Acht Mythen des Arbeitsrechts: Die Wahrheit über Kündigung, Arbeitsvertrag & Co.

Autor*innen
Maximilian Fleschhut
Drei Personen halten einen abgerissenen Teil eines Stücks Papier. Sie versuchen, diesen mit einem anderen Stück abgerissenen Papiers zusammenzufügen.

"Kündigungen müssen immer schriftlich sein." "Am Firmencomputer darf man keine privaten Mails lesen." "Es gibt ein Recht auf Abfindung." In der Berufswelt kursiert viel arbeitsrechtliches Halbwissen. Vertraue also nicht blind den Mythen, die dir Kollegen und Bekannte erzählen. Wir stellen dir acht Klischees des Arbeitsrechts vor – und sagen dir, was wahr an ihnen ist.

Es ist nicht verwunderlich, dass in Kantinen und Büros viel über das Arbeitsrecht gemunkelt wird – stiften doch neben den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auch individuelle Tarifbestimmungen und zusätzliche Vereinbarungen in Arbeitsverträgen immer wieder Verwirrung. e-fellows.net bringt Licht ins Paragraphendunkel.

1. Arbeitsverträge müssen schriftlich abgeschlossen werden.

Falsch. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrags frei wählen. Dies kann schriftlich sein, mündlich oder nur durch "konkludentes Handeln": Im Extremfall gilt es also als Vertrag, wenn der Arbeitnehmer täglich zur Arbeit erscheint und der Arbeitgeber dies stillschweigend akzeptiert. Bemerkenswerterweise hat der Arbeitnehmer selbst bei einem solch formlos abgeschlossenen Vertrag das Recht, im Nachhinein sein Arbeitsverhältnis schriftlich bestätigt zu bekommen. Du kannst also jederzeit einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber fordern. 

2. Mitarbeiter haben ein Recht darauf, dass ihr Lohn jährlich steigt.

Falsch. Es gibt keinen rechtlichen Anspruch auf Lohnerhöhung – es sei denn, der Arbeits- oder Tarifvertrag legt eine jährliche Lohnerhöhung ausdrücklich fest.

3. Ein Attest muss man erst ab drei Krankheitstagen mitbringen.

Richtig. Spätestens nach drei Kalendertagen muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden – wenn nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Demnach kann auch schon am ersten Tag ein Attest verlangt werden.

4. Ungenutzte Urlaubstage kann man ins nächste Jahr mitnehmen.

Falsch. Gesetzlich ist vorgesehen, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Aufs nächste Jahr kann man den Urlaub nur übertragen, wenn laut Gesetz "dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen". Probleme, sich für diese oder jene Urlaubswoche zu entscheiden, gelten dabei natürlich noch nicht als dringender Grund – sehr wohl aber die sogenannte "betriebliche Übung", also die Gewohnheit, dass jeder Arbeitnehmer seine Urlaubstage ins nächsten Jahr mitnehmen darf. Wenn das also im Unternehmen seit jeher so gehandhabt wird, haben Arbeitnehmer ein Recht darauf.

5. Wer private Mails am Arbeitsplatz schreibt, dem kann gekündigt werden.

Jein. Arbeitnehmer brauchen jedenfalls nicht zu befürchten, dass der Chef mitliest, wenn sie private E-Mails vom Firmenrechner schreiben. Auch am Arbeitsplatz gibt es ein Recht auf Privatssphäre, das die Überwachung von Mitarbeitern ausschließt. Nur wenn ein konkreter Verdacht vorliegt, dass ein Kollege trotz ausdrücklichem Verbot in großem Stil den Firmenrechner für Privatzwecke nutzt, darf der Arbeitgeber "schnüffeln". Dann darf er den Mitarbeiter auch abmahnen oder ihm sogar kündigen.

6. Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen.

Richtig. Das vom Chef mit hochrotem Kopf gebrüllte "Sie sind gefeuert!", das man aus Filmen kennt, reicht nicht. Außerdem muss das Kündigungsschreiben unterschrieben werden und dem Gekündigten im Original zukommen.

7. Ein Kündigungsschreiben muss eine Begründung enthalten.

Falsch. Wenn – wie in den meisten Fällen – das Arbeitsverhältnis fristgerecht gekündigt wird, reicht ein Schreiben ohne Angabe von Gründen. Nur außerordentliche Kündigungen müssen schriftlich begründet werden, wenn der Gekündigte darauf besteht. Dazu muss der Arbeitnehmer aber auch einen echten Hammer bringen: Gründe, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, sind zum Beispiel schwere Beleidigung, unbegründete Arbeitsverweigerung, Diebstahl oder sexuelle Belästigung.

8. Nach einer Kündigung hat man Anspruch auf eine Abfindung.

Falsch. Rechtlich gesehen ist eine Abfindung immer eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Ein Anspruch auf Abfindung besteht jedoch, wenn die Kündigung betriebsbedingt ist, also beispielsweise wegen Rationalisierungsmaßnahmen oder Auftragsmangel ausgesprochen wurde. Dann kann der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben eine Abfindung anbieten. Der Arbeitnehmer muss im Gegenzug die Klagefrist von drei Wochen gegen die Kündigung verstreichen lassen. Abfindungen rühren also meist daher, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer lieber gütlich einigen, anstatt es auf eine Kündigungsschutzklage und damit einen Prozess ankommen zu lassen. Die Höhe der Abfindung kann übrigens frei verhandelt werden. Oft berechnet sie sich aber nach der Formel "ein halbes Bruttomonatseinkommen pro Beschäftigungsjahr".

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