Blackouts vermeiden und überwinden: Wenn der kleine Hänger kommt

Autor*innen
Julian Hessler
Eine Person hebt ratlos die Hände. Ihr Kopf wurde durch eine Glühbirne ersetzt, neben der eine Denkblase mit einem Fragezeichen schwebt.

Der Albtraum eines jeden Redners: Gerade bist du noch voll im Fluss, und von einem Moment auf den anderen ist dein Gehirn völlig leergefegt – Blackout. Ein paar Tipps, wie du trotz Hänger cool bleibst, den Redefluss wieder zum Strömen bringst und für dein Publikum alles wie geplant aussehen lässt.

Wer Angst vor Blackouts hat, sollte sich immer folgende Grundregel vor Augen halten: Das Publikum weiß nur, was du es wissen lässt! Das bedeutet: Je weniger das Publikum weiß, desto flexibler bist du in deinem Vortrag und insbesondere bei Blackouts. Du solltest es daher vermeiden, das Publikum zu genau über Struktur und Ablauf aufzuklären. Außerdem nimmst du die Spannung aus deinem Vortrag, wenn du dem Publikum im Vorhinein zu viel erzählst.

Was das Publikum nicht weiß, macht es heiß

Stell dir das vor bei einem Kinofilm: Wenn du schon alles weißt, also den Anfang, die Handlung und das Ende, erscheint dir der Film nicht mehr sehr reizvoll. Wenn du allerdings nur den Anfang aus einer Vorschau kennst und das Thema des Films aus dem Filmtitel herauslesen kannst, möchtest du den ganzen Film sehen!

Missgeschicke wie geplant aussehen lassen

Vermittle deinem Publikum immer, dass alles nach Plan läuft. Nehmen wir zum Beispiel an, du hältst einen Vortrag über ein physikalisches Thema. Plötzlich fallen dir deine Karteikarten auf den Boden. Du kannst entweder hektisch auf dem Boden herumkriechen und eine Entschuldigung  stammeln oder du bleibst erst mal locker stehen und sagst: "So, nun hätten wir ganz nebenbei bewiesen, dass die Schwerkraft auch in diesem Raum wirkt". Wenn du dazu noch grinst, werden die Leute deinen Witz verstehen und im besten Falle denken, es sei alles geplant.

Das Wichtigste bei einem Blackout ist, dass du ruhig bleibst. Das ist nicht leicht, aber mit ein paar kleinen Tricks und vor allem viel Übung schafft man das. Wenn du an einem Punkt nicht weiterweißt, gibt es mehrere Möglichkeiten, das zu kaschieren:

1. Wiederhole den letzten Satz oder die letzte These

Wenn du nur kurzzeitig bei einem Satz oder einer Formulierung hängst, kannst du den letzten Satz oder die letzte These wiederholen. Das Publikum wird dadurch nur verstehen: "Aufpassen, dieser Satz ist wichtig!" Oft reicht für dich dieser eine Satz schon aus, um wieder die richtige Spur zu finden.

2. Fasse zusammen

Dieser Trick ist dem ersten sehr ähnlich. Der Unterschied besteht darin, dass du ihn genau dann anwendest, wenn du gerade einen Abschnitt oder ein Kapitel abgeschlossen hast. Wenn du also gerade nicht mehr weißt, welcher Punkt als nächstes folgt, mache einfach ein kurzes Resümee.

3. Stelle offene Fragen an das Publikum

Stelle Fragen ans Publikum – aber keine, auf die man mit "Ja" oder "Nein" antworten kann. Auf offene Fragen antworten die Zuhörer nämlich mit langen Sätzen. Dadurch gewinnst du Zeit. Du kannst aber natürlich auch eine geschlossene Frage in die Runde stellen und sie mit einem "Blitzlicht" verbinden. Ein "Blitzlicht" ist eine Fragerunde, bei der man sich die Meinung des Publikums durch kurzes Abfragen einholt. Das gibt dir viel Zeit, um zu restrukturieren.

4. Redepause einlegen

Eine Pause zwischen einer und fünf Sekunden nimmt das Publikum nicht als unnatürliche Pause wahr. Fünf Sekunden sind auf der Bühne eine halbe Ewigkeit und reichen meist, um wieder den Anschluss zu finden. Aus der Position eines Redners läuft die Uhr nämlich immer schneller als aus der Position eines Zuhörers. Das liegt daran, dass man auf der Bühne unter Adrenalin steht. Du als Redner willst dein Wissen möglichst schnell vermitteln und dann wieder abdampfen. Aber genau in diesem Punkt musst du einhaken und dich dazu bringen, langsam zu sprechen. Und zum deutlichen und langsamen Sprechen gehört, dass du Pausen bewusst in deinen Redefluss einbaust. Als Regel kannst du dir merken: "Wenn du denkst, du machst schon viel zu lange eine Redepause, dann ist die Pause lang genug!"

5. Pause einlegen

Du stehst vor einem größeren Publikum. Dein Vortrag dauert schon länger als 15 Minuten. Dann hast du plötzlich ein Blackout. Kündige doch einfach an, dass du gerne eine kurze Zigaretten- oder Verschnaufpause einlegen würdest. In dieser Pause kannst du deine Notizen anschauen und deine Gedanken restrukturieren. Nach der Pause kann es dann mit voller Power weitergehen. Niemand wird bemerken, dass du ein Blackout hattest.

6. Anekdote erzählen

Diesen Trick musst du oft üben, um souverän zu wirken. Hier ein Beispiel, wie es geht: Du stehst vor einem großen Publikum auf der Bühne mit einem Mikrofon und hältst einen Vortrag über die NS-Zeit. Plötzlich weißt du nicht mehr weiter. Zu deinem Pech hast du schon einen Satz angefangen, als dir auffällt, dass du ein Blackout hast. Dann kannst du ganz geschmeidig fortfahren und sagen: "Moment, ich erkläre es Ihnen anders. Stellen Sie sich vor, ich war kürzlich in Hamburg und habe dort …" So kannst du dir eine Geschichte ausdenken und hast während des Erzählens Zeit, über den nächsten Punkt in deiner Struktur nachzudenken. Die Geschichte nimmt dann eben genau das Ende, das auf deinen nächsten Punkt hinführt. Denk daran: Das Publikum weiß nur, was du es wissen lässt! Wenn du die Geschichte authentisch erzählst, wird jeder denken, deine Anekdote sei eingeplant gewesen.

7. Kapitel überspringen

Auch dieser Tipp ist sehr elegant. Überspringe einfach ein Kapitel, wenn du kurzzeitig den Überblick verloren hast. Falls ein Zuhörer dich nach dem Kapitel fragt, das du übersprungen hast, kannst du ihm butterweich antworten: "Darauf komme ich später noch zurück. Ich muss euch vorher noch etwas anderes vermitteln." Falls dir auch während des restlichen Vortrags das übersprungene Kapitel nicht mehr einfällt, lass es ganz weg. In den meisten Fällen wird der Fragesteller später die Frage nicht noch einmal stellen aus Furcht, vor den anderen Zuhörern als aufdringlich oder unaufmerksam dazustehen.

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