Zeitmanagement: Immer diese Meetings!

Autor*innen
Johanna Stein
Drei junge Menschen, von denen zwei an einem Tisch sitzen und einer steht. Alle deuten auf eine Projektion einer Präsentation und scheinen darüber zu diskutieren.

Sich treffen ist wichtig. Sich zu oft zu treffen frisst Zeit, nervt und stresst. So lässt sich dieses Dilemma lösen.

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Das amerikanische Unternehmen Slack, bekannt für die gleichnamige Plattform, hat im Juni zwei ungewöhnliche Programme für Mitarbeitende eingeführt: die "Focus Fridays" und "Maker Weeks". Freitage sind bei Slack also künftig zum Fokussieren da - hier halten Projektteams keine internen Meetings mehr ab. Zusätzlich ermutigt Slack seine Beschäftigten, freitags alle Benachrichtigungen auszuschalten, um ungestört arbeiten zu können. Zweimal im Quartal finden "Maker Weeks" statt. Dabei sagen die Projektteams eine Woche lang alle internen regelmäßigen Meetings ab. Einige werden asynchron durchgeführt, also zeitlich versetzt, etwa in Chatgruppen. Andere setzen eine Woche aus.

Schon vor Corona waren häufige Meetings als Zeitfresser gefürchtet. Und seitdem alle Welt den Videocall entdeckt hat, hetzen immer mehr Angestellte durch wahre Meeting-Marathons. Die ursprüngliche Idee von Onlinebesprechungen leuchtet ein: In der Pandemie sollten sich Mitarbeiter trotz der körperlichen Distanz regelmäßig austauschen können. Doch inzwischen sind viele Meetings reine Zeitdiebe. Sie rauben Nerven und - wenn sie nicht produktiv sind - auch Geld.

Der Meeting-Report 2020 von TimeInvest ergab, dass die befragten Büroangestellten im Schnitt jährlich 6,3 Wochen, also knapp ein Sechstel ihrer effektiven Arbeitszeit, in Meetings verbracht haben. Davon gingen rund zweieinhalb Wochen im Jahr durch Verspätungen von Teilnehmern oder Small Talk verloren. Weitere zweieinhalb Wochen verbrachten die Befragten in für sie irrelevanten Meetings.

Ein Stressbeschleuniger

"Zu viele Meetings am Tag ohne Pausen und mit wenig Struktur und Zielsetzung sind ein Stressbeschleuniger", sagt Thomas Faltin, Experte für Organisationsentwicklung beim Beratungsunternehmen Korn Ferry. Wie viele Meetings "zu viele" seien, hänge von der Komplexität der Themen ab. Grundsätzlich gelte: Mehr als drei Meetings am Tag sollten es nicht sein. Insbesondere dann, wenn die Besprechungen länger als eine Stunde dauern. Denn im Laufe eines Meetings lässt die Aufmerksamkeit nach - vor allem vor dem Bildschirm. "In virtuellen Formaten braucht es häufigere Pausenintervalle", sagt Faltin. Man muss Meetings also nicht ganz abschaffen. Zielführender ist es, die Anzahl und Dauer zu reduzieren und diejenigen, die stattfinden, effizienter zu gestalten.

Ein Ansatz dafür: Struktur reinbringen. In Meetings, die regelmäßig stattfänden, könnten Standards sowie Vor- und Nachbereitung Effektivität und Effizienz steigern, sagt Faltin. Auch Simone Janson, Verlegerin und Autorin, rät zu klaren Spielregeln. "Es ist wichtig, dass alle Teilnehmer den Nutzen erkennen und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten können", sagt sie. Je konkreter die Regeln und Vorgaben sind, desto besser. Eine Ankündigung wie "Schaut euch das mal bitte bis zum Meeting an" ist Janson zu unkonkret. Besser seien Aussagen wie: "Jeder bringt drei Lösungsvorschläge für Problem XY mit ins Meeting."

Der zweite Ansatz bezieht sich auf die Teilnehmerzahl. Da die meisten Meetings heute digital oder hybrid stattfinden, können sich theoretisch beliebig viele Menschen einwählen. Das ist oft nicht zielführend. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat deshalb die sogenannte Zwei-Pizza-Regel eingeführt: An einem Meeting dürfen nur so viele Leute teilnehmen, wie von zwei Pizzen satt werden - also fünf bis acht Leute. Tesla-Chef Elon Musk hat die Regel aufgestellt, dass jeder Teilnehmer einen Redebeitrag haben muss. Musks Logik: Wenn jemand nichts zu sagen hat, gibt es auch keinen Grund, warum er anwesend sein sollte. Einige Dinge lassen sich zudem sehr gut unter vier Augen klären - oder mit einer Chatnachricht, auf die jeder antworten kann, wann es ihm passt.

Persönlichen Kontakt nicht unterschätzen

Sind Meetings in Präsenz geplant, können Teilnehmer auch mal das Büro verlassen. An ungewöhnlichen Orten, zum Beispiel im Park oder auf einem Balkon, fällt ein Perspektivwechsel leichter. Davon ist Simone Janson überzeugt: "Es lohnt sich, nach neuen, kreativen Wegen zu suchen", sagt sie. So könne sich die Sichtweise ändern. Einige bekannte Unternehmer machen das inzwischen. Linkedin-Mitgründer Konstantin Guericke etwa hält seine Meetings beim Wandern ab. Durch die Bewegung an der frischen Luft fördere das eine ganz andere Form des Denkens.

"Bei allem Streben nach mehr Effizienz und Effektivität sollte man die soziale Komponente des Zusammenkommens nicht unterschätzen", sagt Thomas Faltin von Korn Ferry. Durch Corona gebe es immer noch einen großen Nachholbedarf an persönlichem Austausch und sozialen Kontakten. Das ist auch Simone Janson klar: "Gerade im digitalen Zeitalter ist der persönliche Kontakt wichtig, um den Zusammenhalt im Team zu fördern", sagt sie. Meetings könnten viel bewirken, selbst wenn sie vordergründig nicht effizient und zielorientiert seien: "Sie erleichtern den Austausch und helfen, Missverständnisse zu vermeiden und sich gegenseitig Wertschätzung zu zeigen." Manchmal ist es einfach nur gut, Kolleginnen und Kollegen zu sehen - auch wenn das, wie bei Slack, nicht mehr jeden Tag der Fall ist.

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