Auslandssemester Brasilien: Steuerpflicht bei einem Aufenthalt von über sechs Monaten

Eine Hand hält die obere Münze eines Münzstapels. Sie fügt entweder eine Münze hinzu oder nimmt sie weg.

Hast du vor im Ausland zu studieren, solltest du dir darüber Gedanken machen, ob du in deinem Zielland Steuern zahlen musst oder ob sogar eine Doppelbesteuerung anfällt. Im Artikel erfährst du mehr über die Steuerpflicht in Brasilien.

Habt ihr euch schon Gedanken über die steuerlichen Auswirkungen eures Auslandssemesters gemacht? Wir verreisen für ein, zwei oder mehrere Semester ins Ausland, ohne uns mit dieser Problematik ausreichend zu beschäftigen. Wenn ich ehrlich bin, dann hatte ich mich bei meinem Erasmus-Aufenthalt im achten Semester auch noch nicht mit diesem Thema befasst. Bei der Planung meines Forschungsaufenthaltes in Brasilien, im Rahmen meines Promotionsstudiums, musste ich mich jedoch damit auseinandersetzen, zumal ich als Steuerrechtlerin mit der genannten Problematik vertraut bin.

Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Brasilien

Nicht nur in Brasilien, sondern auch in vielen anderen Ländern ist der Umfang der Steuerpflicht vom Einreisevisum und der Länge des Aufenthalts abhängig. Die in Brasilien wohnhaften Ausländer:innen bzw. Inhaber:innen eines Dauervisums und ausländische Arbeitnehmer:innen mit einem brasilianischen Arbeitsvertrag sind in Brasilien unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und unterliegen der weltweiten Besteuerung, d.h. ihre gesamten Welteinkünfte werden in Brasilien besteuert. Die Inhaber:innen eines Zeitvisums (ohne einen brasilianischen Arbeitsvertrag) werden erst ab dem 184. Aufenthaltstag innerhalb eines (kalenderjahrunabhängigen) Zwölfmonatszeitraums in Brasilien unbeschränkt steuerpflichtig. Mit anderen Worten gelten sie als in Brasilien ansässig bzw. als sog. Steuerinländer:innen.

Visum-Typ Steuerliche Ansässigkeit in Brasilien
Dauervisum Ab Einreise
Zeitvisum (ohne lokalen Arbeitsvertrag) Nach 183 Aufenthaltstagen innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten
Zeitvisum mit lokalem Arbeitsvertrag / Arbeitsvisum Ab Einreise

Brasilianischer Steuersatz

Das Welteinkommen einer in Brasilien ansässigen, unbeschränkt steuerpflichtigen Person unterliegt einer progressiven Besteuerung von bis zu 27,5%. Laut der progressiven Einkommenstabelle gibt es dabei Stufen von 0%, 7,5%, 15%, 22,5% und 27,5%.

Alle anderen Steuerpflichtigen in Brasilien sind lediglich hinsichtlich ihrer Einkünfte aus brasilianischen Zahlungsquellen beschränkt steuerpflichtig. Diese Personen werden mit einem Einheitssteuersatz von 25% veranlagt. Etwaige Einkünfte aus ausländischen (d.h. nichtbrasilianischen) Quellen werden nicht besteuert.

Auswirkungen der unbeschränkten Steuerpflicht in Brasilien

Brasilianische Arbeitseinkünfte werden mit einer monatlichen Lohnsteuer besteuert (Imposto de Renda Retido na Fonte – IRRF). Andere Einkünfte oder Einkünfte aus Quellen außerhalb Brasiliens werden mit einer monatlichen Einkommensteuer belegt, sog. monatliche Steuervorauszahlung im Rahmen von carne-leão Verfahren: Bei Zahlungen aus dem Ausland muss der oder die Steuerpflichtige die fällige Steuer selbst berechnen und bis zum Ende des Folgemonats an die zuständige Finanzkasse abführen.

Unter Umständen ist eine Jahreseinkommensteuererklärung (Declaração do Imposto sobre a Renda da Pessoa Física, DIRPF) einzureichen, in welcher der Steuerpflichtige seine Jahreseinkommenssteuer berechnet, das sog. Selbstveranlagungsverfahren, denn die brasilianische Steuerbehörde erlässt keinen Einkommensteuerbescheid. Die Mehrheit der Brasilianer:innen gibt keine Jahressteuererklärung ab, da sie nur lohnsteuerpflichtige Einkünfte haben.

Teil der Einkommensteuererklärung ist auch eine Vermögensaufstellung (Declaração de Bens e Direitos) vom 1.1. bis 31.12. des Steuerjahres. Diese Aufstellung dient lediglich deklaratorischen Zwecken und der Bekämpfung der Steuerhinterziehung, da Brasilien keine Vermögenssteuer erhebt.

Personen mit einem Auslandsvermögen von über BRL 300.000 (ca. USD 100.000) müssen bei der brasilianischen Zentralbank (Banco Central do Brasil, BACEN) eine Vermögenserklärung abgeben (Declaração de Bens e Direitos no Exterior).

Bei Ende der brasilianischen unbeschränkten Steuerpflicht ist eine Ausreisemitteilung (Comunicação da Saída Definitiva) sowie eine Abschlusseinkommensteuererklärung (Declaração da Saída Definitiva) einzureichen. In beiden Erklärungen ist ein:e Bevollmächtigte:r mit brasilianischem Wohnsitz zu benennen. Die Ausreisemitteilung ist bis Ende Februar des Folgejahres nach endgültiger Ausreise einzureichen. Ihre Nichtabgabe hat zur Folge, dass die unbeschränkte Steuerpflicht (Besteuerung der gesamten Welteinkünfte) in Brasilien noch für weitere 12 Monate nach der definitiven Ausreise fortbesteht. Die Abschlusssteuererklärung ist bis Ende April des Folgejahres einzureichen.

Alle oben genannten Erklärungen und Mitteilungen sind elektronisch über ein Programm der brasilianischen Finanzverwaltung einzureichen. Eine Fristverlängerung ist nicht möglich. Bei Nichtabgabe oder Verspätungen wird ein Bußgeld verhängt.

Brasilianische Steuernummer CPF

Die CPF-Nummer (Cadastro de Pessoa Física) ist die brasilianische Steueridentifikationsnummer. Sie wird zur Leistung von Steuerzahlungen, sowie für die Durchführung anderer geschäftlichen Transaktionen benötigt, wie etwa die Bankkontoeröffnung, den Abschluss eines Handyvertrages, eine Warenrückgabe, usw. Nach der Personalausweisnummer ist diese die zweitwichtigste Identifikationsnummer in Brasilien. Die Ausländer:innen müssen die CPF-Nummer in zwei Schritten beantragen. Zunächst bei einer Poststelle (Correios) oder einer Niederlassung der Banken Banco do Brasil oder Caixa Econômica Federal. Nach dieser Vorregistrierung ist ein persönliches Erscheinen bei der lokalen Steuerbehörde (Unidade de Atendimento da Receita Federal) erforderlich.

Steuerpflicht in Deutschland und Doppelbesteuerung

Die Steuerpflicht in Deutschland knüpft hingegen an das Vorhandensein eines deutschen Wohnsitzes an (§ 8 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 EStG). Nach deutscher Abgabenordnung hat man einen Wohnsitz dort, wo man eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass der- oder diejenige die Wohnung beibehalten oder benutzen wird. Ein selbst genutztes Haus oder eine selbst genutzte Wohnung begründen somit einen steuerlichen Wohnsitz in Deutschland, auch wenn sie während des Auslandsaufenthalts leer stehen bleiben (sog. Schlüsselmacht). Zieht man aus dieser Wohnung bzw. diesem Haus aus und wird die Wohnung/das Haus verkauft oder unbefristet (zwischen)vermietet, so verliert man in der Regel seinen Wohnsitz in Deutschland.

Eine Person mit einem deutschen steuerlichen Wohnsitz ist in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Auch ein gewöhnlicher Aufenthalt von grundsätzlich mehr als sechs Monaten begründet eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland. Die gesamten Welteinkünfte unterliegen der deutschen progressiven Besteuerung. Somit wollen Deutschland als auch Brasilien die gleichen Einnahmen im vollen Umfang besteuern und es kommt zu einer internationalen Doppelbesteuerung.

Die Doppelbesteuerung wird in der Regel durch ein zwischenstaatliches völkerrechtliches Abkommen zur Vermeidung und Beseitigung der Doppelbesteuerung (sog. Doppelbesteuerungsabkommen) verhindert. Zwischen Deutschland und Brasilien besteht jedoch kein Doppelbesteuerungsabkommen. Dieses wurde von Deutschland zum 31. Dezember 2005 gekündigt und der Abschluss eines neuen Doppelbesteuerungsabkommens ist derzeit nicht absehbar. Die Mehrfachbesteuerung kann daher nur mittels innerstaatlicher Maßnahmen vermindert werden. In Deutschland wird die in Brasilien gezahlte Steuer auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet (§ 34c EStG).

Das Wichtigste zusammengefasst

Solltet ihr euer Auslandssemester in einem visumspflichtigen Land oder für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten absolvieren, solltet ihr euch über die steuerlichen Aspekte eures Auslandsaufenthalts informieren. Erzielt ihr während des Auslandsaufenthalts keine Einkünfte in diesem Land, so werdet ihr in diesem Land wahrscheinlich keine steuerpflichtigen Einkünfte, sowie keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung haben. Es ist aber möglich, dass ihr in diesem Land steuerliche Registrierungs- und Meldepflichten habt.

Behaltet ihr euren deutschen Wohnsitz während des Auslandsaufenthalts, so bleibt ihr in Deutschland weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig. Solltet ihr im Ausland Einkünfte erzielen, z.B. wenn ihr im Ausland als Werkstudent:innen oder Praktikant:innen arbeitet, wird sich für euch in Deutschland aufgrund des Erzielens ausländischer Einkünfte eine Pflicht zur Abgabe der deutschen Einkommensteuererklärung ergeben.

Wenn euer Auslandssemester in einem Land stattfindet, das mit Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, z.B. Spanien, Italien, Frankreich, Griechenland, USA, Kanada, China, wird eine mögliche Doppelbesteuerung dank dieses Abkommens vermieden (sei es durch die Anwendung der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode). Stipendienzahlungen, Studien- oder Ausbildungsgelder und Bezüge für Unterhalt können gegebenenfalls abweichenden Besteuerungsregeln unterliegen.

Sollte mit diesem Land kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, z.B. Brasilien, wird die Doppelbesteuerung durch die Anwendung innerstaatlicher Maßnahmen vermieden.

Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus dem e-fellows.net wiki und wurde von Nutzer:innen geschrieben. Die e-fellows.net-Redaktion hat die inhaltliche Richtigkeit nicht geprüft.

Bewertung: 3,5/5 (6 Stimmen)

Weitere Artikel zum Thema Auslandsstudium