Auswertung von Microsoft: Diese Berufe sind am stärksten durch KI gefährdet

Autor*innen
Anne Kokenbrink
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Dolmetscher, Historiker, Unternehmensberater: Eine neue Erhebung von Microsoft Research zeigt, welche Berufe sich durch Künstliche Intelligenz am meisten verändern könnten – und welche weniger.

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Es ist eine Sorge, die viele Beschäftigte umtreibt. Wenn Künstliche Intelligenz (KI) Aufgaben übernimmt, an denen man sonst stundenlang mühevoll arbeitete und womöglich verzweifelte, braucht es mich dann überhaupt noch? Die Debatte ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Doch die Frage, inwieweit KI einzelne Berufe oder ganze Berufsgruppen beeinflussen oder gar gefährden könnte, bleibt. Eine aktuelle Studie von Microsoft Research in den USA versucht dazu nun datenbasierte Einblicke aus dem Arbeitsalltag zu liefern.

Die Forscher analysierten rund 200.000 anonymisierte Chat-Konversationen mit dem KI-gestützten Assistenten Microsoft Copilotaus dem Zeitraum Januar bis September 2024. Zusätzlich wurden Lohn- und Beschäftigungsdaten ausgewertet. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Aufgaben Nutzer mit KI erledigen wollten, wie erfolgreich die KI dabei war und welche Berufe davon besonders betroffen waren. Ziel war es, ein realistisches Bild zu gewinnen, wie stark KI heute schon auf verschiedene Tätigkeiten wirkt und wie groß das Potential für Veränderungen ist.

Die Ergebnisse zeigen: Am häufigsten wird KI zur Informationsbeschaffung, zum Schreiben und für die Kommunikation eingesetzt. Der Chatbot agiert dabei hauptsächlich als Informationslieferant, Assistent, Coach oder Ratgeber. Interessant ist, dass in 40 Prozent der Fälle die Ziele der Nutzer und die tatsächlichen KI-Aktionen auseinandergehen, etwa wenn der Nutzer ein Computerproblem lösen will, die KI aber nur allgemeine technische Tipps geben kann. Insgesamt übernimmt KI selten komplette Tätigkeiten, sondern unterstützt vor allem bei Teilaufgaben. Das kann die Produktivität steigern und neue Aufgabenfelder eröffnen, verändert aber auch die Profile vieler Berufe.

Diese Berufe sind am stärksten gefährdet

Die Studie bewertet die "KI-Anwendbarkeit" von Berufen anhand eines KI-Anwendbarkeitsscores, der drei Faktoren kombiniert: Wie häufig werden berufstypische Aufgaben mit KI erledigt ("Coverage")? Wie erfolgreich ist die KI dabei ("Completion")? Und wie groß ist der Anteil der Tätigkeit, den die KI in einer typischen Interaktion abdecken kann ("Scope")? Ein Score von 0,5 würde bedeuten, dass etwa die Hälfte der typischen Aufgaben eines Berufs schon heute sinnvoll von KI unterstützt oder übernommen werden kann.

Berufe mit dem höchsten KI-Anwendbarkeitsscore

In der Studie überschreitet kein Beruf diese Schwelle. Die Erhebung zeigt aber, dass besonders wissensbasierte und kommunikationsorientierte Berufe betroffen sind, überall dort, wo Informationen vermittelt und Texte erstellt werden oder beraten wird. Dazu werden in der Studie je 40 Berufe genannt, die am stärksten und am geringsten von KI gefährdet sind.

Am stärksten betroffen sind demnach Dolmetscher, Historiker, Flugbegleiter, Vertriebsmitarbeiter, Autoren, Kundenservice-Mitarbeiter und CNC-Programmierer. Auch Unternehmensberater, Mathematiker, Politikwissenschaftler, Finanzberater und Journalisten tauchen in der Liste der 40 Berufe auf. In diesen Berufen kann KI demnach schon heute einen erheblichen Teil der typischen Aufgaben unterstützen oder übernehmen, vor allem bei Tätigkeiten rund um Sprache, Text, Beratung und Information.

Am wenigsten betroffen sind laut der Erhebung hingegen klassische Handwerksberufe und Tätigkeiten, in denen praktische Fähigkeiten, Präsenz und Empathie erforderlich sind und die sich (noch) nicht an Algorithmen delegieren lassen. Darunter fallen unter anderem Pflegekräfte und medizinische Angestellte, Anlagenbediener, Baggerfahrer oder Forstmaschinenführer. Hier ist der KI-Einfluss praktisch null.

Berufe mit dem geringsten KI-Anwendbarkeitsscore

Vertrieb, IT, Mathematik: Diese Berufsgruppen sind betroffen

Ein ähnliches Bild zeigt sich auf Ebene der Berufsgruppen. Besonders hoch ist das KI-Potential demnach in den Berufsgruppen Vertrieb und Verkauf, IT und Mathematik, Büro und Verwaltung, gefolgt von Medien, Betriebswirtschaft und Finanzwesen. Persönliche Dienstleistungen, naturwissenschaftliche und soziale Berufe sowie handwerkliche Tätigkeiten sind hingegen weniger betroffen.

Die Studie zeigt, dass KI vor allem repetitive, textbasierte Aufgaben erleichtert, etwa das Schreiben von E-Mails, das Vorbereiten von Präsentationen oder das Zusammenfassen von Informationen. Sie ersetzt bislang selten den Menschen, sondern übernimmt meist Teilaufgaben und unterstützt als Assistent.

Berufsgruppen mit dem höchsten KI-Anwendbarkeitsscore

Methodische Einschränkungen der Analyse

Allerdings gibt es methodische Einschränkungen der Analyse. Die analysierten Daten stammen aus nur einem einzigen KI-System und bilden nicht alle Arbeitskontexte ab. Zudem bleibt oft unklar, ob die ausgewerteten Nutzer die KI beruflich oder privat genutzt haben. Ein Beispiel für die Grenzen der Erhebung ist etwa die hohe Einstufung von Flugbegleitern als KI-geeigneter Beruf, obwohl menschliche Präsenz für Kernaufgaben des Berufs unverzichtbar ist. Auch die Forscher räumen dies ein.

Allerdings gibt es methodische Einschränkungen der Analyse. Die analysierten Daten stammen aus nur einem einzigen KI-System und bilden nicht alle Arbeitskontexte ab. Zudem bleibt oft unklar, ob die ausgewerteten Nutzer die KI beruflich oder privat genutzt haben. Ein Beispiel für die Grenzen der Erhebung ist etwa die hohe Einstufung von Flugbegleitern als KI-geeigneter Beruf, obwohl menschliche Präsenz für Kernaufgaben des Berufs unverzichtbar ist. Auch die Forscher räumen dies ein.

KI kann Angestellten aber auch Chancen bieten. Unternehmen suchen zunehmend nach Mitarbeitern, die sich mit Künstlicher Intelligenz auskennen. Die Zahl der Stellenangebote mit KI-Bezug hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht, obwohl der Arbeitsmarkt zuletzt insgesamt stagnierte.

Wer über entsprechende Kompetenzen verfügt, kann zudem mit deutlich besseren Gehaltsaussichten rechnen: Laut Daten des AI Job Barometers 2025 von PwC verdienen Beschäftigte mit KI-Kenntnissen im Schnitt 56 Prozent mehr als zuvor. Unternehmen sehen den Aufbau von KI-Know-how demnach als unverzichtbare Voraussetzung für ihre Wettbewerbsfähigkeit.

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