Wo studieren?: Das Hoch der Privathochschulen

Autor*innen
Anna Faber
Eine Frau fliegt auf ein Buch zu, auf dem eine Mortarboard sitzt

Die Studiengebühren an privaten Unis können leicht fünfstellig werden. Trotzdem sind die Privaten so beliebt wie nie. Lohnt sich die Investition?

e‑fellows.net präsentiert: Das Beste aus der F.A.Z.

Lies bei uns ausgewählte Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und von FAZ.NET.

Stolze 695 Euro – so viel hat Elena Fischer für ihren Masterstudiengang ausgegeben: pro Monat. 24 Monate "Public Relations und digitales Marketing" an der privaten Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln. Die 26 Jahre alte Leverkusenerin wollte nach ihrem Bachelor unbedingt weiter Öffentlichkeitsarbeit studieren. Doch einen passenden Studiengang an einer staatlichen Uni gab es nur in München oder Münster, und dort waren ihr die Miet- und Lebenshaltungskosten zu teuer.

Hinzu kam, dass damals aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht klar war, ob die Kurse online oder in Präsenz stattfinden würden, sodass sich Fischer gegen einen Umzug entschied. Sie schrieb sich stattdessen an der privaten Hochschule in Köln ein und blieb während des Masters bei ihren Eltern wohnen. "Im Endeffekt war das günstiger", glaubt sie.

Immer mehr Menschen studieren an privaten Hochschulen. Obwohl die Zahl der Studierenden insgesamt zuletzt leicht zurückgegangen ist, hat sich die Anzahl an Privatstudierenden von 2011 bis 2021 mehr als verdoppelt, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Heute sind rund 343.000 Studentinnen und Studenten an privaten Hochschulen eingeschrieben, das heißt, nahezu jeder achte Studierende lernt dort.

Großes Studienangebot

Eine Analyse des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hat ergeben, dass Studierende an privaten Hochschulen vor allem die Flexibilität und den Praxisbezug schätzen. Obwohl sich Vorurteile wie "gekaufter Abschluss", "Studium für Schnösel" oder "schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis" hartnäckig halten, zeigt die IW-Untersuchung auch: Viele Deutsche studieren nur nicht an privaten Hochschulen, weil sie schlichtweg zu wenig darüber informiert sind. Privathochschulen könnten in Zukunft also noch viel mehr Interessierte anlocken.

Ein wichtiger Vorteil der bezahlten Einrichtungen: Der Betreuungsschlüssel ist an privaten Hochschulen in der Regel deutlich günstiger als an staatlichen. An der International School of Management (ISM) mit Hauptsitz in Dortmund kommen beispielsweise nur sieben Studierende auf einen Dozenten. "Die Studierenden werden hier namentlich angesprochen und individuell betreut", sagt Audrey Mehn, Vizepräsidentin für Lehre an der ISM. Einige Privathochschulen werben auch wegen der guten Betreuung mit besonders niedrigen Studienabbruchquoten.

Flexibel studieren, auch neben dem Beruf

Viele Privatstudierende genießen laut IW-Studie auch den Vorteil, dass sie ihr Studium flexibel gestalten und an ihre individuelle Situation anpassen können. Die meisten Privathochschulen bieten ihre Studiengänge nicht nur in Präsenz an, sondern auch als Fernstudium – in Voll- oder Teilzeit. Das eröffnet gerade Berufstätigen mehr Möglichkeiten. "Private Hochschulen sind einfach agiler und dynamischer als öffentliche Hochschulen und können besser auf die Anforderungen des Marktes und der Studierenden reagieren", sagt Mehn. Das sei ihr besonders beim Ausbruch der Corona-Pandemie aufgefallen, als alle Hochschulen auf digitale Angebote umstellen mussten. Den Wechsel hätten private Hochschulen ihrer Meinung nach besser gemeistert.

Ein weiterer Vorteil von Privathochschulen ist die Praxisnähe. Und damit ist nicht nur die inhaltliche Ausrichtung gemeint, sondern vor allem auch das Netzwerk der Hochschulen mit potentiellen Arbeitgebern. Studierende haben hier in der Regel früh die Möglichkeit, Einblicke in die Arbeitswelt zu bekommen, indem sie an Karriereveranstaltungen, Firmenworkshops und Exkursionen teilnehmen. Interne Stellenanzeigen ermöglichen ihnen zudem einen leichteren Zugang zu Praktika oder Werkstudentenjobs. Laut IW-Studie führt die verstärkte Zusammenarbeit von Privatstudierenden mit Wirtschaftspartnern während des Studiums dazu, dass sie gegenüber den Absolventen staatlicher Unis einen entscheidenden Vorteil auf dem Arbeitsmarkt haben.

Das Studienangebot an privaten Hochschulen ist groß, so beispielsweise auch an der IU Internationalen Hochschule. Die private Einrichtung bietet mittlerweile rund 200 Studiengänge an, an mehr als 30 Standorten in ganz Deutschland. Mit weit mehr als 100.000 eingeschriebenen Studierenden hat sie ihre Studierendenzahl in sechs Jahren mehr als verzehnfacht und ist heute Deutschlands größte Hochschule. Beliebte Studienfächer sind Soziale Arbeit, Betriebswirtschaftslehre und Psychologie. Mit Angeboten wie einer eigenen Lern-App und Kooperationen mit mehr als 15.000 Unternehmen setzt sich die Hochschule von der staatlichen Konkurrenz ab.

Die staatliche Anerkennung ist wichtig

Wer sich für ein Studium an einer Privatuni interessiert, sollte allerdings ein paar Dinge beachten. Zum Beispiel, dass sowohl die Hochschule als auch der Studiengang staatlich anerkannt sind – nur so erhalten sie am Ende auch einen staatlich anerkannten Studienabschluss. Auch lohnt es sich, sich über die Wunschhochschule im Vorfeld gut zu informieren.

Das Deutsche Institut für Service-Qualität hat im vergangenen Jahr zum Beispiel elf private Hochschulen mit Wirtschaftsschwerpunkt getestet und kam zu dem Schluss: Das Studienangebot der Privathochschulen ist insgesamt gut. Zusatzangebote wie Lern-Apps und Kontaktmöglichkeiten zu potentiellen Arbeitgebern konnten überzeugen. Nur der Service für Studieninteressierte sei ausbaufähig – viele Mails blieben unbeantwortet. Das heißt, dass Studieninteressierte bei Privathochschulen besonders hartnäckig sein müssen. Sie sollten die kurzen Zeitfenster nutzen, in denen Hochschulmitarbeitende telefonisch erreichbar sind. So lassen sich etwaige Fragen und Unsicherheiten vor Beginn eines Studiums abklären.

"Ich habe lange überlegt, welches Studium zu meiner individuellen Situation passt", erzählt die Studentin Elena Fischer. Sie hatte vor ihrem Master schon ihr Bachelorstudium an einer privaten Hochschule durchlaufen: Ein duales PR-Studium an der rheinischen Fachhochschule Köln. Der große Vorteil eines solchen dualen Studiums ist, dass der Arbeitgeber die Studienkosten übernimmt. Allein der Bachelor hätte Fischer sonst mehr als 25.000 Euro gekostet. "Nur dual konnte ich an einer Privathochschule studieren, sonst hätte ich mir das nicht leisten können", sagt Fischer.

Die Kosten sind der große Haken

Die hohen Kosten sind insgesamt der große Haken an Privathochschulen: Die Beiträge können je nach Hochschule und Studium von 10.000 bis 60.000 Euro für einen Abschluss variieren. Die wenigsten Studierenden bringen in dem Alter genug Eigenkapital mit, also sind sie entweder auf die Unterstützung der Eltern angewiesen oder müssen sich alternative Finanzierungsmöglichkeiten suchen.

Einige private Hochschulen bieten an, die Gebühren zu stunden, oder vergeben Stipendien für Alleinerziehende und begabte Zweitstudierende. Privatstudierende können daneben auch das Deutschlandstipendium beantragen oder finanzielle Unterstützung von gemeinnützigen Stiftungen erhalten. Außerdem sind Finanzierungsmöglichkeiten durch Bafög oder einen Studienkredit möglich. Die KfW Förderbank beispielsweise bewilligt den Studienkredit unabhängig vom Einkommen der Eltern. Kreditnehmer müssen dann den Kredit mit nur wenigen Zinszuschlägen beim Einstieg in die Arbeitswelt zurückzahlen.

Trotz Förderungsmöglichkeiten sprechen Privathochschulen tendenziell eher Wohlhabende an. "Beim Master hatte ich das Gefühl, viele Mitstudenten haben sehr gut verdienende Eltern", erinnert sich Fischer. Sie selbst hat nebenbei als Werkstudentin gearbeitet und ihren gesamten Lohn in das Studium gesteckt. "Ich wollte meinen Eltern nicht auf der Tasche liegen." Fischer sieht sich für den Einstieg in die Arbeitswelt vor allem durch ihre Praxiserfahrung gewappnet.

Alle Rechte vorbehalten. Copyright Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.

Bewertung: 3,5/5 (7 Stimmen)

Weitere Artikel zum Thema Studium