Erfolgsstrategien fürs Juraexamen: So schaffst du das Prädikat

Autor*innen
Christopher Diel
Eine Hand hält ein aufgeschlagenes Buch. Dort, wo der lesende Kopf wäre, befindet sich ein weißer Kreis, der einen Doktorhut trägt.

Für Jurastudenten ist es die magische Grenze: Wer in den Examen 9 Punkte oder mehr vorzuweisen hat, ist bei Top-Arbeitgebern sehr begehrt. e-fellows.net-Alumnus Christopher liefert fünf Tipps, wie es auch bei dir mit dem Punktesegen klappen kann.

Christopher Diel (Jahrgang 1984) absolvierte sein Jurastudium an der Universität Münster und einen LL.M. an der Columbia Law School in New York. In den Staatsexamen erreichte er jeweils zweistellige Punktzahlen. Nach Stationen unter anderem bei Hengeler Mueller, Linklaters und Freshfields Bruckhaus Deringer arbeitet er nun als U.S. Associate für Davis Polk & Wardwell in London.

1. Lass dich nicht verunsichern

Einer der stressigsten Aspekte an der Examensvorbereitung war für mich das permanente Gefühl, irgendetwas in meiner Vorbereitung falsch zu machen oder zu vergessen. In der Uni hieß es, die kommerziellen Repetitoren seien überflüssig und das Unirep viel näher am echten Examensstoff. Die Repetitoren sahen das natürlich anders und betonten stattdessen, dass nur erfolgreich sein könne, wer "mindestens 90 Probeklausuren" schreibe – und praktischerweise gehörten zu deren Angebot dann auch (kostenpflichtige) Klausurenkurse. Einige Kommilitonen waren sich sicher, dass der Freischuss auf Kosten einer längeren Vorbereitung eine schlechte Idee sei – andere waren vom Gegenteil überzeugt.

Ich könnte zahlreiche weitere Beispiele nennen. Mein Tipp ist daher: Lass dich nicht verunsichern und zieh dein eigenes Ding durch. Was für andere funktioniert und zu einem guten Examen führt, mag für dich der falsche Weg sein. Manche fahren mit dem Unirep und mehr eigenständiger Vorbereitung sehr gut, andere wollen eher an die Hand genommen werden und sind bereit, dafür Geld auszugeben. Auch bei den verschiedenen kommerziellen Repetitoren wage ich die Behauptung, dass jeder der üblichen Anbieter in der Lage ist, gute Kandidaten zu einem Prädikatsexamen zu führen. Aber nur du kannst entscheiden, welche Dozenten, welcher Vortragsstil und welche Skripte sich für dich am besten anfühlen. Ich denke es gibt deutlich weniger "falsche Vorbereitungswege" als man häufig hört. Und damit komme ich zum nächsten Punkt …

2. Bleibe deinem persönlichen Lerntyp treu

Es ist wohl kein Geheimnis mehr, dass es verschiedene Lerntypen gibt. Dennoch hatte ich immer den Eindruck, dass sowohl Universitäten als auch Repetitoren das gerne vernachlässigen.

Die einen lernen beim Zuhören besonders gut, andere hingegen können beim Lesen mehr "abspeichern". Auch das Schreiben und Notizen machen oder den Examensstoff in der Arbeitsgemeinschaft zu diskutieren findet jeder unterschiedlich hilfreich. Dennoch war immer mein Eindruck, dass man in der Examensvorbereitung zu oft hört, wie man sich vorzubereiten habe ("Schreib viele Probeklausuren!", "Lies Lehrbücher!", "Diskutiere Fälle in der Arbeitsgemeinschaft!"). Nach Abitur und zahlreichen Semestern an der Uni kennst du dich selbst aber am besten. Daher solltest du bei deinen Lernmethoden berücksichtigen, was für dich bislang besonders gut funktioniert hat – auch wenn andere sich anders vorbereiten.

Ich war zum Beispiel nie ein auditiver Lerntyp und habe in Vorlesungen und beim Repetitor nur sehr wenig gelernt. Das Wissen habe ich mir dann über Lehrbücher und Skripte angeeignet. Rückblickend hätte ich den Mut aufbringen sollen, die ein oder andere Stunde gelangweilten Zuhörens beim Repetitor mit dem Lesen eines Skriptes zu verbringen. Ich selbst fand auch Probeklausuren nicht sonderlich hilfreich und habe meist nur eine Lösungsskizze angefertigt; von Arbeitsgemeinschaften mit Kommilitonen habe ich hingegen sehr profitiert. Mein Rat ist daher, die verschiedenen Methoden zwar zu kombinieren, dich aber auf die Lernstrategien zu fokussieren, die dir wirklich weiterhelfen.

3. Mut zur Lücke

Eine etwas beunruhigende, aber doch sicherere Erkenntnis zum Examen ist die, dass man nicht alles wissen kann und eine gehörige Portion Glück leider oft dazu gehört. Es gibt sicherlich Ausnahmen. Aber die meisten von uns sind schlicht nicht in der Lage, sämtliche Rechtsprechungsdetails, Anspruchsvoraussetzungen oder Meinungsstreits im Examen abzurufen. Oftmals war möglicherweise auch einfach nicht genug Zeit, um alle Rechtsbereiche gleichermaßen sicher zu beherrschen. Gerade in den Nebenbereichen setzt man dabei vielleicht gerne auf Lücke. Ich halte das natürlich nicht für ideal – aber notgedrungen für realistisch. Ich habe damals den Freischuss gemacht und hatte am Ende schlichtweg keine Zeit mehr, das Strafprozessrecht auch nur einigermaßen sicher zu beherrschen. Statt mich vom Freischuss abzumelden oder mich tagelang verrückt zu machen, dachte ich mir, "Es wird schon schiefgehen".

Tatsächlich hatte ich dann Glück und die StPO spielte in meinen Klausuren keine Rolle. Ich will mitnichten dafür werben, bestimmte Bereiche zu vernachlässigen. Aber ich bin mir sicher, dass es manchmal nicht vermeidbar ist und möchte daher Mut machen: Anderen geht es auch so und man muss eben oftmals einfach das Glück haben, dass die Schwerpunkte in den Klausuren zufällig jene Themenkomplexe schneiden, in denen man sich besonders sicher fühlt.  

4. Behalte die Rechtsprechung im Auge

Neben dem nötigen Quäntchen Glück helfen andererseits aber auch einfache Regeln der Wahrscheinlichkeit. Bekanntermaßen ist es recht naheliegend, dass ein Aufgabensteller die jüngere Rechtsprechung als Inspiration sieht und Klausuren entwirft, die aktuelle Probleme aufgreifen. Ich kann an dieser Stelle daher den Repetitoren recht geben, die nicht müde werden zu betonen, wie wichtig die Lektüre jüngerer Rechtsprechung ist. 

In meinen sechs Klausuren im ersten Examen kam im Verwaltungsrecht ein Thema dran, das Monate vorher lange in den Medien und der Rechtsprechung thematisiert worden war; und ein Sachverhalt im Zivilrecht entsprach zu 99 Prozent einem Landgerichtsurteil, welches in einer der einschlägigen Ausbildungszeitschriften zur Rechtsprechungsübersicht thematisiert worden war. Wer also die jüngere Rechtsprechung vernachlässigt, handelt meines Erachtens grob fahrlässig. Meine oben angesprochene Lücke im Strafprozessrecht rührte dann zum Beispiel auch daher, dass ich in den letzten Wochen vor den Klausuren lieber mehr Zeit für die Rechtsprechungsübersicht als für Standardprobleme im Strafprozessrecht aufbringen wollte.  

5. Gönn dir Verschnaufpausen

Die Examensvorbereitung halte ich auch Jahre später noch immer für stressiger als so manch eine arbeitsintensive Phase im Berufsleben. Das liegt einerseits am schieren Umfang des examensrelevanten Stoffes und andererseits am hohen Leistungsdruck aufgrund der Bedeutung des guten Abschneidens. Ich halte es für wenig sinnvoll, wenn man nach zahlreichen Monaten der intensiven Vorbereitung zwar fachlich gut vorbereitet, mental und körperlich aber völlig ausgebrannt ist. 

Daher würde ich jedem empfehlen, auch kurz vor dem Examen noch Freiräume für Erholung zu schaffen. Ob Yoga oder Fußball, Museum oder Konzert – was auch immer dir hilft einen klaren Kopf zu bekommen, wird letztlich auch im Examen helfen. Ich selbst bin zum Beispiel wenige Monate vor den Klausuren noch zwei Wochen in den Urlaub gefahren. Diese Verschnaufpause hat mir damals spürbar neue Energie und Motivation verliehen.

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