Juraexamen in Deutschland: Wo ist das Examen einfach, wo ist es schwer? Ein Ländervergleich

Autor*innen
Tom Stiebert
Ein Mann hält die Europaflagge. Von oben kommen viele blaue, weiße und rote Pfeile, die auf ihn zeigen.

Anlässlich der kontrovers geführten Diskussion zum Thema "Abschichten" anhand eines Beitrags auf juraexamen.info sollen einmal die unterschiedlichen Prüfungsvoraussetzungen zur staatlichen Pflichtfachprüfung im Ersten Examen (also zum nicht-universitären Teil des Staatsexamens, ohne den schwer vergleichbaren Schwerpunktbereich) aufgezeigt werden.

Eine Wertung wird bei der Auflistung bewusst nicht vorgenommen. Vielmehr soll sich jeder seine eigene Meinung zu diesem Thema bilden (und diese auch gerne hier kundtun). Zudem kann diese Übersicht auch Anlass dafür bieten, die Studienortwahl (zumindest für das Examen) nochmals zu überdenken.

Zur besseren Vergleichbarkeit werden auch die Durchfallquoten und Prädikatsquoten (Stand 2011) dargestellt. Weitere interessante Statistiken findet ihr hier.

I. Baden-Württemberg 

(20 Prozent Prädikat / 35 Prozent durchgefallen)

  • Zwei Prüfungstermine pro Jahr; sechs Klausuren (sechs Z, zwei Ö, eine S);
  • Schriftl. Prüfung 70 Prozent; Mdl. Prüfung 30 %, Gespräche in allen drei Rechtsgebieten
  • Freischuss (bis zum achten Semester); Notenverbesserungsversuch auch ohne Freischuss (wenn Stex bis zum zehnten Sem.; binnen zwei Semestern); sonst nur Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Verweise im Gesetz zulässig

II. Bayern 

(12,8 Prozent / 27,5 Prozent)

  • Zwei Prüfungstermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S);
  • Schriftl. Prüfung 75%, Mdl. Prüfung 25%; Gespräche in allen drei Rechtsgebieten
  • Freischuss (bis 8. Semester); Notenverbesserungsversuch auch ohne Freischuss (binnen zwei Semestern); sonst nur Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Verweise im Gesetz zulässig

III. Berlin

(19,2 Prozent / 24 Prozent)

  • Zwei Prüfungstermine pro Jahr; sieben Klausuren (drei Z, zwei Ö, zwei S)
  • Schriftl. Prüfung 63 Prozent, Mdl. Prüfung 37 Prozent (13%+3 x 8%); Vortrag (10 Minuten + ggf. Kurzgespräch; freie Wahl Rechtsgebiet) + Gespräche in allen drei Rechtsgebieten
  • Freischuss (bis zum achten Semester); sonst nur Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Keine Unterstreichungen, Verweise im Gesetz zulässig

IV. Brandenburg

(17 Prozent / 28 Prozent)

  • siehe Berlin (Gemeinsames Prüfungsamt seit 2005)

V. Bremen

(10,3 Prozent / 32 Prozent)

  • Zwei Prüfungstermine pro Jahr, sechs Klausuren (drei Z [davon ein Nebengebiet], zwei Ö, eine S)
  • Schriftl. Prüfung 70%, Mdl. Prüfung 30 %; Gespräche in allen drei Rechtsgebieten
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserungsversuch auch ohne Freischuss; sonst nur Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Verweise im Gesetz zulässig

VI. Hamburg

(24,5 Prozent / 16,7 Prozent)

  • Sechs Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • 75% Schriftl. Prüfung, 25% Mdl. Prüfung (Vortrag + Gespräche in allen Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum neunten Semester (Neuregelung von 2012); Notenverbesserung ohne Freischuss nicht möglich, Wiederholung nur, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Verweise im Gesetz zulässig

VII. Hessen

(16,5 Prozent / 27,5 Prozent)

  • Drei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (zwei Z, ein Nebengebiet, zwei Ö, ein S)
  • 2/3 Schriftl. Prüfung, 1/3 Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung auch ohne Freischuss, wenn Examensmeldung bis. zum zehnten Semester (Kosten 400 Euro); sonst nur Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Markierungen unzulässig

VIII. Mecklenburg-Vorpommern

(8 Prozent /40,5 Prozent)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • 70 % Schriftl. Prüfung, 30 % Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung sonst nicht möglich; Wiederholung nur, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen, Markierungen unzulässig

IX. Niedersachsen

(17,6 Prozent / 23,3 Prozent)

  • Vier Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • 64 % Schriftl. Prüfung; 36 % Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; einmalige Notenverbesserung auch ohne Freischuss möglich; sonst Wiederholung nur, wenn durchgefallen
  • Abschichten bis zum achten Semester möglich (Aufsplitten in zwei Abschnitte, bis max. zum achten Semester)
  • Verweisungen (fünf pro Seite) und Markierungen zulässig

X. Nordrhein-Westfalen

(14,8 Prozent / 32 Prozent)

  • Zehn Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • 60 % Schriftl. Prüfung; 40 % Mdl. Prüfung (Vortrag und Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung nicht möglich; Wiederholung nur, wenn durchgefallen
  • Besonderheit: Abschichten: Meldung vor Abschluss des siebten Semesters; Aufsplitten der Rechtsgebieten bis zum Abschluss des achten Semesters
  • Verweisungen, Markierungen, Unterstreichungen unzulässig

XI. Rheinland-Pfalz

(15 Prozent / 28,5 Prozent)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • 2/3 Schriftl. Prüfung; 1/3 Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung möglich; Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen zulässig; Verweisungen unzulässig

XII. Saarland

(18,1 Prozent / 29,1 Prozent)

  • Vier Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (drei Z, zwei Ö, eine S)
  • ca. 70 % schriftl. Prüfung (900/1275); ca. 30 % Mdl. Prüfung (375/1275) (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung möglich; Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen zulässig; Verweisungen unzulässig

XIII. Sachsen

(12,2 Prozent / 39,2 Prozent)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; fünf Klausuren (zwei Z, zwei Ö, eine S)
  • 2/3 schriftl. Prüfung, 1/3 Mdl. Prüfung (Vortrag Schlüsselqualifikationen und Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung möglich; Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Unterstreichungen und Verweisungen unzulässig

XIV. Sachsen-Anhalt

(19,5%/16,7%)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (zwei Z, zwei Ö, zwei S)
  • 60% schriftl. Prüfung, 40% Mdl. Prüfung (Vortrag und Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum achten Semester; Notenverbesserung möglich (Kosten 300 Euro); Wiederholung, wenn durchgefallen
  • Verweisungen und Unterstreichungen zulässig

XV. Schleswig-Holstein

(10,2%/32,5%)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (zwei Z, eine Nebengebiete, zwei Ö, eine S)
  • 2/3 schriftl. Prüfung, 1/3 Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten)
  • Freischuss bis zum siebten Semester beziehungsweise bis zum Semester (wenn Schwerpunkt beendet); Notenverbesserung nur bei Freischuss; Wiederholung, wenn durchgefallen

XVI. Thüringen

(12,4 Prozent / 28,5 Prozent)

  • Zwei Klausurtermine pro Jahr; sechs Klausuren (zwei Z, zwei Ö, eine S, eine S oder Z nach Wahl des JPA)
  • 65% schriftl. Prüfung, 35% Mdl. Prüfung (Gespräche in allen drei Rechtsgebieten und Grundlagenfach oder Prozessrecht)
  • Freischuss bis zum achten Semester;
  • Unterstreichungen und Verweisungen nicht zulässig; Notenverbesserung nur bei Freischuss; Wiederholung sonst nur, wenn durchgefallen

Man sieht also, dass punktuell doch starke Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen. Es bleibt damit jedem selbst überlassen, diese als so gravierend einzuschätzen, dass sich ein Wechsel der Universität (bzw. des Bundeslandes) lohnt.

Alle Angaben ohne Gewähr

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