Auslandssemester: Studieren und die Welt sehen
- Caroline Becker
![Eine Frau zeigt mit dem Daumen nach oben, dabei sitzt sie auf einem Papierflieger, der die Erde umkreist [© svetazi – stock.adobe.com]](https://www.e-fellows.net/uploads/NEU-Medienbibliothek/Symbolbilder/_articleImageSmall/3227105/Urlaub-Auszeit-geniessen.jpg)
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Auslandssemester machen Spaß und sehen auf dem Lebenslauf gut aus. Aber sie kosten auch viel Geld. Die gute Nachricht: Es gibt viele Fördermöglichkeiten und Stipendien, für die kein Einserschnitt notwendig ist.
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"Auslandsaufenthalte sind eine tolle Möglichkeit, neue Kulturen, neue Lernmethoden und vor allem neue Leute kennenzulernen", sagt Davide Bacchini vom International Office der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Wer ein Auslandssemester oder -praktikum machen möchte, sollte sich schon in den ersten Semestern informieren, rät er, denn für alle Programme sind unter anderem Sprachzertifikate nötig und das Belegen von Sprachkursen als Auffrischung der Sprachkenntnisse sei empfehlenswert.
Das Erasmusprogramm ist wohl die bekannteste und beliebteste Variante, ein Auslandssemester zu machen. Jede Fakultät hat eigene Partneruniversitäten im europäischen Ausland. Bei der Bewerbung können Studierende Prioritäten angeben. "Der Vorteil von Erasmus ist, dass die Studiengebühren erlassen werden und es je nach Land aktuell bis zu 600 Euro pro Monat gibt", sagt Bacchini. Darüber hinaus gibt es Aufstockungsbeträge zum Beispiel für Studierende aus Nichtakademikerhaushalten. Auch die Anrechnung der im Ausland absolvierten Kurse sei bei Erasmus meist relativ einfach, da die Fachbereiche der Partneruniversitäten schon eingespielter seien und Studierende in Erfahrungsberichten nachlesen können, was bei ihren Kommilitonen funktioniert hat. Was viele zudem nicht wüssten, ist, dass sie pro Studienzyklus bis zu zwölf Monate mit Erasmus ins Ausland können und auch Praktika im Ausland gefördert werden.
Neben dem Erasmusprogramm haben viele Universitäten Austauschprogramme mit außereuropäischen Universitäten, bei denen ebenso die Studiengebühren wegfallen und für die es separate Stipendienprogramme gibt. Eine finanzielle Förderung ist hier jedoch oft nicht garantiert. Unabhängig von dem Angebot der eigenen Universität können Studierende auch selbst organisiert ins Ausland und sich bei externen Stipendiengebern für eine finanzielle Förderung bewerben. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) beispielsweise vergibt unter anderem Stipendien für Praktika, Studien- und Forschungsaufenthalte im Ausland. Darüber hinaus gibt es länderspezifische Stipendien wie etwa das Fulbright-Studienstipendium für die USA sowie die Möglichkeit, Auslands-Bafög oder im Zweifel auch einen Studienkredit zu beantragen.
Wichtig sei, egal bei welchem Austauschprogramm, dass Studierende im Motivationsschreiben, das an vielen Universitäten wichtiger Bestandteil der Bewerbungsunterlagen ist, zeigen, dass sie sich über die Universität und die dort angebotenen Kurse informiert haben. "Was sie dort in ihrer Freizeit machen wollen, spielt darin keine Rolle, und was sie in ihrer Schulzeit gemacht haben, das können wir dem Lebenslauf entnehmen", sagt Bacchini.
Spanien: "Eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens"
"Nach dem Abitur war ich als Au-pair in Spanien, was mich auch dazu inspirierte, Spanisch auf Lehramt zu studieren und motivierte, noch einmal für ein Auslandssemester nach Spanien zu gehen. Also informierte ich mich an meiner Uni über Austauschmöglichkeiten. Ich wollte erstmal an der Universität ankommen und beschloss daher, mich für ein Erasmus im fünften Semester zu bewerben.
Die Partneruniversitäten haben unterschiedliche Sprachvoraussetzungen. Für Madrid, meinem eigentlichen Favoriten, hätte ich das Sprachniveau C1 gebraucht. Leider bestand ich den entsprechenden Sprachtest nicht. Für die meisten anderen Universitäten reichte aber auch B2. Ich bewarb mich mit einem Motivationsschreiben und meinem Lebenslauf für Valencia, Granada und Barcelona. Anfang 2019 erhielt ich dann die Zusage für Valencia und es folgte noch mal viel Papierkram. Besonders das sogenannte Learning Agreement war kompliziert. Dort sollte ich eintragen, welche Kurse ich in Valencia belegen werde und für welche Kurse diese mir angerechnet werden sollten. Die Website der Universität in Valencia fand ich jedoch sehr unübersichtlich und die Kommunikation mit der Koordinatorin in Spanien schwierig. Ich glaube, die zehnte Version meines Learning Agreements wurde dann endlich so von beiden Universitäten unterschrieben.
In Valencia angekommen war dann alles anders und ich musste das Learning Agreement anpassen. In manche Kurse kam ich einfach nicht rein und letztendlich konnte ich mir nur einen Kurs anrechnen lassen. Ich hätte mir von vornherein gewisse Kurse für mein Auslandssemester aufheben sollen, die sich leichter anrechnen lassen, aber das wusste ich einfach nicht. Trotzdem war es eine spannende Erfahrung. Die Lehre vor Ort war viel mehr auf Reproduktion ausgelegt, als ich es aus Heidelberg kannte. Zudem gab es Hausaufgaben, mündliche Noten und mehr Klausuren. Wir duzten unsere Professoren, wodurch die Lernatmosphäre angenehmer war und auch die Hemmschwelle, Fragen zu stellen, sank.
Unter den Erasmusstudis waren viele Deutsche und vor Ort unternahm ich dann doch viel mit Deutschen – auch, weil es in puncto Planung einfach kulturelle Unterschiede gibt. Montags Pläne fürs Wochenende zu machen, war mit Spaniern nicht immer leicht. Ich kannte jedoch aus meiner Au-pair-Zeit noch einen Spanier in Valencia, mit dem ich ab und an etwas unternahm. Bei ihm konnte ich in den ersten zwei Wochen unterkommen, als ich wie viele andere kurz vor Semesterbeginn vor Ort noch nach einem WG-Zimmer suchte.
Dadurch, dass ich Auslands-Bafög erhielt, konnte ich die ersten Wochen gut überbrücken. Ohne Bafög ist das schwieriger, da gerade am Anfang einige Kosten wie die Kaution anfallen, die erste Rate von Erasmus jedoch meist erst einige Wochen nach Ankunft überwiesen wird. Da ich schon regulär Bafög erhalte, war die Beantragung von Auslands-Bafög für mich recht unkompliziert. Übrigens, auch wer kein Bafög erhält, kann theoretisch Auslands-Bafög erhalten. Das waren bei mir um die 750 Euro im Monat. Es lohnt sich also, nachzufragen. In einem anderen Land eine Wohnung zu organisieren, an einer neuen Universität und in einer neuen Stadt zurechtzukommen, das hat mich auf jeden Fall selbstbewusster gemacht. Darüber hinaus habe ich so viele neue Leute kennengelernt, Kontakte geknüpft und mein Spanisch und Englisch verbessern können. Trotz mancher Herausforderungen war es eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens."
Rana Alizadeh (25), Lehramt Spanisch, Englisch, Gemeinschaftskunde in Heidelberg. 2019 Auslandssemester in Valencia, Spanien
Ägypten: "Ein Stipendium ist wirklich kein Hexenwerk"
"Ein Auslandssemester mit Erasmus habe ich nicht wirklich in Betracht gezogen, weil das mit Lehramt etwas komplizierter ist und eher für die Kommilitonen mit einer Fremdsprache Sinn macht. Aber mein Lehramtsstudium beinhaltet ein Pflichtpraktikum, das wir auch im Ausland machen können. Also beschloss ich, es an einer deutschen Schule in Kairo zu probieren.
In Marburg gab es eine extra Ansprechpartnerin für Auslandspraktika für Lehrämtler, die mir empfahl, mich beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für ein Stipendium speziell für Lehrämtler zu bewerben. Dreimal im Jahr gibt es dort einen Bewerbungszeitraum. Ich musste damals die Zusage meiner Universität, der Partnerschule, meinen Lebenslauf und ein paar weitere Formulare einreichen. Inzwischen benötigen Bewerber unter anderem noch ein Motivationsschreiben und Nachweise ihrer bisherigen Studienleistungen. Insgesamt ist das aber nicht viel Aufwand für die sehr großzügige Förderung. Ich erhielt einen Reisezuschuss und knapp 1200 Euro pro Monat für Ägypten, was mir vor Ort ein sehr entspanntes Leben ermöglichte.
In Kairo konnte ich in einer Wohnung auf dem Gelände der Schule unterkommen, das durch hohe Mauern und Kontrollen am Eingang gesichert war. Autos wurden vor der Einfahrt auf Bomben untersucht und auch überall in der Stadt sah man schwer bewaffnete Soldaten. Daran gewöhnte ich mich jedoch recht schnell. Außerhalb der Schule war es schwierig für mich, Kontakte zu knüpfen. Es gab keine Partys oder Barabende und auch das Goethe-Institut vor Ort hatte keine besonderen Angebote. Letztlich konnte ich aber über die Dating-App Tinder auf freundschaftlicher Basis interessante Leute kennenlernen. Einmal nahm mich eine Ägypterin zu den Filmfestspielen mit, ein anderes Mal ein Polizist in einen Polizeiclub. Ein junger Ägypter erzählte mir, wie schwer es im sehr religiösen Kairo sei, homosexuell zu sein und eine junge Frau, mit der ich einen Kaffee trinken war, sagte, dass ihre Eltern dieses Treffen nicht gutheißen würden. Durch diesen Austausch und auch Reisen im Land habe ich einen viel tieferen Einblick in die Kultur bekommen.
Die Betreuung an der Schule war super. Ich durfte bei vielen Lehrern mitgehen und auch selbst unterrichten. Die Jungs in den Klassen waren etwas machohaft, haben mehr provoziert und Grenzen ausgetestet, als ich es aus Deutschland kannte. Dadurch habe ich aber gelernt, mich durchzusetzen. Die Klassen waren sehr heterogen, wodurch ich meine Unterrichtsplanung anpassen musste. Die Erfahrungen, die ich in meinem Auslandspraktikum machen durfte, haben dazu geführt, dass ich mehr Verständnis für andere Sichtweisen habe. Es ist wirklich kein Hexenwerk, auch als durchschnittlicher Student ein Stipendium zu bekommen und bislang habe ich noch von niemanden gehört, dass er doch lieber für das Semester oder Praktikum in Deutschland geblieben wäre."
Lasse Treichel (25), Gymnasiallehramt Biologie und Sport in Marburg. 2019 Auslandspraktikum in Kairo, Ägypten
USA: "In Deutschland gibt es mehr Frontallehre"
"Mir war immer klar, dass ich ein Auslandssemester machen möchte. Da mir die Partneruniversitäten meines Fachbereichs für das Erasmusprogramm aber nicht so zusagten, informierte ich mich über weitere Austauschprogramme. Ich wollte unbedingt in die USA, gab aber zur Sicherheit bei meiner Bewerbung auch noch eine Universität in Kanada als dritte Priorität an.
In meiner Bewerbung musste ich mich nur auf meine erste Priorität, die Temple University Philadelphia beziehen. Mein Studium in Hamburg ist recht theoretisch, in Philadelphia ist es viel praktischer. Da gab es die Möglichkeit, Kurse in der Videoproduktion und -nachbearbeitung zu belegen und mit unterschiedlichen Softwareprogrammen zu arbeiten. In meinem Motivationsschreiben erklärte ich, wie sich das gut mit meinen theoretischen Kenntnissen verbinden ließe. Für die Temple University brauchte ich zudem einen TOEFL-Sprachtest, auf den ich mich sechs Wochen lang vorbereite und der um die 260 Euro gekostet hat. Ich bin froh, dass ich dann auch den Platz bekam und meine Heimatuniversität mich bei der ausländischen Universität nominierte. Dort musste ich auch noch eine Bewerbung einreichen, was jedoch eher Formsache war. Etwas komplizierter hingegen war es zu klären, welche der dortigen Kurse ich mir anrechnen lassen kann. Mein Studium beinhaltet glücklicherweise einen großen Wahlbereich. Da ist die Anrechnung leichter als bei sehr spezifischen Kursen.
Im August 2021 ging es dann los. Vor Ort gab es viele Kurse in Präsenz, was ich nach einem Jahr Onlineuni sehr genoss. Ich wollte einfach das Campusleben in den USA mitnehmen. In meinem ersten Semester lebte ich auch in einem Wohnheim auf dem Campus. Wegen der schwierigen Sicherheitslage in dem Stadtteil war das für den Start gut. Die Gegend ist sehr arm und es gibt immer wieder Schießereien. Im zweiten Semester zog ich dennoch mit zwei Amerikanerinnen in eine WG außerhalb des Campus, weil mir das Zweierzimmer im Wohnheim zu wenig Privatsphäre bot und mit 1.000 Dollar Miete pro Monat verhältnismäßig teuer war.
Die Lebensunterhaltskosten vor Ort waren sehr hoch. Neben dem Erlass der Studiengebühren erhielt ich von der Tempel University für zwei Semester 3.600 Dollar. Zudem hatte ich mich noch bei der Fulbright-Kommission auf ein Reisestipendium beworben, worüber ich 2.000 Euro erhielt. In Hamburg gibt es das Förderprogramm Hamburglobal, wo man auch monatliche Raten bekommen kann. Ich erhielt jedoch nur einen einmaligen Zuschuss von 350 Euro. Letztendlich habe ich vor Ort viel von meinem Ersparten gezahlt und im zweiten Semester noch für eine Professorin vor Ort gearbeitet.
Das International Office vor Ort hat viele Events organisiert, wie zum Beispiel Filmabende, Rollerskatenights, oder Kürbisschnitzen an Halloween. Auf dem Campus verkauften Cheerleader Karten für die Spiele des Footballteams, wo wir oft alle gemeinsam hinfuhren. So etwas kannte ich aus Deutschland nicht. Auch die Lehre war anders. Wir hatten keine riesigen Vorlesungen, sondern kleinere Gruppen, wurden mehr einbezogen, hatten über das Semester hinweg viele kleine Abgaben und sehr viel Gruppenarbeit. In Deutschland gibt es mehr Frontallehre und am Ende eine Klausur. Durch das Zusammenleben mit internationalen Studierenden hat sich mein interkulturelles Verständnis verstärkt und auch mein Bild von den USA hat sich verändert. Für mich war es eine tolle Erfahrung."
Sarah Asbai (23), Medien- und Kommunikations-wissenschaften in Hamburg. 2021/22 Auslandsjahr in Philadelphia, USA
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