Die Gehaltsfrage: Was ist meine Arbeit wert?

Autor*innen
Katharina Hoffmann
Junger Geschäftsmann in fragender Pose bekommt Geld überreicht

Nur wer seinen Marktwert kennt, kann ihn steigern. Zwei Gruppen sind besonders nachlässig.

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Im Beruf ist es wie auf dem Wochenmarkt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Rar gesäte Spezialisten können deutlich mehr Gehalt verlangen als Aushilfskräfte, die vergleichsweise leicht ersetzbar sind. Doch gerade am Anfang der Karriere ist es schwer, einzuschätzen, was die eigenen Qualifikationen wert sind. Das kennt auch Kerstin Fuhrmann. Die Karriereberaterin war jahrelang in verschiedenen Funktionen bei zwei Konzernen tätig. "Am Anfang war ich erst mal nur dankbar, die Stellen bekommen zu haben", sagt sie. Mit zunehmender Erfahrung und dem Austausch mit Kollegen merkte sie aber, dass sie ihr Gehalt neu verhandeln sollte – sie hatte sich unter Wert verkauft. Aber ist der eigene Wert im Unternehmen einmal festgesetzt, ist es schwer, ihn nach oben zu treiben. Umso besser ist es, zu Beginn den eigenen Marktwert zu kennen.

Marktwert wird oft mit Gehalt gleichgesetzt, und theoretisch sollte jeder verdienen, was er wert ist – gemessen unter anderem an fachlicher Qualifikation, Vorerfahrung, Soft Skills und dem Wert für die Gesellschaft. Doch in der Praxis steht der Marktwert oft nicht in Relation zum Gehalt. Altenpfleger und Erzieher etwa, die einen hohen Wert für die Gesellschaft haben, verdienen vergleichsweise wenig. Wer in einem nicht tarifgebundenen Berufsfeld arbeitet, hat schon mehr Spielraum. Doch auch hier korrespondiert das Gehalt nicht unbedingt mit dem Marktwert: Wer sehr selbstbewusst kommuniziert und darlegt, was er wert ist, geht aus Gehaltsgesprächen mit mehr Geld raus als zurückhaltende Arbeitnehmer.

Obwohl zum Marktwert mehr gehört als das reine Gehalt, ist dieses eine belastbare Basis. Vergleichsportale und Gehaltsrechner sind ein guter erster Schritt, um ein Gefühl für das Gehaltsgefüge der Branche und der Position zu bekommen. Der Gehaltsvergleich des Statistischen Bundesamts etwa gibt anhand von Parametern wie Berufserfahrung, Bildungsgrad und Unternehmensgröße den geschätzten monatlichen Durchschnittsverdienst an. Die Karrierementorin Inga Ganzha rät zusätzlich, das persönliche Netzwerk zu aktivieren: "Wer weiß, was Freunde und Bekannte verdienen, kann seine eigene Leistung besser einschätzen", sagt sie. "Also einfach mal offen danach fragen." Auch Recruiting-Messen können helfen, mit Personalern ins Gespräch zu kommen und so den eigenen Marktwert zu testen.

Hat man sich unter Wert verkauft, kann man einiges tun, um den eigenen Marktwert zu steigern. "Es kommt darauf an, dass man seine Stärken und Schwächen richtig einschätzt und einsetzt", sagt Susan J. Moldenhauer. Die Finanzwirtin und Karrierecoachin hat ein Buch geschrieben, in dem sie Tipps zur eigenen Wertsteigerung gibt. Sie rät zu einem Erfolgstagebuch, in das auch Leistungen einfließen, die nicht so sichtbar sind wie ein abgeschlossenes Projekt oder ein neuer Kunde. "Das steigert das Selbstbewusstsein und liefert gute Argumente für die nächste Gehaltsverhandlung."

Wer weiß, was er kann, sollte seine Leistungen bewerben – zum Beispiel auf Karriereplattformen wie Linkedin oder Xing. "Das Profil ist wie der Lebenslauf bei einer Bewerbung", sagt Karrierementorin Inga Ganzha. Aktualität ist wichtig. Doch gesehen werden vor allem diejenigen, die regelmäßig posten und ihre Reichweite erhöhen: Das Get-together nach einer Fortbildung, ehrenamtliches Engagement oder die Beförderung – alles Anlässe, um dem eigenen Netzwerk darüber zu berichten und somit den eigenen Wert sichtbar zu machen.

Um seinen Marktwert zu steigern, braucht es vor allem Eigeninitiative. Die angebotenen Schulungen und Fortbildungen des Arbeitgebers wahrzunehmen ist zwar gut, sich zusätzlich außerhalb des Betriebs weiterzubilden aber besser – auch wenn man dafür oft selbst zahlen muss. "Sprachkurse, die den Austausch mit internationalen Kunden vereinfachen, und Managementtrainings, die Führungsqualitäten vermitteln, sind eine gute Methode, um den Marktwert zu steigern", sagt Ganzha. "Mitunter bezuschusst der Arbeitgeber so etwas auch, wenn es dem Job dient."

Dass Frauen mit gleicher Qualifikation für die gleiche Arbeit sehr oft weniger Geld als Männer verdienen, ist kein Geheimnis. Viele wissen allerdings nicht, dass sich die Gehaltsschere schon im Bewerbungsprozess öffnet. "Wenn Frauen Stellenanzeigen lesen und nicht alle geforderten Fähigkeiten beherrschen, bewerben sie sich in der Regel nicht", sagt Susan Moldenhauer. Gleichzeitig hat sie beobachtet, dass männliche Kollegen häufig dazu tendieren, ihr Können zu überschätzen. Gründe dafür gibt es ihrer Meinung nach viele. Zum Teil liege das an veralteten Rollenbildern – Männer, die etwas fordern, wirken stark und durchsetzungsfähig, wohingegen das gleiche Verhalten bei Frauen eher negativ konnotiert ist. Um den eigenen Marktwert zu steigern, rät Moldenhauer durchaus zu Selbstbewusstsein. Sie sagt: "In der Regel zahlen Arbeitgeber für gute Köpfe, die wissen und zeigen, was sie wert sind, auch gute Gehälter."

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