Reisen mit Freunden: Zwölf Leute, Küche, Bad

Autor*innen
Alisa Schellenberg und Paul Weinheimer
Auto, Schiff, Sonne, Berge, Wasser, Tablett, Leiter, Vögel und Papierflieger in einem Bild

Urlaube in großen Gruppen können fantastisch sein oder ein Albtraum. Darüber entscheidet die richtige Vorbereitung und ein gutes Nudelrezept. Zehn Tipps für gute Freunde.

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Die Ferienwohnungen waren zu teuer, der eine Freund war pleite, die andere schon verplant, die dritte in der Probezeit. Auf TikTok gibt es für geplatzten Urlaub mit Freund:innen einen Begriff: trips that never made it out of the group chat. Wer das verhindern will, muss vor Abfahrt ein paar Dinge beachten.

Wer entscheidet? 

Jeder Gruppenurlaub braucht eine Reiseleitung. Eine Person im Freundeskreis, die realistisch bleibt, während die anderen wilde Ideen teilen: Wann haben alle Zeit und wie viel darf es kosten? Wer ist sicher dabei? Und wie kommen wir dahin? Die Reiseleitung wird von den anderen gewählt oder sie wählt sich selbst, wenn es chaotisch wird.

Achtung: Wer den Hut aufhat, ist nicht immer beliebt, weil die Person Ansagen machen (Barcelona ist viel zu teuer, wir campen an der Ostsee!) und Entscheidungen treffen muss (wer bis Sonntag nicht zusagt, kann nur noch auf dem Sofa schlafen!). Aber am ersten Urlaubsabend, wenn die ganze Gruppe zusammen am Abendbrottisch sitzt, dann wird es Applaus geben. Und die Reiseleitung kann sich entspannen, während die anderen abwaschen.

Wie findet man die perfekte Unterkunft?

Es lohnt sich, zu telefonieren. Wer weiß, in welche Region es ungefähr gehen soll, kann beim örtlichen Tourismusbüro (in Deutschland oft noch: Fremdenverkehrsamt) anrufen und nach Unterkünften fragen. Die Mitarbeiter:innen kennen die Anbieter im Ort und, wenn man freundlich ist, legen sie vielleicht gutes Wort bei denen ein, die sich sorgen, dass junge Leute ihnen das Ferienhaus auseinandernehmen. Wenn jemand weiß, wer Ferienwohnungen vermietet, die noch nicht in den großen Urlaubsportalen gelistet sind, dann sie. Wer mutig ist, kann nach Facebookgruppen suchen, in denen Ferienwohnungen angeboten werden. Nur, was man in diesen Gruppen mit Vermieter:innen aushandelt, ist ohne Vertrag nicht rechtssicher. Geld sollte man immer erst nach der Ankunft bezahlen.

Wenn man direkt über Portale wie Airbnb, Booking.com oder HomeToGo bucht, bekommt man in vielen Fällen Hilfe, falls in der Unterkunft oder mit der Reservierung etwas schieflaufen sollte. Und man kann schon vor der Reise genau auswählen, was einem wichtig ist: Brauchen alle ein richtiges Bett oder reicht eine Schlafcouch? Können wir uns vorstellen, zu siebt ein Bad zu teilen? Fühlen wir uns zu alt für Dreibettzimmer? Gibt es Platz für Nachzügler:innen?

Auch Patrick Andrae, CEO und Gründer von HomeToGo, empfiehlt Gruppen, bei der Reisezeit möglichst flexibel zu sein, um günstigere Deals zu finden. Dann filtern nach allem, was wichtig ist: Strandnähe, WLAN oder die Entfernung zum nächsten Bahnhof. "Die Anzahl an Schlaf- und Badezimmern sollte man vorher immer gut kalkulieren, und das Angebot genau lesen", sagt Andrae. Manche Schlafplätze entpuppten sich auf den zweiten Blick dann doch als Ausziehcouch.

Wie reist man als Gruppe günstig?

Autofahren ist für Gruppen oft eine gute Lösung, weil man die Kosten für Sprit durch viele Mitfahrer:innen teilen kann und an entlegeneren Urlaubsorten mobil bleibt. Schlecht für die Umwelt ist es meist trotzdem. Auf Plattformen wie Rome2Rio, Trainline, Virail und Omio kann man nachsehen, wie die günstigste oder schnellste Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln aussieht. Emily McDonnell von der Vergleichsplattform Omio empfiehlt, Flüge, Busse oder Züge so früh wie möglich zu buchen und beim Abfahrtsdatum um mehrere Tage flexibel zu sein, weil manche Tickets unter der Woche günstiger sein könnten. Außerdem rät McDonnell, besonders auf Zugtickets zu achten. "Züge haben stabilere Preise als Flüge." Bei Omio habe man beobachtet, dass die Kosten für Zugtickets seit 2019 stabil oder sogar leicht gesunken seien, während Flugtickets seit der Pandemie immer teurer geworden seien.

Wer sich für den Zug entscheidet und mit mehr als sechs Leuten reist, kann bei der Deutschen Bahn Gruppentickets kaufen. Wer nur mit Regionalzügen fährt, kann so 50 Prozent sparen, im Fernverkehr variiert der Rabatt. Günstigere Tickets gibt es auch im Ausland: Die französische Bahn bietet für Gruppen ab zehn Personen beispielsweise Rabatte von bis zu 50 Prozent an (bis zu 65 Prozent für alle unter 27). Die italienische Bahn gewährt 30 Prozent Gruppenrabatt, in Spanien gibt es 15 Prozent.

Fluggesellschaften bieten Gruppen ab zehn Personen oft Tickets an, bei der die Namen der Mitreisenden erst wenige Tage vor Abflug feststehen müssen. Das funktioniert auch bei Billigfliegern. Bei manchen bekommen Gruppen auch etwas mehr Zeit, alle Flüge zu bezahlen.

Welche Orte eignen sich für viele Bedürfnisse?

Häufig sind es nicht mehr als zwei Personen, die den Gruppenchat mit Ideen vollschreiben. Das sollte allerdings nicht dazu führen, dass man aus schlechtem Gewissen, weil man sich weniger beteiligt hat, zu allem sofort Ja sagt. Weil kaum etwas wichtiger ist als der Urlaubsort, sollte man darüber abstimmen – und bei der Planung auf unterschiedliche Bedürfnisse achten. Im besten Fall gibt es am Urlaubsort nicht nur eine Sache, die man tun kann, sondern mehrere: Strand und Kultur, Wandern und Schwimmen, Tanzen und faul sein. Dann kann man sich auch mal aufteilen – und niemand langweilt sich.

Was tun mit denen, die zögern?

Von ihnen hört man lange nichts, und wenn es gar nicht anders geht, dann kommunizieren sie nur mit diesem Emoji: 👍. Falls ein:e Freund:in kaum reagiert, während sich die anderen vor Vorfreude täglich zehn Memes schicken: unbedingt nachfragen, woran das liegt. Nicht im Gruppenchat, sondern unter vier Augen. Vielleicht hat der:die Freund:in gerade andere Sorgen und traut sich nicht, abzusagen. Und falls es am Geld liegt oder am Reisezeitraum – wenn das Ziel ist, dass alle zusammen verreisen, dann findet sich ein Kompromiss.

Wie teilt man die Kosten fair auf?

Es gibt drei Momente, in denen man bei Reisen mit Freund:innen über Geld reden sollte. Bevor die Planung losgeht, wenn gebucht wird und zu Beginn der Reise.

Vor der Planung: Meist haben nicht alle in der Freundesgruppe gleich viel Geld, das sie für Urlaub ausgeben können oder wollen. Während die einen noch in der Ausbildung sind, sind die anderen schon Chef:in – oder gerade in Elternzeit. Wer möchte, dass trotzdem alle dabei sind, hat zwei Möglichkeiten. Entweder die Reise wird so gestaltet, dass auch die Person mit dem kleinsten Gehalt ihren Anteil locker bezahlen kann. Oder diejenigen, die gerade mehr Einkommen (beziehungsweise Bonuspunkte für Flüge oder Bahnfahrten) zur Verfügung haben, übernehmen etwas mehr, zum Beispiel den ersten Großeinkauf am Urlaubsort. Das funktioniert aber nur, wenn man einander kennt und vertraut – niemand sollte sich ausgenutzt oder abhängig fühlen.

Die Buchung: Eine Ferienwohnung oder ein Gruppenticket buchen, das kann immer nur eine Person – die dann die Kosten dafür vorschießen muss. Wer sich mit der Buchung Zeit lassen will, sammelt das Geld vorher ein: Mit Apps wie Leetchi kann man einen virtuellen Geldtopf erstellen, in den alle einzahlen. Das ist transparenter als einzelne Überweisungen an eine Person, kostet aber sechs Prozent Kommission. Ansonsten hilft eine Regel: Wer auslegt, muss nicht eintreiben. Dafür ist dann jemand anderes in der Gruppe zuständig. Denn noch mal eine zweite und dritte Erinnerung an die Peilos schicken, die ihren Teil noch nicht überwiesen haben, ist immer einfacher, wenn es nicht um das eigene Geld geht.

Zu Beginn der Reise: In jedem Freundeskreis gibt es zwei Persönlichkeitstypen. Die Zusammenschmeißer und die, die genau wissen, dass sie noch fünf Euro für das Eis vorhin zurückkriegen. In den meisten Fällen lassen sich beide Seiten mit Apps wie Splitwise oder Tricount befrieden. Wenn alle ihre Ausgaben eintragen, berechnet die App automatisch, wer wem wie viel schuldet.

Wer kocht?

Am schönsten ist, wenn alle mitmachen, nur bitte nicht gleichzeitig. Klingt spießig, hilft aber: Die Gruppe vor der Reise in kleine Teams aufteilen, die jeweils für eine Mahlzeit einkaufen und entscheiden, was sie kochen wollen. Alle anderen machen danach den Abwasch.

Was gibt's zu essen?

Bloß keine Aufbackbrötchen, die nehmen nur Platz weg. Außerdem hat niemand Lust, nach einem langen Wochenende mit Freund:innen halb aufgegessene Frischkäsepackungen und Marmeladengläser zurück nach Hause zu transportieren. Deshalb lieber monothematisch frühstücken. Zum Beispiel Pancakes mit Obstsalat, Shakshuka oder French Toast.

Wer nicht auf das klassische deutsche Frühstück (Brot mit Gedöns) verzichten will, kann das trotzdem effizient gestalten: Einfach das Mittagessen ausfallen lassen. Alle, die Hunger haben, kümmern sich um sich selbst und futtern den Tag verteilt die Reste vom Frühstück. Erst am Abend wird dann wieder zusammen gekocht. Das verringert die Anzahl an Entscheidungen, die gefällt werden müssen.

Und was gibt's dann? Grundsätzlich sollten die Köch:innen bestimmen dürfen, was auf den Tisch kommt (siehe: Wer kocht?). Ideen für ambitionierte Gruppenköch:innen: Zucchiniköfte, schwäbische Dinnete oder Fladenbrot aus der Pfanne. Und für Faule: Pizzaschnecken, Penne mit Wodka oder Bratkartoffeln mit Dips und Salat gehen immer.

Was muss sonst noch mit?

Ein guter Urlaub mit Freund:innen ohne eine gemeinsam erstellte Playlist ist möglich, aber sinnlos. Es lohnt sich, die Playlist vor der Reise herunterzuladen, falls das WLAN im Haus doch nicht so gut ist.

Wer aus dem Wahrheit-oder-Pflicht-Alter raus ist, aber trotzdem Situationen provozieren will, in der man vermeintlich Krasses über die anderen erfährt, kann es mit Erwachsenenkartenspielen wie Vertellis versuchen ("Was würdest du tun, was niemand von dir erwarten würde?"). Oder die einfache Form: Alle Spieler:innen schreiben fünf persönliche Fragen auf einen Zettel. Was ist deine schönste Kindheitserinnerung? Bist du manchmal fies? Oder: Warum bist du eigentlich so süß? Alle ziehen nacheinander einen Zettel und beantworten die Frage. Wer nicht zu tief abdriften will, kann vorher vereinbaren, traurige Themen auszusparen.

Ein paar Dinge, die immer vergessen werden: Sonnencreme, Mückenspray, Zahnpasta.

Wie löst man Konflikte während der Reise?

Ob aufgrund des Spülplans oder Diskussionen um das beste Zimmer im Haus: Selbst am schönsten Ort mit den tollsten Menschen kann es zu Streit kommen. Zunächst sei gesagt: Das ist normal und nichts, woran ein Urlaub scheitern muss.

Es gibt allerdings Dinge, auf die man achten kann: Die häufigsten Diskussionen entstünden bei der Tagesplanung, sagt die Psychologin Barbara Horvatits-Ebner. Sie empfiehlt deshalb, sich auch mal aufzuteilen. "Man muss nicht alles auf Schritt und Tritt gemeinsam unternehmen", sagt sie. Die dominanten Personen würden sich ansonsten häufig durchsetzen, während der Rest unzufrieden zurückbleibe. Communication is key am besten schon vor der Reise. Zum Beispiel bei der Auswahl von Urlaubsziel und Unterkunft.

Und was, wenn es doch zum Streit kommt? Häufig seien das Konflikte einzelner Personen, sagt Horvatits-Ebner. Wer sich streitet, sollte deshalb nicht versuchen, in der ganzen Gruppe eine Lösung zu suchen. Sondern sich erst mal zurückziehen und den Konflikt unter sich klären. "Einen Gruppenrat einzuberufen, ist meistens nicht sinnvoll", sagt Horvatits-Ebner. Dies beeinflusse die Gruppendynamik oft eher negativ. Insbesondere bei schwerwiegenden Streitigkeiten ist es deswegen ratsam, die Aussprache auf die Zeit nach dem Urlaub zu vertagen, schließlich ist sonst die gesamte Gruppe von der schlechten Laune betroffen. Außerdem kann eine gemeinsame Reise manchmal Wunder bewirken und ein Streitgespräch überflüssig machen.

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