Die Karrierefrage: Wie gelingt die perfekte Pause?

Autor*innen
Nadine Bös und Ursula Kals
Mann in gelbem Anzug mit Kaffeetasse in der Hand, dessen Kopf durch Spiralen ersetzt wurde

Currywurst mit Pommes in der Kantine, daddeln auf dem Handy oder Frischluft im Park: Es ist höchst verschieden, wie die Menschen ihre Arbeitspausen verbringen. Wann sind sie wirklich erholsam?

Die beste Pause ist erstmal die, die überhaupt stattfindet. Das ist aber keine Selbstverständlichkeit. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) befragt seit 2012 regelmäßig die deutschen Erwerbstätigen zu diesem Thema. Das Ergebnis: "Fast ein Drittel der Deutschen sagt: 'Bei mir fallen Arbeitspausen regelmäßig aus'", berichtet Johannes Wendsche. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der BAuA und dort auf den Schwerpunkt "Arbeit und Erholung" spezialisiert.

Etwa jeder sechste beklage, dass er seine Pause verkürzen müsse oder er beim Pausemachen unterbrochen werde. "Wir sehen in unseren Daten schon, dass es sehr starke branchenspezifische Unterschiede in der Pausenkultur gibt. Vor allem bei Arbeit im Dienstleistungsbereich fallen Pausen häufig aus oder werden durch Arbeitsbelange unterbrochen."

Das bekräftigt Melanie Kaczerowski, Diplompsychologin aus Essen. "Unser Organismus ist nicht dafür gemacht, dauerhaft zu liefern. Pausen werden enorm unterschätzt, sie sind wichtiger Bestandteil des Lebens. Kein Elternteil würde zulassen, dass das eigene Kind von 8 bis 17 Uhr durchgehend Unterricht hat. Aus gutem Grund!" Bekannt ist das schon lange. Pausen seien sogar im alten Ägypten schon strategisch eingesetzt worden, erzählt Wendsche, etwa in der Landwirtschaft oder im Pyramidenbau. Die systematische Pausenforschung habe dann Ende des 19. Jahrhunderts begonnen, als man sich mit dem Phänomen der Muskelermüdung zu beschäftigen begann. "Karl Marx war übrigens einer der ersten, der Pausenstudien durchgeführt hat", berichtet Wendsche.

Qualität und Regelmäßigkeit sind wichtig

Wie sieht eine perfekte Pause aus? Wenn Körper und Geist zwischendurch richtig abschalten und entspannen können, sagt Kaczerowski, die unter dem Namen "Pausenraum" in der Betrieblichen Gesundheitsförderung tätig ist. "Lang muss das nicht sein. Viel wichtiger ist die Qualität, also wie ich meine Pause gestalte, sowie eine gewisse Regelmäßigkeit." Vor allem sei aus der Forschung bekannt, "dass uns Kontraste bei der Erholung helfen". Welche, das sei individuell.

"Ich muss mir einmal vor Augen führen, was den Leistungsbereich in meinem Alltag ausmacht, und dann suche ich mir für eine Pause Gegenteiliges: Wer viel sitzt und am PC arbeitet, sollte sich bewegen und vor allem das Handy beiseite legen. Wer viel mit Menschen in Kontakt ist, profitiert vermutlich mehr davon, eine Pause allein zu verbringen und nicht reden zu müssen. Wer in lauter Umgebung arbeitet, braucht zum Abschalten einfach Ruhe. Erfahrungsgemäß gibt es hier oft Optimierungsmöglichkeiten. Kleine Veränderungen könnten schon einen riesigen Effekt auf das Wohlbefinden haben", sagt Kaczerowski.

Dass es Energie raubt, statt Energie bringt, im Aufzug Richtung Kantine zu schweben, um sich dann nach Cola, Currywurst und Streitgespräch schwerfällig an den Schreibtisch zu schleppen, dürfte selbsterklärend sein. Aber müssen es gleich die Superfood-Bowl, Kurz-Meditation und der Gang durch den Stadtpark sein, um den Akku für einen guten Arbeitstag wieder aufzuladen? Anne Katrin Matyssek, promovierte Psychologin aus Köln, empfiehlt einen dreifachen Wechsel, um sich kurz und gut zu erholen: "Erstens einen Tätigkeitswechsel, also etwas anderes tun. Zweitens einen Inhaltswechsel, etwas anderes denken und drittens einen Raumwechsel, woanders sein." Das sei einfach umzusetzen. Eine kleine Auszeit in der Kantine ist also völlig in Ordnung, fettiges Essen und kräftezehrende Gespräche müssen damit ja nicht einhergehen.

Regelmäßige Kurzpausen

Die moderne Pausenforschung beschäftigt sich unter anderem mit der Länge von Arbeitspausen. Einer der ersten deutschen Wissenschaftler, die sich das näher ansahen, war der Arbeitspsychologe Otto Graf. Er fand heraus, dass es sinnvoll ist, regelmäßig kurze Pausen zu machen, etwa fünf Minuten je eine Stunde Arbeit. Am Ende führte das zu einem Produktivitätsgewinn, weil die Arbeitsleistung ansonsten mit zunehmender Dauer abnahm. Untersucht wurde von Graf allerdings vor allem Fabrikarbeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

"2014 hatten wir in der Bundesanstalt ein Forschungsprojekt, in dem wir Überblicksarbeiten zum Thema Pausen geschrieben haben", sagt BAuA-Forscher Wendsche. "Und da hat mich interessiert, ob das Prinzip mit den Kurzpausen auch für moderne Tätigkeiten gilt." Die kurze Antwort: Ja! Die lange: "Wir haben herausgefunden, dass die Menschen, die zusätzliche Kurzpausen hatten, sich besser fühlten, sowohl körperlich als auch psychisch. Die waren nicht so müde über den Arbeitstag oder hatten nicht so viele Beschwerden." Das sah man auch anhand physiologischer Indikatoren, zum Beispiel am Blutdruck oder am Spiegel des Stresshormons Cortisol. "Und – das war das beste – in den Studien wurde durch die Zusatzpausen die Arbeitszeit im Durchschnitt um 10 Prozent reduziert, die Menschen schafften aber im Durchschnitt 5 Prozent mehr Leistung", sagt der Forscher. "Also die haben die scheinbar verloren gegangene Zeit wieder rausgearbeitet."

Auch über die Gründe dafür gibt es Forschung. Die höhere Produktivität mit Kurzpausen liege daran, dass die Menschen dann nicht so viele "maskierte Pausen" machten, sagt Wendsche. Was das ist? "Da gehen die Leute vom Arbeitsplatz weg und erledigen Scheintätigkeiten, die eigentlich nicht notwendig wären." Maskierte Pausen würden reduziert, wenn es offizielle Kurzpausen gibt.

"Pausen sind absolute Pflicht für produktive Menschen"

Auch Ben Baak ist ein großer Fan von kleinen Regenerationseinheiten, die insgesamt leistungsfähiger, erholter und schlichtweg froher machen. Der promovierte Sportwissenschaftler nennt das "die Macht der Pause" und beharrt: "Pausen sind absolute Pflicht für produktive Menschen". Baak findet, dass wir eine falsche Wahrnehmung von Pausen haben: "Wir tun so, als sei jemand faul, aber eine gesunde Pausenunterbrechung bedeutet das genaue Gegenteil. Menschen werden produktiver, haben ein anderes, besseres Sozialverhalten, das spielt eine wichtige Rolle im anspruchsvollen Arbeitsalltag."

Baak verpackt das in eine "3x3-Formel" und hat darüber ein Buch geschrieben "Du kannst dich mal ... gesund erholen!", und empfiehlt über den Tag verteilt drei Impulse von je drei Minuten, um sich auf Körperebene in Bewegung zu bringen, auf Geistesebene die Konzentration zu steigern und auf seelischer Ebene die Regeneration einzuleiten.

Was bringt den Körper in Schwung? "Eine supereffektive Übung ist der sogenannte Skifahrer, bei dem ich eine wippende Kniebeuge durchführe. Man merkt nach 60 Sekunden, dass der Körper in Wallung kommt. Oder direkt raus auf den Flur, zwei, drei Stockwerke Treppen rauf- und runtergehen. Das hat sofort Einfluss auf Energie und Wohlbefinden."

Eine weitere Stellschraube sei die Flüssigkeitszufuhr, "damit meine ich nicht, sich die Kaffeeflatrate zu sichern, sondern stilles Wasser, Tees, 30 Milliliter pro Körperkilo am Tag, bei 70 Kilo macht das rund zwei Liter." Die meisten Müdigkeitssymptome hätten mit Flüssigkeitsmangel zu tun oder zu wenig Schlaf. "Das wird unterschätzt. Die ersten fünf Stunden des Nachtschlafs sollten ungestört stattfinden, schon wenn wir ein paar Nächte schlecht geschlafen haben, sind wir fehleranfälliger." Ebenfalls unterschätzt sei das Thema Atmung. Stundenlanges Sitzen bedeutet flache Atmung. "Atemzüge verlängern und verlangsamen hilft."

Geschmeidige Übergänge in der Tagesplanung

Wer am Ende des Tages feststellt, wieder mal keine Pause gemacht zu haben, der kann sich daran orientieren, "wann die Kollegen in die Pause gehen", schlägt Melanie Kaczerowski vor. "Ein guter Ansatzpunkt ist es, kleine Luftpolster zu schaffen, also geschmeidige Übergänge in der Tagesplanung. Wer zum Beispiel noch die Zeit für einen kurzen Austausch nach dem Meeting hat und nicht direkt zum nächsten Termin hetzt, wird am Ende des Tages sicher nicht unproduktiver gewesen sein. Solche Erfahrungswerte sind enorm hilfreich."

An der Art, wie Schreibtischarbeiter ihre Tage organisieren, hat auch die Corona-Pandemie viel verändert: Beschäftigte sind ins Homeoffice umgezogen und in einem mittlerweile hybriden Arbeitsalltag zum Teil dort geblieben. Viele Meetings finden digital statt, der Anteil der Bildschirmtätigkeiten hat sich noch weiter erhöht. Für Pausen hieß das nichts Gutes, ist der einhellige Tenor. Die "Entgrenzung" von Arbeit und Freizeit und die enge Taktung von Videokonferenzen führe dazu, dass man gar nicht mehr in den Erholungsmodus komme, monieren Kritiker.

Forscher Johannes Wendsche glaubt, dass mehr Sachlichkeit guttäte. "Wir haben im vergangenen Jahr eine Studie dazu publiziert, die tatsächlich zeigt: Es gibt einen Unterschied zwischen den reinen Büroarbeitern und denen, die auch im Homeoffice tätig sind. Es stimmt, dass Beschäftigte, die auch im Homeoffice arbeiten, insgesamt kürzer Pause machen." Aber: Reine Büroarbeiter und Beschäftigte, die auch im Homeoffice arbeiten, unterscheiden sich nicht hinsichtlich der arbeitsrechtlich vorgegebenen Pausenzeiten. Es bestehe an der Stelle aber noch dringender Forschungsbedarf, um genauer zu klären, wie die Pausengestaltung an den Büro- und Homeofficetagen genau ausfällt – und welche zusätzlichen Faktoren hier noch eine Rolle spielen.

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