BWL-Influencer: IB noch möglich? Theoretisch schon, aber…

Autor*innen
Christoph Farkas und Martina Kix
Eine Frau springt die Treppe nach oben und auf jeder Stufe ist eine Münze [© master1305 – stock.adobe.com]

David Döbele, Hedgefonds Henning und Papas Kreditkarte: Die witzigsten BWLer im Internet über Rolex, Sylt und Unis für Highperformer.

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Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe: Wie du deinen Eltern nah bleibst – und trotzdem deinen eigenen Weg gehst.

Wo trifft man die drei bekanntesten BWLer des Internets? Klar, im Sushi-Restaurant moriki im Frankfurter Bankenviertel, zwischen Investmentbanker:innen von Morgan Stanley und der Citibank.

David Döbele, 26, hat an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Finance & Accounting studiert und danach pumpkincareers gegründet, eine Karriereberatung für Studierende, die in der Beratung und im Investmentbanking arbeiten wollen. Mit Tipps für BWLer:innen auf YouTube und der Frage "IB noch möglich?" wurde er berühmt.

Niklas, 24, studiert im Master BWL und betreibt die Meme-Seite Hedgefonds Henning. Allein auf Instagram hat er mehr als 225.000 Follower.

Moritz, 25, hat gerade seinen Master an der Frankfurt School of Finance & Management gemacht und arbeitet bei einer Unternehmensberatung. Seine Meme-Seite Papas Kreditkarte hat mehr als 77.000 Follower. Warum sie ihre Nachnamen für sich behalten wollen, erklären sie im Gespräch.

An diesem Mittwoch im Mai sehen sie ihren Memes ziemlich ähnlich: nach hinten gelegte Haare, Ralph-Lauren-Hemden und Segelschuhe. Bei Sushi "Chef’s Choice" für 42 Euro pro Person sprechen sie über Sylt, Target-Unis für Highperformer und darüber, was die Leute so an BWLer:innen triggert.

Luxusuhren, Luxusautos, Luxusurlaube: Auf euren Accounts spielt ihr mit den Klischees der Reichen. Lasst uns mit ein paar Stimmungsbildern starten. Rolex oder Patek Philippe?

Niklas: Ich bin ja noch Student, ich habe nur eine Apple Watch. Wenn ich das Geld hätte, würde ich mir aber eine Rolex Datejust holen, mit blauem Zifferblatt. Die finde ich ganz sexy.

Moritz:
Ich trage eine Rolex. Trotzdem: Patek. Die Stückzahl ist begrenzter, der Wert krasser. Die Patek Aquanaut fängt bei 22.000 Euro an, die Nautilus bei 33.000 Euro. Wenn man denn eine bekommen würde.

David: Ich habe eine Rolex, auch wenn ich eigentlich gar nicht so im Uhren-Game bin. Ein Kumpel hat mich angehauen und gefragt, ob er mir die für den Listenpreis besorgen soll. Das heißt, ich habe sie für 9.000 Euro bekommen, obwohl sie sonst 11k oder 12k kostet. Da dachte ich mir, ich verschenke doch nicht 3.000 Euro. So konnte ich das vor mir selbst rechtfertigen. Dabei finde ich Rolex fast ein bisschen prollig.

David Döbele

David Döbele, 26, ist kein "rich kid". Sein Finance Studium in Frankfurt am Main finanzierte er mit Halbwaisenrente und einem Stipendium. Heute ist er Geschäftsführer von pumpkincareers.

Weiter geht’s: Porsche oder Bugatti?

Moritz: Porsche. Das sind einfach geniale Autos. Die Qualität, der Sound, das Design. Der 911er ist iconic.

David: Mit einem Bugatti kannst du nicht normal zum Lidl fahren. Also: Porsche.

Niklas: Bugatti ist ein bisschen new money-flex-mäßig, Porsche eher so classical. Da bin ich auch beim Porsche.

Sylt oder Dubai?

David: Immer Sylt.

Niklas: Sylt.

Moritz: Die beste Insel Deutschlands. Man hat seine Ruhe und unglaublich schöne Natur. Oder man kann klassisch am Pfingstwochenende in Kampen eskalieren, im Club Rotes Kliff.

Niklas: Dubai ist zu sehr in die Fresse. Ich glaube, viele Leute, die sich da ansammeln, sind schon ein bisschen shady. Sylt ist seriöser, old money, in Dubai kann man nur mit irgendwelchen Krypto-Influencern rumtanzen.

Moritz

Moritz, 25, hat seinen Master an der Frankfurt School gemacht und arbeitet bei einer Unternehmensberatung in Frankfurt am Main. Seine Meme-Seite Papas Kreditkarte hat mehr als 77.000 Follower.

Rolex, Porsche und Sylt-Content postet ihr alle. Was unterscheidet eure Accounts? Was ist der USP von Moritz’ Account Papas Kreditkarte?

David: Bei Papas Kreditkarte sieht man vor allem Content für rich kids, die BWL studieren. Und eine Neigung zu Dom Pérignon haben.

Moritz: Ich sag immer: Ich sehe meine Memes zwischen Finanzen, Kapitalismus und BWL.

ZEIT Campus: Was macht Niklas mit seinem Account Hedgefonds Henning anders?

Moritz: Ich mache eher was über Kampen, Niklas eher was über Warren Buffett.

Niklas: Ich habe Hedgefonds Henning ja als reine Finanz-Meme-Seite gestartet. Mit der Zeit bin ich allgemeiner geworden und treffe eher den BWL-Studi-Humor, aber mit Finance- oder Wirtschafts-Twist. Ich würde sagen, unser Content ist zu 70 Prozent identisch.

David: Ich erinnere mich an deinen legendären Post: "Jeder redet über die armen Mieter, aber wer redet über die armen Vonovia-Aktionäre?"

Moritz: Da wäre ich auch gerne rauf gekommen!

ZEIT Campus: Was sagt ihr über Davids Account?

Moritz: David porträtiert und persifliert sich selbst. Der Unterschied zu uns: Sein Gesicht kennt man, er hat ja auch noch seine Company. Klar nutzt er seine Witze zum Marketing, aber das ist trotzdem nicer Content. Jeder BWL-Studi kennt seine legendäre Frage: "IB noch möglich?", also, "Investmentbanking noch möglich?"

Niklas

Niklas, 24, studiert im Master BWL an einer Target-Uni. Seine Meme-Seite Hedgefonds Henning hat allein auf Instagram mehr als 225.000 Follower, auf TikTok fängt er gerade an.

Niklas: TikTok ist sein bester Kanal, fifty-fifty Meme und seriöser Content.

David: Das wird mit der steigenden Reichweite echt zum Problem: Die BWLer:innen, also unsere Zielgruppe, checken schon, welche Postings Spaß sind. Aber es gibt immer mehr Jura- und Germanistik-Studis, die das sehen und denken, ich wäre ein arroganter Penner. Ich werde den Comedy-Teil ein bisschen runterfahren.

"Man muss diese Welt kennen, damit die Gags passen" 

Wie habt ihr im Internet angefangen?

David: Ich habe schon 2017 versucht, bei YouTube mit Bewerbungs-Coachings durchzustarten. Ich hab das für eine geniale Idee gehalten und ein Video nach dem anderen hochgeladen. Leider hat das niemand angeschaut. Dann kam mein Video BWL-Studium: Was ich gerne davor gewusst hätte!, das war im Sommer 2019. Das war der Durchbruch, ab da ist alles gut gewachsen.

Niklas:
In der Abi-Zeit hatte ich kleinere Seiten auf Facebook, auf denen ich englische Memes geteilt habe. Später habe ich Sachen wie Litquidity, Arbitrage Andy oder Trust Fund Terry gefeiert und die Nische in Deutschland gesehen. Im Herbst 2019 habe ich Hedgefonds Henning gestartet, seit dem ersten Lockdown dann regelmäßig gepostet. Durch diese neue Art von Content und die Corona-Pandemie ist alles krass skaliert. Dazu kamen noch die anderen Hypes, Gamestop, Börse allgemein, Krypto. Im März 2020 hatte ich so 3.000 Follower, Ende des Jahres waren es 100.000. 2021 kamen noch mal viele dazu, irgendwann hat es sich saturiert. Heute bin ich bei etwa 225.000 Followern.

Moritz: Ich habe Ende 2020 den Account angelegt, als ich nach dem Feiern nachts im Bett lag. "Papas Kreditkarte" ist ja so ein geflügeltes Wort, das fand ich gut. Und es gab einfach schon zu viele Alliterationen nach Hedgefonds Henning, Polohemd Patrick und wie sie alle hießen. Meine Marktdurchdringung war 2021, von null auf 50.000. Das war schon heavy.

David: Eure Stärke ist, dass ihr authentisch seid. Ihr kennt die Target-Unis von innen, die Banken, Boutiquen und Beratungen. Man muss diese Welt kennen, damit die Gags passen.

Seid ihr "rich kids"?

Niklas: Nee, ich komme aus einem Dorf und zahle mein Studium selbst. Meine Eltern haben kein Abitur und nicht studiert. Sie haben normale Beamtenjobs.

David: Meine Eltern auch. Wir hatten ein gutes Leben und sind im Winter auch mal Ski fahren gewesen. Mein Vater ist gestorben, als ich 15 Jahre alt war. Ich bin froh, dass ich zum Studium eine Halbwaisenrente bekommen habe und dass ich deshalb keine Krankenversicherung zahlen musste.

Moritz: Ich bin auch kein rich kid. Man sollte eh unterscheiden zwischen rich kids, Erben und Highperformern, das wird oft vermischt. Ein Highperformer ist jemand wie David, der sich anstrengt, um gute Noten zu schreiben und karrieretechnisch voranzukommen, fast ein Workaholic. Ein Erbe ist jemand, der einfach nur reiche Eltern hat. Und rich kids sind die Champagnersprüher, die mit 100 Flaschen auf Papas Jacht Selfies machen. Solche Fotos von Booten oder Lamborghinis bekomme ich oft von meinen Followern zugeschickt, warum auch immer.

Niklas: Es gibt auch Mischformen. An meiner Uni studieren schon Leute, die wie ich so eine BWL-Locke haben und mit der Rolex ins Seminar kommen. Die werden von ihren Eltern trotzdem krass gepusht. Die müssen performen und einen guten Schnitt erreichen, sonst dürfen sie das Familienbusiness nicht übernehmen.

Davids Gesicht ist in eurer "bubble" bekannt, ihr wollt anonym bleiben. Warum?

Niklas: Ich will meine personal brand nicht pushen, Hedgefonds Henning hat ja nichts mit mir als Privatperson zu tun. Wenn ich mein Gesicht zeige, macht das den Content kein bisschen besser.

Moritz: Papas Kreditkarte ist eine Kunstfigur, die provoziert, und soll das auch bleiben können. Ein paar Autonome gehen mich in DMs öfter mal hart an, denen schreibe ich: "Jungs, das ist eine Satireseite, kommt mal runter!"

David: Das Gute für Niklas und Mo ist: Sie werden nicht die ganze Zeit angelabert. Ich war letztens beim Royals Cup in Maastricht auf einer Party, und ich konnte wirklich keinen Meter laufen, weil ich so viele Fotos machen musste. Je dichter die Leute werden, desto mehr Selfies wollen sie. Wenn mich niemand anschauen würde, wäre es aber auch komisch.

Könnt ihr grob sagen, wie viel Geld ihr mit euren Meme-Seiten verdient?

Niklas: Es ist schon ein Vollzeitjob, der mir die fast 30k Studiengebühren für meinen Master bezahlt. Ich hab ja auch noch ein Funk-Format, Highperformer Henning, und bekomme da Tarifgehalt vom Hessischen Rundfunk. Ich kann inzwischen drei Werkstudierende beschäftigen, die sich um Content, Partnerschaften und den Merch-Shop kümmern. In dem kann man Tassen oder Caps kaufen, auf denen etwa "Lehman Brothers Risk Management Intern" steht.

Moritz: Ich könnte wahrscheinlich auch von der Seite und vom Merch leben. Aber für mich geht mein Job in der Beratung gerade vor, weil ich da viel lernen kann. Für die Meme-Seite gehen dann der Feierabend und die Wochenenden drauf.

Niklas: Wir profitieren alle davon, dass unsere Community sehr zahlungskräftig ist. Fintechs oder Banken zahlen mehr Geld für Werbung, als wenn wir jetzt eine Best-of-Germanistik-Jodel-Seite hätten und da irgendwelche Buchverlage ankämen. YouTube zahlt für Finance-Videos mehr Geld als zum Beispiel für Gaming-Content. Deshalb gibt es auch so viele Finance-Influencer, weil man sich schon mit relativ wenigen Followern monetarisieren kann.

David: Ich habe bei euch auch schon mal Werbung für pumpkincareers geschaltet. 

David, dein Unternehmen wird immer wieder kritisiert. "Die Welt" schrieb: "Wie ein Influencer mit Existenzängsten von Studenten Geld verdient". Wenn man sich für das komplette Bachelorstudium zum Coaching anmeldet, zahlt man schnell 4.000 bis 6.000 Euro. Das ist ganz schön viel Geld. Wie berechtigt ist die Kritik?

David: Das klingt erst mal viel, aber Privathochschulen wie die WHU oder die Frankfurt School nehmen knapp 8.000 Euro pro Semester. In dem Bereich, in dem mein Team und ich uns bewegen, also im Investmentbanking, sind unsere Beiträge nicht so viel Geld. Wenn die Studierenden im Praktikum 2.000 bis 5.000 Euro brutto im Monat verdienen, haben sie das schnell wieder drin. Wir wollen den Studierenden die Hilfe geben, die sie vielleicht brauchen, mit Hunderten Stunden Video-Content, Live-Coachings, Bewerbungsmappen-Check, Netzwerktreffen und so weiter. Wir sind kein scam.

Der Mann hinter "Best of Kleinanzeigen" erzählte vor Kurzem in der "ZEIT", seine Seite wäre mehr als 50.000 Euro wert. Würdet ihr eure Seiten dafür verkaufen?

David: Pff. Ich würde die Seite nie für 50k verkaufen.

Moritz: Never.

Niklas: Ich auch nicht.

Aber vielleicht tauschen, gegen zwei Patek-Philippe-Uhren?

Niklas: Nee. Ehrlich, unter einer Million würde ich die Seite nicht verkaufen, sie hat ja auch einen emotionalen Wert. Mir schreiben dauernd irgendwelche Business-Coaches: "Hier, ich geb dir 5.000 Euro dafür." Ich denk mir immer: "Digga, was willst du von mir?" 

Ihr teilt eure Memes auf Instagram, YouTube und TikTok. Zusammen habt ihr fast eine Million Follower. Was ist der wichtigste Kanal für euch?

David: YouTube. Aber das ist mit Abstand am aufwendigsten, dafür kommen darüber die meisten Leute ins Coaching. Insta ist ultrageil, um mit den Leuten zu interagieren, mit Frage-Stickern und DMs. LinkedIn ist B2B. Und bei TikTok gibt es einfach Reichweite, Reichweite, Reichweite. Da werden die meisten auf mich aufmerksam.

Niklas: Für mich ist Instagram am wichtigsten, da sind die meisten Follower, und da gibt’s am meisten Engagement. Aber Insta ist für Creator eine Assi-Plattform, weil man keine direkte Monetarisierung wie bei YouTube hat und der Algorithmus schlechter ist als bei TikTok. Außerdem kriege ich ständig Boomer-Memes in den Feed gespült. In den kommenden fünf Jahren wird TikTok Instagram safe ablösen, deswegen habe ich vor ein paar Wochen auch mit TikTok angefangen.

Ihr teilt immer wieder Memes von Christian Lindner, Markus Söder oder Ricarda Lang. Seid ihr politisch?

Moritz: Zwangsläufig. Die Frage ist nur, wie unser Inhalt interpretiert wird.

"Der Kapitalismus ist unfair" 

Man könnte euch für FDP-Fans halten. Im Podcast "Wohlstand für alle" hieß es über deinen Funk-Kanal, Niklas, das sei "neoliberale Propaganda mit ironischem Augenzwinkern", die die Jugend verblöden würde. Was sagst du dazu?

Niklas: Das sehe ich jetzt nicht so, der YouTube-Kanal bespielt eine ähnliche Zielgruppe wie meine Insta-Seite. Er spricht also Leute an, die vorher wenig bis gar nicht von den Öffentlich-Rechtlichen wahrgenommen wurden.

Moritz:
Ich würde mich jedenfalls nicht in der Nähe der FDP sehen ...

David:
Du siehst dich als die FDP.

Moritz:
Nee, aber die Zielgruppe tendiert bei Wirtschaftsthemen ja unabhängig vom Absender schon dahin.

Niklas:
Stimmt. Ich habe mal eine Umfrage unter meinen Insta-Followern gemacht. Da kam raus: 60 Prozent würden die FDP oder die CDU wählen. Ich war zur Abi-Zeit sogar mal FDP-Mitglied und hab an deren Website mitgearbeitet. Aber nach einem Jahr bin ich wieder ausgetreten, als ich zu Hause ausgezogen bin. In der Politik wirst du die ganze Zeit kritisiert, da hab ich so gar keinen Bock drauf.

Sind eure Posts in Wahrheit Kapitalismuskritik, diese Ausstellung von absurdem Reichtum?

Moritz: Meine Posts sind natürlich auch mal eine Form der Kapitalismuskritik. Ich finde es falsch, wenn jemand nichts geleistet hat, erbt und jeden Scheiß machen kann. Und dann sitzt jemand anderes ganz unten, arbeitet sich den Arsch ab und kann sich nichts leisten. Das ist unfair, der Kapitalismus ist unfair.

David: Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Die Reichen können ihr Kapital für sich arbeiten lassen, die Armen können das nicht. Die Reichen müssen die Armen bespaßen, damit es nicht irgendwann den großen Clash gibt. Ich kann beide Seiten verstehen. Ich war froh über meine Halbwaisenrente, heute als Unternehmer würde ich natürlich lieber weniger Steuern zahlen und mein Vermögen nach 50 Jahren harter Arbeit entspannt meinen Kindern vererben. Es ist kompliziert.

Moritz:
Und dann gibt es noch die Konzerne, denen Staaten alles durchgehen lassen, Ölfirmen, was weiß ich. Die kaufen sich durch Geld frei und treiben wildestes Greenwashing. Das Kapital hat immer recht.

Du hast immer mal wieder Memes mit der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang geteilt. Etwa ein Bild, wie sie ein Eis isst, dazu hast du geschrieben: "Das Letzte, was du siehst, bevor du in deiner Ernährung bevormundet wirst." Findest du das witzig?

Moritz: Ich fand es okay, das zu posten, weil ich ja das Gleiche auch mit Männern machen würde. Elon Musk bleich und oberkörperfrei auf einer Jacht. Aber Frauenfeindlichkeit ist natürlich nicht witzig.

Niklas:
Ich finde, als Politiker:in steht man in der Öffentlichkeit und muss mit so was klarkommen. Christian Lindner musste sich doch auch verteidigen, dass er sich die Haare machen lassen hat.

Als Grünenpolitikerin bekommt man trotzdem viel mehr Hasskommentare als ein FDP-Minister. Warum sieht man bei euch in den Feeds eigentlich immer die gleichen Männer? Christian Lindner, Carsten Maschmeyer, Warren Buffett ...

Niklas: Gut, nun ja. 85 Prozent meiner Follower sind Männer.

Moritz: Und die Männer-Memes performen halt besser. Friedrich Merz in einer Barbourjacke löst direkt Emotionen aus.

David: Bei vielen der Männer hat man das Gefühl, dass sie mit ihren Fotos absichtlich Steilvorlagen für Memes machen. Markus Söder, Christian Lindner, die wissen genau, welches Foto viral gehen könnte. Es gibt ja auch Memes, die genau diese alte Männerwelt thematisieren. Von wegen: "Wir sind eine diverse Firma", und auf dem Vorstandsfoto sieht man nur Dirks und Michaels. Wenn man sich die Dax-Vorstände anguckt, ist das eine sehr weiße, männliche Realität.

Moritz: Die legendäre Investorin Cathie Wood zieht auch oder der Hedgefonds-Manager Bill Hwang.

Niklas: Ich hab auch schon mal ein Video mit Auszügen aus Crazy Rich gemacht. Ich hab das Gefühl, die Dinge entwickeln sich organisch. An den meisten Unis gibt es in BWL schon noch einen deutlich höheren Männeranteil, aber ich finde, meine Kommilitoninnen zum Beispiel haben was auf dem Kasten, die placen auch gut, im Investmentbanking oder in Beratungen.

Warum triggert euer BWL-Content viele Leute so sehr?

David: Ich würde mich auch auf den Fuß getreten fühlen, wenn ich Mitte 30 wäre, mir den Arsch abarbeite und dann höre, dass da irgendwelche 22-jährigen Milchbubis in einem Praktikum im Investmentbanking im Monat 6.000 Euro brutto verdienen. Man ist als BWLer:in ein dankbares Ziel, es gibt ja definitiv schwarze Schafe, die durch ihre Raffgier fette Krisen verursacht haben, Lehman Brothers, Wirecard und so weiter. Da denkst du als Normalo, die kannst du alle knicken.

Niklas: BWL ist ja auch wirklich alles von Marketing über Investmentbanking bis zur Wirtschaftsprüfung. Viele Leute, die an einer normalen Uni studiert haben, kennen diese Dullis, die keine Ahnung hatten, was sie studieren sollten, und sich erst mal für BWL eingeschrieben haben. Die waren ein bisschen lost. Und von außen sieht das aus wie ein Quatschstudium, was ja auch für viele Leute stimmt. Aber dann gibt’s eben auch die Highperformer, die schon im ersten Semester wissen: "Ich will zu McKinsey oder Goldman Sachs." Jemand, der in Göttingen Lehramt studiert und mit drei BWLern in einer WG gewohnt hat, die jetzt für irgendwelche Mittelständler arbeiten, der sieht David auf TikTok und denkt sich: Was erzählt der Typ da von 100k-Einstiegsgehältern und Target-Unis?

Braucht es BWLer:innen als Feindbild?

Moritz: Null. Am liebsten wäre ich mit allen best friends, und wir laufen fröhlich durch den Wald.

Und was ist euer Tipp für alle Lowperformer?

Moritz: Nicht so viel nachdenken, ob etwas perfekt ist. Einfach machen.

David: Bulletproof-Kaffee mit ordentlich Butter drin.

Niklas: Es kommt mir manchmal vor, als wären die richtigen Highperformer-BWLer:innen mit 1,0er-Abi, die dann an der richtigen Uni studieren und gute Praktika machen, gefangen in einem goldenen Hamsterrad. Vielleicht checken sie erst später, dass 100 Stunden arbeiten in der Woche nicht das Richtige für einen ist, aber weil es alle machen, hat man es genauso gemacht.

David: Das ging mir auch schon so. Ich hatte früher unendlich viele Fragen: Soll ich direkt gründen, oder mache ich erst mein Praktikum bei der UBS? Wo verdiene ich am meisten? Und wann gehe ich zu McKinsey? Heute weiß ich, egal, was man macht, wenn man sich richtig auf eine Sache fokussiert und sie durchzieht, dann kann man viel mehr erreichen, als man eigentlich gedacht hätte. El Hotzo hat vor Kurzem geschrieben: "Erfolg ist Zufall." Was stimmt, ist: Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit den richtigen Leuten sein. Aber diesen glücklichen Zufall kann man mit harter Arbeit erzwingen.

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