Prüfungsstress und Lernstress: So wächst dir dein Studium nicht über den Kopf

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e-fellows.net Redaktion
Eine Person sitzt auf dem Boden und hält verzweifelt ihre Hände über das Gesicht. Über ihr eine Wolke mit Blitzen und Regen, sowie ein Regenschirm, der von einer Hand gehalten wird.

Rund die Hälfte aller Studierenden in Deutschland fühlen sich unter Dauerdruck, ein Viertel hat deswegen schon Hilfe bei der Studienberatung gesucht: So die neuen Zahlen einer AOK-Studie unter mehr als 18.000 Studierenden. Auch du werkelst den ganzen Tag emsig vor dich hin und bist trotzdem abends erschlagen von all dem, was es noch zu tun gibt? Mit diesen sechs Methoden und Prinzipien bleibst du Herr der Lage.

1. Fokussieren und priorisieren

(Schuld-)bewusstes Prokrastinieren kennt jeder: Doch auch ohne absichtlich Arbeit aufzuschieben verlieren wir uns oft in Details oder investieren Stunde um Stunde in Projekte, die noch jede Menge Zeit hätten. Die Folge: Wichtiges und Dringendes bleibt liegen, Deadlines werden bedrohlich, Prüfungsstress oder Lernstress macht sich breit.

Eine Methode, die dieser Art von Stress entgegenwirkt, ist die Eisenhower-Matrix. Sie hilft dir, deine Aufgaben zu priorisieren, damit du am Ende einer Arbeitsphase das Gefühl hast, in den wesentlichen Punkten vorangekommen zu sein. Zur Planung von Tages- und Wochenzielen im Studium eignet sie sich deshalb besonders gut. Außerdem identifizierst du mit dieser Methode unwichtige Dinge, die du vereinfachen oder weglassen kannst.

Zeichne dafür eine Vier-Felder-Matrix mit zwei Achsen auf und benenne die vier Felder folgendermaßen: a) dringend und wichtig b) dringend, aber nicht wichtig, c) nicht dringend, aber wichtig d) weder dringend noch wichtig. Schreib all deine Aktivitäten auf kleine Zettel und klebe sie in die Quadranten.

Priorisieren mit der Eisenhower-Matrix

Dringend und wichtig

Dringend und wichtig wäre beispielsweise das Korrekturlesen der Hausarbeit, die du in zwei Tagen abgeben musst, oder das Lernen für eine Klausur in drei Wochen. Solche Aufgaben gehst du sofort an – und zu Tageszeiten, zu denen du konzentriert bist. Knackpunkte haben Priorität: Fleißarbeit ist zwar auch wichtig, geht dir aber viel leichter von der Hand, wenn die schwierigen Themen bereits hinter dir liegen. Harte Nüsse, die zuerst geknackt werden sollten, erkennst du meistens daran, dass du das dringende Bedürfnis verspürst, sie aufzuschieben. Aber wie der Engländer sagt: Eat the frog first.

Dringend und nicht wichtig

Dringend, aber nicht wichtig sind weniger anspruchsvolle Verrichtungen, die gerade bei Lernstress vor Prüfungen zum Prokrastinieren einladen: also zum Beispiel das Deckblatt selbiger Hausarbeit oder das Klopapier, das du mal wieder nachkaufen müsstest. Unwichtige, aber zeitkritische Kleinigkeiten wie diese gehst du zwar recht unmittelbar an, handelst sie aber mit minimalem Aufwand ab und hebst sie dir für Tageszeiten wie den späten Abend oder das Mittagstief auf, wenn du weniger konzentriert bist. So verschwendest du nicht deine produktivsten Momente mit Aufgaben, die deine volle Aufmerksamkeit gar nicht benötigen.

Nicht dringend und wichtig

Wichtige, aber nicht zeitkritische Aufgaben wie die Vorbereitung des Hauptseminars im nächsten Semester stellst du erst einmal konsequent hinten an, planst aber Zeit dafür ein, sobald du die dringenden Aufgaben erledigt hast und der Prüfungsstress vorbei ist. Überleg dir, wie lange du zum Verrichten dieser Aufgaben brauchen wirst, und notier folglich, wann die Aufgaben dringend werden. Bis zu diesem Stichtag kannst und solltest du wichtige, aber nicht dringende Aufgaben mental abhaken.

Nicht dringend und nicht wichtig

Die Grafik auf Seite 57 ließe sich farblich noch hübscher gestalten? Und eigentlich wolltest du schon lange die Ordnerstruktur deines Laptops optimieren? Aufgaben, die weder wichtig noch dringend sind, setzt du auf eine lange Liste, die du angehst, wenn einmal wirklich nichts zu tun ist. Der Großteil dieser Aufgaben interessiert dich bis dahin eh nicht mehr – und selbst wenn: Für den Moment brauchst du keinen Gedanken daran zu verschwenden.

Die Eisenhower-Matrix erfordert eine manchmal unangenehme Ehrlichkeit zu dir selbst. Doch mit der Zeit wirst du merken, wie du immer mehr Zeit auf die wirklich wichtigen Aufgaben verwendest und diese zum Stichtag ganz ohne Druck abgearbeitet hast.

2. Vereinfachen und weglassen

Um dein Soll im Studium zu erledigen, sei pragmatisch und unterteile wichtige Aufgaben in mehrere Unteraufgaben. Dann fragst du dich, wie du dein Ziel überhaupt in der gegebenen Zeit erreichen kannst – was wahrscheinlich bedeutet: möglichst schnell. Alle Unteraufgaben, die nicht zwingend notwendig und im gesteckten Zeitrahmen ohnehin nicht möglich sind, klammerst du aus.

Angst brauchst du vor diesem Pragmatismus nicht zu haben, denn schneller heißt nicht immer schlechter. Oft macht gerade eine pragmatische Herangehensweise eine gute zu einer sehr guten Lösung, da sie erst den Fokus erzwingt, der vorher fehlte.

So musst du zum Beispiel nicht von vornherein die tausendste Quelle bei deiner Hausarbeit berücksichtigen und auch nicht jede noch so kleine Eventualität untersuchen. Diese Komplexität würde auf Kosten des großen Ganzen gehen. Ähnliches gilt auch bei Prüfungsstress oder Lernstress: Je umfangreicher der Stoff, desto wichtiger wird Vereinfachung. Lern nicht alles auswendig, sondern versuch, den Kern zu verstehen. Auch und gerade, wenn du bereits viel Zeit auf ein Detail verwendet hast, zieh schnellstmöglich die Reißleine: "Kill your darlings" sagt dazu der Brite – gib Projekte auf, an denen du besonders intensiv gearbeitet hast, die aber nichts bringen.

Fällt dir Vereinfachung schwer, dann probier "time boxing". Nimm dir beispielsweise zwei Stunden Zeit und zwing dich, zu einem Schluss zu kommen. Noch härter, aber in der Not noch effizienter: Auch mal Fünf gerade sein lassen, mag die Prüfung auch noch so wichtig sein. Wenn du bei einem Absatz oder einem Lernkapitel partout nicht weiterkommst und die Uhr tickt, dann hak diesen Teil ab – allem Prüfungsstress zum Trotz. Stundenlanges Brüten frisst nämlich nur Zeit und Nerven: Der Lernstress wird nur noch schlimmer, deine Produktivität sinkt. Manchmal findest du eine Lösung auch gerade dann, wenn du die Aufgabe losgelassen hast. Nicht von ungefähr sagt man, dass die besten Ideen manchmal unter der Dusche kommen.

3. Entscheidungen und gutes Management

Anstatt vergeblich auf Feedback von Betreuer:innen oder Projektpartner:innen zu warten, triff auch schon im Studium Entscheidungen selbst. Sich aus der Verantwortung stehlende Kommilitonen können sich kaum beschweren, und Betreuer:innen schätzen es sogar, wenn du Forschungsergebnisse selbständig erarbeitest. Hast du berechtigte Angst vor Widerspruch und möchtest die Arbeit nicht umsonst getan haben, formuliere dein Problem knapp, aber deutlich in einer Mail, betone, wie wichtig Feedback an dieser Stelle für dich ist, und setz eine Deadline. Gerade wenn Professor:innen sehr beschäftigt sind, fällt es ihnen leichter, sich Zeit für dich zu nehmen, wenn sie genau wissen, was du von ihnen brauchst.

4. Sag nein!

"Könntest du noch …?" und "Würdest du bitte für mich …?" – irgendwann ist es Zeit für ein entschiedenes Nein oder die ehrliche Ansage, dass dir der Lernstress oder Leistungsdruck zu viel wird. Ist das nicht möglich, dann gib für jede hinzukommende Aufgabe oder Verpflichtung etwas anderes ab. Sollst du zum Beispiel das Handout für ein Referat erstellen, dann delegier die Power-Point-Präsentation an deine:n Referatspartner:in. Gehst du für deine:n Mitbewohner:in zum Einkaufen, kann er/sie die Putzschicht mit dir tauschen. Sicher, ein "Nein" fällt beim ersten Mal schwer: Doch du wirst es lernen – und dann wird das kleine Wort zum echten Befreiungsschlag gegen Prüfungsstress.

5. Sei wohlwollend mit dir selbst

Ein starker Leistungswille bringt dich sehr weit und du kannst stolz auf ihn sein. In Stresssituationen aber kann er zur Last werden, weil er verhindert, dass du jemals zufrieden mit dir bist. Nervosität und Anspannung sind die Folge.

Um Stress zu reduzieren, musst du deshalb eigene Erwartungen hinterfragen und Wohlwollen mit dir selbst zeigen. Damit tust du am Ende sogar nicht nur deinem Wohlbefinden, sondern auch deiner Leitungsfähigkeit etwas Gutes – auch, wenn es sich zunächst nicht so anfühlt.

Du geißelst dich mental für einen unproduktiven, frustrierenden Tag? Erinner dich in solchen Momenten lieber daran, dass niemand immer voll auf der Höhe sein kann – nein, auch du nicht –, und dass Anspannung und Entspannung Hand in Hand gehen. Wechsel den Blickwinkel auf deine Situation und frag dich, was du dir als dein:e beste:r Freund:in raten würdest: Durchbeißen und weitermachen, oder einfach mal abschalten? Gönn dir Entspannung und ausreichend Schlaf und behalte gerade vor einer Prüfung deine Gesundheit im Blick. Dann bist du in der Arbeitszeit umso aufnahmefähiger und kannst deine Motivation länger aufrechterhalten.

Diese Großzügigkeit dir selbst gegenüber musst du erst noch lernen? Eine Übung aus der Positiven Psychologie kann dir helfen, gelassener zu werden. Schreib jeden Tag drei Dinge auf, für die du dankbar bist: Das kann ein schwieriges Themengebiet sein, das du erfolgreich durchgearbeitet hast, ein nettes Gespräch oder die Tatsache, dass du dir eine Auszeit gegönnt hast. Nach und nach macht dich diese Übung zuversichtlicher und resilienter.

6. Bereite dich in ruhigen Zeiten auf Prüfungsstress oder Lernstress vor

Unter Belastung greift der Mensch auf Verhaltensweisen zurück, die er sich in weniger aufreibenden Zeiten angewöhnt hat. Es hilft also nichts, wenn du dich darüber ärgerst, dass du trotz Prüfungsvorbereitung deine Zeit lieber mit deiner Lieblingsserie oder auf Social Media verbringst. In einer Stresssituation hast du gar nicht die Ressourcen, erlernte Verhaltensweisen zu ändern.

Ist der Stress vorbei, frag dich, wie du in diese Situation geraten bist und welches Verhalten du fördern oder abstellen willst. Jetzt hast du die Möglichkeit, daran zu arbeiten. Schon nach 30 Tagen siehst du erste Erfolge und neue oder geänderte Gewohnheiten werden zum Selbstläufer.

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