Geld sparen: Es gibt vor allem eine Art, günstiger einzukaufen. Hier kommt sie
- Johannes Gernert

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Die Preise im Supermarkt sind mehr oder weniger überall gleich. Trotzdem kann man noch sparen: Wenn man Angebote checkt wie einst Opi – nur eben im 2025-Modus.

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Die gängigen Einkaufsspartipps klingen immer, als richteten sie sich an Doofe: vorher planen, nicht hungrig in den Supermarkt, günstige Eigenmarken kaufen, abgelaufenen Quark abends reduziert mitnehmen. Was womöglich auch daran liegt, dass wir uns beim Einkaufen gelegentlich ein bisschen doof anstellen, im Sinne von: irrational. Gern möglichst satt einkaufen also, aber ein Tipp ist noch besser, um dem 2,80-Euro-für-die-Breze???-Inflations-Schock zu begegnen. Es ist, behaupte ich, der einzige, der sich richtig lohnt.
Und damit für einen kurzen Grundkurs Supermarktpreise zu Deutschlands führendem Kassenbonforscher. Sven Reuter wertet mit seiner App Smhaggle 10.000 bis 20.000 Kassenzettel pro Tag aus, sagt er. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse lautet: Die Preise im Supermarkt sind mehr oder weniger überall gleich. Ich will sparen, ich gehe zum Discounter? Das gelte lange nicht mehr. Und auch wenn die Billig-, Billiger-, Am-billigsten-Werbeschlachten etwas anderes nahelegen, stellt er fest: "Echte Preiskämpfe unter Händlern, die Konsumenten substanziell entlasten, gibt es de facto nicht."
Reuter erklärt das so: "Wenn Preise gesenkt werden, dann meist nur minimal – und in der Regel ziehen die Wettbewerber innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach. Wer Preise vergleicht, erkennt schnell: Im Kernsortiment sind sie nahezu überall identisch."
Aber werben nicht gerade in letzter Zeit Discounter damit, dass sie für Hunderte Produkte die Preise gesenkt hätten? Das könne man einfach relativieren, sagt Reuter: "Die entscheidende Frage ist nämlich: Für welche Produkte genau wurden die Preise gesenkt? Mitunter wird auch mal der Preis für eine Vanilleschote im Röhrchen von 2,99 Euro auf 1,99 Euro reduziert – aber Hand aufs Herz: Wie oft kaufen Sie Vanilleschoten?"
Zudem, sagt er, sollte man bedenken: "Preiserhöhungen werden nicht beworben. Aber die Folgen sind ähnlich: Alle Händler ziehen ihre Preise in solchen Fällen auf ein einheitliches Niveau hoch." Im Ausland übrigens sei das oft anders – dort gebe es immer Anbieter, "die Produkte günstiger anbieten als der Wettbewerb".
Wenn man das alles als Conscious Shopper (im Sinne von: Conscious Spender) verinnerlicht hat, bleibt dieser eine Einkaufstrick übrig: Aktionsangebote. Dabei bieten die Hersteller ein Produkt in einer bestimmten Supermarktkette für einen bestimmten Zeitraum deutlich billiger an. Die sollte man kennen – und kaufen. So einfach. Hier kommt alles, was Sie wissen müssen, um zum Conscious Aktionsangebot-Shopper zu werden:
1. Mach es wie Opi, nur mit der App
Die verlässlichste Quelle für gute Angebote sind nach wie vor Supermarktprospekte. Es gibt mehrere Apps, die sie aufbereiten: KaufDa, MeinProspekt (nahezu identisch) und Marktguru (nicht verwandt mit Finanzguru). Man wählt seine Supermärkte oder Drogerien aus, sieht deren Prospekte und – das hat mich als Kind der Achtziger fasziniert – kann auf die Bananen oder den Zimmermann Farmlandschinken klicken und ihn in die eigene Einkaufsliste ziehen. Außerdem lassen sich die Angebote miteinander vergleichen. Smhaggle bietet dieselben Funktionen ohne Prospekt und ordnet die Angebote nach Kategorien wie "Brot & Aufstrich", "Frische & Kühlung".
2. Wo ist das, was du brauchst, gerade am günstigsten?
Der Familienwochenendeinkauf ist ja meist eine routinierte Angelegenheit. Auch ich bin lange samstagmorgens gedankenlos von Bananen zu Gnocchi zu Mond-und-Sterne-Müsli geeinkaufswandelt. Nach meinem ersten Gespräch mit Sven Reuter (der mit dieser These natürlich auch seine App bewirbt) habe ich dann begonnen, den Angebotstrick zu integrieren. Wir brauchen Nudeln? Wo sind die gerade reduziert? Meine Erfahrung bisher: Irgendwo sind sie es immer.
"Philadelphia ist ein gutes Beispiel", sagt Sven Reuter. "Barilla-Nudeln, Volvic oder auch Fischstäbchen. Diese Produkte werden in der Regel jede Woche bei mindestens einem Händler in einer Aktion angeboten, ein Großteil des Absatzes wird über solche Angebote generiert."
Händler und Hersteller würden entsprechende Aktionen vereinbaren – im Interesse beider Seiten. "Die Händler fordern dafür entsprechende Werbekostenzuschüsse vom Hersteller. Meist handelt es sich um eine Win-win-Situation für Händler und Verbraucher, aber es bleibt ein harter Kampf für die Hersteller."
Obacht aber, sagt Reuter. Nicht überall, wo Knaller draufsteht, ist ein Knaller drin: "Es lohnt sich, die Aktionen der Händler zu vergleichen – nicht jedes Angebot ist attraktiv, und man sollte sich immer fragen, ob man dieses Produkt jetzt wirklich braucht. Oft kann es sich aber lohnen, ein bis zwei Wochen zu warten – sich dann einzudecken und richtig zu sparen."
Mein Großstadtprivileg: Ich kann in fünf Minuten zu Rewe, Lidl, Penny und Edeka laufen und in sieben mit dem Rad zu Aldi oder Netto fahren. Aber auch in kleineren Städten liegen die Supermärkte meist sehr nah beieinander. Ich gestehe, dass die Sache bei mir irgendwann so eskaliert ist, dass ich kurze Barilla-Spaziergänge in den Samstag integriert habe oder kleine Philadelphia-Walks. Zur großen Freude meiner Frau.
Aber logisch: Es wäre nicht besonders praktisch, jedes Wochenende sieben Supermärkte zu besuchen, weil da jeweils ein Produkt reduziert ist. Besser: den Markt von Wochenende zu Wochenende je nach Sparerfolg auswählen, das bringt auch ein bisschen Abwechslung ins Leben. Denn die Rechnung ist wirklich zu überzeugend: 5 × 1,99 = 9,95 Euro. 5 × 99 Cent = 4,95 Euro. Das gilt oft für Nudeln oder Frischkäse. Manchmal sind es auch nur 5 × 84 Cent oder 5 × 79 Cent. Man spart damit also mehr als 50 Prozent. Die Inflation beträgt bei Lebensmitteln seit 2020 etwa 30 Prozent. Das nur einmal als grober Anhaltspunkt. Es ist, zugegeben, das eindrucksvollste Beispiel. Am besten funktioniert der Angebotstrick, das hat Marktguru kürzlich für die Süddeutsche Zeitung ausgerechnet, mit Eigenmarken.
3. Lass dich auf den letzten Metern nicht verwirren
Zu den klassischen Tipps für uns Einkaufsdoofies gehört auch: Lass dich nicht von Gangendangeboten ablenken (Englisch: End-of-the-aisle). Diese Ständer, die sich dir mit ihren Nudeltürmen oder Wasserflaschenpyramiden in den Weg stellen.
Bei Lidl beispielsweise ist es mir mehrfach passiert, dass mich Ablenkungsaufbauten fast vom Angebot abgehalten hätten. Ich steuere angebotsfixiert durch die Klappschranke, fest ist mein Entschluss, mich von nichts anderem anlocken zu lassen, und da sind sie ja auch schon, die Nudeln, aber hoppla, kein Preis leuchtet rot, ich muss mich wohl geirrt haben, Angebot vorbei. Da hat die App offenbar gepennt!
So schlendere ich ums nächste Eck und siehe da: noch eine Mini-Nudelabteilung! Und hier: das rote Leuchten! Original ähnliches Erlebnis hatte ich – auch bei Lidl – mit Marken-Pizza UND einer Familienpackung Vanilleeis. Beide befanden sich in einem Extra-Tiefkühlregal nebenan. Lidl eh immer lustiges Verwirrspiel, da stehen die Preise ja exakt so ÜBER den Produkten, dass man sie genau falsch versteht. Aber das: eigenes Thema.
Dieser Text ist eine Folge der Sparkolumne "Die Groschenoper". Wie ist Ihr Verhältnis zu Geld und zum Sparen? Finden Sie völlig unnötig? Oder wüssten Sie gern mehr darüber? Wenn ja: Was denn? Haben Sie sogar selbst Tipps? Schreiben Sie uns! Gratis! An: groschenoper@zeit.de.
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