Versteckte Kosten bei Finanzprodukten: Der Blick ins Kleingedruckte

Autor*innen
Lars Hilbig
Ein Mann steht auf einem Berg von Akten und schnipst in den Fingern

Für viele Anleger ist bei der Auswahl des richtigen Finanzprodukts nur eine Zahl wichtig: die Rendite ihrer Geldanlage. Wenn du dein Geld vermehren möchtest, solltest du jedoch unbedingt einen Blick auf Aufschläge, Gebühren oder Provisionen werfen. Diese sind in Finanzprodukten oftmals gut versteckt. Lies hier, nach welchen Modellen du dich beraten lassen kannst.

Lars Hilbig, Geschäftsführer von iQuadrat

Über den Autor

Lars Hilbig ist seit acht Jahren selbstständiger Berater für Vermögensaufbau mit Investment, Altersvorsorge und Kapitalanlageimmobilien. Er veröffentlichte 2016 seinen ersten Finanzratgeber und ist Dozent der Vorlesung “Moderne Kapitalmarkttheorie“ an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim. Hauptberuflich ist er Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens iQuadrat Investment und Immobilien GmbH.

Es gibt zwei Varianten, eine Finanzdienstleistung in Anspruch zu nehmen. Beide haben Vor- und Nachteile. Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, solltest du die Unterschiede kennen. Wie und was Berater verdienen, ist für viele Kunden ein Buch mit sieben Siegeln.

Provisionsberatung: das versteckte Gehalt des Beraters

Die bekannteste Form ist die Provisionsberatung. Diese hat bei Verbraucherschützern einen durchschnittlichen Ruf. Gleichzeitig macht sie in Deutschland 99 Prozent der Beratungsdienstleistung auf Endkundenebene aus. Wenn du dich bei einer Bank, einem Finanzdienstleister oder einer Versicherung beraten lässt, passiert dies meist provisionsbasiert.

Provisionsberatung bedeutet, dass der Verdienst des Beraters in deinem Spar- oder Versicherungsbeitrag einkalkuliert ist. Vergleichbar zu einer Jeans im Kaufhaus oder einem Drink an der Bar. Auch hier sind die Gebühren bereits inkludiert.

Der Finanzberater erhält seinen Verdienst nicht von dir, sondern von der Gesellschaft, deren Produkt er empfiehlt. Ein moralisches Dilemma – er kann geneigt sein, jene Unternehmen zu empfehlen, die bei seiner Bezahlung freundlicher sind als andere. Eine höhere Vergütung auf der einen, bedeutet höhere Gebühren auf der anderen Seite.

Dass du bei einer monatlichen Abbuchung die internen Gebühren nicht siehst, bedeutet nicht, dass sie nicht existieren.
Lars Hilbig

Verbraucherschützer kritisieren die mangelnde Transparenz dessen. Oftmals verweisen Berater lieber auf das Kleingedruckte in den sogenannten Produktinformationsblättern, statt Kosten transparent offenzulegen.

Selbst wenn du diese versteckten Gebühren im Angebot ausfindig machst, sind die Berechnungen häufig so dargelegt, dass es ohne Mathestudium schwierig wird zu evaluieren, was die Angaben für deine Rendite und Ablaufleistung bedeuten. Gleichzeitig kann von dir schwerlich eine qualifizierte Einschätzung des Dargelegten erwartet werden. Hierfür bräuchtest du ein fundiertes Wissen zu verschiedenen Formen von Geldanlagen oder Altersvorsorgeprodukten sowie Referenzwerte. Du stehst demnach vor der Beurteilung, ob der Berater das Produkt aufgrund der Qualität oder der hohen Provision empfiehlt. Keine leichte Aufgabe.

Eine Umfrage ermittelte die grobe Fehleinschätzung von Verbrauchern bezüglich der Abschlussgebühren in provisionsbasierten Finanzprodukten. Anleger wurden gefragt, wie hoch die anfänglichen Kosten in einem Altersvorsorgevertrag mit 100 Euro Monatsrate über 40 Jahre und 48.000 Euro Gesamtaufwand seien. Die durchschnittliche Einschätzung lautete 700 Euro. Ein Drittel der Befragten gab an, dass es keine Gebühren gäbe – schließlich müsse man, abgesehen von seiner Sparrate, nicht zusätzlich zahlen. Die korrekte Antwort lag bei 1.200 Euro. Mehr als zwei Drittel über der durchschnittlichen Schätzung.

Dieses Missverhältnis endet regelmäßig mit enttäuschten Anlegern, die unzufrieden mit den Ablaufergebnissen ihrer Produkte sind.

Honorarberatung: die einmalige Rechnung

Die Honorarberatung hat bei Verbraucherzentralen und Ratgebern einen guten Ruf. Allerdings macht sie in Deutschland lediglich ungefähr ein Prozent der Finanzdienstleistung im Privatkundensegment aus.

Bei der Honorarberatung empfiehlt dir der Berater abschlussgebührenfreie Tarife. Das bedeutet, er wird nicht von dem Produktanbieter bezahlt und du erhältst eine unabhängige Beratung.

Der Berater ist in deinem Auftrag tätig. Er hat keine Motivation, ein schlechtes Produkt zu vermitteln, da dies keinen Einfluss auf sein Gehalt hat. Besser noch: Er ist sogar daran interessiert, dir eine Dienstleistung anzubieten, die dir wirklich weiterhilft. Schließlich stellt er dir für seine Arbeit eine Rechnung – genau wie ein Anwalt oder Steuerberater.

Rein aus Gründen der Transparenz bietet die Honorarberatung eine ehrlichere Dienstleistung. Darüber hinaus ist sie die im Schnitt günstigere und rentablere Form der Beratung.

Welche Beratungsform ist die richtige für Anleger?

Provisionsberatung solltest du nur in Erwägung ziehen, wenn die Gebühren offengelegt werden.
Lars Hilbig

Beide Formen haben ihre Daseinsberechtigung. Da Provisionsberatung prozentual anfällt, lohnt sich diese eher für Kleinanleger und weniger für Großkunden. Honorarberatung ist tendenziell etwas für jene, die sie sich leisten können.

Ein Beispiel: Nimm an, deine Beratungsgebühr liegt bei 2,5 Prozent. Legst du 10.000 Euro an, ist die Rechnung von 250 Euro überschaubar. Legst du deine geerbten Millionen an, wird die Bezahlung unverhältnismäßig. Umgekehrt kann ein auf Stundenbasis oder als Fixbetrag definiertes Honorar Geringverdienern den Zugang zu guter Beratung verwehren. Einem Azubi mit einem Gehalt von 700 Euro oder einem Geringverdiener mit 1.350 Euro Netto eine Rechnung von 2.500 Euro zu stellen, scheint gleichermaßen unpassend.

Stell es dir folgendermaßen vor: Was ist teurer – eine Waschmaschine bar zu kaufen oder über 24 Monate zu finanzieren? Ersteres ist die Honorar-, letzteres die Provisionsberatung.
Lars Hilbig

Ich empfehle dir, jene Variante zu wählen, bei der du das bessere Bauchgefühl hast. Manche mögen keine einmaligen Rechnungen, sondern die entspannte Zahlung auf monatlicher Basis und damit die Tilgung des Beratersalärs. Andere präferieren die höhere Transparenz.

Ich rate zudem, die Dienstleistung nach den Segmenten deiner Finanzbedürfnisse auszuwählen. Bei Versicherungsfragen ist die Provisionsberatung häufig vorteilhaft. Bei der Beratung zur Geldanlage im Depot, ist die Honorarberatung vorzuziehen. Außerdem solltest du den Berater bewusst nach der Art seiner Dienstleistung (Honorar vs. Provision) und den Gebühren in den Produkten zu fragen. Die bestmögliche Situation: Dein Berater bietet beide Varianten an und führt mit dir darüber eine ehrliche Diskussion.

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