Die Karrierefrage: Wie kann ich schneller aufsteigen?
- Josefine Janert

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Viele Menschen haben das Gefühl, bei Beförderungen immer übergangen zu werden. Woran kann das liegen und was hilft? Und haben Introvertierte hier tatsächlich schlechtere Karten?
Ich werde bei Beförderungen immer übergangen – was tun? In dieser Frage schwingt Ärger mit. Gabriela Ebeling, Business-Coach aus Altenriet in Baden-Württemberg, fällt außerdem auf, dass der Satz im Passiv formuliert ist. Das suggeriere, dass die Person nicht selbst denken und handeln könne und andere für sie entscheiden würden. Dieses Selbstbild führe "in die Negativspirale von Rückzug und Vermeidung – oder, im Gegenteil, zu fast aggressivem Verhalten: Dass man Menschen verbal angreift", sagt sie.
Sie schlägt stattdessen eine gründliche Selbstreflexion vor: Wäre die Führungsposition zu diesem Zeitpunkt überhaupt die richtige gewesen? Was genau wäre so attraktiv an einer Beförderung? Wie viel bin ich bereit, dafür zu investieren? Was will ich eigentlich erreichen? Wer will ich sein? Welche persönlichen und fachlichen Stärken hat die Person, die statt meiner jetzt die Führungsposition bekleidet?
Man könnte zunächst denken, dass es an fehlenden Qualifikationen liegt, wenn ein Mensch nicht befördert wird. Diese Lücken ließen sich durch eine Weiterbildung oder ein Studium schließen. Doch laut Gabriela Ebeling sind messbare Leistungen wie etwa Abschlussnoten bei Beförderungen oft zweitrangig. "Eine alte Karriereweisheit lautet: Erfolg haben die Menschen, die sich am besten anpassen an die Werte, die Unternehmenskultur, den Führungsstil", sagt sie. Und betont, dass es nicht darum gehe, sich wie eine graue Maus zurückzuziehen oder das Fähnchen nach jedem Wind zu richten. Eher sei damit gemeint, dass erfolgreiche Menschen sich mit den Werten ihres Unternehmens identifizieren und ihr Verhalten danach ausrichten.
Introvertierte und Frauen haben häufiger das Nachsehen
Anscheinend führen aber auch Persönlichkeitszüge, Verhaltensweisen und strukturelle Ungerechtigkeiten dazu, dass Menschen bei Beförderungen übersehen werden. Melanie Schumacher, Karriereberaterin aus Bonn, nennt zwei Personengruppen: introvertierte Menschen und Frauen. Für die Zurückhaltenden, Schüchternen gibt es Ratgeber, die sie dabei unterstützen, Stimme, Körpersprache und Gesamteindruck zu optimieren. Gabriela Ebeling empfiehlt die Bücher "Leise Menschen – starke Wirkung" von Sylvia Löhken und "Sanfte Selbstbehauptung" von Barbara Berckhan.
Melanie Schumacher nennt Teilzeit als ein weiteres Hemmnis auf dem Karriereweg. "Einerseits sind Teilzeitbeschäftigte zeitlich weniger verfügbar", sagt sie. "Andererseits haben auch viele Personalverantwortliche eine Schranke im Kopf." Oft hätten auch die Teilzeit Arbeitenden selbst die Vorstellung, dass eine Führungsaufgabe in dieser Situation nicht in Frage komme.
Es sind vor allem Frauen, die Teilzeit wählen – da schließt sich der Kreis. Zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr bekommen sie Kinder und treten im Beruf kürzer. Die Teilzeitphase "überlappt sich stark mit der Lebensphase, in der Karrieren entstehen", sagt Susanne Kohaut vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit. "In dieser Zeit haben Frauen weniger Möglichkeiten, sich im Betrieb zu zeigen, sich zu engagieren", sagt Kohaut. Das sei ein wesentlicher Faktor, durch den Frauen benachteiligt würden.
Rollenbilder ändern sich nur langsam
Die Wissenschaftlerin beobachtet, dass sich Rollenbilder zwar ändern. Aber das geschehe sehr langsam – ein weiteres Hemmnis. Wenn sich eine Frau, die gern befördert werden möchte, um eine anspruchsvolle Führungsposition bewirbt, werde sie "quasi doppelt bestraft". Erst einmal hält man sie für weniger geeignet als männliche Bewerber, sagt Susanne Kohaut. "Dann bekommt sie auch noch ein negatives Feedback dafür, dass sie aus der Rolle ausbricht, die die Gesellschaft immer noch für sie vorsieht: nett, zugewandt und fürsorglich sein." Denn noch immer werde von Frauen erwartet, dass sie sich um andere kümmern – erst die eigenen Kinder, dann ältere, hilfsbedürftige Familienmitglieder. Das geschehe zu Ungunsten ihrer eigenen Karriere.
Susanne Kohaut kritisiert, dass Frauen in keiner Branche den Anteil an Führungspositionen erreichen, der ihrem Anteil an der jeweiligen Zahl der Beschäftigten entspricht. Das geschehe nicht einmal im Öffentlichen Dienst, obwohl dort viele Frauen tätig sind. Und obwohl sie dort "seit vielen Jahren gezielt gefördert und in Stellenausschreibungen für Führungspositionen extra angesprochen werden", sagt die Forscherin vom IAB.
Ein besseres Selbstmarketing kann helfen
Doch es gibt Wege aus dem Dilemma. Zunächst das Teilzeit-Problem: Coach Gabriela Ebeling schlägt ein besseres Selbstmarketing vor. So könne man in Personalgesprächen die Vorteile der Teilzeit in den Vordergrund rücken. Wer in Teilzeit tätig ist, so Ebeling, habe in der Regel eine gute Balance von Beruf und Familie gefunden. Er besitze in schwierigen Situationen den Rückhalt der Familie. Das könne man betonen. Viele Teilzeit-Beschäftigte seien mit ihrer Zeiteinteilung zufrieden – und zufriedene Mitarbeitende seien ein Gewinn fürs Unternehmen. Die Bonner Karriereberaterin Melanie Schumacher rät, sich gezielt mit einer anderen Mitarbeiterin zusammenzutun, die ebenfalls in Teilzeit tätig ist und eine Führungsposition anstrebt. Beide Personen könnten ein Konzept für eine Tandem-Führung entwickeln und es dem Betrieb vorschlagen.
"Tue Gutes und rede darüber" empfiehlt Schumacher aber auch den Vollzeit-Beschäftigten, die befördert werden möchten. Zunächst einmal könne die Person, die sich übergangen fühlt, mit dem Chef oder der Chefin sprechen. "Darauf sollte sie sich gut vorbereiten und Argumente finden, warum sie für eine Führungsposition geeignet ist", sagt sie. Auf dem Zettel könne stehen: Wieviel Umsatz hat die Person fürs Unternehmen erwirtschaftet? Welche Projekte hat sie erfolgreich abgeschlossen? "Sie kann die Chefin fragen, was ihr noch an fachlichen und persönlichen Qualifikationen fehlt", schlägt Schumacher vor.
"Wenn die Kollegen oder der Chef wissen: Da ist jemand, der oder die sitzt in den Startlöchern und kann etwas, dann ist man sichtbar und wird bei der Beförderung eher berücksichtigt", sagt Gabriela Ebeling. Sie rät, sich mit einem Thema zu profilieren, das man gut beherrscht. Etwa, indem man einen Artikel für die Unternehmenszeitung schreibt oder für ein Meeting eine Präsentation vorbereitet. Laut Melanie Schumacher kann sich das verbesserte Selbstmarketing auch auf informelle Gespräche erstrecken: "Die Mitarbeiterin kann auch beim gemeinsamen Mittagessen mit Kollegen darüber reden, was sie für das Unternehmen getan hat", sagt sie. "Sie kann auch mal so bei der Chefin vorbeigehen und ihr erzählen, dass sie gerade einen wichtigen Kunden von einer neuen Idee überzeugt hat." Klingt das nicht nach Strebertum? Nein, findet Melanie Schumacher. Wer von seinen Erfolgen erzähle, mache sich nicht gleich unbeliebt.
Wegen des Erfolgs blockiert
Sie nennt noch zwei weitere Szenarien, die Beförderungen verhindern: Mitarbeitende sind im Unternehmen mit einer bestimmten Abteilung, einer bestimmten Führungskraft assoziiert, die einen schlechten Ruf haben. Oder die Chefin will die Mitarbeiterin unbedingt im Team halten und blockiert deshalb die Beförderung. Laut Melanie Schumacher kann man in einer solchen Situation durchaus mal den Betriebsrat konsultieren – nicht, damit der bei der Chefin auf den Tisch haut, sondern für einen informellen Rat.
Auch Coachings und Mentoringprogramme hält sie für hilfreich. Oder ganz einfach die Bewerbung bei einem anderen Unternehmen, wo einer Beförderung dann nichts mehr im Weg zu stehen braucht. Denn der Arbeitsmarkt sieht derzeit für viele Berufe gut aus.
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