Wunscharbeitgeber: Wo junge Menschen am liebsten arbeiten wollen

Autor*innen
Franziska Telser
Geldstapel und ein gezackter Pfeil, der aufwärts zeigt. Zwei Personen schweben über dem Pfeil, eine steht feiernd davor.

Große Autobauer, Tech- sowie Pharmakonzerne belegen Toppositionen. Das zeigt eine Auswertung, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

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Wo wollen junge Menschen am liebsten arbeiten? In Zeiten, in denen der Fachkräftemangel als Wachstumsbremse für die deutsche Wirtschaft gilt, wird diese Frage für Unternehmen zunehmend wichtiger. Erst kürzlich haben zwei Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ausgerechnet, dass deutsche Unternehmen allein in diesem Jahr 49 Milliarden Euro mehr erwirtschaften könnten – wenn sie genügend Fachkräfte hätten. Bis zum Jahr 2027 könnten es 74 Milliarden Euro sein, die verloren gehen.

Um Talente ist deshalb ein harter Konkurrenzkampf ausgebrochen. Welche Unternehmen für sie am attraktivsten sind, untersucht jedes Jahr Trendence. Die aktuelle Auswertung liegt dem Handelsblatt exklusiv vor. Das Berliner Marktforschungsinstitut hat rund 13.000 Studentinnen und Studenten aus unterschiedlichen Fachrichtungen gefragt, bei welchen Unternehmen sie sich am ehesten bewerben würden. Aus 120 potenziellen Arbeitgebern konnten sie drei auswählen.

Große Autobauer zählen nach wie vor zu den Top-Arbeitgebern von deutschen Studenten, obwohl die Branche in den vergangenen Monaten vor allem durch Stellenabbau auf sich aufmerksam gemacht hat. Gerade Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure sehen dort den idealen Anlaufpunkt für den Start ihrer Karriere.

Welche der Automobilhersteller besonders beliebt sind und welche Unternehmen für angehende Informatiker, Ingenieure, Wirtschafts- und Naturwissenschaftler noch als attraktiv gelten – die Übersicht.

Wer bei künftigen Ingenieuren hoch im Kurs steht

Zu den Top-Arbeitgebern für angehende Ingenieure zählen vor allem die großen deutschen Automobilhersteller. Mit BMW, Audi, Porsche und Mercedes-Benz belegen ausschließlich Autobauer die ersten vier Plätze des Rankings dieser Fachrichtung. Mehr als 17,3 Prozent der 3800 befragten Ingenieurstudenten können sich demnach vorstellen, BMW eine Bewerbung zu schicken, sobald sie ihr Studium abgeschlossen haben. Mit Siemens folgt erst auf Platz fünf ein Unternehmen, das nicht aus der Automobilbranche stammt.

Generell schneiden die deutschen Automobilhersteller gut ab. Nicht nur bei den angehenden Ingenieuren, sondern auch bei Informatikern und Wirtschaftswissenschaftlern zählen Arbeitgeber wie BMW oder Audi zu den beliebtesten. Anna Lüttgen ist Leiterin des Bereichs Recruitment bei der Personalberatung Hays. Deutsche Automobilkonzerne, sagt sie, stünden bei Berufseinsteigern schon lange hoch im Kurs. "Das liegt zum einen an der jahrelang aufgebauten Reputation, die Automarken in Deutschland haben", sagt sie.

Zum anderen sei die Automobilindustrie eine Schlüsselindustrie in Deutschland. In vielen Haushalten, sagt Lüttgen, arbeiteten bereits die Eltern oder andere Verwandte bei einem Autobauer oder einem Zulieferer. Das präge die nachfolgenden Generationen. Auch die schwächelnde Konjunktur und der Stellenabbau könnten der Attraktivität der Branche als Arbeitgeber bisher wenig anhaben.

Aber auch hier gibt es nicht nur Gewinner. So ist das US-Unternehmen Tesla bei den Ingenieuren vom achten auf den zehnten Platz abgerutscht. Ebenso haben Zulieferer wie Bosch und ZF an Beliebtheit eingebüßt.

Beliebteste Arbeitgeber...

Handelsblatt Nr.095 vom 17.05.2024
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In welche Unternehmen es angehende Wirtschaftswissenschaftler zieht

Für angehende Wirtschaftswissenschaftler sind Arbeitgeber aus der Automobilbranche wie BMW und Porsche ebenfalls sehr attraktiv. Am liebsten würden sie jedoch beim Technologiekonzern Apple anheuern. Mit knapp 13 Prozent ist das amerikanische Unternehmen klarer Favorit. Außerdem schafften es mit Amazon und Google zwei weitere US-Technologiekonzerne unter die zehn beliebtesten Unternehmen der Wirtschaftswissenschaft-Studenten.

Auch die Unternehmensberatung Deloitte ist in den Top Ten zu finden. Robindro Ullah, Geschäftsführer von Trendence, sieht hier einen Trend. Zwar schaffte es von den großen Beratungen nur Deloitte unter die zehn beliebtesten Arbeitgeber – und das auch nur bei angehenden Wirtschaftswissenschaftlern. Insgesamt hätten die Beratungsunternehmen aber an Beliebtheit gewonnen.

"Auch Unternehmen aus dem Finanzsektor, hier vor allem Banken, sind wieder attraktiver als in den Vorjahren", sagt er. Gleichzeitig sinkt die Popularität des öffentlichen Dienstes. So haben beispielsweise das Auswärtige Amt, die Europäische Kommission oder die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) an Beliebtheit bei den Wirtschaftswissenschaftlern verloren.

"Die Phase, in der Jobsicherheit, Verlässlichkeit und Sinnstiftung entscheidende Attraktivitätstreiber waren, scheint vorbei zu sein", sagt Ullah. Stattdessen hätten Themen wie Gehalt und Karriereperspektiven wieder mehr an Bedeutung gewonnen.

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Welche Konzerne ITler bevorzugen

IT-Studenten wollen am liebsten nach wie vor zu einem der großen Tech-Konzerne aus den USA. Die ersten drei Plätze des Informatik-Rankings belegt Apple mit 18,4 Prozent, gefolgt von Google und Amazon. Auf Platz fünf landete mit Microsoft ebenfalls ein großes Softwareunternehmen. Allerdings sind die US-Tech-Konzerne bei deutschen Informatikstudenten nicht mehr ganz so beliebt wie früher. Zum Vergleich: 2023 sagten noch 20,6 Prozent der Studenten, dass sie sich nach ihrem Abschluss bei Apple bewerben würden – 2,2 Prozent mehr als in diesem Jahr. Und auch Google und Microsoft gaben in diesem Jahr weniger Informatikstudenten ihre Stimme als noch im vergangenen Jahr.

"Das ist vor allem auf den Personalabbau bei den Big-Tech-Companies in den USA zurückzuführen", sagt Robindro Ullah.

Und trotzdem: Dass unter den Nachwuchs-Informatikern vor allem große US-Konzerne zu den Top-Arbeitgebern zählen, ist für die deutschen Unternehmen ein großes Problem. "Besonders um IT-Talente ist durch den Fachkräftemangel ein enormer Wettbewerb entbrannt", sagt Ullah. Die Automobilbranche brauche sie. Ebenso wie zum Beispiel der Handel oder die klassischen Tech-Unternehmen. Heißt: "Es gibt eine enorm große Nachfrage in einer recht kleinen Studentengruppe", sagt Ullah. Große Tech-Unternehmen würden den Studenten suggerieren, dass sie bei ihnen kreativ arbeiten können und dass sie viele Möglichkeiten bieten, um sich weiterzuentwickeln. "IT-Studenten finden genau das attraktiv", sagt Ullah. Das erkläre auch, warum Unternehmen wie Apple und Google trotz Personalabbau immer noch an der Spitze des Rankings stehen.

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Welche Favoriten Naturwissenschaftler haben

Bei angehenden Naturwissenschaftlern führen wie auch im Vorjahr Corona-Impfstoffhersteller Biontech und das Pharmaunternehmen Bayer das Ranking an. Allerdings haben insgesamt auch hier die beiden Spitzenpositionen an Beliebtheit verloren. Bei Bayer waren es sogar 3,1 Prozent. Das liegt laut Ullah unter anderem daran, dass große Pharmaunternehmen nicht mehr ganz so im öffentlichen Fokus stehen wie in den Pandemiejahren 2020 bis 2022.

Dagegen würden aufgrund der aktuellen Sicherheitslage Arbeitgeber aus der Rüstungsindustrie deutlich an Beliebtheit gewinnen. Flugzeughersteller Airbus, der auch Europas zweitgrößter Rüstungskonzern ist, stieg bei den Naturwissenschaftlern vom 18. auf den zehnten Platz und ist auch bei den Ingenieuren unter den Top Ten vertreten.

Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall schaffte es auf der Beliebtheitsskala zwar noch bei keiner Fachrichtung unter die zehn beliebtesten Arbeitgeber – bei den Ingenieuren allerdings rutschte das Düsseldorfer Unternehmen von Platz 56 auf Platz 26.

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