Das raten Juraprofessoren: Wie schaffe ich den Weg zum Prädikatsexamen?

Autor*innen
Stephan Klenner
Mann steht mit verschränkten Armen vor einer Waage mit zwei Waagschalen. Sein Gesichtsausdruck ist neutral, die Waagschalen befinden sich auf der selben Höhe.

Wer in Jura im ersten und zweiten Staatsexamen mindestens die Note "vollbefriedigend" erhält, gilt als Prädikatsjurist und ist auf dem Arbeitsmarkt extrem gefragt. Wie erreicht man diese Leistungen? Tipps von drei Spitzenjuristen.

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Um es gleich vorweg zu sagen: Ein Patentrezept für juristische Prädikatsexamina gibt es nicht. Niemand kann gute Noten in Jura garantieren. Selbst Studenten und Referendare, die sich sehr gewissenhaft auf ihre Prüfungen vorbereiten, erleben in den Klausuren Enttäuschungen. Ein Großteil der Endnote entscheidet sich sowohl in der ersten als auch in der zweiten juristischen Staatsprüfung innerhalb von zwei Wochen am Ende der Ausbildungszeit. Da liegt es auf der Hand, dass auch die persönliche Tagesform und etwas Glück darüber entscheiden, wie die Noten am Ende aussehen. Dennoch lohnt sich eine gute Vorbereitung.

Aber was macht eine gute Vorbereitung aus? Wir haben drei junge Juraprofessoren nach ihren eigenen Examenserfahrungen befragt: Anika Klafki, Fabian Michl und Lena Rudkowski haben beide Examina jeweils mit zweistelligen Noten abgeschlossen. Sie sind Spitzenjuristen und schon früh Professoren geworden. Alle drei sind jünger als 40 Jahre. Ihre Examenserfahrungen liegen noch nicht so lange zurück wie die ihrer Kollegen. Die Empfehlungen der Professoren dürften auch für heutige Studenten und Referendare vergleichsweise leicht umsetzbar sein.

Mit oder ohne Repetitorium?

Die drei Rechtswissenschaftler sind die Examensvorbereitung unterschiedlich angegangen. In ihren Gesprächen mit der F.A.Z. sind aber Gemeinsamkeiten erkennbar, die zum Notenerfolg der drei Juristen beigetragen haben dürften: Alle drei haben zu Beginn der Vorbereitung sorgfältig analysiert, wie sie am besten lernen. Dabei haben sie ihre individuellen Stärken und Schwächen betrachtet. Darauf aufbauend, haben sie eine Strategie entwickelt, sich vorzubereiten. Alle drei haben sich von Lern-Rückschlägen nicht entmutigen lassen.

Ein wichtiger Befund für Anika Klafki in ihrer Selbstanalyse war, "kein auditiver Lerntyp" zu sein. Die Jenaer Juraprofessorin verzichtete deshalb darauf, ein Repetitorium zu besuchen. Solche Wiederholungskurse werden sowohl von Unternehmen als auch von Universitäten angeboten. Sie basieren auf Vorträgen der Dozenten.

Klafki erstellte stattdessen eigene Skripten mit Lernstoff, die sie immer wieder durchging. Juristische Streitstände sortierte sie darin nach Argumenten: Wird eine Auffassung mit Verweis auf den Wortlaut einer Norm vertreten? Oder eher mit der Geschichte des Gesetzes oder dessen Ziel begründet? Durch diese Sortierung war es für Klafki einfacher, die Fülle des Stoffs zu beherrschen. Auch Fabian Michl erstellte eigene Aufzeichnungen zum Lernen. Anders als Klafki besuchte er jedoch vor dem ersten Staatsexamen für ein Jahr ein Repetitorium.

Anschließend nahm er sich ein halbes Jahr Zeit, jene Rechtsgebiete zu vertiefen, die er noch nicht gut beherrschte. Auf DIN-A4-Seiten schrieb er sich Spezialprobleme heraus. "Diese Zettel habe ich mir im Nachhinein gar nicht mehr so oft angesehen. Sie haben mir aber geholfen, die Materie zu durchdringen", sagt der Leipziger Juraprofessor. Ähnliche Erfahrungen machte auch Lena Rudkowski. Sie arbeitete gekaufte Skripten durch und schrieb die wichtigsten Probleme in ein Schulheft. Allzu oft konnte sie das Heft jedoch nicht mehr ansehen: Die Gießener Arbeitsrechtsprofessorin schrieb ihr erstes Staatsexamen schon nach dem sechsten Semester. Sie nutzte die Möglichkeit des "Freischusses".

Mit Lücken in die Prüfung

So bezeichnen Juristen die Option, das Staatsexamen früher als in der Studienordnung vorgesehen zu schreiben. Wer davon Gebrauch macht, kann die Klausuren zweimal wiederholen, falls er durchfällt. Bei Rudkowski war das nicht nötig: Sie schnitt schon im Frühversuch exzellent ab. Ein wesentlicher Baustein für ihren Examenserfolg dürfte ihr Mut gewesen sein.

Mut brauchen allerdings auch Examenskandidaten, die sich etwas mehr Zeit nehmen. Alle drei Professoren haben vor ihren Examensterminen Dutzende Probeklausuren geschrieben. Die Resultate waren zunächst nicht besonders gut. "Es war ein Desaster", sagt Fabian Michl. Gerade durch Probeklausuren, die er in den Sand gesetzt habe, seien ihm Schwächen bewusst geworden, an denen er noch arbeiten musste. Alle drei Professoren fühlten sich an ihren Examensterminen nicht auf sämtliche Rechtsgebiete vorbereitet. Mit solchen Lücken in die Prüfung zu gehen sei normal, sagen sie. Die jungen Professoren warnen davor, den Examenstermin immer wieder zu verschieben.

Die Möglichkeit, das zu tun, besteht ohnehin nur für die erste Staatsprüfung. Der Termin des zweiten Examens ist aufgrund der festgesetzten Dauer des Referendariats weniger flexibel. Innerhalb von zwei Jahren müssen die Referendare praktische Erfahrungen in Gerichten, Staatsanwaltschaften, Verwaltungen und Anwaltskanzleien sammeln. Trotz der damit verbundenen Aufgaben noch ausreichend Zeit zum Lernen zu finden ist nicht leicht. Alle drei befragten Rechtswissenschaftler haben deshalb die Vorbereitung für das zweite Examen als härter als das Lernen im Studium empfunden.

In den Gesprächen fällt auf, dass die heutigen Spitzenjuristen trotzdem nicht alles dem Lernen untergeordnet haben. "Manchmal ist der innere Schweinehund unbesiegbar. Dann sollte man ihm nachgeben", sagt Lena Rudkowski. Die Arbeitsrechtlerin gönnte sich gelegentlich einen Mittagsschlaf, wenn ihr der Kopf rauchte. Auch das Geigenspiel im Orchester gab sie nicht auf.

Anika Klafki spielte während der Lernphasen weiter Basketball und lebte in einer WG mit Nichtjuristen. "Das hat mir mental geholfen", sagt sie. Fabian Michl achtete darauf, sich sonntags in der Regel nicht mit Jura zu beschäftigen. Der Weg zum Prädikatsexamen besteht nicht nur aus Paragraphen.

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