KI-Expertin Alicia von Schenk: Abi mit 15, Professorin mit 26
- Alexander Wulfers

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Wie verändert Künstliche Intelligenz das Verhalten der Menschen? Das weiß eine der jüngsten Professorinnen Deutschlands.
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Wie kommt ein junger Mensch an einen eigenen Lehrstuhl an einer deutschen Universität, in einem Alter, in dem viele froh sind, wenn sie überhaupt schon ihr Studium abgeschlossen haben? Der Wirtschaftswissenschaftlerin Alicia von Schenk ist genau das gelungen. Zum vergangenen Wintersemester ist sie an die Universität Würzburg als Juniorprofessorin berufen worden – im Alter von 26 Jahren.
Die Juniorprofessur mit "tenure track", also der Aussicht auf eine Stelle auf Lebenszeit, ist der vorläufige Höhepunkt einer Karriere im Blitztempo: Ihr Abitur machte die gebürtige Heidelbergerin mit 15, mit der Bestnote 1,0. Es folgten gleich zwei Bachelor- und zwei Master-Abschlüsse, jeweils in Mathematik und Volkswirtschaftslehre, an der Frankfurter Goethe-Universität, dann die Promotion. Das Thema: Ökonomik der Organisation und die Auswirkungen Künstlicher Intelligenz. Anders als viele junge Wissenschaftler musste von Schenk anschließend nicht lange auf eine feste Stelle warten. Nach einem Jahr Postdoc in Berlin kam der Ruf nach Würzburg.
Wie also schafft man so etwas? Mit "viel intrinsischer Motivation", sagt die inzwischen 27-Jährige. Aber offenbar auch mit einer gehörigen Portion Durchsetzungskraft: "Mathematik habe ich immer als sehr schweres Fach empfunden und es hat einen sehr niedrigen Frauenanteil. Das habe ich als Herausforderung gesehen. Das wollte ich schaffen." Das Interesse an Anwendung zog sie dann in die Ökonomik – noch so ein Fach, in dem Frauen gemeinhin einen schweren Stand haben. Dass ihr junges Alter ihr nun einige Aufmerksamkeit beschere, sieht sie auch als Chance, "ein bisschen etwas zu bewegen, junge Frauen zu einer akademischen Karriere zu inspirieren".
Eine KI als Lügendetektor?
Mit ihrem Forschungsschwerpunkt rund um die Chancen und Gefahren der Künstlichen Intelligenz trifft sie aktuell einen Nerv. Fast täglich gibt es derzeit neue Entwicklungen im Wettrüsten der Tech-Unternehmen. Kürzlich hat Google seinen Chat-Assistenten Bard erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Schon zuvor hatte Googles derzeit wichtigster Konkurrent im KI-Rennen, das von Sam Altman geführte Unternehmen Open AI, die vierte Version seines KI-Systems GPT vorgestellt. Die soll noch bessere Antworten liefern als der in ChatGPT integrierte Vorgänger. So viele Menschen wie noch nie interagieren heute regelmäßig ganz bewusst mit KI.
Umso wichtiger werden die Erkenntnisse auch von Schenks Forschung. Mit psychologischen Experimenten untersucht sie, wie sich menschliches Verhalten im Umgang mit KI-Systemen verändert. So hat sie unter anderem gezeigt, dass Menschen sich nicht von ihrer besten Seite zeigen, wenn ihr Verhalten in einen Algorithmus einfließt: "Wenn wir in der digitalen Welt Entscheidungen treffen und nur noch Teil von Big Data sind, verhalten wir uns weniger sozial."
"Die Gefahren liegen nicht unbedingt bei der KI"
Auch mit den Chancen von KI hat sich von Schenk beschäftigt. Gemeinsam mit einem japanischen Start-up testete sie KI-basiertes Management. Dabei hilft der Computer, besser zu verstehen, wie Mitarbeiter am besten motiviert werden. Das könne "dazu beitragen, dass wir besser kooperieren."
Als nächstes will sie nun die Frage beantworten, wie sich die Akzeptanz von KI in der Gesellschaft erhöhen lässt, überall da, wo sie einen großen Nutzen bringt. Bei Fehlern seien Menschen heute immer noch strenger mit dem Computer als mit anderen Menschen. KI ist zum Beispiel sehr viel besser als Menschen darin, Lügen zu erkennen. Eine KI als Lügendetektor bringe aber eine ganze Reihe neuer ethischer Probleme mit sich.
Am Ende setzt dann eben doch menschliches Verhalten mit all seiner Irrationalität der Technologie ihre Grenzen. Wir vertrauen zum Beispiel Robotern dann eher, erzählt von Schenk, wenn sie menschenähnlich aussehen. "Die Gefahren liegen nicht unbedingt bei der KI", glaubt Alicia von Schenk, "sondern beim Menschen."
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