Digitale Beratung: Helfen Apps gegen Liebeskummer?
- Lara Kickner

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Apps wollen bei allen möglichen Probleme weiterhelfen. Inzwischen sogar, wenn es mit der Liebe vorbei ist. Das kann in manchen Fällen funktionieren – in anderen aber gefährlich sein.
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Geht es um Apps, darf uns nichts mehr überraschen. Laut dem Duden für Informatik dienen sie der "Lösung von Benutzerproblemen", und von denen treten besonders in der Liebe bekanntlich viele auf. Also gibt es Apps, mit denen man das Küssen üben kann, indem man seine Lippen aufs Handydisplay drückt. Oder auch Anwendungen für Paare in einer Fernbeziehung. Als besonders hilfreich gelten Dating-Apps. Da verwundert es nicht, dass es nun auch mehr digitale Hilfe für die Zeit nach der schönen Zeit gibt: Apps gegen Liebeskummer.
Die Anwendungen sollen helfen, über den oder die Ex hinwegzukommen. Sie übernehmen die Fürsorge, für die auch ein guter Freund geeignet wäre. Nur: Die Deutschen verbringen sowieso durchschnittlich täglich mehr als dreieinhalb Stunden am Smartphone. Warum sich also nicht ein paar Minuten am Tag gegen den Sog von Tiktok, Twitter oder Instagram wehren und etwas fürs Seelenleben tun?
Liebeskummer ist nicht gleich Liebeskummer
Wir haben derzeit keinen Liebeskummer, wissen aber nur zu gut, wie er sich anfühlen kann. Wir versetzen uns also zurück in diesen Zustand und machen den Test. Als erstes ist die englischsprachige App Mend an der Reihe. Der Chatbot Ellen leitet durch die ersten Schritte. Sie fragt nach dem Beziehungsstatus, dem Zeitpunkt der Trennung, dem Grund dafür. Ein bisschen irritiert sind wir, als wir vorgeben, dass die Trennung unser Leben schlimmstmöglich beeinflusst habe, und der Bot antwortet: "Wir sind dafür da, dass dieser Einfluss sogar noch weniger wird."
Je nach angegebenem Trennungsgrund (Untreue, unvereinbare Lebensweisen, nicht mehr verliebt) erklärt Ellen im Anschluss in einer Sprachnachricht, dass die Gefühle, die wir haben, normal seien. Und dass wir gar nicht die Person vermissten, sondern die Gewohnheit, die diese mit sich bringe. Das war's für den ersten Tag. Am nächsten können wir entscheiden, ob wir für die kommenden drei, sechs oder zwölf Monate ein kostenpflichtiges Programm absolvieren wollen.
Gemischte Bewertungen
Wer kein Geld ausgeben will, kann Tagebuch schreiben und aus einer Reihe von Aktivitäten wählen, was er oder sie tagsüber gemacht hat. Die Bewertungen im App-Store fallen gemischt aus: Ein Nutzer berichtet, die App habe ihm empfohlen, sich vorzustellen, dass der ehemalige Partner ihn noch liebe, obwohl das nicht der Fall sei. In der deutschsprachigen App Beyond Breakup finden wir ähnliche Übungen: Auch hier kann man meditieren, etwas für die "Selbstliebe" tun, und man hat auch die Möglichkeit, Tagebuch zu schreiben. Irritiert sind wir über einen in der App prominent empfohlenen Artikel, der lautet: "Warum Sex in der Beziehung so wichtig ist!" Ohne Beziehung dürfte die Erkenntnis wenig helfen.
Die Beziehungscoachin Daniela van Santen glaubt nicht, dass eine App persönliche Beratung ersetzen kann. Sie betreibt eine "Liebeskummerpraxis" in Hamburg, berät nach Trennungen, aber auch bei Beziehungsproblemen.
Apps will sie zwar nicht schlechtreden, aber es sei fraglich, ob eine App arbeiten könne wie eine Beraterin oder Therapeutin: "Es geht um zwei Menschen, beide haben eine ganz eigene Lebensgeschichte, ganz eigene Kindheitserfahrungen, hatten Beziehungen und haben darin gute wie schlechte Erfahrungen gemacht. Die Beziehung der beiden hat wiederum eine ganz eigene Schnittmenge. Die ist jedes Mal so speziell, dass man überhaupt nicht pauschal oder nach irgendwelchen Mustern arbeiten kann."
Apps können Schaden anrichten
Sie selbst lehne Angebote von Verlagen ab, Beziehungsratgeber zu schreiben: "Ein Fall ist nie wie der andere." Ein ausführliches Erstgespräch sei deshalb sehr wichtig. Formeln, die im Internet kursieren, wie "je länger eine Beziehung dauert, desto länger dauert der Liebeskummer", seien nie allgemeingültig, sagt die Coachin. Es sei häufig sogar andersherum.
Liebeskummer ist auch nicht gleich Liebeskummer. Bei leichten Formen helfen schon ein trauriger Liebesfilm, eine Packung Taschentücher, mitfühlende Freunde, eine Portion Selbstmitleid. "Dafür ist eine App vielleicht nicht schlecht." In schweren Fällen aber, in denen Betroffene womöglich gegen Suizidgedanken und Depressionen zu kämpfen haben, könnten Apps Schaden anrichten, wenn sie falsche Ratschläge geben.
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