Weinwissen schnell erklärt: Wein-Crashkurs für Anfänger und Angeber

Autor*innen
Tiziana Lucentini
Mann sitzt auf einem Sessel und ist überrascht von etwas, das er in einem Magazin liest.

Als Frau oder Mann von Welt kennst du dich natürlich mit Wein aus. Souverän wählst du den passenden Tropfen zum Dinner aus, schwenkst gekonnt das Glas, analysierst in Sekunden das Bouquet und nennst auf Anhieb die korrekten Geschmacksnuancen. Stimmt nicht ganz? Nach diesem Artikel kannst du dich immerhin mit wertvollem Halbwissen durch den Abend retten.

Du kannst gerade einmal Rot- und Weißwein auseinanderhalten? Kein Grund, dich zu schämen. Sommeliers studieren, zumindest in den traditionellen Weinländern Italien und Frankreich, mehrere Jahre lang und lernen dabei sehr viel über Traubensorten, Böden, Klimata, den An- und Ausbau, die Historie, den Verkauf, die Verkostung, die richtige Kombination zum Essen, die Auswahl des richtigen Glases und und und. Dennoch möchtest du auch als Laie im gediegenen Restaurant alles richtig machen, bei einer Verkostung mit deinen Kenntnissen glänzen und dich beim Auswählen von Wein als Kenner outen? In diesem Wein-Crashkurs erfährst du die Grundlagen.

Über die Autorin

Tiziana Lucentini ist Sommelière (Diplom des Italienischen Sommelier-Verbands AIS) und Winzerin in fünfter Generation. Sie lebt in München und der Toskana und veranstaltet Weinseminare, Firmen-Events sowie Verkostungen.

Auf ihrer Website widmet sie sich jeden Monat einem neuen Thema und bietet eine passende Online-Verkostung dazu an.

Welcher Wein kommt in welches Glas?

Das erste Fettnäpfchen lauert bereits beim Einschenken. Du kennst das vielleicht: Du setzt dich an den Esstisch und auf deinem Platz erwarten dich mehrere Gläser – in welches schenkst du nun den Wein? Wenn du nur zwei Gläser vor dir hast, ist die Sache einfach: In das kleinere Glas kommt der Wein, das größere ist für Wasser gedacht.

Manchmal hast du aber drei oder mehr Gläser zur Auswahl. Vermutlich sind diese oben rechts von deinem Teller diagonal aufgereiht und der Größe nach geordnet, meist von groß zu klein. Das erste und größte Glas ist wieder das Wasserglas. Dann kommen die Weingläser: ein größeres und bauchigeres für den Rotwein, ein kleineres, schmaleres für den Weißwein. Die "Flöte" für Sekt oder Champagner ist an der sehr schlanken Form leicht zu erkennen und steht gegebenenfalls oberhalb der anderen Gläser.

Welchen Wein wähle ich zu welchem Essen?

Die Kombinationsmöglichkeiten von Speisen und Wein sind unendlich. Deshalb nur ein paar Faustregeln: Rotwein passt zu schweren Gerichten, Weißwein zu leichteren. Zu Fleisch schenkst du Rotwein aus, zu Fisch und Meeresfrüchten Weißwein. Je fettiger das Gericht, desto alkoholreicher darf der Wein sein. Für alle Käseliebhaber: Ein junger Wein passt zu jungem Käse, ein alter Wein zu altem (gereiftem) Käse. Beim Dessert – ja, auch dazu kann man Wein trinken – lautet die Regel: Je süßer die Speise, desto süßer sollte auch der Wein sein.

Bei einem Menü mit mehreren Gängen und somit auch mehreren Weinen kommen die Weiß- vor den Rotweinen und die leichten vor den schweren Weinen.

Wie erkenne ich, ob ein Wein korkt?

Du erkennst es, glaub mir! Der Wein riecht und schmeckt dann modrig, muffig, schimmelig. Wenn sich die unangenehmen Aromen nicht nach kurzer Zeit verflüchtigen und der Wein auch beim zweiten Schluck ungenießbar ist, hat er einen "Korkfehler" – oder einen anderen Fehler. In jedem Fall wird dich dein Gaumen warnen, ihn nicht weiter zu trinken.

Wie verkoste ich Wein richtig?

So kennt man die selbsternannten Weinkenner: Erst schwenken sie das Glas, wobei sie mit zusammengekniffenen Augen etwas von "kräftigem Rubinrot" murmeln, inhalieren dann angeblich den Duft von reifen Brombeeren und wollen, während sie geräuschvoll schlürfen, eine Pfeffernote erschmecken.

Zumindest beim Vorgehen liegen sie dabei gar nicht mal so falsch. Eine professionelle Weinprobe besteht aus vier Schritten: Zuerst überprüfst du die Optik, indem du das Glas zu etwa einem Drittel befüllst und es möglichst gegen eine weiße Fläche hältst. So erkennst du die Farbe und Transparenz des Weins. An den bogenartigen Rückständen, die bei leichtem Schwenken am Glasrand zurückbleiben, lässt sich der Alkoholgehalt feststellen.

Dann folgt die olfaktorische Prüfung: Schwenke das Glas, tauche die Nase einmal kurz in die Öffnung und atme den Geruch ein. Wiederhole den Vorgang nochmals. Beim zweiten Mal riechst du oft andere Nuancen als beim ersten Mal.

Zuletzt wird der Geschmack getestet: Nimm einen kleinen Schluck und zieh Luft durch die Zähne ein, denn durch den Kontakt mit Sauerstoff entfalten sich die Aromen besser. Mach dir abschließend unbedingt Notizen zu Optik, Geruch und Geschmack – schließlich werden im Laufe einer Verkostung mehrere Weine getestet.

Was kann ich Schlaues zu Bouquet, Abgang & Co. sagen?

Und was sollst du beim Verkosten nun gerochen und geschmeckt haben? Zuerst einmal: Bei Ausdrücken wie "Geruch nach Johannisbeeren", "Kräuternoten im Geschmack" handelt es sich lediglich um Analogien. Wein besteht aus Weintrauben. Johannisbeeren oder Kräuter sind definitiv nicht enthalten. Man beschreibt also lediglich, woran einen der Wein erinnert – es gibt somit, diplomatisch gesagt, kein Richtig oder Falsch.

Es braucht allerdings viele Jahre an Erfahrung, um einzelne Nuancen dezidiert auseinanderhalten zu können. Doch auch als Laie schmeckst du, zumindest im Vergleich mit anderen Weinen, ob der Geruch eher "lieblich", "fruchtig" oder "würzig" ist. Außerdem erkennst du, ob der Geschmack fruchtig-süße (Himbeere), fruchtig-saure (Apfel) oder herbe Assoziationen (Tabak, Holz, Pfeffer, dunkle Schokolade) in dir hervorruft.

Üblicherweise macht man außerdem Bemerkungen zu Körper, Persistenz und Tanninen des Weins. Der Körper beschreibt, welches dreidimensionale Gefühl der Wein im Mund hinterlässt. Hast du einen voluminösen, schweren Eindruck in der Mundhöhle? Dann kannst du "körperreich" oder "füllig" sagen. Oft geht ein voluminöser Körper mit einem hohen Alkoholgehalt einher. Wenn dir der Wein eher dünn vorkommt, nennst du ihn "leicht".

Die Persistenz besagt, wie lange der Geschmack nachhallt, gegebenenfalls zu umschreiben mit "sehr anhaltend im Geschmack" oder "langer Abgang". Die Tannine hingegen sind jene Gerbstoffe im Wein, die den Mund ein wenig zusammenziehen. "Adstringierend" nennt man einen Wein mit sehr starken Tanninen, was vor allem bei jungen Rotweinen vorkommt. Sonst spricht man eher von "kräftigen Tanninen" oder im gegenteiligen Fall von "weichen" oder "samtigen Tanninen".

Wenn du deinen Sinnen vertraust, darfst und sollst du ruhig ehrlich in deinem Urteil sein. Es gibt etliche hochgeschätzte und hochpreisige Weine, die jedoch einen sehr "eigenen" Geschmack haben. Das heißt nicht, dass der Wein überschätzt ist, sehr wohl aber, dass er nicht zu jeder Speise und Gelegenheit passt und auch nicht jedermanns Sache ist. So kann ich mich persönlich zum Beispiel mit vielen französischen Weinen nicht richtig anfreunden. Und selbst so mancher Chianti, obwohl er aus meiner Heimat, der Toskana, stammt, schmeckt mir nicht. Der norditalienische Refosco ist, obwohl sehr speziell, wiederum genau mein Fall!

Grundwissen Wein – Teil 2

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