Erfahrungsbericht – LL.M.: London School of Economics

Autor*innen
Markus Moßmann
Eine Leiter ist an eine Hand angelehnt. Auf der Hand liegt ein aufgeschlagenes Buch. Im Hintergrund ein weißer Kreis mit Doktorhut, der aussieht, als würde er im Buch lesen.

Früh im Studium hat sich bei mir der Wunsch manifestiert, eine längere Zeit im englischsprachigen Ausland zu verbringen. Insbesondere aufgrund der hohen finanziellen Hürden hätte dieser Traum jedoch nicht weiter weg erscheinen können. Nach dem Ersten Staatsexamen war dann schnell klar: Jetzt gilt’s.

Fazit: Vielleicht die beste Entscheidung meines Lebens. Mein Jahr in einer der aufregendsten Städten der Welt war vor allem persönlich eine großartige Bereicherung. Die unendlichen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Begegnungen mit Menschen von allen Kontinenten, Denkanstößen, andere Sichtweisen – es bleiben nicht nur drei Buchstaben mehr im Lebenslauf, sondern viele unvergessliche Erinnerungen und Erfahrungen, ein erweiterter Horizont und Freundschaften über den gesamten Globus verteilt.

Kein ob, kein wann – vor allem wie und wo

Mir war klar, dass ich mit dem LL.M.-Studium nicht bis nach dem Referendariat warten wollte. Die Gretchenfrage nach dem optimalen Zeitpunkt stellte sich mir demnach nicht. Insgesamt plädiere ich dafür, diese Erwägung nicht überzubewerten. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, und ich bin der Ansicht, dass sich die Entscheidung eher nach individuellen Präferenzen als nach allgemeingültigen Vorgaben richten sollte.

Ich persönlich wollte nach dem Ersten Staatsexamen erst einmal neue Einblicke gewinnen. Die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Wirtschaftskanzlei habe ich genutzt, um durch Gespräche und Internetrecherche herauszufinden, welches Programm für mich reizvoll und finanziell realisierbar wäre. Zwar musste ich den Traum vom Studium in den USA nach langem hin und her ad acta legen – das liebe Geld… Die kurze Enttäuschung verflog jedoch rasch, nachdem ich mich intensiver mit den Hochschulen in London auseinandergesetzt hatte und, vom Programm der LSE überzeugt, Feuer und Flamme für das Projekt UK wurde. Die Finanzierung habe ich zu 100 Prozent über einen Generationenvertrag mit einem Bildungsfonds und ein Reisestipendium einer Kanzlei gesichert. Im September 2017 konnte es dann endlich losgehen.

Seminare, Weltpolitik und Großstadt-Flair – Studium an der LSE

Das LL.M.-Studium an der LSE war für mich persönlich die absolut richtige Entscheidung. Aus einem breit gefächerten Curriculum konnten sieben der acht zu belegenden Kurse frei gewählt werden. Meine Schwerpunkte habe ich dabei im Kartellrecht und im Völkerrecht gesetzt – zwei Fachrichtungen, die mich bereits während des Schwerpunktstudiums und einer vorherigen Kanzleitätigkeit begleitet hatten.

Der Studienalltag bestand in der Regel aus Seminaren in Kleingruppen von ca. 20 Teilnehmer:innen. Darunter befanden sich Juristinnen und Juristen aus allen Ecken der Welt, von frischen Bachelor-Absolventen aus den Niederlanden und Brasilien zur Richterin aus Indien und Rechtsanwältin aus Australien. Wöchentliche Pflichtlektüren dienten der inhaltlichen Vor- und Nachbereitung. Besonders die Möglichkeit, sich mündlich aktiv einbringen zu können, empfand ich als sehr bereichernd – nicht nur zur Verbesserung des Legal English. Professor:innen übernahmen häufig die Rollen von Moderator:innen, während einzelne Problemstellungen diskutiert wurden. Mini-Moot Courts oder auch die Simulation einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates waren eine gelungene Abrundung. Zur Wahrheit gehört indes auch, dass zwei meiner Kurse mit gut 40 Teilnehmer:innen völlig überbelegt waren und sich der Kursalltag im Wesentlichen in Frontalunterricht erschöpfte.

Ein besonderes Highlight an der LSE ist die public speaker series. Hier referieren regelmäßig renommierte Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft oder Wirtschaft zu aktuellen Fragen der Zeit. Im Studienjahr 2017/2018 spielte natürlich das Thema Brexit eine übergeordnete Rolle. In diesem Rahmen konnte ich zum Beispiel an Ver-anstaltungen mit dem ehemaligen britischen Premierminister Gordon Brown, dem ehemaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und dem Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus teilnehmen. Auch die German Society an der LSE ist sehr aktiv und veranstaltet jährlich das German Symposium.

Der LSE Campus in Holborn und die vielen sehr zentral gelegenen Wohnheime sind perfekte Ausgangsorte, um London zu entdecken. Egal, wie gut man London bereits durch touristische Aufenthalte zu kennen glaubt, die Stadt überrascht jeden Tag aufs Neue. Zwischen reicher Geschichte, Finanzmetropole, Kulturhauptstadt, Inter-nationalität und Millionen-Moloch ist alles im Angebot. Neben dem Studium blieb glücklicherweise ausreichend Zeit, um neue Stadtteile zu entdecken, Restaurants (sehr international) zu testen, die vielen renommierten Museen zu erkunden (der Eintritt ist in der Regel frei) und hochkarätige Theaterstücke im Londoner West End (viele Oscar- und BAFTA-Preisträger on stage) zu besuchen. Ein besonderes Highlight war zudem der Besuch des Freundschaftsspiels Deutschland gegen England im Wembley Stadium.

Anregungen zum Abschluss

Wieviel Geld kann und möchte ich ausgeben? Gibt es Stipendien, die realistisch in Betracht kommen? Bin ich bereit, ein Darlehen aufzunehmen? Reizt mich eher eine pulsierende Weltmetropole oder ein kleineres Studierendenstädtchen? Lege ich Wert auf eine namhafte Uni oder stehen andere Kriterien im Vordergrund? Motiviert mich eher die Möglichkeit fachlicher Weiterbildung oder ist der LL.M. Mittel zum Zweck für ein aufregendes Jahr im Ausland? Hier gibt es im Allgemeinen keine richtigen oder falschen Antworten und keinesfalls schließen sich die Alternativen stets aus. Aus meiner Sicht hilft die frühzeitige Auseinandersetzung mit diesen Fragen jedoch bei der Navigation durch den Dschungel der Möglichkeiten.

Ich halte das Projekt "Mein LL.M." für etwas sehr Persönliches und Individuelles. Daher mein Rat: Studieninteressierte sollten vielfältige Informationsquellen nutzen und unvoreingenommen an die Auswahl der Law School herangehen. Die finanziellen und organisatorischen Hürden erkennen, ohne sich davon abschrecken zu lassen. Vielleicht sogar die Karriereplanung für einen Moment dahinstehen lassen – ja, das fällt uns Jurist:innen zuweilen schwer – und auf persönliche Wünsche/Präferenzen/Bauchgefühle Rücksicht nehmen! Egal wo, egal wie, Studieninteressierten wünsche ich ein fachlich und persönlich aufregendes, ereignisreiches und unvergessliches Jahr.

Der Autor steht bei Fragen gerne zur Verfügung:

Markus Moßmann - markusmossmann@gmail.com

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