Dissertation veröffentlichen: Wohin mit der Dok­tor­ar­beit?

Autor*innen
Sabine Olschner
Eine Frau fliegt auf ein Buch zu, auf dem eine Mortarboard sitzt

Mit der Recherche und dem Schreiben einer Doktorarbeit ist es nicht getan. Um den Doktortitel tragen zu dürfen, muss die Dissertation auch veröffentlicht werden. Welche Möglichkeiten gibt es für Promovenden und was kosten die?

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In vielen Vorworten beschreiben leidgeplagte Promovierte das Projekt als lange Reise mit vielen Hindernissen. Je länger und steiniger der Weg, desto größer die Freude. Doch die Freude ist bei einer Promotion kein plötzliches, einmaliges Ereignis, sondern eine kleine Reise für sich. Insgesamt könnten die Sektkorken oft fünfmal knallen (wenn Freunde und Familie so viel Feierwut mitbringen würden): zur internen Abgabe, zur offiziellen Einreichung, zum positiven Erstgutachten, zum dies bestätigenden Zweitgutachten, zur erfolgreichen Verteidigung – und schließlich zur Veröffentlichung. Diese ist Pflicht bei einer Doktorarbeit.

In welcher Form sie erfolgen muss, ist in der Promotionsordnung der einzelnen Hochschulen geregelt. "Die meisten Universitäten verlangen noch immer gedruckte Exemplare, einige akzeptieren auch Online-Veröffentlichungen", erklärt Dr. Gregor Thüsing, Professor für Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Bonn. Er hat als Doktorvater schon zahlreiche Dissertationsvorhaben betreut. Wenn die Promotionsordnung gedruckte Exemplare vorsieht, stellt sich die nächste Frage: Brauche ich für die Veröffentlichung einen Verlag oder kann ich meine Doktorarbeit auch selbst herausgeben? Theoretisch würde dies ausreichen. Dann müsste man die Arbeit nur ausdrucken, in der erforderlichen Anzahl der Pflichtexemplare vervielfältigen und binden lassen. In der Praxis macht das kaum jemand. "Die meisten wollen ihre Arbeit veröffentlichen", weiß Gregor Thüsing. "Vor allem wer eine wissenschaftliche Karriere anstrebt, sollte dafür sorgen, dass sie in einer angesehenen Reihe bei einem guten Verlag erscheint."

Im juristischen Bereich legen bekannte Verlage viel Wert auf die Noten

Doch das ist gar nicht so einfach. Denn nicht jeder juristische Fachverlag nimmt alle Arbeiten an. Meist ist die Note ausschlaggebend für eine Zu- oder Absage. "Wir veröffentlichen in der Regel nur Dissertationen, die in beiden Gutachten mindestens mit magna cum laude bewertet wurden", berichtet zum Beispiel Prof. Dr. Johannes Rux, verantwortlich für das Legal Publishing im Nomos Verlag. "Damit wollen wir hohe Qualität gewährleisten." Auch der Verlag Duncker & Humblot erwartet mindestens magna cum laude, Mohr Siebeck verlangt summa cum laude. Die Verlage Peter-Lang und Dr. Kovac nehmen auch Doktorarbeiten an, die keine Top-Noten vorweisen. Um die Qualität der Arbeit beurteilen zu können, lesen die Verlage in der Regel die Gutachten, mit denen die Arbeit bewertet wurde. "Außerdem geben wir die Gutachten an die Herausgeber und Herausgeberinnen unserer Reihen, denn diese kennen sich in ihren Fachgebieten am besten aus und können beurteilen, ob die Doktorarbeiten in ihre Reihe passen", erklärt Rux.

Dr. Tamara Schneider hat sich schon früh in ihrer Promotionszeit Gedanken dazu gemacht, wo sie ihre Arbeit veröffentlichen will. "Ich wollte auf jeden Fall den Weg über einen Verlag gehen, obwohl bei uns eine elektronische Fassung und vier Pflichtexemplare ausgereicht hätten", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen.

Ob es beim Wunschverlag klappen würde, war anfangs noch ungewiss. "Aber als in etwa klar war, welche Note ich erwarten durfte, konnte ich bereits eine Auswahl an Verlagen treffen", erzählt Tamara Schneider. Für diese Aufgabe kann man gut die Wartezeit bis zum Gutachten nutzen: Lebenslauf und Kurzexposé zur Doktorarbeit schreiben, die E-Mail-Adressen in den Verlagen recherchieren und E-Mails verfassen – all das lässt sich gut vorbereiten.

Bis zum Druck dauert es Monate

"Sobald die Gutachten vorlagen, habe ich meine Mails an die Verlage versendet und Angebote eingeholt", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Anschließend hat sie ihre Auswahl getroffen und die Doktorarbeit zusammen mit den Gutachten an den Verlag gesendet. Bis zum fertigen Druck hat es dann noch einmal drei Monate gedauert. Mitunter dauert das aber auch deutlich länger. Immerhin: Viele juristische Promotionsordnungen erlauben, dass man den Doktortitel schon vor der Veröffentlichung führen darf. Voraussetzung hierfür ist neben der erfolgreichen Verteidigung der Doktorarbeit, dass bereits ein Vertrag mit einem Verlag vorliegt. Gegebenenfalls muss diese vorläufige Titelführungserlaubnis beantragt werden.

Rux empfiehlt, sich als Promovend rasch um einen Verlag zu kümmern. "Ansonsten kann es passieren, dass die Inhalte der Arbeit nicht mehr aktuell sind und die Dissertation überarbeitet werden muss." Die Promotionsordnungen sehen in der Regel vor, dass eine Doktorarbeit so veröffentlicht werden muss, wie sie begutachtet wurde. Größere Änderungen sind nicht erlaubt, ansonsten ist ein erneutes Gutachten fällig. Allenfalls Quellenverweise dürfen aktualisiert werden. Für die korrekte Rechtschreibung sind die Autorinnen und Autoren selbst verantwortlich. "Wir bieten zwar auch ein Korrektorat an, aber das kann je nach Umfang der Arbeit recht teuer werden", sagt Rux. Manche Förderer für juristische Arbeiten legen allerdings Wert auf ein Korrektorat und bezahlen es den Geförderten dann auch.

Ein mittlerer vierstelliger Betrag

Möglichkeiten für eine Förderung zu suchen, lohnt sich ohnehin, denn die Zusammenarbeit mit einem Verlag verschlingt eine Menge Geld. Bei Nomos zum Beispiel kostet die Veröffentlichung einer Doktorarbeit von 250 Seiten rund 2.500 bis 3.000 Euro. Je nach Verlag und Umfang können es bis zu 5.000 Euro oder mehr werden. "Der Druck ist dabei der kleinste Posten", erklärt Rux. Der größte Teil des Aufwandes entstehe beim Satz und Layout sowie bei der Verbreitung der Inhalte. "Wir müssen den Text ins Buchformat und als PDF setzen und verschlagworten, damit er über Suchmaschinen und in Bibliothekskatalogen gefunden wird." Außerdem im Preis enthalten ist bei Nomos die Veröffentlichung in der eigenen E-Library, über die Interessierte digitalen Zugriff auf alle im Verlag veröffentlichten Doktorarbeiten haben.

"Finanzielle Unterstützung erhält man zum Beispiel über Stiftungen, die sich an den Druckkosten beteiligen", so ein Tipp von Thüsing. "Auch manche Kanzleien und Fakultäten loben Preise für gute Doktorarbeiten aus." Außerdem kann man die Ausgaben für den Druck als Werbungskosten bei der Steuer absetzen. Auch kann man die veröffentlichte Dissertation bei der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort melden und im Folgejahr von der Ausschüttung profitieren. Die Quoten schwanken und werden abhängig von der Einnahmesituation und der Anzahl der Urhebermeldungen errechnet. Die jeweils aktuellen Quoten finden sich hier. Auch die VG Wort-Einnahmen muss man allerdings versteuern.*

Schneider ist trotz der hohen Kosten froh, dass sie sich für eine Veröffentlichung im Verlag entschieden hat. "Nach all der Arbeit, die ich in die Dissertation gesteckt habe, ist es einfach schön, am Ende ein gedrucktes Buch von mir in der Hand zu halten." Darauf ein letztes Mal: "Prost!"

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