Frühstück: Warum man morgens viel essen sollte

Autor*innen
Jakob Pontius und Milena Zwerenz
Ein riesiges Croissant, auf dem ein Mann mit Laptop im Scheidersitz sitzt. Im HIntergrund springt eine Frau,

Frühstück oder kein Frühstück, ist für Viele die Frage. Expertinnen sagen: Auslassen ist ungesund. Warum Kalorien am Morgen wichtig sind, auch wenn man abnehmen will. 

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Spätestens seit dem Siegeszug des Intervallfastens ist das Frühstück die gefährdetste unter den Mahlzeiten. 16 Stunden nichts essen – da bietet sich das Frühstück als Streichkandidat an. Denn abends will man ja mit der Familie dinieren oder mit Freundinnen ausgehen. Aber auch, wer nicht regelmäßig fastet, kommt oft nicht dazu, morgens in Ruhe eine vollwertige Mahlzeit zu sich zu nehmen. Der Wecker klingelt früh, die Zeit reicht für einen Kaffee, Hunger ist noch keiner da. Der meldet sich dann im Büro oder auf der Baustelle, also schnell einen Snack verdrücken, oder eben ein frühes Mittagessen.

Dann redet man sich vielleicht ein: Ist doch ganz gut so, ich sollte sowieso ein bisschen aufpassen, nicht zu viel zu essen. Wer aber wirklich auf sich achtgeben will – und auch auf das eigene Gewicht – sollte eben doch frühstücken. Warum das Frühstück so wichtig ist und was das konkret im Alltag bedeutet: die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ist Frühstück wirklich wichtig?

Frühstück ist grundsätzlich gesund. Und ja, auch der Umkehrschluss gilt: Regelmäßig nicht zu frühstücken ist ungesund. "Wir haben überwältigende Evidenz, dass man regelmäßig frühstücken sollte", sagt Anja Bosy-Westphal, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Regelmäßiges Frühstücken beuge Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen vor. Dafür sei es nicht nur wichtig, überhaupt zu frühstücken – man solle morgens auch die meisten Kalorien zu sich nehmen, im Vergleich zum Mittag- oder Abendessen. "Das alte Sprichwort stimmt tatsächlich: Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein Edelmann, Abendessen wie ein Bettler", sagt Bosy-Westphal.

Diese Faustregel müsse man aber nicht um jeden Preis umsetzen, sagt Ingrid Acker, Diplom-Diätistin und Ernährungsberaterin. Wer sich nicht wohlfühlt mit einem großen Frühstück, oder dadurch nur insgesamt mehr isst, solle sich nicht verbiegen: "Es kommt auch auf die eigene Esskultur an." Sinnvoll sei ein ausgewogenes Frühstück in Ruhe aber durchaus für alle, die sich an geregelte Mahlzeiten halten und über den Tag verteiltes Snacken vermeiden wollen: "Durch kleine Snacks können sich eine ganze Menge Kalorien ansammeln, was wiederum einer Gewichtszunahme in die Hände spielen kann", sagt Acker.

Anja Bosy-Westphal

ist promovierte Ernährungsmedizinerin und Ökotrophologin. Sie arbeitet als Professorin an der Universität Kiel und leitet die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin.

Wie beeinflusst das Frühstück die Gesundheit?

Regelmäßiges Frühstücken begünstigt einen niedrigen Blutzuckerspiegel und beugt Diabetes vor. Interventionsstudien zeigen, dass sogar Dosis und Wirkung in Beziehung stehen: "Je häufiger man das Frühstück auslässt, desto höher das Risiko, an Diabetes zu erkranken", sagt Bosy-Westphal. Früh am Tag Nahrung zu sich zu nehmen helfe dem Körper dabei, den Stoffwechsel richtig einzustellen. Das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen sinke.

Der Grund dafür liege auch darin, dass der Körper morgens erst in Fahrt kommen muss. Der Glukose- und der Energiestoffwechsel arbeiten morgens ineffizienter – was nicht gut klingt, aber in diesem Fall gesund ist, etwa für den Blutzuckerspiegel. Bosy-Westphal sagt: "Wenn ich dieselbe Mahlzeit einmal zum Frühstück und einmal zum Abendbrot esse, steigt der Blutzuckerspiegel morgens weniger stark an." Die Ineffizienz des Energiestoffwechsels wiederum führe dazu, dass nach dem Essen mehr Energie gebraucht wird, also mehr Kalorien direkt verbrannt werden, womit natürlich weniger zur Speicherung bleiben. Abends ist es umgekehrt: Der Stoffwechsel brummt und speichert fleißig Energie.

Und was, wenn ich abnehmen will?

Wer wirklich abnehmen will, kann für eine begrenzte Zeit das Frühstück auslassen – darf die gesparten Kalorien aber nicht einfach auf eine spätere Tageszeit schieben, sondern muss sie wirklich eine Zeit lang weglassen. Doch es gibt ein großes Aber: Wenn das Wunschgewicht erreicht ist, sollte man das Frühstück wieder aufnehmen. Denn nicht zu frühstücken hilft ausdrücklich nicht dabei, das Gewicht zu halten – im Gegenteil. "Wer das Frühstück über längere Zeit auslässt, hat häufiger Übergewicht", sagt Bosy-Westphal. Das sei nicht nur eine zufällige Korrelation, sondern gelte auch, wenn man Kontrollvariablen gegenrechnet, also andere ungesunde Gewohnheiten als Ursache ausschließt. Noch einmal, das ist wichtig: Wer sein Gewicht halten will und sich gesund ernähren möchte, sollte frühstücken. Denn Glukose- und Energiestoffwechsel arbeiten morgens zu unseren Gunsten weniger effizient. Wer abnehmen will, kann das Frühstück dennoch eine Zeit lang auslassen – oder andere Mahlzeiten überspringen.

Ist es besser, eine andere Mahlzeit auszulassen?

Am besten bleibt es, keine der drei Hauptmahlzeiten auszulassen. Aber: "Wenn jemand partout eine Mahlzeit auslassen will, sollte es am besten das Abendbrot sein", sagt Bosy-Westphal. Zur Wiederholung: Abends steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Essen schneller an, außerdem werden von den aufgenommenen Kalorien mehr gespeichert als morgens. Wenn man also zum Abnehmen eine Mahlzeit überspringen möchte, ist das Abendbrot die geeignetste. Obwohl das natürlich schwerer mit dem Sozialleben der meisten Menschen vereinbar ist.

Darum ist vielleicht ein anderer Weg der beste: Wer gesünder essen oder abnehmen will, sollte möglichst zuerst die Snacks zwischen den Mahlzeiten streichen, beziehungsweise einschränken, das empfehlen sowohl Bosy-Westphal als auch Acker. "Häufig merkt man gar nicht, wie viel man tatsächlich zwischendurch isst, weil es nebenbei und unbewusst passiert", sagt Acker. Außerdem sollte man möglichst wenige kalorienreiche Getränke zu sich nehmen, wie Softdrinks oder auch Säfte.

Ingrid Acker

ist diplomierte Ernährungsberaterin. Ihre Praxis befindet sich im südhessischen Rödermark.

Wann sollte man frühstücken?

Bald nach dem Aufstehen – auch, wenn der Hunger noch nicht groß ist. Eine breit angelegte Studie lege nahe, dass Frühstück vor 8.30 Uhr am gesündesten sei, sagt Bosy-Westphal. Deswegen müsse aber niemand seinen oder ihren Tagesrhythmus ändern, auf die genaue Zeit komme es nicht an. Wichtig sei vor allem, nicht erst drei Stunden nach dem Aufstehen die erste Nahrung zu sich nehmen. Und Regelmäßigkeit ist gut, das hilft dem Biorhythmus.

Was, wenn ich morgens keine Zeit oder keinen Appetit habe?

Ernährungsberaterin Acker rät davon ab, das Frühstück zu einem weiteren Stressfaktor zu machen. Man müsse schauen, was zu den eigenen Bedürfnissen, Lebensumständen und dem Appetit passe: "Manche Kinder müssen um sieben Uhr aus dem Haus und kriegen so früh nichts runter. Dann gibt es eben ein Spätstück zur Pause in der Schule." Auch Menschen, die etwa wegen eines frühen Arbeitsbeginns erst mittags in Ruhe Zeit zum Essen haben, könnten getrost umdenken, sagt Acker: "Dann bietet sich vielleicht ein am Vorabend selbstgemachter Smoothie mit Haferflocken an, oder einfach ein paar Nüsse mit Trockenfrüchten."

Kann ein großes Abendessen das Frühstück am nächsten Tag ersetzen?

Es gibt zwar Menschen, die ein Leben lang ihr Gewicht halten – und diese "gleichen ihr Kalorienplus am Vorabend fast automatisch durch weniger Essen am nächsten Tag aus", sagt Ernährungsberaterin Acker. Aber ein spätes oder großes Essen am Abend bedeutet nicht zwangsläufig, dass man morgens weniger Hunger hat. "Man ist dadurch nicht automatisch länger satt, einige Menschen haben nach einem großen Abendbrot morgens sogar mehr Hunger", sagt Bosy-Westphal. Dem Körper kommt es auch nicht zugute: "Ein großes Abendbrot ist auf Dauer nicht gesund für den Stoffwechsel."

Was sollte man zum Frühstück bestenfalls essen?

Hier gilt, wie bei allen Mahlzeiten: Hauptsache, keine Fertigprodukte. Also keine Cornflakes und kein Fertigmüsli. "Auch ein Smoothie oder ein Porridge mit Açaí sind keine gute Idee", sagt Bosy-Westphal. Auch wenn sie als Superfood beworben werden: All diese verarbeiteten Lebensmittel enthalten meist Zucker und andere schnell verfügbare Kohlenhydrate. Die liefern zwar Energie – aber nur kurz. Sie lassen den Blutzuckerspiegel schnell steigen und schnell wieder fallen. Das gilt auch für Nutella oder ein Croissant.

Wer herzhaft frühstückt, sollte lieber Vollkornbrot mit Käse essen als Weißbrot mit Wurst, empfiehlt Bosy-Westphal. Oder ein Omelett mit frischem Gemüse braten. Wer süß isst, kann zum Beispiel ein Müsli selbst mischen, mit purem Joghurt, Obst und Nüssen.

Kaffee ist okay?

Kaffee ist viel besser als sein Ruf. Gegen einen Filterkaffee am Morgen spricht also absolut gar nichts, im Gegenteil: "Kaffee schützt vor Diabetes und Fettleber", sagt Bosy-Westphal. "Man denkt ja immer, man müsse grünen Tee trinken, um gesund zu sein. Das ist aber überhaupt nicht so". Natürlich kommt es auch hier, wen wundert's, auf die Menge an. Und gesüßt sollte der Kaffee nicht sein, sagt Bosy-Westphal: "Bitte keinen Karamell-Macchiato trinken!"

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