Mieten im Studium: So teuer ist ein WG-Zimmer in Deutschland

Autor*innen
Laura Binder
Person springt in ein Sparschwein. Der Kopf der Person wurde durch eine Münze ersetzt.

Egal ob München oder Erfurt – fast überall sind die Mieten für WG-Zimmer gestiegen. Fünf Gründe, woran das liegt, und wer ganz oben und ganz unten auf der Liste steht.

In einer WG bekommt man alles: abendliche Talkshows in der Küche, eine Spüle, die immer voll dreckigem Geschirr ist, und natürlich unvergessliche Partys. Doch das hat seinen Preis. Und der steigt.

Viele Studierende entscheiden sich nicht nur wegen wertvoller Erfahrungen, sondern auch aus finanziellen Gründen für eine Wohngemeinschaft. Doch wie viel kostet ein WG-Zimmer in Deutschland? Das Hochschulstädte-Scoring 2022 hat die Mittelwerte berechnet.

WG-Zimmer kosten elf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Am teuersten sind Millionenstädte und der Süden – am günstigsten ist es im Osten. Aber auch Standorte mit Exzellenzstatus, wie Konstanz (490 Euro), oder Universitätskliniken, wie in Freiburg (485 Euro), sind teurer geworden.

Die teuerste Stadt bleibt München, hier wurden WG-Zimmer 80 Euro teurer und liegen dieses Jahr bei rund 700 Euro. Am günstigsten sind Städte in Mittelsachsen, mit 249 Euro. Stefan Brauckmann ist Direktor am Moses Mendelssohn Institut (MMI), das zusammen mit dem Portal WG-gesucht.de und dem Immobilienunternehmen GBI die Daten auswertete. "In 89 von 95 Städten der Hochschulstädte-Liste sind Zimmer in einer WG jetzt teurer als noch 2021", sagt er. Das Ergebnis: Im Schnitt kostet ein WG-Zimmer dieses Jahr für Studierende 44 Euro mehr pro Monat. Warum?

Die teuersten WG-Zimmer 

Stand: September 2022, Quelle: Hochschulstädte-Scoring 2022

Erstens: In der Coronazeit fanden viele Vorlesungen digital statt. Einige Studierende sind deshalb gar nicht erst bei den Eltern aus- oder in eine andere Stadt umgezogen, und nur wenn nötig zur Uni gependelt. Mit den Lockerungen änderte sich das. "Dieser Nachholeffekt sorgte für eine Preisexplosion", so Brauckmann. "Schon im August dieses Jahres war die Nachfrage nach passenden Unterkünften zum Semesterstart höher als noch vor der Pandemie."

Zweitens: Auch internationale Studierende holen ihre Auslandssemester nach, die meisten in München, Berlin, Hamburg, Aachen und Frankfurt. Das bedeutet: Zimmer, die normalerweise erst ab September vermietet sind, sind nun früh weg. Und das bedeutet: Je leerer der Markt wird, desto höher werden die Kaltmieten.

Drittens: steigende Strom- und Energiekosten. Studierende sollen von der Regierung deshalb eine Einmalzahlung von 200 Euro bekommen – als Entlastung. Wie die Pauschale auf dem Konto landet, ist noch unklar. "Wir befürchten, dass es zum Sommersemester nächstes Jahr teurer wird, wenn die Nebenkostenabrechnungen vorliegen", sagt Brauckmann. Er höre aber auch von WGs, die jetzt schon mehr bezahlen müssen. Wenn die Preise auch nächstes Jahr weiter steigen, könnte ein Kipppunkt erreicht werden. "Dann erwarten wir aufgrund der politischen Maßnahmen den Effekt, dass sich die Märkte erst mal wieder entspannen", sagt Brauckmann.

Viertens: Das MMI wertete auch aus: Die Zahl der Erstsemester, im Vorjahr 472.100, nimmt laut Statistischem Bundesamt ab, aber die Zahl der Studierenden ist weiterhin sehr groß, mit über 2,9 Millionen. "Das bedeutet: Viele Studierende verlängern ihr Studium, weil sie ausgefallene Prüfungen nachholen müssen oder noch immatrikuliert bleiben wollen, um Kosten zu sparen." Es entlaste finanziell, wenn man noch das Semesterticket nutzen kann oder die günstige Krankenversicherung.

Fünftens: Auch die allgemeine Wohnungsknappheit ist ein Grund für steigende WG-Zimmer-Preise. Wohnheime müssen saniert werden, doch so lange verschwinden die Zimmer vom Markt. Neubauplanungen brauchen zu lange, um fertiggestellt zu werden, und bringen kurzfristig keine Entlastung. Sie sind aber mittelfristig wichtig, um das Problem zu lösen, denn nur so kann man den Markt entlasten, sagt Brauckmann. "Wir müssen zudem die Bedürfnisse der Auszubildenden mitdenken, die ebenfalls verstärkt auf Wohnraum außerhalb des Elternhauses angewiesen sind, weil sie sich kein normales Zimmer mehr leisten können mit ihrem geringen Einkommen."

Die günstigsten WG-Zimmer

Stand: September 2022, Quelle: Hochschulstädte-Scoring 2022

Vom Staat gibt es zu wenig Unterstützung. Im Juli erhöhte sich bei der BAföG-Reform die Wohnkostenpauschale von 325 auf 360 Euro – damit kann man aber nur in den wenigen günstigen Städten, wie Jena, Halle oder Chemnitz ein WG-Zimmer bezahlen. Ohnehin seien viele Studierende finanziell auf ihre Eltern oder Verwandte angewiesen. "Die Wohnkostenpauschale passt nicht zur Realität", sagt Brauckmann. "Man müsste sie erhöhen und auch den Bezug von BAföG ausweiten."

"Wer jetzt noch Wohnraum sucht, dem raten wir, auch außerhalb des Internets zu suchen", sagt Brauckmann. Helfen kann das Schwarze Brett in der Uni oder dem Supermarkt, Besichtigungen unbedingt persönlich wahrzunehmen, Freundesfreunde und -freundinnen zu fragen und einen Finanzplan zu machen: Möchte ich erst noch arbeiten, Geld sparen und dann ein Studium aufnehmen – oder ein Urlaubssemester für einen Job einlegen? Eine Lösung, sagt Brauckmann, habe er leider nicht. "Ich kann nur raten: Lasst euch nicht fertig machen von dieser Situation."

Alle 95 Hochschulstandorte und die WG-Zimmer-Preise gibt es auf der interaktiven Karte beim Moses Mendelssohn Institut.

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