Gesunde und günstige Ernährung: Die Inflation wenigstens ein kleines bisschen austricksen
- Jakob Pontius

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Trotz hoher Teuerungsrate bei Lebensmitteln günstig und gut einkaufen: Geht das? Einige Alternativen zu großen Preistreibern – und Produkte, die sogar billiger werden.
Die Preise steigen immer weiter. Monat für Monat meldet das Statistische Bundesamt eine höhere Inflationsrate. Das tägliche Leben wird derzeit so schnell teurer wie seit Jahrzehnten nicht mehr – und weder Löhne noch Grundsicherung halten auch nur annähernd mit. Besonders schmerzhaft spürt man das im Supermarkt, bei der Gemüsehändlerin oder im Bioladen. Kurz: beim Einkauf der Lebensmittel.
Diese waren im Mai durchschnittlich 11,1 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Getrieben wird die Preissteigerung vor allem von einigen Grundnahrungsmitteln wie Speiseölen, Weizenmehl oder Nudeln, die innerhalb von nur zwölf Monaten bis zu zwei Drittel teurer wurden. Unter den zwölf Lebensmitteln mit der höchsten Teuerungsrate finden sich keine Luxusprodukte (beim Fleisch ist es Ansichtssache), auf die man mal eben verzichten könnte:
![Grafik, Inflation, Teurere, Lebensmittel [Quelle: e-fellows.net]](https://www.e-fellows.net/uploads/ALT-Medienbibliothek/_Bilder/_contentSmall/Grafik-Inflation-Teurere-Lebensmittel-e-fellows.net-1280x720.jpg)
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Wer bei der Ernährung sparen muss oder möchte, hat es also nicht leicht. Ohne Verzicht geht es nicht. Da beim Essen aber schlecht die Menge reduziert werden kann, gibt es nur zwei Stellschrauben: Was esse ich? Und: Wo? Wer bislang oft auswärts essen geht, kann häufiger zu Hause kochen und so Geld sparen. Wer sich das allerdings schon vor der neuen Inflationswelle nicht leisten konnte oder wollte, dem bleibt nur, bei der Lebensmittelqualität und dem Speiseplan anzusetzen.
Im Discounter einzukaufen statt im Bioladen oder Fachhandel, ist ein möglicher Weg. Ein anderer: Lebensmittel, die besonders stark von der Inflation betroffen sind (oder diese sogar treiben), mit solchen zu ersetzen, die weniger schnell teurer werden – oder gerade sogar günstiger. Davon gibt es allerdings nur wenige. Laut Statistischem Bundesamt kosteten im Mai nur zwölf Produkte oder Produktgruppen weniger als vor einem Jahr:
![Grafik, Inflation, Günstigere, Lebensmittel [Quelle: e-fellows.net]](https://www.e-fellows.net/uploads/ALT-Medienbibliothek/_Bilder/_contentSmall/Grafik-Inflation-Guenstigere-Lebensmittel-e-fellows.net-1280x720.jpg)
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Es gibt also immerhin eine gute Nachricht: Ausgerechnet einige Gemüsesorten, Obst und Hülsenfrüchte sind im Preis gefallen oder zumindest konstant geblieben. Die einfachste Variante also, beim Lebensmitteleinkauf zu sparen, ist auch eine gute Entscheidung für die eigene Gesundheit (und den Planeten): weniger Fleisch essen, dafür mehr Gemüse und Hülsenfrüchte.
Der Anlass für ihre Wiederentdeckung könnte wahrlich ein schönerer sein, aber die Möhre zum Beispiel ist sowieso eine chronisch unterschätzte Wunderwurzel. Wir empfehlen diesen Risotto oder jenen Karottenkuchen. Auch nach wie vor unterbewertet, obwohl sich langsam ihre vielseitigen Geschmäcker und wertvollen Inhaltsstoffe herumsprechen: Hülsenfrüchte wie Kichererbsen (Hummus! Oder mit Käse und Pfeffer), Bohnen (zum Beispiel mit Sesamdressing oder im Reissalat), Erbsen (mit Pasta, na klar) oder Linsen (mit pochiertem Ei). Und aus Paprika – 16 Prozent günstiger als vor einem Jahr – lässt sich wunderbar eine Shakshuka kochen.
Reis statt Nudeln, Meeresfrüchte statt Hackfleisch
Die nächste Stellschraube: Lebensmittel, die sich nicht streichen, aber mehr oder weniger gut ersetzen lassen. Da Weizenmehl derzeit deutlich schneller im Preis steigt als etwa Roggenmehl oder Grieß, könnte man zum Beispiel ihren jeweiligen Anteil im Brot- oder Nudelteig anpassen. Als Butterersatz funktionieren in vielen Fällen pflanzliche Aufstriche – oder eben weniger Butter. Während der Nudelpreis in den vergangenen zwölf Monaten um ein ganzes Drittel zugelegt hat, kosten Kartoffeln (etwa in einer spanischen Tortilla) oder Reis (warum nicht mal als Reiskuchen) bloß 13,3 Prozent beziehungsweise 11,5 Prozent mehr. Und Brot ist nur circa zehn Prozent teurer geworden, bei den Kohlenhydraten kann man also derzeit noch auf die drastischsten Preissteigerungen reagieren.
Auch fürs Hackfleisch, ein weiterer Inflationsspitzenreiter, gibt es zahlreiche Alternativen, die nicht weniger Genuss bedeuten müssen. Fleischbällchenrezepte etwa schmecken auch mit Bohnen oder Linsen als Hauptzutat. Und statt Tagliatelle mit Bolognese könnten am nächsten Nudelabend Spaghetti Vongole auf den Tisch kommen – Pasta mit Venusmuscheln. An Meeresfrüchten ist die Inflation nämlich bisher quasi vorbeigegangen. Das Gericht schmeckt auch mit Miesmuscheln, die sind besonders günstig. Aber reiben Sie auf keinen Fall Parmesan über den Teller, wenn Italienerinnen oder Italiener mit Ihnen essen.
Letzter Tipp: Der gestiegene Eierpreis (plus 25 Prozent) wird erträglicher, wenn man das Rührei oder Omelett mit Kohl (minus fünf Prozent) und etwas Mehl streckt und zusätzlich drunterrührt, was sonst noch so zu welken droht. Vorbild ist der japanische Pfannkuchen Okonomiyaki, eine so unverzichtbare wie schmackhafte Säule der dortigen Alltagsküche.
Die gestiegenen Ausgaben für Lebensmittel können solche kleinen Änderungen im Speiseplan nicht vollständig ausgleichen. Auch größere Ernährungsumstellungen wie der komplette Verzicht auf Fleisch werden das Budget nicht allein retten können. Und beide sind kein Ersatz für staatliches Gegensteuern und die Erhöhung des sogenannten Existenzminimums. Aber durch eigenes Handeln kann man zumindest akut die schlimmsten Auswirkungen der Inflation etwas abfedern.
© ZEIT Magazin (Zur Original-Version des Artikels)