Neid: 10 Leitsätze für den Umgang mit Neidern

Autor*innen
e-fellows.net Redaktion
Zwei Menschen stehen auf dem Boden, ihre Köpfe wurden durch Sprechblasen mit Fragezeichen ersetzt. Zwischen ihnen schwebt eine Person meditierend, ihr Kopf wurde durch eine Sprechblase mit Ausrufezeichen ersetzt.

Ob Bestnote, Bonuszahlung oder ein volles Bankkonto: Erfolge ziehen Neider an wie Motten das Licht. Aus der Welt schaffen wirst du sie nie. Aber du kannst lernen, ihnen keine Macht über deine schönsten Momente einzuräumen – mit diesen Tipps.

"Du sollst nicht (…) verlangen nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört" heißt es schon in den biblischen zehn Geboten – ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Neid wohl so alt ist wie die Menschheit selbst. Entstehen kann er aufgrund einer Vorliebe des Menschen für Vergleiche: Jeder von uns neigt dazu, sich mit Menschen zu messen, die uns sozial, hierarchisch, altersmäßig oder anderswie ähnlich sind. Deshalb sind wir neidisch auf die Leistungen von Geschwistern oder Kollegen, nicht aber auf die vom Vorstandvorsitzenden oder auf die der Cousine der Tante aus Amerika.

Wenn das Referenzsubjekt uns wichtig und begehrenswert erscheint, wollen wir Menschen solche Vergleiche aber nicht einfach nur anstellen, sondern auch gewinnen. Auf die Frage: "Wer hat die schönere Wohnung, die bessere Note, das meiste Geld?" möchten wir alle nur eine Antwort hören: "Ich!" Geht der Vergleich aber zugunsten der anderen Partei aus, ist Neid vorprogrammiert.

Doch was, wenn du, der "Gewinner" des Vergleichs, diesen weder angeregt noch gewollt hast und nun mit der Missgunst deines Gegenübers konfrontiert bist? Zehn Ansätze, die dir helfen, mit Neidern besser fertig zu werden.

1. Niemand erinnert dich zuverlässiger an deinen Erfolg als Neider

Es passiert an der Uni, im Büro und im Privatleben: Manchmal nimmst du deine eigene Leistung vor lauter Projekten, Baustellen und To-do-Listen nicht wahr. Andere hingegen – Neider – haben sehr viel sensiblere Antennen für Erfolge. Sie merken, dass es bei dir gerade richtig rund läuft, während du dir noch Gedanken um den Abschlusssatz deiner Präsentation machst oder das eine Extrakilo, das vor dem Sommer noch runter soll.

Halte es deswegen ganz mit Oscar Wilde, der sagte: "Die Anzahl unserer Neider bestätigt unsere Fähigkeiten". Neidhammel sind zuverlässige Erfolgsindikatoren und je lauter sie blöken, desto mehr solltest du innehalten und dir selbst auf die Schulter klopfen. Wo Erfolg ist, sind auch Neider – aber wo Neider sind, da ist auch Erfolg!

2. Vergiftete Komplimente sind die Geheimwaffe der Neider

Wer Missgunst hört, denkt zuerst an Zurückweisung, offene Ablehnung und Kritik. Oft jedoch kommt Neid auch sehr viel subtiler daher – und ärgert uns umso effektiver. Wenn du zum Beispiel einem Kommilitonen von deinem Plan erzählst, dich an einer Eliteuni zu bewerben, klingt die Antwort "Respekt! Ich würde mich dem Konkurrenzdruck ja nie stellen" zunächst einmal wie eine Ermutigung. Ein paar Stunden später jedoch, wenn du alleine bist, fängst du an, darüber nachzudenken, was genau er mit Konkurrenzdruck gemeint hat und ob diese Uni nicht doch vielleicht eine Nummer zu groß für dich ist.

"Der neue Job als Controller passt super zu dir, du bist ja auch eher der pingelige Typ"; "Ach cool, dass du jetzt besser bezahlt wirst, dein Freund und du, ihr gebt ja auch ganz schön was aus": Unterschwelliger und zugleich wirksamer als mit vergifteten Komplimenten können Neider dich nicht ausbremsen oder dir zumindest die Freude über einen Erfolg rauben. Umso wichtiger, dass du vergiftete Komplimente als solche erkennst und dir nicht zu Herzen nimmst. "Don’t let anyone rain on your parade", würde der Brite sagen.

3. Notorische Neider sortieren sich selbst aus

Du kannst tun und sagen, was du willst – aber diese eine Person in deinem Leben verdirbt dir mit ihrer Missgunst immer wieder den Tag? Auf solch chronisch missgünstige Menschen solltest du so wenig Zeit und Energie wie möglich verschwenden. Vergiss nicht, dass du zu einem großen Teil selbst bestimmst, mit wem du wie viel Zeit verbringst – auch wenn euch Verwandtschaftsgrade, Arbeitsbeziehungen oder längere Bekanntschaften verbinden. Zunächst kannst du versuchen, Einsicht zu erzeugen: Ist dein Gegenüber aber nicht bereit, an sich zu arbeiten, dann wird es auch in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, sich für dich und mit dir zu freuen. In diesem Fall liegt es an dir, zu entscheiden, ob du dich mit dieser Person weiter befassen willst oder zumindest wie viel und wie intensiv. "Pick your battles", würde (schon wieder) der Engländer sagen: Du wirst es nicht schaffen, jeden Menschen in deinem Umfeld zu einem Unterstützer zu machen. Aber du kannst einige von denen aussortieren, die es nicht sind.

Übrigens gibt es tatsächlich Menschen, die sozusagen mit einem angeborenen Hang zum Neid auf die Welt kommen. Die Sozialpsychologie spricht in diesem Fall von dispositionalem Neid, also von einer Missgunst, zu der bestimmte Menschen eine stärkere Veranlagung haben als andere. Dahinter steckt die Genvariation mit dem einprägsamen Namen ADRA2b, aufgrund derer die Betroffenen Negatives stärker fokussieren als die meisten anderen Menschen und folglich auch Neid verstärkt empfinden (Todd/Müller/Lee/Robertson/Eaton/Freeman/Palombo & Levine (2013), S. 2244ff).

4. Neid ändert nichts

Wenn Kommilitone X oder Kollege Y demonstrativ die Stirn runzelt, weil du gerade vom Prof oder Chef gelobt wirst, dann fühlst du dich von diesem Ausdruck der Geringschätzung sicher betroffen. Tatsächlich sollte dich das in den meisten Fällen aber nicht belasten. Neid ändert nichts, bleibt meist vollkommen folgenlos bezogen auf den Auslöser der Missgunst – dein Leben, deine Erfolge, deine Leistung. Im Fall des missgönnten Lobs zum Beispiel wird dein Chef oder Professor deine Leistung nicht weniger schätzen, weil X die Stirn runzelt. Im Gegenteil: Führungskräfte sind in der Regel gut darin, Neider im Team zu identifizieren. Auch wirst du zukünftig nicht weniger imstande sein, lobenswerte Leistungen abzuliefern. Dein Haus wird nicht verschwinden, nur weil es dir deine Schulfreundin missgönnt, und dein Bankkonto nicht leerer, wenn ein Kollege dir dein Vermögen neidet.

Wenn also Bekannte, Kommilitonen oder Kollegen das nächste Mal missgünstig die Stirn runzeln oder die Lippen kräuseln, dann frag dich: "Was ändert sich dadurch?" In den meisten Fällen wirst du feststellen: rein gar nichts – außer vielleicht, dass deine Neider auf Dauer ziemlich faltig werden dürften …

5. Neid hört da auf, wo Manipulation, Ausgrenzung und Benachteiligung anfängt

"Stimmt nicht", sagst du jetzt vielleicht: "Neid ändert sehr wohl etwas", und möglicherweise fallen dir Situationen ein, in denen du unter den Aktionen eines Neiders sehr gelitten hast. Vielleicht hat zum Beispiel einmal jemand Freunde gegen dich aufgestachelt oder dir in einem Projekt falsche Zahlen zugespielt, nur, um deine Glückssträhne zu beenden. In diesem Fall ist das Problem aber nicht mehr der Neid, sondern die Tat, die daraus erwächst. Diese Tat wiederum ist anders als Neid nicht nur klar benennbar, sondern auch sanktionierbar. Während sich Neid als Gefühl nämlich in großen Teilen äußerer Kontrolle entzieht – niemand kann einem Menschen verbieten, neidisch zu sein –, ziehen neidgetriebene Handlungen wie üble Nachrede oder Mobbing in den meisten Kontexten ernste Konsequenzen nach sich.

Zögere nicht, dich an Dozenten, den Hochschulpsychologen, Vorgesetzte, den Betriebsrat oder an andere Beratungsstellen zu wenden, wenn ein Neider dir aktiv oder durch Unterlassung zu schaden versucht. Beschränkt sich das missgünstige Verhalten auf dein Privatleben, mach dir bewusst, dass du und nur du allein entscheidest, wer in deinem Leben einen Platz verdient. Eine missgünstige Person agiert mitten in deinem Freundeskreis? Wer unter deinen Freunden Neidern mehr Gehör schenkt als dir, dessen Platz gehört ebenfalls infrage gestellt. Wahre Freunde halten dir die Treue, auch wenn ein Neider sie bearbeitet.

6. Dein Erfolg ist das Problem der Neider, aber ihr Neid ist nicht dein Problem

Stell dir vor, du hast gerade einen vielgelobten Vortrag gehalten, während die Präsentation deiner Kollegin oder Kommilitonin völlig unbeachtet blieb: eine Vergleichssituation, wie geschaffen, um Neid zu provozieren. Um die Spannung aufzulösen, die dieser Neid erzeugt, könnte deine Bekannte einerseits beschließen, sich selbst mehr anzustrengen – eine konstruktive Form von Neid, die Menschen und Gesellschaften weiterbringt. Problematisch hingegen wird es, wenn aus einem Vergleich destruktiver Neid erwächst. Als destruktive Neiderin würde deine Kollegin nicht selbst mehr in die Waagschale werfen, sondern dir so lange etwas wegnehmen, bis die Waage zu ihren Gunsten ausschlägt: Sie könnte dich zum Beispiel mit vergifteten Komplimenten demoralisieren oder deine Präsentation manipulieren.

Davon abgesehen, dass du derartige Sabotage-Akte nicht dulden musst: Mach deinen Neidern das Leben nicht noch einfacher, indem du dir in vorauseilendem Gehorsam selber schadest. Vielleicht kennst du aus Schulzeiten noch den Impuls, dich als Klassenbester nicht zu melden, selbst wenn du die richtige Antwort weißt. Was im Kindesalter oder singulär unbedenklich ist, kann zum Problem werden, wenn du dein Licht dauerhaft unter den Scheffel stellst. Dadurch bietest du Neidern an der Uni oder im Beruf zwar keine Angriffsfläche mehr – potenzielle Förderer wie Professoren oder Chefs werden jedoch auch nicht auf dich aufmerksam.

Vergegenwärtige dir deswegen immer, dass die Missgunst deiner Neider keine Anpassung von deiner Seite erfordert. Wirf weiter alles in die Waagschale, hilf anderen, hab Erfolg und freu dich darüber. Alles andere ist nicht dein Problem.

7. Aus Neidern können Mitspieler werden

Der Neid anderer Menschen mag nicht dein Problem sein – aber von ihrer Unterstützung könntest du profitieren. Gerade im akademischen oder beruflichen Umfeld ist es deshalb immer einen Versuch wert, Missgunst in Kooperation zu verwandeln. Im vorangegangenen Beispiel könnte deine Bekannte deshalb destruktive Verhaltensweisen an den Tag legen, weil sie keine Möglichkeit sieht, die neidische Anspannung konstruktiv – also durch Selbstoptimierung – aufzulösen. Genau dabei kannst du ihr allerdings behilflich sein und von den Kollateraleffekten noch selbst profitieren: Wenn du sie unterstützt, sie in dein Team holst und ihr zu eigenen Erfolgserlebnissen verhilfst, wird sie dir deine nicht mehr missgönnen.

8. Es gibt keinen "gerechten" Neid – auch nicht auf Privilegierte

Deine Neider sagen, dass dir alles in den Schoß fällt. Ist ihre Missgunst berechtigt, weil du das, was du hast – deine Intelligenz, dein Vermögen, dein Aussehen, deinen Partner, dein Haus – gar nicht verdienst? Vielleicht mag es dir auf den ersten Blick plausibel erscheinen, schließlich ist es tatsächlich ungerecht, dass einige Menschen privilegierter als andere sind.

Ein gutes Beispiel für eine noch bessere Replik auf diesen Vorwurf ist Matthias Schlitte, zigfacher nationaler und internationaler Champion im Armdrücken. Aufgrund eines seltenen Gendefekts kam der 31-Jährige mit einem um ein Drittel dickeren Unterarmknochen zur Welt, der ihm im Armdrücken einen beachtlichen Vorteil verschafft. Immer wieder war der Athlet deswegen Missgunst ausgesetzt. Seine Antwort an alle Neider? "Natürlich wäre ich ohne meinen Arm nicht so weit gekommen. Aber mein Arm ohne mich erst recht nicht!"

Fühl dich nicht schlecht, nur weil du mit einem Startvorteil zur Welt gekommen bist. Per se ist dein Leben, dein Erfolg nichts, wofür du dich rechtfertigen müsstest: Erst du hast aus deinen Voraussetzungen das gemacht, worauf andere heute neidisch sind. Vielmehr benutzen Neider das Kriterium der "Fairness", um sich selbst von der Angemessenheit ihrer Emotion – der Missgunst – zu überzeugen.

9. Neider zähmt man im Statusspiel

Vielen Neidern kannst du dich entziehen. Doch was, wenn es ausgerechnet dein direkter Team-Kollege ist, der dir deine Erfolge nicht gönnt? Was tun, wenn du der Person ebenso wenig entkommst wie sie ihrem Neid? In diesem Fall kannst du dir das Statusspiel zunutze machen, über das wir Menschen ohnehin permanent kommunizieren.

Über unsere Worte, aber auch unsere Körpersprache nehmen wir in jeder Kommunikationssituation entweder eine überlegene oder eine unterlegene Rolle ein. Genau diesen situativen Tiefstatus kannst du dir zunutze machen, um den Eindruck von Überlegenheit zu mindern, der dein Gegenüber missgünstig stimmt. Um aus dem Fokus der Neidhammel zu rücken, musst du kein Projekt versemmeln oder eine dumme Antwort im Meeting geben. Viel souveräner ist es, wenn du dich vor allem in Zweiersituationen ganz bewusst in den Tiefstatus begibst, um dein Gegenüber zu besänftigen. "Situativer Tiefstatus speist sich aus dem Bedürfnis nach Submission und Nähe. Er geht mit der Zurückstellung der eigenen Interessen einher. Der Lohn: Man wird gemocht", erklärt Nico Rose, Diplom-Psychologe und Vice President Employer Branding & Talent Acquisition bei Bertelsmann. Wie genau du dir das Statusspiel zunutze machen kannst, liest du hier.

10. Nicht jeder "Neider" ist ein Neider

Du gehst zum ersten Mal mit einer neuen Kollegin oder Kommilitonin zum Mittagessen und ihr unterhaltet euch über eure Lebensumstände. Dabei erzählst du von deiner Neubau-Penthouse-Wohnung mit Whirlpool auf dem Dach. Am Tag darauf hat deine neue Bekanntschaft leider mittags schon etwas vor – und auch in den folgenden Wochen bekommst du sie nicht mehr zu fassen. Ein klarer Fall von Neid? Nicht unbedingt.

Hinterfrag auch in vermeintlich offensichtlichen Situationen dein eigenes Verhalten kritisch und such nach anderen möglichen Erklärungen für ablehnendes oder schnippisches Verhalten. Vielleicht hast du deine Bekannte schlichtweg vergessen, nach ihrer eigenen Wohnung zu fragen? Oder hast das Gespräch zu stark dominiert? Wenn du dein eigenes Fehlverhalten identifizierst, zeig Größe und versuche, deinen Patzer wiedergutzumachen: Nicht immer ist Neid die Ursache dafür, dass dir jemand die kalte Schulter zeigt.

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