Die Macht der Gewohnheit: Der Weg ist das Ziel

Autor*innen
Isabel Eder
Eine aus Pfeilen bestehende Strecke mit Bergen und Tälern, auf denen zwei Geschäftsleute um die Wette sprinten.

Neues Jahr – neue Gewohnheit? Wenn du langfristig Erfolg haben und deine Neujahres-Vorsätze wirklich umsetzen willst, könnten neue Gewohnheiten dein Weg dorthin sein. Doch was ist eine Gewohnheit überhaupt? Wie baust du sie auf? Und wie hältst du eine Gewohnheit nachhaltig aufrecht? Diese Tipps helfen dir weiter.

"Echte Veränderung, langanhaltende Veränderung, passiert Schritt für Schritt." Das wusste bereits die ehemalige Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg. Tatsächlich sind es die kleinen Gewohnheiten, deren Wirkung – nach und nach – einen großen Unterschied machen. Wenn du dich daher darauf konzentrierst, dich kontinuierlich um jeweils ein Prozent zu verbessern, summiert sich das langfristig und du bist auf dem besten Weg, deine Visionen zu verwirklichen.

Wie lange dauert es, bis etwas zur Gewohnheit wird?

Auch wenn du dein neues Verhalten täglich ausführst, dauert es einige Wochen, bis es sich automatisch anfühlt (im Mittel circa zehn Wochen). Und das ist gut so, denn das gibt dir Zeit herauszufinden, ob diese Gewohnheit überhaupt zu dir passt. Daniela Bernhardt, Autorin des Studienratgebers "Die Psychologie des Schweinehunds", empfiehlt: "Überleg dir gut, welche neuen Gewohnheiten du aufbauen möchtest. Denn einmal etablierte Gewohnheiten lassen sich nicht so einfach wieder 'löschen'."

Überprüf daher, ob die Gewohnheit, die du einführen möchtest, mit deinen Werten, deinen Zielen und deinen Zukunftswünschen übereinstimmt. Wer möchtest du sein? Und wie kann dich deine neue Gewohnheit dabei unterstützen? Wenn du die Antworten auf diese Fragen parat hast, ist das ein toller Motivations-Boost, denn immer, wenn du deine neue Gewohnheit ausführst, ist das ein Beweis dafür, dass du als die Person handelst, die du sein möchtest.

Wie entsteht eine Gewohnheit?

Eine Gewohnheit ist ein Verhalten, das oft genug wiederholt wurde, um automatisch zu werden. Der Zweck dieses Automatismus ist, dass du wiederkehrende Situationen mit so wenig Energie und Mühe wie möglich lösen kannst.

Gewohnheiten laufen alle nach demselben Schema ab, der sogenannten Gewohnheitsschleife: Ein bestimmter Reiz (= Auslösereiz) löst stets eine immer gleiche Reaktion (= Routine) aus, die vom Gehirn als belohnend erlebt wird (= Belohnung). Du bist diesem neuronal fundierten Zirkel keineswegs ausgeliefert, sondern kannst ihn dir gezielt zu Nutze machen.

Auslöser der Gewohnheit: Gestalte einen festen Kontext

Der erste Schritt im Gewohnheitsaufbau ist, einen festen Kontext für deine neue Gewohnheit zu schaffen.

  • Eine Möglichkeit dafür ist, die neue Verhaltensweise an einen konkreten Ort und eine konkrete Zeit zu koppeln: Jeden Tag um 6.50 Uhr meditiere ich für zehn Minuten auf meinem Meditationskissen.
  • Du kannst deine neue Gewohnheit auch an eine Gewohnheit anschließen, die du bereits hast: Wenn ich ins Bett gehe, lese ich noch 3 Seiten in einem Buch.
  • Spezialtipp: Egal ob Meditationskissen oder Buch – platzier Gegenstände, die dich an deine neue Gewohnheit erinnern können, so sichtbar wie möglich. Damit erhöhst du die Wahrscheinlichkeit, dass du die Gewohnheit, die du aufbauen möchtest, tatsächlich durchführst. Umgekehrt gilt dasselbe: Du möchtest weniger Süßes essen? Verbanne Kekse, Schokolade und Co. aus deinem Sichtfeld. Aus den Augen, aus dem Sinn.
  • Wenn du eine neue Gewohnheit nicht für jeden Tag, sondern beispielsweise für dreimal in der Woche oder einmal im Monat einplanst, könntest dir ein Handyalarm als Hinweisreiz dienen. Jeden Montag und Donnerstag um 17.30 Uhr singen die Pointer Sisters 'Jump' für dich? Dann geht’s jetzt ab auf die Laufstrecke.

Triffst du diese geregelten Absprachen mit dir selber, gibst du dir einen festen Kontext, der zum einen verhindert, dass du deine neue Gewohnheit im Alltagsgeschehen vergisst und der dir zweitens die Entscheidung 'Tun, oder nicht tun' abnimmt. Wichtig ist, dass du deine neue Gewohnheit konsequent mit dem Hinweisreiz verbindest und dich so darauf trainierst, deine neue Gewohnheit automatisch werden zu lassen.

Aufbau der Gewohnheit: Step-by-Step

Die Idee ist, dass du dir den Einstieg in deine neue Gewohnheit so einfach wie möglich machst. Erst, wenn du eine neue Gewohnheit etabliert hast, kannst du an ihr arbeiten. Brich deine neue Gewohnheit daher zunächst in ihre kleinste Version herunter. Wenn du morgens Yoga machen möchtest, rollst du ein paar Tage lang einfach jeden Morgen die Matte aus. Danach folgen ein paar Tage, in der du dann erst eine Übung machst, dann zwei, dann drei – solange bis du dein Gewohnheitsziel erreicht hast. So verknüpfst du dein neues Verhalten in Mini-Schritten immer wieder mit dem Kontext und ritualisierst das Startsignal für deine neue Gewohnheit.

In seinem internationalen Bestseller "Atomic Habits" schlägt James Clear für den Gewohnheitsaufbau außerdem die Zwei-Minuten-Regel vor. Diese Regel besagt: "Führ eine neue Gewohnheit nur zwei Minuten lang aus." Wenn du an deiner neuen Gewohnheit beständig arbeitest – und sei es auch nur für zwei Minuten – wirst du immer besser und kannst den Schwierigkeitsgrad und die Dauer deines neuen Verhaltens nach und nach steigern.

Du bist skeptisch? Dreh den Spieß einmal um: Zwing dich dazu, die Tätigkeit genau nach zwei Minuten abzubrechen. Lauf genau 120 Sekunden lang und bleib dann stehen, unterbrich deine Meditation nach genau zwei Minuten oder leg nach dieser Zeit konsequent dein Buch weg. Du wirst merken, dass eine der größten Herausforderungen darin besteht, ein Verhalten überhaupt zu beginnen. Hast du dagegen einmal angefangen, fühlt es sich eher erzwungen an, nach zwei Minuten wieder damit aufzuhören.

Ein weiterer Vorteil der Zwei-Minuten-Regel ist, dass du dich auf den Prozess anstatt auf ein Endziel fokussierst. Es ist immer besser, weniger zu tun als gar nichts. Auch wenn du jeden Tag nur zwei Minuten lang liest, wirst du irgendwann das Buch fertig haben. Nur eine Bauchmuskelübung zu machen ist besser als gar kein Training zu absolvieren. Ob du dabei nun einen Sixpack bekommst, oder nicht: Du wirst zu der Person, die keine Trainingseinheit verpasst und bleibst mit höherer Wahrscheinlichkeit auch dann am Ball, nachdem du ein Ziel erreicht hast.

Dranbleiben an der Gewohnheit:  So bleibst du motiviert

Du bist ein paar Mal ins Fitnessstudio gegangen, aber du bist weder stärker geworden noch sieht dein Arm definierter aus? Das ist frustrierend. Gerade am Anfang, wenn sichtbare Ergebnisse ausbleiben, brauchst du etwas, das dich bei Laune hält. 

Im Sinne der positiven Verstärkung ist es wichtig, dass du dich (zumindest ein klein wenig) gut fühlst, wenn du die neue Gewohnheit ausführst oder wenn du sie abgeschlossen hast. Wie stellst du das an?

  • Du kannst eine eher unangenehme Tätigkeit mit einer angenehmen kombinieren: Eigentlich hast du ja keine Lust laufen zu gehen. Weil du dabei aber einen spannenden Podcast hören kannst, schnürst du deine Turnschuhe trotzdem.
  • Belohne dich: Du hast gerade fünf Folien für deinen Vortrag erstellt? Das Telefonat mit einer Freundin hast du dir redlich verdient.

Wenn du dir eine feste Gewohnheit aufgebaut hast, wirst du immer weniger extrinsische Belohnungen brauchen, da sich die Tätigkeit automatisieren und dir damit immer leichter fallen wird. Um deine Motivation aber weiterhin zu fördern, kannst du deine neuen Gewohnheiten dokumentieren, beispielsweise mit einem Habit Tracker.

Habit Tracker 

Immer wenn du deine Gewohnheit ausgeführt hast, schreibst du dir das sofort auf – zum Beispiel in einem Kalender, der damit zu deinem Habit Tracker wird. Damit zelebrierst du deinen kleinen Erfolg und verstärkst das dokumentierte Verhalten positiv. Nach und nach bekommst du damit auch einen sichtbaren Beweis dafür, wie konsequent du an deiner Gewohnheit arbeitest.

Mit einem Habit Tracker entgehst du auch der Gefahr einer 'Alles-oder-Nichts-Mentalität'. Gerade an schlechten Tagen, an denen du zweifelst, dass du deine Gewohnheit 'perfekt' ausführen kannst, motiviert dich der Habit Tracker dazu, die Kette nicht abreißen zu lassen. Wiederum gilt: Eine Runde um den Block zu drehen, ist besser als gar keinen Schritt zu gehen.

"Never miss twice"

Egal wie konsequent du bist: Es ist tatsächlich unmöglich, Gewohnheiten immer perfekt aufrecht zu erhalten. Früher oder später funkt das Leben dazwischen. Du wirst krank, musst beruflich verreisen oder dich um ein Familienmitglied kümmern. Immer wenn das passiert, empfiehlt James Clear: "Never miss twice". Einmal seine Gewohnheit auszulassen, kann passieren und ist manchmal notwendig. Lässt du deine Gewohnheit aber zweimal hintereinander schleifen, kann das der Anfang vom Ende deiner Gewohnheit sein.

Justieren der Gewohnheit: So feilst du am Erfolg

Wenn du eine neue Gewohnheit beginnst, ist es wichtig, die Tätigkeit so einfach wie möglich zu halten. Um die Einstiegshürde zu überwinden und anzufangen, ist es hilfreich, dass du dir nur ganz wenig (gegebenenfalls auch nur einen Handgriff) vornimmst.  

Wenn der Einstieg schließlich geschafft ist, geht es darum, dran zu bleiben. Warum gelingt es nun aber manchen Leuten an ihren Gewohnheiten festzuhalten, während andere Schwierigkeiten haben, motiviert zu bleiben? Einen Grund dafür beschreibt James Clear mit der sogenannten 'Goldilocks Rule'. Die Regel besagt, dass Menschen dann maximal motiviert sind, wenn sie sich einer Herausforderung mit überschaubarem Schwierigkeitsgrad stellen. Die Aufgaben dürfen weder zu schwer noch zu einfach sein, sondern müssen am Rand ihrer aktuellen Fähigkeiten liegen.

Das heißt, solange du deine Routine noch nicht komplett etabliert hast, kann Langeweile deine Motivation dämpfen. Tatsächlich ist Langeweile einer der größten Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg. Leider wird es Tage geben, an denen du deine Gewohnheit genau deswegen aufhören möchtest.

Diesen Mangel an Motivation kennen auch erfolgreiche Menschen. Doch Profis halten an ihrer Gewohnheit fest. Alle können hart arbeiten, wenn sie motiviert sind. Die Bereitschaft, auch bei Langeweile weiterzumachen, macht den Unterschied. Du solltest daher aktiv darüber nachdenken, wie du deine Gewohnheit in kleinen Schritten steigern und optimieren kannst. Such dir regelmäßig Herausforderungen, die dich weder unter- noch überfordern.

Um Gewohnheiten auf diese Weise zu verfeinern, solltest du sie dokumentieren: Was hat gut für dich funktioniert? Wie erklärst du dir Schwierigkeiten? Bleib dabei neutral und neugierig, denn die Informationen, die du hier über dich sammelst, helfen dir dabei nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und Kurskorrekturen vorzunehmen. 

Die Dokumentation und Überprüfung deiner Gewohnheiten verhindert auch, dass du in alten Gewohnheiten und Überzeugungen stecken bleibst. Überprüfe daher regelmäßig: Entsprechen deine Gewohnheiten noch deinen Zielen? Welche Herausforderungen kannst du dir für die Zukunft setzen, um weiter an deinen Wünschen zu arbeiten?

Das Geheimnis, um dauerhafte Ergebnisse zu erzielen, liegt also darin, niemals aufzugeben, sondern beständig Verbesserungen vorzunehmen. Triffst du jeden Tag die bewusste Entscheidung, eine deiner Gewohnheiten, wenn auch nur um ein Prozent, zu verbessern, wird der Weg zum Ziel zu deinem nachhaltigen Erfolg. 

Bewertung: 4/5 (18 Stimmen)

Weitere Artikel zum Thema Motivation