Einspruch Exklusiv: Zum Jurastudium ins Ausland – ohne Erasmus

Autor*innen
Laetitia Breitenbach
Person wirft einen Papierflieger über eine Erdkugel. Sie hält eine am Flieger befestigte Linie noch in der Hand.

Viele Jurastudenten wollen ein oder zwei Semester ihres Studiums im Ausland verbringen. Wer im Erasmus-Auswahlverfahren keinen Platz bekommt, muss seinen Wunsch nicht aufgeben.

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Dass die Planung eines Auslandssemesters auch eigenständig möglich ist, ist vielen Jurastudenten unbekannt. Es funktioniert aber! Selbst wenn an der Heimatuniversität ausreichend Erasmus-Plätze vorhanden sind, kann es für ein solch selbst organisiertes Auslandssemester gute Gründe geben: etwa der seit Jahren gehegte Traum, in einer bestimmten Stadt zu leben, deren Hochschule aber kein Erasmus-Partner der eigenen Universität ist. Ein anderer Grund kann der Wunsch sein, das Auslandsemester effektiv zur Kursanrechnung zu nutzen. Fehlen an den Erasmus-Kooperationsuniversitäten der eigenen Hochschule entsprechende Seminare, ist es sinnvoll, sich selbst darüber zu informieren, ob andere Universitäten die gewünschten Kurse anbieten.

Wer mit der Planung für ein eigenständiges Auslandssemester beginnt, wird zunächst vielleicht ein wenig verwirrt sein: Freemover, Visiting Student, study abroad – auf den Internetseiten ausländischer Hochschulen tauchen viele Begriffe dazu auf. Doch was ist der Unterschied? Die Antwort ist trivial: Es gibt keinen. Alle Termini bezeichnen den Fall, dass jemand eigenständig (free) eine andere Universität besucht (visiting), um dort im Ausland zu studieren (study abroad). Wenn die Heimatuniversität also von der Möglichkeit des Freemovers spricht, jedoch die Wunschuniversität vom Visiting Student, ist dies kein Hindernis für eine Bewerbung.

Wann ist der perfekte Zeitpunkt?

Der Zeitpunkt, ins Ausland zu gehen, ist für Jurastudenten grundsätzlich frei wählbar. Es gibt allerdings bestimmte Studienabschnitte, während deren ein Auslandssemester schwierig sein kann: Am Anfang des Studiums liegt der Fokus zunächst auf dem Bestehen der Zwischenprüfung und auf der Orientierung an der Heimatuniversität. Daher ist es ratsam, zunächst diesen Pflichtteil des Studiums zu absolvieren und erst danach ein Auslandssemester anzustreben. Dafür spricht auch, dass die Zwischenprüfung zumeist bis zum 5. Semester absolviert werden muss. In höheren Semestern liegt der Fokus auf der Examensvorbereitung. Auch die sollte man nicht unbedingt im Ausland verbringen.

Eine gute Möglichkeit ist daher, im sechsten oder siebten Semester ins Ausland zu gehen. So kann das Auslandsstudium dazu dienen, neue Energie für die anstehende Examensvorbereitung zu sammeln. Hinzu kommt zu diesem Zeitpunkt bereits die Möglichkeit, Auslandskurse für das Schwerpunktstudium anzurechnen. Das Schwerpunktstudium ist der universitäre Teil des Juraexamens. Ob der gewünschte Kurs im Ausland dafür angerechnet werden kann, entscheidet das Auslandsbüro der Heimatuniversität anhand der Kursbeschreibung. Sofern ein Kurs die Voraussetzungen erfüllt, rechnet das Auslandsbüro die erworbene Note anhand einer offiziellen Umrechnungstabelle in Juranotenpunkte um. Diese Umrechnung ist attraktiv: So ist die Note 2,0 mit 10 Punkten gleichzusetzen.

Manche Studenten absolvieren ihr Schwerpunktstudium erst nach dem staatlichen Teil des Examens. Für sie kann auch ganz am Ende des Studiums ein attraktiver Zeitpunkt für ein Auslandssemester sein. Wer seine Note im staatlichen Teil des Examens bereits kennt, kann abzuschätzen, welche Mindestnote im Ausland erworben werden muss, um die gewünschte Gesamtnote zu erzielen. Wer sein Auslandsstudium selbst organisiert, unterliegt anders als Erasmusstudenten keiner Mindestanzahl zu erwerbender ECTS-Punkte. Somit ist es möglich, nur wenige Kurse zu belegen und sich ganz auf die Seminare zu konzentrieren, die für die Schwerpunktanrechnung erforderlich sind.

Auswahl der Wunschuniversität

Aber wohin soll es gehen? Wer selbst ein Auslandssemester organisiert, kann recht frei entscheiden, welche Universität geeignet ist. Einschränkungen gibt es nur wenige: Ein eigenständig geplantes Auslandssemester kann nicht an einer Erasmus-Partneruniversität der Heimathochschule absolviert werden. Hier ist ausschließlich die Bewerbung über Erasmus möglich. Ebenso gibt es Universitäten, die selbständig organisierte Auslandsaufenthalte grundsätzlich verweigern, etwa in Wien und Danzig. Sehr viele Hochschulen sind aber offen: Konkrete Bewerbungsvoraussetzungen, etwa ein Motivationsschreiben, den Lebenslauf oder einen Notennachweis, regelt jede Universität eigenständig.

Ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der passenden Universität sind die dort angebotenen Studiengänge. Freemover können anders als Erasmusstudenten jeden Kurs belegen, der im Vorlesungsplan enthalten ist; auch jene, die nicht dem eigenen Studienfach zugeordnet sind. Sofern Kurse für das Juraschwerpunktstudium angerechnet werden sollen, ist es ratsam, nach ähnlichen Bachelor-/Masterstudiengängen zu suchen. Ein Jurastudent mit dem Schwerpunkt Unternehmens- oder Bankenrecht wird etwa innerhalb der Studiengänge BWL, Wirtschaft oder Management fündig werden.

Auch über die Kosten entscheidet jede Universität selbst. Sie unterscheiden sich erheblich: In Breslau werden pauschal 750 Euro für 16 ECTS-Punkte verlangt, am Trinity College in Dublin 1.985 Euro für 20 bis 30 ECTS-Punkte, an der University of Amsterdam können gar 6.000 Euro fällig werden. Andere Hochschulen berechnen einen Betrag pro Kursstunde: In Warschau fallen vier Euro pro Kursstunde an, was bei einer durchschnittlichen Stundenzahl von 30 Stunden pro Kurs 120 Euro pro belegtem Seminar entspricht.

Weitere Kosten kommen hinzu: In Metropolen wie Paris oder Mailand steigern allein durch die Wohnungskosten die monatlichen Ausgaben enorm. Wer wenig Geld hat, sollte auch kleinere Universitätsstädte in Betracht ziehen und offen für Osteuropa sein. Dort sind die Lebenshaltungskosten vergleichsweise gering, das Lehrangebot kann aber oft mit westlichen Standards mithalten.

Gibt es Stipendien?

Um Kosten zu reduzieren, sollten sich Interessierte zudem über Stipendien informieren. Für eine Bewerbung für ein Freemover-Stipendium bedarf es immer eines Lebenslaufes, Motivationsschreibens und eines Noten- und Sprachnachweises. Manchmal werden noch weitere Dokumente verlangt.

Jede staatliche und staatlich anerkannte deutsche Universität kann nach erfolgreicher Antragstellung beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) ihren Studenten das Promos-Stipendium anbieten. Die Stipendiaten erhalten eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Aufenthalts- sowie Reisekostenpauschale. Beides wird vom DAAD verbindlich für alle Zielländer festgelegt und entspricht der Höhe, die im Rahmen des Erasmus-Stipendiums bezogen werden kann. Das Promos-Stipendium dient der finanziellen Unterstützung von Studien- und Forschungsaufenthalten, Praktika sowie Sprach- und Fachkursen von bis zu sechs Monaten. Eine Bewerbung für dieses Stipendium erfolgt über die Heimatuniversität. Der Bewerbungszeitraum und die -voraussetzungen werden von ihr festgelegt.

Einen akademischen Austauschdienst gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern. Das Pendant zu dem DAAD ist in Polen die Nationale Agentur für akademischen Austausch (NAWA). Diese bietet das Stipendium Zawacka an, welche an den gleichen Personenkreis adressiert ist wie das Promos-Stipendium. Zu beachten ist, dass grundsätzlich eine Bezugnahme mehrerer Stipendien aus öffentlichen Mitteln für denselben Zweck ausgeschlossen ist. Promos und Zawacka lassen sich aber kombinieren, da die Finanzierung zum einen aus deutschen zum anderen aus polnischen Mitteln erfolgt.

Ferner bieten auch manche Regierungen selbst Stipendien für Studenten aus dem Ausland an, etwa Lettland. Zudem gibt es auch länderspezifische Stipendien aus Deutschland. Die Studienstiftung des deutschen Volkes bietet das Stipendium "Metropolen in Osteuropa" für Studenten aller Fächer an. Stipendiaten erhalten eine monatliche Finanzierung von 1.000 Euro sowie die Übernahme der Studiengebühren bis zu 10.000 Euro.

Die Wohnungssuche

Wer im Ausland studiert, benötigt schließlich noch eine Unterkunft vor Ort. Manche Universitäten verfügen über eigene Studentenwohnheime. Nach erfolgreicher Bewerbung können Studenten dann unmittelbar den Wunsch äußern, ein Zimmer zu erhalten.

Sofern selbständigen Auslandsstudenten ein solches Angebot nicht unterbreitet wird, bleiben private Studentenwohnheime. Auch WGs sind attraktiv: Hier besteht die Möglichkeit, direkt Kontakte zu Einheimischen zu finden.

Ein Erasmus-Semester ohne Erasmus ist also alles in allem durchaus realisierbar. Die Planung ist zwar zeitintensiv. Eigeninitiative sind Jurastudenten aus ihrem Studium aber ohnehin gewöhnt.

Laetitia Breitenbach ist Studentin der Rechtswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie hat sich selbst ein Auslandssemester in Warschau organisiert.

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