Jura-Praktikum: Praktisch voll im Recht

Autor*innen
Anna Karolina Stock
Eine Person mit Glühbirne als Kopf steht unter einer riesigen Schreibtischlampe. Es sieht aus, als würde er die Lampe hochklettern wollen.

Ob in der Großkanzlei, im Unternehmen, bei Gericht oder einer Verwaltungsbehörde: Im Jura-Praktikum kannst du viele spannende Arbeitsplätze kennenlernen. Damit aber alles klappt, solltest du rechtzeitig mit den Vorbereitungen beginnen. Mit diesen Eckdaten und Planungstipps holst du das meiste aus deinem Praktikum heraus.

Im Jura-Studium hast du neun Semester lang einen straffen Zeitplan und weißt nur zu gut, weshalb es "vorlesungsfreie Zeit" heißt und nicht "Semesterferien". Und wenn zwischen den Semestern nicht gerade die Bibliothek ruft, hält deine Studienordnung bestimmt noch ein Praktikum für dich bereit. Zusätzliche Bürde, lästige Pflicht? Zugegeben: Jedes Praktikum ist erst einmal eine Belastung. Aber wann sonst kannst du schon während des Studiums in verschiedene Fachbereiche hineinschnuppern und erste Kontakte für deine Karriere knüpfen? Umso wichtiger, dass du das Beste aus dem praktischen Studienteil machst. Dafür solltest du aber schon bei der Planung einige Punkte beachten.

Wann sollte ich anfangen, mein Jura-Praktikum zu planen?

Egal, ob du Praxiserfahrung in einer Rechtsabteilung, beim lokalen Rechtsanwalt, bei der Staatsanwaltschaft oder in einer Großkanzlei sammeln willst: Um deine Praktika mit allen anderen Studiumsleistungen unter einen Hut zu bekommen, braucht es einiges an Koordination. Im besten Fall überlegst du dir schon am Anfang des Studiums, wann du deine Praktika absolvieren möchtest. Ein persönlicher Zeitplan, den du mit deiner Studienordnung abgleichst, hilft dir, an deinen Zielen festzuhalten.

Worauf muss ich bei der Planung meines Jura-Praktikums achten?

Bundesweit ist eine praktische Studienzeit von mindestens drei Monaten vorgeschrieben, die laut den juristischen Prüfungsordnungen der Länder Voraussetzung für die Zulassung zum Ersten Staatsexamen ist. Darüber hinaus müssen die Praktika in der vorlesungsfreien Zeit abgeleistet werden. Anders als in den meisten anderen Fächern kannst du dir in Jura auch nicht einfach ein Urlaubssemester nehmen, in dem du die Pflichtpraktika am Stück "abarbeitest": Meist erkennen die  Justizprüfungsämter diese Lösung nicht an. Falls doch, wird das Urlaubssemester allerdings nicht bei der Berechnung der verbleibenden Fachsemester bis zum Freischuss als Urlaub gewertet (so zum Beispiel beim Gemeinsamen Justizprüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg). Das hat dann zwar keine Auswirkung auf die Anerkennung der Praktika (sodass auch die Zulassung zum Staatsexamen nicht gefährdet ist), führt aber auch nicht zur Unterbrechung des Meldefristverlaufs für den Freischuss, wie es bei einem Urlaubssemester eigentlich passieren würde. Im ungünstigsten Fall könntest du auf diese Weise sogar deine Chance auf den Freischuss verspielen.

Geschickter ist es also, die dreimonatige Praktikumszeit aufzuteilen und zum Beispiel drei Praktika à vier Wochen oder zwei Praktika à sechs Wochen zu absolvieren. Die Gestaltung der praktischen Studienzeit variiert von Bundesland zu Bundesland. Um sicherzugehen, dass dein Praktikum anerkannt wird, kannst du die Homepage des jeweiligen Justizprüfungsamts konsultieren. Auf der Internetseite deiner Fakultät oder in der Prüfungsordnung findest du ebenfalls Antworten auf deine Fragen.

Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Jura-Praktikum?

In den meisten Bundesländern kannst du dein Jura-Praktikum bereits ab dem ersten oder zweiten Semester antreten. Aber ist es wirklich sinnvoll, ohne Vorkenntnisse ins kalte Wasser zu springen? Eher nicht. Aus diesem Grund bestimmen die Prüfungsordnungen einiger Bundesländer sogar, dass Pflichtpraktika erst ab einem bestimmten Studienabschnitt absolviert werden dürfen. Wenn deine Prüfungsordnung diesbezüglich schweigt, kannst du deinen Praktikumszeitpunkt natürlich selbst entscheiden.

Zu spät solltest du deine Praktika natürlich auch nicht absolvieren, denn dann könnten sie mit der Examensvorbereitung kollidieren. Ein guter Zeitpunkt ist daher der Studienabschnitt nach dem zweiten bis zum sechsten bzw. siebten Semester. In dieser Zeit eignest du dir nach und nach Fachwissen an, das dir im Praktikum ein tieferes und besseres Verständnis der juristischen Arbeitsweise ermöglicht.

Wo kann ich überall ein Jura-Praktikum absolvieren?

Das ist ganz dir überlassen. Im Grunde steht dir jedes noch so kleine Unternehmen mit Rechtsabteilung offen. Erforderlich ist nur, dass du einem deutschen Volljuristen unterstellt bist, der bereits beide Staatsexamina bestanden hat. Darüber hinaus müssen deine Praktika inhaltlich mindestens zwei der drei juristischen Fachbereiche abdecken. Wie du die Bereiche Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht kombinierst, ist in den meisten Bundesländern dir überlassen. So kannst du beispielsweise einen Monat in der Zivil- oder Strafrechtspflege verbringen, dann ein einmonatiges Verwaltungspraktikum absolvieren und dich schließlich noch vier Wochen in der Rechtsberatung ausprobieren. Üblich sind Praktika bei Gerichten, der Staatsanwaltschaft, Notaren, Anwälten, den Rechtsabteilungen von Unternehmen oder bei Verwaltungsbehörden.

Was bietet ein Praktikum bei Gericht oder in einer (Groß-)Kanzlei?

Erfahrungsgemäß sind Praktika bei Gericht weniger zeitaufwendig, da du nicht jeden Tag von morgens bis abends anwesend sein musst. Wie viel Zeit du für ein Gerichtspraktikum letztlich aufwendest, hängt hauptsächlich vom für dich zuständigen Richter ab. Auch kann es sein, dass mal mehr und mal weniger Gerichtstermine angesetzt sind, die dich interessieren. In einer Kanzlei kann es dagegen vorkommen, dass du schnell voll eingebunden wirst und an einem Fall mitarbeiten darfst. Die Entscheidung, was dir wichtiger ist und dich schneller voranbringt, liegt ausschließlich bei dir.

Wen der Arbeitsalltag in einer Großkanzlei reizt, wählt am besten den Weg über ein Praktikantenprogramm. Die meisten Großkanzleien wie Freshfields Bruckhaus Deringer oder Hengeler Mueller bieten im Frühjahr und Sommer vier- bis sechswöchige Programme für Nachwuchsjuristen ab dem 4. Semester an. Die Praktikanten werden für die Mitarbeit im Rechtsgebiet ihrer Wahl den jeweiligen Partnern zugeteilt, versammeln sich aber immer wieder zu Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, Vorträgen und informellen Terminen.

Wie steht es um das Verwaltungspraktikum?

Da du dir in vielen Bundesländern aussuchen darfst, in welchen Bereichen du deine Praktika absolvierst, kannst du dich vor dem als langweilig verschrienen Verwaltungspraktikum leicht drücken. Studierst du allerdings in einem Bundesland wie Nordrhein-Westfalen oder Niedersachen, die laut Prüfungsordnung ein Verwaltungspraktikum vorschreiben, muss es auch absolviert werden.

Anlaufstellen für ein Verwaltungspraktikum sind alle Kommunal-, Landes- und Bundesbehörden. Darüber hinaus steht dir auch der Weg zu Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts offen, sofern sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Wenn du also immer schon wissen wolltest, was in der Klosterkammer oder den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen passiert, kannst du es im Verwaltungspraktikum herausfinden!

Aber Achtung, wer jetzt denkt, er könne sein Verwaltungspraktikum bei einem Verwaltungsgericht ableisten, hat im Jura-Studium nicht gut aufgepasst: Verwaltungsgerichte sind Gerichte außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit und somit keine Verwaltungsbehörden.

Ist im Jura-Studium auch ein Auslandspraktikum möglich?

Ein Jura-Praktikum im Ausland klingt verlockend? Dann Koffer packen und los! Denn ein juristisches Auslandspraktikum ist grundsätzlich zulässig. Es gibt zahlreiche Programme, die bei der Suche nach einer passenden Stelle und der Planung helfen. Wichtig ist jedoch auch hier, dass du bei der Wahl deines Praktikumsplatzes die Vorgaben des Justizprüfungsamtes beachtest. Denn auch für dein  Auslandspraktikum gelten eine gewisse Mindestdauer sowie die Vorgabe, dass es in der vorlesungsfreien Zeit stattzufinden hat. Außerdem musst du auch bei einem Jura-Praktikum im Ausland von einem Volljuristen betreut werden, der als solcher in Deutschland anerkannt ist und dein Praktikum bescheinigen darf.

Mögliche Anlaufstellen für dein Auslandspraktikum sind zum Beispiel das Auswärtige Amt, die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GIZ) oder der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD). Um diese Stellenangebote kämpfst du allerdings mit Studenten anderer Fachrichtungen, sodass die Chancen, dein Traumpraktikum zu bekommen, geringer sind. Alternativ gibt es speziell für Jura-Studenten das von ELSA angebotene STEP-Programm (Student Trainee Exchange Programme). Ein Praktikum über STEP kann dich an ungewöhnliche Orte bringen und ist im Gegensatz zu vielen anderen Praktika im In- und Ausland sogar vergütet. Darüber hinaus hilft ELSA dir mit allen Formalitäten und der Organisation vor Ort.

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