Erfahrungsbericht – LL.M.: Stellenbosch University

Autor*innen
Laura Rizzi
Hand hält Sonnenblumen

Sonne, Küste, Kultur und Jura: Laura Rizzi hat ihren LL.M. an der südafrikanischen Stellenbosch University absolviert – und nicht bereut.

Immer wieder schwelge ich gern in den Erinnerungen. Von Juli 2017 bis Juni 2018 habe ich Master of Laws an der Stellenbosch University in Südafrika absolviert. Ex post eine Entscheidung, die ich nicht besser hätte treffen können. Ex ante eine Entscheidung, die mit viel Ungewissheit verbunden war und Überwindungskraft gekostet hat. Um Studieninteressierten den Schritt zum postgradualen Studium in Südafrika zu erleichtern, berichte ich hier von meinen Erfahrungen.

Nach elf Semestern Jura an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf sowie elf Monaten wissenschaftlicher Mitarbeit in einer internationalen Wirtschaftskanzlei war das Fernweh groß. Schon vor Abschluss des Ersten Staatsexamens war mir klar, dass ich nicht sofort ins Referendariat starten würde. Ich wünschte mir zwar eine Auszeit von dem gewohnten Lernstress und dem Arbeitsalltag, aber eine mit juristischem Bezug. Der einjährige Studienaufenthalt an der Stellenbosch University in Südafrika war die ideale Option.

Erst die Pflicht...

Stellenbosch ist eine inmitten von Weinbergen gelegene Universitätsstadt im Westkap Südafrikas. Sie ist beliebtes Ziel vieler internationaler Student:innen, die dort häufig ein Auslandssemester verbringen oder ihr komplettes Master-Studium absolvieren. Das einjährige LL.M.-Programm ist insbesondere unter deutschen Jurist:innen die bevorzugte Wahl. Neben einer Reihe von fachspezifischen Programmen gibt es den fachübergreifenden General LL.M., für den auch ich mich entschieden habe. Insbesondere diejenigen Uni-Absolvent:innen, die für die Zukunft noch kein konkretes Rechtsgebiet für sich entdeckt haben, werden meines Erachtens von diesem Programm profitieren.

Aus einer Fülle völlig unterschiedlicher Kurse können pro Semester zwei Fächer gewählt werden. So habe ich noch vor dem Referendariat die wertvolle Gelegenheit erhalten, einen Einblick in mir bisher unbekannte Rechtsgebiete zu gewinnen und dadurch neue Interessen zu entwickeln. Von dieser Motivation geleitet entschied ich mich für die Kurse Internationales Strafrecht und Gerichtsmedizin im ersten Semester sowie Öffentliches Vergaberecht und Internationales Handelsrecht im zweiten Semester.

Die Prüfungsleistungen werden je nach Kurs durch eine Kombination von Klausuren, Präsentationen, Hausarbeiten und der mündlichen Mitarbeit erbracht. Dadurch, dass die Kurse auf eine Teilnehmerzahl von etwa zehn bis 25 Student:innen beschränkt sind, kann man sich durch Wortmeldungen gut einbringen und den Professor:innen nach Belieben Fragen stellen. Nicht zuletzt trägt natürlich auch die innerhalb des Studienjahres anzufertigende Master-Arbeit zur Gesamtnote bei. Solange man eine:n Tutor:in für das Anfertigen der Arbeit findet, ist man in der Themenwahl vollkommen frei.

...dann das Vergnügen.

Alle Kurse finden auf Englisch statt. Das mag dem Studieninteressierten zunächst banal erscheinen – ist es aber nicht. In Südafrika werden elf offizielle Amtssprachen gesprochen. Neben Englisch sind die meistverbreiteten Sprachen in der Region Westkap Afrikaans und isiXhosa. Die Universität bietet für diejenigen, die über den juristischen Tellerrand hinausblicken wollen, entsprechende Sprachkurse an. Abgesehen davon gibt es eine breitgefächerte Auswahl an Freizeitaktivitäten, die von der Universität angeboten werden.

So bin ich als Mitglied verschiedener "Societies" in den Genuss gekommen, ohne jeglichen Organisationsaufwand an Tagesausflügen oder sogar Wochenendtrips teilzunehmen. Unter uns Teilnehmer:innen besonders beliebt waren die Surf-Society und natürlich die Wine-Society. Aber auch wer lieber auf eigene Faust unterwegs ist, kommt in Südafrika nicht zu kurz.

Häufig habe ich mir für einige Tage ein Auto gemietet, um die Küste entlangzufahren und die vielen faszinierenden Orte um Stellenbosch herum zu entdecken. Auch Kapstadt liegt nur eine 30-minütige Uber-Fahrt entfernt und ist dementsprechend regelmäßiges und sehr beliebtes Ziel meiner Ausflüge geworden. Während der achtwöchigen vorlesungsfreien Zeit habe ich außerdem die Gelegenheit ergriffen, zusammen mit ein paar Kommiliton:innen das restliche Südafrika zu erkunden. Unsere Reise entlang der Garden Route über Johannesburg bis zum Krüger Nationalpark bleibt eine einmalige Zeit. Kaum woanders wurde ich stets mit so viel Gastfreundschaft und Herzlichkeit in Empfang genommen.

Der Blick in die Zukunft

Wenn ich im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs nach meinen Englischkenntnissen gefragt werde, kann ich guten Gewissens mit "verhandlungssicher" antworten. Durch das Anfertigen der diversen Prüfungsleistungen haben sich meine Sprachfähigkeiten erheblich verbessert. Außerdem eröffnet sich mir nach dem Referendariat die Möglichkeit, im Rahmen meiner geplanten Promotion an das Thema der Master-Arbeit anzuknüpfen.

Aber das Master-Studium an der Stellenbosch University hat mich nicht nur in fachlicher Hinsicht bereichert. Das hautnahe Erleben der unterschiedlichen Kulturen und der einzigartigen Geschichte Südafrikas hat mich persönlich stark geprägt. Kein Lehrbuch dieser Welt hätte mir jemals die interkulturellen Fähigkeiten lehren können, die ich aus meinem Auslandsaufenthalt mitgenommen habe.

Die Studierenden der Stellenbosch University nennen sich Maties. Wer nach Abschluss des Studiums den Maties Alumni beitritt, erhält regelmäßig Einladungen zu Veranstaltungen – auch in Deutschland. Ich kann es kaum erwarten, nächsten Monat zum ersten Mal an einem Ehemaligentreffen teilzunehmen. Glücklicherweise steht auch mein nächster Aufenthalt in Südafrika schon bevor. Im Rahmen der Wahlstation werde ich als deutsche Referendarin in einer Kanzlei in Kapstadt arbeiten. Nicht treffender könnte das dreisprachige Motto der Stellenbosch University lauten: saam vorentoe – masiye phambili – forward together!

Die Autorin steht bei Fragen gerne zur Verfügung: 

Laura Rizzi – laurarizzi91@gmail.com

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