Erfahrungsbericht – LL.M. an der Fletcher School of Law and Diplomacy (2016): Werde Teil der Fletcher-Mafia

Autor*innen
Andreas Wendl
Ein Mann sitzt stark gebeugt an einem Schreibtisch und arbeitet am Computer. Über ihm schwebt ein riesiges freigestelltes Auge, das ihn zu beobachten scheint.

Mit nur zehn Kommilitonen und Kommilitoninnen absolvierte Andreas Wendl den LL.M. der Fletcher School of Law and Diplomacy. Durch das weitreichende Netzwerk der Hochschule hat er nun trotzdem Ansprechpartner:innen in unzähligen Ländern der Welt.

Mein Interesse am LL.M.-Programm der Fletcher School wurde geweckt, als ich kurz vor meiner mündlichen Prüfung des Zweiten Examens in "Der LL.M. 2013" von e-fellows.net auf Recherche nach geeigneten Universitäten ging und auf das Fletcher-Profil gestoßen bin. Ich habe meine Entscheidung für die Fletcher School nie bereut, da sie mir ein erstklassiges Studium zu meinen Interessen an der Schnittstelle von internationalem Recht, Wirtschaft und Politik geboten hat. Der LL.M. an der Fletcher School, die zur Tufts University gehört, unterscheidet sich in vielen Punkten grundlegend von allen mir bekannten U.S.-Programmen. Die Fletcher School of Law and Diplomacy ist trotz des Namens keine zugelassene "Law School" und berechtigt nicht zum Bar Exam in New York. Sie ist in erster Linie eine Graduiertenschule für Internationale Beziehungen und bietet den sehr renommierten zweijährigen Master of Arts in Law and Diplomacy (MALD) an. Dementsprechend umfangreich gestaltet sich das Angebot vor allem im Völkerrecht, aber auch im internationalen Handelsrecht.

Unser Karriereratgeber Der LL.M. 2021 [Quelle: e-fellows.net]

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Die Qual der freien Kurswahl an Fletcher und Harvard

Ungefähr zwei Drittel der Kurse, die für den LL.M. erbracht werden müssen, sind rechtswissenschaftliche Kurse. Das restliche Drittel kann frei aus Kursen der Bereiche Economics und International Relations gewählt werden. Auf diese Weise kann sich jeder sein individuelles Studium entlang eigener Interessen erstellen, ohne durch ein festes Curriculum beschränkt zu sein. Sieben meiner zehn Kurse habe ich auf dem Gebiet des Umwelt- und Energierechts gewählt. Meine Kommiliton:innen konzentrierten sich u. a. auf Human Rights Law, Refugee Law oder gar auf Islamic Finance. Besonders beeindruckt hat mich die Möglichkeit, ein Viertel der Kurse an der benachbarten Harvard Law School zu absolvieren. Nur Student:innen der Fletcher School und des MIT dürfen sich neben den regulären Harvard-Studierenden für diese Kurse registrieren. Der Zugang zu den Harvard-Kursen und -Bibliotheken rundet den LL.M. ab, da die Kursauswahl ausgesprochen vielfältig ist und einen großartigen Einblick in das Studium an einer U.S.-Eliteuniversität bietet. Mit den Kursen an Fletcher und Harvard erhält man ein interdisziplinäres Studium zu eigenen Interessen, wie es eine reine Law School meiner Meinung nach nicht bieten kann. Nur leider muss man sich entscheiden …

Ein LL.M.-Programm, so groß wie eine Fußballmannschaft

Von Massenabfertigung und Anonymität im Hörsaal kann an der Fletcher School keine Rede sein. Wir waren nur elf Personen, die den LL.M. 2015 absolviert haben. Das gab uns zum einen die Möglichkeit, uns untereinander bestens kennenzulernen und kleine Trips zu unternehmen. Zum anderen hat sich der persönliche Zusammenhalt dadurch bemerkbar gemacht, dass wir uns gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite standen, als uns das harte Leben einer Graduate School einholte und das hohe – teilweise nicht zu bewältigende – Kurspensum sowie die Masterarbeit zur doppelten Belastung wurden. War der Rat der Kolleg:innen erschöpft, war es ein Leichtes, die Probleme mit Professor:innen zu erörtern, die sehr zugänglich waren und einen stets beim Namen kannten. Die Professor:innen kümmern sich um ihre Studierenden, und in einigen Fällen waren sie auch bereit, die Masterarbeit in einem U.S.-Law-Journal gemeinsam zu veröffentlichen. Zudem wurden für unsere LL.M.-Gruppe hochkarätige Persönlichkeiten des internationalen Rechts zum gemeinsamen Mittagessen ("High Table") eingeladen, sodass wir u. a. die Möglichkeit hatten, uns persönlich mit Friedensnobelpreisträger Mohammed El-Baradei zu unterhalten.

Nicht Boston, sondern Medford, dafür "Fletcher Mafia" at its best

Die Fletcher School liegt nicht zentral in Boston. Der schöne Campus erstreckt sich etwas außerhalb in einem Wohngebiet in Medford. Nach einer Weile habe ich diese Lage zu schätzen gelernt. Es bestand ein enger Kontakt zu allen Studierenden der Fletcher School, sodass der viel beschworene Fletcher-"Mafia"-Geist, der Grundstein des Fletcher-Netzwerks, zur Entfaltung kam. Gerade weil die Fletcher School auf den Austausch und die Diskussionen zwischen MALD-, LL.M.- und MAB-Studierenden besonders großen Wert legt, gelingt es in Kursen, Lösungsansätze zu Problemen aus verschiedenen Perspektiven zu entwickeln, da jeder einen anderen professionellen Hintergrund einbringt. Zudem zeichnet sich die Schule durch ein hohes Maß an Internationalität unter den Student:innen aus, die aus insgesamt 45 verschiedenen Nationen kamen. Eines ist sicher: Egal, welches Land man später bereist oder wohin es einen beruflich verschlägt, man hat immer eine:n Ansprechpartner:in vor Ort.

Warum den LL.M. nach dem Zweiten Staatsexamen und die USA als Studienort? Für mich war klar, den LL.M. nach dem Zweiten Examen zu absolvieren, da ich zuerst das Pflichtprogramm absolvieren wollte, um mich anschließend auf eine bestimmte Richtung zu spezialisieren. Zudem bleibt man nach dem Ersten Staatsexamen noch mehr im Stoff, der für das Zweite Examen relevant bleibt. Ebenso stand für mich fest, dass ich meinen LL.M. in den USA absolvieren und ein Studium wählen wollte, das mich nach den beiden Staatsexamina etwas breiter und internationaler aufstellt. Mit dem Studium an der Fletcher School habe ich diese Ziele mehr als erreicht. Den Großraum Boston kann ich als Studienort nur empfehlen. Er bietet die größte Ansammlung an höheren Schulen weltweit, wodurch ein spannendes und kulturell abwechslungsreiches Klima zum Leben und Arbeiten entsteht. Nur einen Winter mit Rekord-Schneehöhen, wie ich ihn in Boston erleben durfte, möchte ich niemandem wünschen.

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