Der erste Jobwechsel: Auf zum zweiten Kapitel im Lebenslauf

Autor*innen
Curtis Klaus
Geschäftsmann steht auf einem Papierflieger, er befindet sich inmitten eines energischen Schrittes nach vorne.

Einen guten Einstiegsjob nach dem Studium zu finden ist eine Sache – der erste Jobwechsel eine ganz andere. Doch wer seine Karriere vorantreiben will, kommt am Job- oder gar Berufswechsel nicht vorbei. Auf e-fellows.net berichten junge Berufstätige von ihrem 'ersten Mal'; dazu erklären Karriere-Coaches, worauf man beim Wechsel des Arbeitgebers achten sollte.

e-fellow Torben Kasimzade brachte schon in jungen Jahren einen langen beruflichen Weg hinter sich. Als Lehrling in der Hotellerie fing er ganz unten an und schaffte es mit viel Arbeit, wenig Freizeit und etlichen Wochenenddiensten zum Projektmanager für ein Rekrutierungsprogramm der Hotelmanagement-Firma Marriott in England. Trotzdem verspürte er nach all den Jahren Lust auf einen Wechsel, auf eine neue Branche. Auch seine Vorgesetzten, die ihn gerne behalten hätten, konnten ihn von seinem Wechselwunsch nicht abbringen. 

Beim ersten Jobwechsel dem Gegenwind standhalten

Eine mutige Entscheidung von Torben – denn für einen "Bruch" im tabellarischen Lebenslauf geraten Young Professionals in Deutschland immer noch häufig unter Rechtfertigungszwang. Das erfuhr auch die Diplom-Architektin Angelika Münzmay, als sie entdeckte, dass ihr die Arbeit in einem Architekturbüro nicht wirklich liegt. "Ich fühlte mich fehl am Platz und war mit meiner Arbeit unzufrieden." Ihr Wunsch nach einem Berufswechsel wurde im Freundeskreis nur mit einem milden Lächeln quittiert – nach dem Motto: "Versuch's doch mal, aber mach' dir bloß keine Hoffnungen."

Münzmays Reaktion auf diesen Gegenwind: "Man darf sich einfach nicht abschrecken lassen, wenn der eigene Abschluss nicht zur geforderten Qualifikation passt. Ein Quereinsteiger muss mit seinen persönlichen Fähigkeiten überzeugen, zum Beispiel damit, dass er neue und komplexe Sachverhalte schnell erfassen kann."

Jobwechsel, ja oder nein?

Nicht jeder junge Wechselwillige aber ist sich so sicher wie Angelika Münzmay, dass es Zeit ist für neue Herausforderungen. Oft plagt Berufseinsteiger nur ein diffuses Gefühl der Unzufriedenheit oder Unruhe. Aber sind das wirklich Gründe für einen Jobwechsel? Dr. Thomas Bachmann, Ausbilder für Coaches bei artop, berät Studierende und Absolventen zur Berufsfindung und Arbeitsorganisation. Er empfiehlt: "Wer seinen ersten Job wechseln will, sollte sich zunächst einmal fragen, ob er nicht nur vor diffusen Ängsten davonläuft. In diesem Fall sollte er sich lieber den eigentlichen Herausforderungen stellen. Der anschließende Erfolg motiviert für die Zukunft." Wenn aber wirklich der Job der falsche sei, solle man sich als junger Berufseinsteiger seiner Stärken klarwerden. Das Ziel müsse sein, zum eigenen "Hauptast" zurückzukehren – oder diesen überhaupt erst zu finden. "Leider", so Bachmann, "machen sich viele Leute im Studium zu wenig Gedanken darüber, was sie wirklich wollen. Diese Verdrängung rächt sich dann später."

Umgekehrt gilt auch, dass einige Berufsanfänger einen Wechsel des Arbeitsplatzes gar nicht in Erwägung ziehen, obwohl er für sie die bessere Lösung darstellen würde. Bachmann warnt diesbezüglich vor selbstgebauten Hürden beim ersten Jobwechsel: "Viele möchten unbedingt an ihrem Wohnort bleiben oder scheuen davor zurück, persönliche Hemmnisse zu klären. Das verhindert natürlich Fortschritte." 

Selbsterkenntnis statt Trendwahn

Dr. Sabine Dembkowski berät für "Better Boards" Führungskräfte von DAX-100-Unternehmen. Zum ersten Jobwechsel rät sie: "Kurzfristige Ziele wie eine schnelle Gehaltserhöhung des Gehalts sind der falsche Anreiz. Viel wichtiger ist es, sich einen Bereich zu suchen, in dem man leidenschaftlich gerne arbeitet." Kein seriöser Coach der Welt könne mit Sicherheit voraussagen, welche Berufe in fünf oder zehn Jahren en vogue seien. Daher rät die Trainerin: "Die meisten machen den Fehler, einem Trend hinterherzulaufen. Stattdessen sollten sie sich über sich selbst klarwerden."

Nach einem Jahr? Oder erst nach zwei oder drei Jahren?

Entscheidend für den langfristigen Erfolg des Projekts "Erster Jobwechsel" ist der richtige Zeitpunkt. Denn so wichtig der erste Wechsel des Arbeitgebers aus strategischer und persönlicher Sicht auch sein mag: Wer den Arbeitgeber in der Anfangsphase der Karriere zu schnell (oder häufig) wechselt, tut sich langfristig damit keinen Gefallen. Feste Zeitspannen, nach denen ein Wechsel Pflicht wird, gibt es jedoch nicht. Empfehlungen, nach einem Jahr, nach zwei oder nach drei Jahren unbedingt den Job zu wechseln, können junge Berufstätige also getrost in den Wind schlagen.

Stattdessen rät Coach Dembkowski: "Man sollte so lange in einem Job bleiben, bis man ein wirklich großes und bedeutendes Projekt zu Ende gebracht hat. Wenn man zum Beispiel nachweisen kann, dass man zu einer Gewinn- oder Effizienzsteigerung des Unternehmens beigetragen hat, signalisiert man zukünftigen Arbeitgebern, dass man ergebnisorientiert arbeitet."
 
Die Erfolge des alten Jobs sollten in der schriftlichen Bewerbung und im Lebenslauf dokumentiert werden, wie es in englischsprachigen Ländern seit Langem üblich ist. "Hierzulande versteckt man sich oft noch hinter Berufsbezeichnungen und Titeln. Stattdessen sollte man seine Leistungen dokumentieren und somit zu seiner eigenen Marke werden", empfiehlt Dembkowski.

Du suchst noch nach dem perfekten Arbeitgeber?

Vielleicht wartet dein neuer Traumjob bei einem dieser Unternehmen: 

Jobwechsel und Weiterbildung kombinieren

Angelika Münzmay stieg nach der Kündigung im Architektenbüro als Projektmanagement-Expertin bei einem bekannten Facility Manager ein. Wie sie das geschafft hat? "Ich habe mich nicht abschrecken lassen von den Anforderungen, die in Stellenanzeigen stehen, sondern konzentrierte mich auf meine Stärken und Interessen. Ich fand heraus, dass ich gerne organisiere und koordiniere." So schaffte sie den Einstieg als Koordinatorin in einem Restrukturierungsprojekt. Das Kirsche auf dem Kuchen: Parallel dazu absolvierte sie an einer privaten Hochschule einen Master of Business and Engineering – eine Zusatzqualifikation, die weitere Karriereschritte ermöglicht.

Bessere Arbeitsbedingungen im Ausland

Ex-Hotelier Kasimzade wiederum führte es als Marketing Director zur Lifestyle-Design Marke "Stelton A/S" in Kopenhagen; seinen MBA hatte er schon vorher in Skandinavien gemacht, weil ihm die Work-Life-Balance dort gut gefiel. "Hier habe ich mindestens doppelt so viel Freizeit wie in Deutschland und trotzdem verdiene ich überdurchschnittlich gut. Und auch die Karrierewege sind hier schneller." Zu seinem alten Arbeitgeber hält er freundschaftlichen Kontakt. "Ich habe viele Freunde und ein gut funktionierendes Netzwerk zurückgelassen. Deshalb pflege ich den Kontakt auch weiterhin." Aus dem vermeintlichen Bruch im Lebenslauf wurde somit für Kasimzade ein Karriereheilmittel.

Hechtsprung statt Bauchplatscher

Gleich nach dem Studium ergatterte die damals 26-jährige Wirtschaftsingenieurin Paula Hedtkamp* eine Trainee-Stelle im Vorstand eines Logistikunternehmens. Volltreffer! Die Nähe zu wichtigen Personen im Unternehmen reizte sie und versprach schnelle Aufstiegsmöglichkeiten. Doch zu früh gefreut: Ihren Chef bekam Hedtkamp fast nie zu sehen, zu tun hatte sie deshalb kaum etwas. Hedtkamp fühlte sich schnell unterfordert und dem Boreout nah. Auch der Versuch, innerhalb des Unternehmens zu wechseln und in einer Niederlassung weiter zu arbeiten, schlug fehl, da ihr die neue Aufgabe nicht gefiel.

Enttäuschungen wie diese kommen im ersten Job oft vor. Denn neben dem Gehalt muss auch das Arbeitsklima stimmen, die Förderung durch den Arbeitgeber sowie die Aufstiegs- und Entwicklungschancen. Gerade High Potentials sind nicht nur mit Geld zu locken.

Als Hedtkamps Chef sich trotz großer Unzufriedenheit auf beiden Seiten den Problemen seiner Mitarbeiterin gegenüber verschlossen zeigte, blieb der 26-Jährigen nur noch die Kündigung. Die ließ sich Hedtkamp mit etwas Verhandlungsgeschick immerhin noch mit einer Abfindung versüßen. Nach ihrem Ausscheiden schulte die Wirtschaftsingenieurin in Assessment-Center-Trainings ihre rhetorischen Fähigkeiten. Zudem absolvierte sie ein Praktikum in der Strategieabteilung der Lufthansa. Mit dem Jobabbruch kommt die junge Frau gut zurecht. "Ich gehe offensiv damit um und sage ehrlich, dass der erste Job eben nicht meinen Vorstellungen entsprach und ich mich in eine andere Richtung entwickeln wollte. Wenn man Brüche im Lebenslauf begründet, dann werden sie auch akzeptiert."

Worauf es beim (neuen) Arbeitgeber ankommt

Als Assistent des Leiters Controlling bei L'Oréal hatte Alexander Baasner einen guten Einstiegsjob, fühlte sich aber schlecht betreut. Als dann auch noch nach kurzer Zeit ein interner Jobwechsel anstand, entschloss er sich zur Kündigung – allerdings nicht aus dem Affekt heraus. "Ich habe erst gekündigt, als ich den neuen Job sicher hatte." Außerdem trennte er sich im Guten und ohne Groll von seinem Arbeitgeber.

Baasner begann ein Trainee-Programm Finance im Healthcare-Konzern Johnson & Johnson in Düsseldorf. Wichtig bei der Wahl seiner neuen Stelle waren ihm die Betreuung sowie feste und verantwortungsvolle Aufgaben. "Auf der Suche nach einem Trainee-Programm muss man schon im Bewerbungsgespräch klären, ob man nicht doch nur als 'vergoldeter' Praktikant behandelt wird. Klar definierte Karriereziele sind ein Muss."

Wie findet man einen neuen Job?

Die besten Informationen zu neuen Karrierechancen bekommt man über das eigene Netzwerk, beispielsweise von Menschen im Bekanntenkreis mit Erfahrungen in den ersehnten Berufen. Gerade für Berufseinsteiger, die wenig Kontakt in andere Branchen haben, empfehlen sich außerdem Online-Karrierenetzwerke oder Social Networks für junge Leistungsträger. Stephan Rieger sagt dazu: "Man sollte ständig die Fühler nach anderen Joboptionen ausstrecken – das schadet nie. Und man muss sich frühzeitig bewerben, denn schließlich können von der Bewerbung bis zum ersten Arbeitstag leicht fünf Monate vergehen." Nach Beginn seines Trainee-Programms in einem pharmazeutischen Unternehmen in Berlin veränderte sich Riegers Stellenbeschreibung im Zuge unvorhergesehener Umstrukturierungen: Die neue Arbeit aber lag Rieger nicht. Gut, dass er sich aus seiner Praktikumszeit bei L'Oréal Kontakte bewahrt hatte, die zu einem Einstiegsangebot beim Düsseldorfer Kosmetikriesen führten.

Ersten Jobwechsel und Sprung in die Beratung kombinieren

Für Young Professionals mit ein paar Jahren Erfahrung auf einem speziellen Fachgebiet kann der erste Jobwechsel auch zum Sprungbrett in die Beratung werden. Markus Kirchner beispielsweise wollte nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre zunächst Industrieluft schnuppern und wurde Bereichsleiter bei einem Lebensmittel-Discounter. Dort arbeitete er zwar schnell selbstständig und übernahm Personalverantwortung für über 60 Mitarbeiter. Obwohl auch das Geld stimmte, stellte Kirchner nach einiger Zeit fest, dass sich die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen nicht mit seinen Zukunftsvorstellungen deckten. "Mein Tätigkeitsfeld empfand ich bald als eingeschränkt. Die Arbeit wirkte standardisiert und mein Arbeitsalltag bestand hauptsächlich aus Routine."

Internationale Erfahrung ohne Alltagstrott

Über die Empfehlung eines Bekannten kam er auf den Management- und Technologieberater Accenture – und entschied sich beim ersten Jobwechsel für den Sprung in die Beratungsbranche. Im Münchner Büro von Accenture stieg Kirchner im Geschäftsfeld "Products" ein. Zu diesem Bereich zählt unter anderem die Automobil-, Pharma-, Touristik-, Transport-, Investitions- und Konsumgüterindustrie sowie der Groß- und Einzelhandel.

Am neuen Arbeitgeber überzeugten Kirchner neben den guten Entwicklungsmöglichkeiten die ständige fachliche Weiterbildung, die bei der Arbeit für verschiedene Kunden ganz automatisch erfolgt: "Die Problemstellungen unterscheiden sich von Kunde zu Kunde. Alltagsroutine gibt es nicht. Beispielsweise habe ich in einem Projekt beim Zusammenschluss zweier großer Tankstellenketten mitgewirkt. In einem anderen Projekt war ich für einen globalen Getränkehersteller tätig, bei dem wir kurzfristige Optimierungspotenziale innerhalb der Supply-Chain identifizierten und mit Hilfe von Initiativen umgesetzt haben." 

Trotzdem bereut Kirchner seinen Einstiegsjob nicht, da er hier viele operative Erfahrungen sammelte, die ihm später zugutekamen. Bei der Suche nach dem neuen Job ließ sich der Berater viel Zeit: "Es ist wichtig, nichts zu überstürzen. Man sollte sich auch mit Hilfe der Erfahrungen aus dem ersten Job ein klares Bild von sich selbst und seinen beruflichen Wünschen machen." Vor allem rät Kirchner, sich nicht von kurzfristigen Perspektiven wie dem schnellen Geld verlocken zu lassen. Wichtiger seien die langfristigen Karrierechancen, die ein Unternehmen bietet.

Wie sieht mein Traumjob aus? Ein Schnell-Coaching

  • Überleg dir frühzeitig – und zwar noch während deines Studiums –, wie dein ideales Leben aussieht. Wie viel Verantwortung, wie viel Freizeit, wie viele Kinder willst du einmal haben? Wo möchtest du leben? Wie sieht dein ideales Umfeld aus? Entwickle ein Bild in deinem Kopf, das du immer mit dir herumträgst. Richte dich dabei alleine nach dir und renn nicht Trends, Kommilitonen und TV-Spots von Banken à la "Mein Haus! Mein Swimming-Pool! Mein Pferd!" hinterher.
  • Auf der Basis dieses Bildes suchst du dir einen passenden Job. Klammere dich aber nicht krampfhaft an diese eine Option, sondern wähl noch ein paar Alternativen, mit denen du dich ebenfalls identifizierst. Das Glück findet man oft auf Umwegen.
  • Räum selbstgebaute Hindernisse aus dem Weg. Hinterfrag kritisch, ob es für Dinge, die dir wichtig sind (Wohnort, Branche, …), nicht auch Alternativen gibt. Wenn ja, nutz sie: Das macht dich freier und offener.
  • Information ist Trumpf: Sprich mit Freunden über den Beruf, der dich reizt, und erkundige dich bei Leuten, die deinen Traumberuf ausüben: Wie sind Sie zu ihrem Job gekommen? Was sind die Vor-, was die Nachteile? Wie haben sie den Einstieg geschafft? Wer kann dir darüber noch mehr erzählen?
  • Alles steht und fällt mit deiner persönlichen Einstellung: Strahlst du Selbstsicherheit, Offenheit und Interesse aus, hinterlässt du damit auch beim künftigen Arbeitgeber einen guten Eindruck. Andererseits werden ihm aber auch Selbstzweifel nicht verborgen bleiben. Bevor du das Projekt Arbeitgeberwechsel angehst, musst du also mit deiner eigenen Entscheidung ins Reine kommen.
  • Erst wenn du diese Punkte geklärt hast, solltest du mit deiner systematischen Jobsuche beginnen. Dazu gibt es reichlich Literatur, von der Bewerbung bis zum Assessment-Center. Nutz diese Informationsmöglichkeiten, aber vergiss nicht, dass sie nur Mittel zum Zweck sind. Wesentlich für deinen Erfolg sind die oben genannten Punkte.

Brauche ich einen Coach?

Wer Karriereberatung bei professionellen Coaches sucht, steht einer Fülle von Angeboten gegenüber: Noch ist die Berufsbezeichnung nicht rechtlich geschützt. Um Scharlatanen zu entgehen, sollte man sich vorher über die Ausbildung und Qualität eines Coachs informieren. Die Preise liegen zwischen 80 und 250 Euro für eine Beratungsstunde.

  • Die Interessengemeinschaft Coaching ist ein Zusammenschluss von Coaches, die qualitative Standards für ihr Metier schaffen und über die Mitglieder informieren wollen.
  • In der Coach-Datenbank findest du geprüfte Coaches aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit genauen Angaben zu jeder Person.

*Name von der Redaktion geändert.

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