Chancen: In fünf Schritten zum KI-Experten

Autor*innen
Franziska Telser
Ein Mensch und ein Roboter schütteln Hände

Wer sich mit Künstlicher Intelligenz auskennt, ist derzeit gefragt auf dem Arbeitsmarkt. So klappt die KI-Karriere – auch ohne Informatikstudium.

e‑fellows.net präsentiert: Best of Handelsblatt

Das Handelsblatt ist die Nummer eins unter den Finanz- und Wirtschaftzeitungen in Deutschland. Lies bei uns kostenlos ausgewählte Artikel aus der Printausgabe.

Künstliche Intelligenz (KI) kann eine Marketingkampagne entwerfen, kleine Programmcodes schreiben oder Röntgenaufnahmen analysieren. Das verändert nicht nur die Arbeitswelt, sondern schafft auch zahlreiche neue Karrierewege. Menschen, die sich mit maschinellem Lernen auskennen oder gute Prompts für ChatGPT und Co. schreiben können, sind auf dem Arbeitsmarkt derzeit heiß begehrt.

Laut einer Auswertung der Jobplattform Stepstone hat sich die Zahl der ausgeschriebenen KI-Stellen im Vergleich zu 2019 um knapp 50 Prozent erhöht. Experten gehen davon aus, dass sich dieser Trend noch verstärken wird. Nur, wie gelingt der Einstieg in das Zukunftsfeld? Und wie finden Interessierte heraus, ob sie für einen Job im Bereich KI geeignet sind? Das Handelsblatt hat Théophile Roques, Datenexperte beim Tech-Weiterbildungsinstitut Datascientest, und Christian Schmitz, Head of Technology bei der Personalberatung Robert Half, befragt, wie eine KI-Karriere gelingt, auch ohne Informatikstudium. Wer in dem Bereich beruflich Fuß fassen möchte, sollte vor allem analytisch denken können und Spaß daran haben, Probleme zu lösen, sagt Roques. "Programmierkenntnisse sind dagegen deutlich weniger wichtig, als viele vermuten."

Das liege daran, dass es mittlerweile viele Hilfsmittel gibt und Programmiersprachen zugänglicher geworden sind. Ein gewisses Maß an Coding-Kompetenz sei zwar Voraussetzung. Das nötige Know-how könne man sich aber auch ohne Studium aneignen.

KI sei vor allem ein mathematiklastiges Berufsfeld. "Wer also über wissenschaftliche oder sogar datenanalytische Kenntnisse verfügt, hat klare Vorteile", sagt Roques.

So brächten neben Informatikern etwa auch Ingenieure, Finanzexperten oder Forscher gute Voraussetzungen für einen Einstieg in den Bereich Künstliche Intelligenz mit. "Ein Informatikstudium hilft immens, aber es ist nicht zwingend erforderlich", sagt auch Christian Schmitz von Robert Half. Denn gerade für die Entwicklung neuer Technologien würden Schnittstellen gebraucht, an denen auch fachfremde Experten sitzen – etwa um Projekte zu koordinieren.

"In meinem beruflichen Umfeld habe ich einen Kontakt, der war bis vor wenigen Jahren noch Koch in einem Unternehmen, heute ist er immer noch da und betreut IT-Projekte."

Die Experten haben fünf Schritte identifiziert, wie Arbeitnehmer zum KI-Job kommen.

Schritt 1: Selbstanalyse für den KI-Quereinstieg

Der erste Schritt vor einer beruflichen Veränderung ist laut Weiterbildungsexperte Roques, sich zu fragen, welche Ziele man erreichen will und welchen Aufwand man dafür zu betreiben bereit ist. Will man eigene Ideen einbringen oder fremde umsetzen? Strebt man eine Führungs- oder eine Expertenposition an?

"Man sollte sich bewusst sein, dass der Weg in die KI herausfordernd sein kann", sagt Roques. "Es ist viel Eigenleistung und Selbststudium nötig." Wer mit KI arbeiten will, sollte sich deshalb gut selbst motivieren können.

Schritt 2: Erfahrung in ersten KI-Projekten sammeln

Um einen Einblick in den Bereich KI zu bekommen, rät Roques, zum Beispiel an einem Forschungsprojekt mitzuarbeiten, ein Praktikum zu machen oder erste Testprojekte umzusetzen.

Wer noch keine Erfahrung im Programmieren habe, könne sich mit Video-Tutorials und einfachen Übungen, die im Internet zu finden sind, herantasten. Wichtige und leicht verständliche Programmiersprachen seien etwa Python oder SQL.

Wer sich hier eingefuchst hat, kann im nächsten Schritt mithilfe öffentlicher Datensätze eine erste kleine KI bauen. Eine beliebte Methode für maschinelles Lernen ist laut Roques zum Beispiel die Arbeit mit dem sogenannten Titanic-Datensatz.

Wer üben will, kann damit eine KI entwickeln, die vorhersagen kann, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Passagier das Unglück überlebt. Hierzu finden sich ebenfalls viele Anleitungen und Videos im Internet. Wichtig sei zudem, den Umgang mit gängigen KI-Tools und Bibliotheken wie etwa Pandas oder NumPy zu lernen. Dazu empfiehlt Roques, die offiziellen Dokumentationen der Bibliotheken zu lesen. "So kann man sich gut mit den besten Funktionen und Praktiken vertraut machen."

Schritt 3: Mit Weiterbildung tiefer in Künstliche Intelligenz einsteigen

Wer noch tiefer in das Thema Künstliche Intelligenz einsteigen will, kann sich zudem überlegen, eine Weiterbildung zu machen. Weil es zahlreiche Möglichkeiten gibt, besteht die Schwierigkeit laut dem Bildungsexperten Roques vor allem darin, den richtigen Kurs zu finden.

Eine gute Weiterbildung sollte die richtige Mischung aus Theorie und Praxis und Präsenzunterricht und Selbststudium bieten. Das Programm des Kurses sollte zudem konkrete Bausteine wie zum Beispiel Data Science oder Machine Learning behandeln.

"Wer ein KI-Praktiker werden möchte, sollte berücksichtigen, dass er sich kein leichtes Thema ausgesucht hat", sagt Roques. Statt auf eintägige Kurse oder Schulungen über wenige Wochen sollten Interessierte lieber auf mehrmonatige Weiterbildungen setzten. In vielen Fällen macht es Sinn, beim Arbeitgeber anzufragen, statt sich auf eigene Faust weiterzubilden. "Die Budgettöpfe vieler Unternehmen sind voll, der Fachkräftemangel ist groß", sagt Personalberater Schmitz. "Das sind sehr gute Voraussetzungen für Arbeitnehmer, sich ressourcenschonend in einem Bereich weiterzubilden."

Der Experte geht davon aus, dass Unternehmen künftig immer mehr dazu übergehen werden, benötigte KI-Kenntnisse selbst auszubilden. "Prompt-Engineering kann man an keiner Universität studieren", sagt Schmitz. Allerdings stünden die Chancen gut, dass Unternehmen bei Bedarf künftig eigene Lehrgänge hierzu anbieten.

Schritt 4: Dranbleiben, um Chancen auf einen KI-Job zu erhöhen

"Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasend schnell weiter", sagt Roques. "Ständig kommen neue Techniken und Tools hinzu." Daher sei es elementar, auf dem Laufenden zu bleiben. Um das eigene Verständnis aktueller KI-Technologien zu vertiefen, sollten regelmäßig Seminare und Workshops besucht werden. Eine gute Möglichkeit, sich zu informieren, seien auch kostenlose Onlineplattformen wie GitHub, Blogs wie "Towards Data Scienes", Podcasts wie "Talking Machines" oder Keynotes, sagt der Bildungsexperte. Wer wolle, könne auch an einem Wettbewerb im Bereich KI oder maschinelles Lernen teilnehmen. Es gebe verschiedene Plattformen, die so etwas anböten, sagt Roques, zum Beispiel die Data Science Community Kaggle. So könne man sich nicht nur mit anderen messen, sondern bekomme auch viel Input und die Gelegenheit, Neues zu lernen.

Um in der Forschung am Ball zu bleiben, empfiehlt Roques, die Ankündigungen großer Akteure wie Microsoft, OpenAI oder Midjourney zu verfolgen. "Hier findet man heraus, was in Sachen KI in der Planung ist und wohin die Entwicklungen gehen", sagt er. Gleiches gelte für KI in der Produktion.

Auch hier lohne es sich, die Ankündigungen von Unternehmen wie Siemens, BMW oder der Deutschen Bank zu verfolgen. Was machen die Unternehmen bereits? "Wenn die KI auf den Kunden ausgerichtet ist, kann man sie manchmal auf deren Websites testen." Eine weitere Option sei, sich HuggingFace anzuschauen. Dabei handelt es sich um ein Open-Source-Unternehmen an der Schnittstelle zur KI, das in der Regel einige große Einblicke in den Markt gibt.

Schritt 5: Branchenwissen für einen KI-Job gezielt nutzen

Um KI effektiv zu nutzen, braucht es neben fachlicher Expertise und der Bereitschaft, sich ständig weiterzubilden, auch ein tiefes Verständnis für die Branche, in der die Technologie zum Einsatz kommt.

"KI ist ein Werkzeug wie jedes andere", sagt Roques. "Je nachdem, wie professionell der Umgang damit ist, kann sie nutzlos, lebensverändernd, hilfreich oder sogar schädlich sein."

Für die meisten Unternehmen sei vor allem entscheidend, wie aktuelle KI-Tools ihre Prozesse und Produkte verändern können – und damit einen Mehrwert für die Firma schaffen.

Nur mit einem tiefen Verständnis des Vokabulars, der spezifischen Daten und der Herausforderungen der jeweiligen Branche könnten Datenwissenschaftler oder KI-Ingenieure einschätzen, was sie entwickeln müssen, um ihre Ziele zu erreichen.

© Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.

Bewertung: 2,5/5 (9 Stimmen)

Mehr Artikel zum Thema KI und Karriere