Evolution des Portfolios: So gelingt die optimale Vermögensverteilung

Autor*innen
Daniel Walther
Ein Mann wird von einem riesigen Geldsack erdrückt

Viele Anleger glauben, dass nur die Stärksten an den Märkten überleben. Doch entscheidend ist auch die beste Anpassung an wandelnde Märkte und die Balance aus Liquidität, Rendite und Risiko. Wie Sie Ihr Depot fit machen.

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"Survival oft the fittest" wird oft missverstanden. Viele denken an das Überleben des Stärkeren. Doch was Darwin eigentlich meinte, war etwas anderes: Es überlebt, wer sich am besten an seine Umgebung angepasst hat oder anpassen kann. Er überlebt der, der den besten "Fit" hat.

Heute geht es zum Glück in vielen Bereichen nicht mehr ums nackte Überleben im biologischen Sinn, sondern um Erfolg und das beste Abschneiden. Doch das Prinzip bleibt gleich: Veränderungen, ganz gleich ob in Natur oder Wirtschaft, bevorzugen nicht automatisch die "Stärksten", sondern die, die am besten auf Wandel reagieren können.

Vermögensaufteilung ist individuell

Wer sich nicht rechtzeitig anpasst, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Und dabei spielt es keine Rolle, wie gut er bislang aufgestellt war. Die perfekte Anpassung an die herrschenden Bedingungen kann sogar zum Risiko werden. Sobald sich das Umfeld ändert, kann genau diese Spezialisierung zum Nachteil werden, wenn plötzlich diejenigen Vorteile haben, deren Veränderungsbedarf geringer ist – selbst wenn sie zuvor nicht sonderlich "fit" waren.

Im Ergebnis führt die veränderte Situation dazu, dass die Führung in der Rangliste wechselt und andere besser dastehen. Nicht, weil sie besser oder überlegen sind, sondern weil sie passender sind. Jede Veränderung führt dazu, dass der aktuelle Stand oder die Fähigkeit zur Veränderung neu zu bewerten ist. Wer pures Glück hat, kann durch die passende Veränderung in eine gute Situation gelangen – oder auch durch Pech in eine sehr ungünstige Lage kommen.

Ähnliches gilt auch für das Vermögen, genauer gesagt die Vermögensaufteilung. Aufgrund der Individualität der Situation des Anlegers ist die Vermögensaufteilung einzigartig wie eine Spezies. Sie ist mehr oder weniger gut angepasst auf die Situation des Marktes und der Wirtschaft. Im Gegensatz zur Natur, in der die Anpassung über passive Selektion erfolgt, kann eine Vermögensaufteilung aktiv an Veränderungen angepasst werden.

Was bedeutet das für die Vermögensaufteilung als Anleger?

Es gibt Anlageklassen, in denen Veränderungen nur schwer möglich sind. Ein Kreditvertrag hat beispielsweise eine gewisse Laufzeit, die einzuhalten ist. Der Anleger kann nicht plötzlich entscheiden, die Laufzeit zu verändern, nur weil das unter den gegebenen Umständen plötzlich passender wäre. Genauso ist es mit Investitionen in Private-Equity-Fonds. Einzahlungen und Auszahlungen erstrecken sich in der Regel über mehrere Jahre, und bieten geringe bis gar keine Eingriffsmöglichkeiten.

Entsprechend schwer sind kurzfristige Anpassung in solchen illiquiden Anlageklassen. Je mehr Vermögen in diese investiert ist, desto heftiger kann den Anleger eine plötzliche Veränderung des Marktes treffen. Andererseits wird eine längerfristige Anlage häufig mit einer höheren Rendite belohnt. Deshalb muss jeder Anleger eine Abwägung vornehmen, welches Risiko er für welche Rendite einzugehen bereit ist.

Welche Schlussfolgerungen für seine Vermögensaufteilung kann der Anleger ziehen, wenn er von den Ergebnissen der Darwinschen Forschung profitieren möchte? Zwar kann der Anleger den Markt nicht beeinflussen, ebenso wenig wie eine Art die Natur. Aber anstelle einer Spezies ist er nicht darauf angewiesen, sich über mehrere Generationen hinweg anzupassen (oder angepasst zu werden). Er kann sich auf mögliche Veränderungen vorbereiten und direkt reagieren, wenn er eine Veränderung erkennt.

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Anleger muss Veränderungen selbst erkennen

Die Beobachtung einer relevanten Veränderung stellt dabei ein wesentliches Problem dar. Der Anleger muss Veränderungen selbst erkennen, um reagieren zu können. Niemand wird feststellen, dass sich die Welt oder der Markt verändert hat. So etwas geschieht höchstens im Nachhinein, wenn es bereits so offensichtlich ist, dass es niemand mehr übersehen kann. Dennoch können einige Anleger mehr von Veränderungen profitieren, weil sie sie früher erkennen und besser vorbereitet sind.

Welche Anforderungen lassen sich aus diesen Sachverhalten für eine optimale Vermögensaufteilung ableiten? Ebenso wie die Spezies muss der Anleger unter allen Umständen "überleben". Dabei geht es nicht um normale oder alltägliche Risiken, sondern um die besonderen, die signifikante Auswirkungen haben. Weder ein Kriegsausbruch, noch eine Hyperinflation, Naturkatastrophen, oder der Sturz eines Staatsoberhauptes darf bei der gewählten Vermögensaufteilung zu finanziellem Ruin führen.

Konflikt zwischen Anpassungsfähigkeit und hohem Wachstum

Kredite sowie Beteiligungen oder Finanzprodukte mit Nachschusspflichten sind dabei besonders gefährlich, weil im Fall der Fälle besonders viel Liquidität erforderlich ist. Ist die nicht vorhanden, kann das selbst große Vermögen in den Abgrund stürzen. Keine gute Lösung ist, deshalb vollständig darauf zu verzichten. Überlegt eingesetzte Kredite können beispielsweise zu einem wesentlichen besseren Vermögenswachstum beitragen.

Der Konflikt zwischen Anpassungsfähigkeit und hohem Wachstum zeigt die gegensätzlichen Anforderungen an die Vermögensaufteilung. Die Rendite muss so hoch sein, dass nie das Geld ausgeht. Nicht in einem Monat oder einem Jahr und schon gar nicht während der Rente. Wenn das Geld vor dem Leben zu Ende ist, sind schmerzhafte Einschnitte erforderlich. Eine Spezies muss ihr Überleben langfristig sichern und bei sehr großen Vermögen gilt das, wie in der Natur, sogar über Generationen.

Liquidität von Vermögenswerten ist nicht immer offensichtlich

Wie hoch der Anteil der riskanteren und volatileren Vermögenswerte sein muss, hängt davon ab, wie hoch das vorhandene Vermögen im Verhältnis zu den jährlichen Ausgaben ist. Mit den steigenden Anforderungen an die Erträge des Vermögens kommen weitere Herausforderungen hinzu: Eine höhere Rendite erfordert in der Regel eine längere Anlagedauer, so dass wiederum die Liquidität schlechter wird. Je größer der festangelegte Anteil des Vermögens ist, desto weniger Handlungsmöglichkeiten sind verfügbar.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Liquidität von Vermögenswerten nicht immer offensichtlich ist. Die meisten Wertpapiere, wie Aktien oder Anleihen, können von einem Tag auf den anderen verkauft werden und die Liquidität ist nach zwei Tagen gutgeschrieben. Aber welchen Einfluss hat der Preis, der am Markt erzielt werden kann? Wenn der Preis über dem Wert liegt, den der Verkäufer dem Papier zurechnet, ist ein Verkauf sinnvoll und leicht. Liegt der Preis aber unter dem Wert, tut es weh.

Anleger haben Spielraum bei Vermögensverteilung

Wann immer Vermögenswerte unter Wert verkauft werden müssen, schmilzt das Vermögen. Entsteht der Druck, zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt zu verkaufen, können enorme Verluste entstehen. Ein fixer Termin kann deshalb auch ein Risiko sein. Wer Wertpapiere oder Edelmetalle zu seiner erweiterten Liquidität zählt, muss sich darüber im Klaren sein.

Wer damit rechnet, dass Aktienkurse fallen oder die Zinsen steigen, so dass Anleihekurse fallen, freut sich darüber, dass er schnell verkaufen kann. Eine Anlage in Wertpapieren ist flexibel, und der Anleger kann schnell auf Marktveränderungen reagieren. Die Anpassung an geänderte Bedingungen muss zumindest schneller möglich sein, als dass die Veränderungen zum Ruin führen können, beziehungsweise nach Generationen zum Aussterben der Spezies.

Bedarf an Liquidität vom Sparverhalten des Anlegers ab

Während die Spezies aber in der Regel wenige Möglichkeiten hat, aktiv den geänderten Rahmenbedingungen entgegenzuwirken, hat der Anleger deutlich mehr Spielraum. Er kann Puffer vorsehen, also mehr einplanen, als er zu brauchen gedenkt, um sich abzusichern. Ebenso kann er früher mit dem Vermögensaufbau anfangen und auf diesem Weg einen weiteren Puffer aufbauen, weil er weiter vorausdenkt. Geld oder Vermögen sind gute Speicher, um Arbeitsleistung zu konservieren. Wer mehr arbeitet als er eigentlich müsste, baut sich damit einen zusätzlichen Puffer auf, den er bei Bedarf verzehren kann.

Grundsätzlich hängt der Bedarf an Liquidität vom Sparverhalten des Anlegers ab. Wer spart, benötigt weniger Liquidität, weil durch das beständige Sparen regelmäßig neue Liquidität zum Vermögen hinzukommt. Wer dagegen verzehrt, benötigt viel Liquidität, weil der Verzehr dem Vermögen permanent Liquidität entzieht. Der Liquiditätszufluss oder -abfluss stellt deshalb die Basis der Vermögensaufteilung dar, wobei die meisten Sparer irgendwann doch zu Verzehrern werden.

Puffer von mehreren Jahren berücksichtigen

Die Planung der Liquidität über das restliche Leben bildet daher die Basis für die Vermögensaufteilung. Das allein ist schon deshalb kein einfaches Unterfangen, weil die Lebensdauer unbekannt ist. Ein Puffer von mehreren Jahren sollte dieses Problem jedoch beseitigen. Leider führt die Inflation zu einer wesentlich größeren Unsicherheit bei der Planung. Gerade über längere Zeiträume ist sie nicht zu prognostizieren und ihre Auswirkungen können verheerend sein.

Durch eine geeignete Vermögensaufteilung kann das Vermögen zumindest teilweise vor Inflation geschützt werden. Der Anleger muss also "nur" die für ihn passende Aufteilung des Vermögens finden, die seinen Ansprüchen an Liquidität, Inflationsschutz und Rendite genügt, sowie das Risiko und den Verwaltungsaufwand auf ein für ihn erträgliches Maß begrenzt. Diese Vermögensaufteilung durch geeignete Vermögenswerte herzustellen ist eine Optimierungsaufgabe, die heutzutage leicht von Software oder Apps gelöst werden kann.

Mit persönlichen Situation und Vermögensaufteilung auseinandersetzen

Es gibt für jede Anlageklasse so viele Möglichkeiten der Investition, dass eine Diversifikation sowohl innerhalb einzelner Anlageklassen als auch über alle hinweg zu finden ist. Weitere Rahmenbedingungen sind dann beispielsweise Länder oder Währungen, deren Verteilung sowohl Schutz als auch Risiken bieten können. Geringe Konzentrationen des Vermögens und eine Bewertung der Kontrahenten runden die Einschätzung ab.

Jeder Anleger kann sein Portfolio selbst aufbauen, ohne Perfektion anstreben zu müssen. Er kann es jederzeit ändern, und tatsächlich wird es sich auch im Laufe des Lebens ändern, weil sich die Lebenssituation und die Einschätzungen zu Anlageklassen ändern werden. Das Umfeld oder der Markt werden ihren Teil dazu beitragen, dass es nicht langweilig wird.

Veränderungen mischen die Karten immer wieder neu. Was gestern ein Nachteil war, kann heute zum Vorteil werden und umgekehrt. Manchmal ist es eine Frage des Timings, manchmal ist es wie in der Evolution ein bisschen Glück. Im Gegensatz zur Natur kann der Anleger sich aber einen Teil seiner Karten selbst aussuchen und aktiv überlegen, wie er spielen möchte. Das bedingt, dass er sich gründlich mit seiner persönlichen Situation und der Vermögensaufteilung auseinandersetzt.

Daniel Walther ist Experte für Finanzanalyse und Vermögensberatung und Vorstandsvorsitzender von Vermögensheld.

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