragten Consultingunternehmen, neue Stellen zu schaffen. Das ist typisch für die Beratungsbranche: In Krisenzeiten ist Beratung besonders gefragt. So tun sich Karrierechancen auch für Neueinsteiger auf – die viele BWL-Studenten nutzen wollen.

Unter den fast 2,9 Millionen Studenten im Wintersemester 2023/24 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund 232.000 Männer und Frauen im Fach BWL eingeschrieben. Die Betriebswirtschaftslehre belegt seit Jahren unangefochten den ersten Platz der beliebtesten Studiengänge in Deutschland – und gilt als klassischer Wegbereiter für eine Karriere als Consultant.

Berater müssen sich in komplexe Themen schnell einarbeiten

Aber setzen die großen Beratungshäuser bei ihren Nachwuchstalenten heute tatsächlich noch auf das klassische BWL-Studium? Wir haben uns unter den großen Beratungshäusern umgehört, worauf sie im Recruiting Wert legen. Carolin Eistert, Leiterin Recruiting bei der Boston Consulting Group (BCG), sieht die breite BWL-Ausbildung als gute Grundlage für eine Beraterkarriere. Etwa 50 Prozent der neu eingestellten Mitarbeiter seien ehemalige BWL-Studenten. "Viele BWLer gehen in sehr zahlenorientierte Berufe wie Finanzen und Controlling. Aber das Studium bietet mehr, als mit Daten umzugehen", sagt Eistert. In der Betriebswirtschaftslehre gehe es darum, zu verstehen, wie ein Produkt oder eine Dienstleistung entlang der Wertschöpfungskette entsteht – und was das für die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft bedeute. Gerade wegen dieses Rundumblicks sei das breit gefächerte Studium geeignet, Consultant zu werden.

Beratern hängt der Ruf an, Unternehmen umzukrempeln, Stellen abzubauen und schlechte Stimmung zu verbreiten. Ihr Arbeitsalltag sieht aber strukturierter aus: Berater entwerfen in erster Linie Strategiekonzepte für Unternehmen. Sie sammeln und analysieren Daten, um auf dieser Grundlage Lösungswege vorzuschlagen, zum Beispiel zur Transformation eines Unternehmens oder um neue Märkte zu erschließen. Der Erfolg einer Beratungsleistung hängt also auch davon ab, ob Unternehmen bereit sind, die Ratschläge anzunehmen. Für die Berater gilt: Um Unternehmen weiterhelfen zu können, müssen sie nicht von vornherein Experten auf deren Gebiet sein, denn das Fachwissen steckt in den Unternehmen.

Auch Carolin Eistert hat BWL studiert und in Politikwissenschaften promoviert, arbeitet jetzt aber an vielen Projekten im Gesundheitswesen. Jonathan Steinbach hat Business Administration und Finanzen studiert, beriet bei McKinsey aber bereits verschiedene Branchen. "Berater lernen in ihrem Beruf innerhalb kürzester Zeit unglaublich viel", sagt er. Denn: Sie müssen sich in komplexe Themen schnell einarbeiten, weswegen es nicht nötig ist, etwa Gesundheitsökonomie studiert zu haben, um Unternehmen im Gesundheitswesen zu beraten.

"Wir wollen die Toptalente"

Wer sich für das BWL-Studium oder die Unternehmensberatung interessiert, stößt im Internet unweigerlich auf David Döbele. Der 28-Jährige hat 2020 die Karriereberatung "Pumpkincareers" gegründet und wurde auf Tiktok und Instagram als Klischee-BWLer bekannt. Sein Unternehmen berät Studenten, wie sie es nach dem Studium etwa ins Investmentbanking oder in die Beratung schaffen. Döbele sieht in dem Beruf des Beraters einen entscheidenden Vorteil: "Er ist ein exzellentes Karrieresprungbrett, egal wo es danach hingehen soll", sagt er. "Wer langfristig bei Unternehmen in hohen Positionen einsteigen will, macht mit der Beratung als Karriereanfang nie was falsch." Tatsächlich arbeiteten einer Untersuchung des Datenanbieters Altrata zufolge von den CEOs der 500 wertvollsten US-amerikanischen Unternehmen 36 zuvor bei McKinsey, BCG oder Bain & Company.

Natürlich herrsche in Strategieberatungen ein hohes Arbeitspensum, sagt Döbele, aber es gebe heute mehr Möglichkeiten, auch in dieser Branche Privatleben und Beruf in Einklang zu bringen. "In vielen großen Beratungen sind auch mehrwöchige Auszeiten möglich", betont er. Gleichzeitig übt er Kritik an den großen Unternehmensberatungen: "Die haben sich ein Image aufgebaut, nach dem nur die Besten der Besten bei ihnen eingestellt werden. Das zieht gewisse Menschen an, aber viele schreckt es ab, sich überhaupt zu bewerben. Obwohl sie es vielleicht schaffen würden", sagt der Jungunternehmer. Diesen Vorwurf dementieren McKinsey und BCG nicht. "Das muss man gar nicht verschweigen. Wir wollen die Toptalente, und das sollten dann auch die Topabsolventen an den Unis sein", sagt McKinsey-Recruiter Steinbach. Eistert von BCG sieht es genauso: "Wir suchen Leute, die sich durch starke akademische Exzellenz und strategisches Denken auszeichnen".

Unternehmer Döbele rät trotz der hohen Ansprüche zu Selbstvertrauen, wenn es um eine Bewerbung bei den großen Beratungshäusern geht. "Aber BWLer müssen sich schon überlegen, wie sie sich von den anderen unterscheiden können. Denn nur mit dem Studienhintergrund geht es nicht." Praktika in den Semesterferien, Auslandserfahrung oder ein Stipendium seien Möglichkeiten, sich abzuheben. "Den perfekten Weg in die Unternehmensberatung gibt es nicht, aber exzellente Noten und studentisches Engagement sind eine gute Grundlage", fügt er hinzu.

Was Berater verdienen

Auch Steinbach von McKinsey hält den perfekten Karriereweg für einen Mythos und rät dazu, sich bei der Studienwahl an den eigenen Interessen zu orientieren: "Die Wahrscheinlichkeit, in einem Fach, das einen wirklich interessiert, sehr gute Leistungen zu erzielen, ist deutlich höher, als wenn man sich in irgendeinen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang zwingt, der nicht passt." Bewerber ohne einen ökonomischen Studienhintergrund hätten ebenso gute Chancen in der Beratungsbranche.

Die Beratungshäuser geben sich Mühe, das Geheimnis der Höhe ihrer Gehälter aufrechtzuerhalten. Aus der Studie "Vergütung im Consulting 2024" des BDU geht jedoch hervor, dass Analysten im vergangenen Jahr inklusive Nebenleistungen durchschnittlich 60.000 Euro verdienten, Consultants 71.000 Euro, Senior Consultants 97.000 Euro, Manager 125.000 Euro, Senior Manager 170.000 Euro und Partner mit Kapitalbeteiligung am Unternehmen 395.000 Euro. Letztere Position gelingt Beratern grob gesagt nach etwa 15 Jahren im Beruf, manchmal schneller. Ein wichtiger Bestandteil des Gehalts ab der Managementebene sind Boni, also leistungsbezogene Extrazahlungen jenseits des Festgehalts, die die Mitarbeiter zur Mehrarbeit anregen sollen.

Tendenziell gilt auch in der Unternehmensberatung: Die großen Player zahlen mehr als kleinere Beratungshäuser. BCG-Recruiterin Eistert sagt dazu: "Unser Gehalt ist mehr als wettbewerbsfähig und kann sehr schnell sechsstellig werden". Genauer möchte sie nicht auf die Gehaltsaussichten eingehen. Ihr Zwinkern verrät allerdings, dass das Klischee der hohen Gehälter stimmt.

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