Schnell lesen lernen: Effizient Lesen mit Strategie

Autor*innen
Isabel Eder
Eine Hand hält ein aufgeschlagenes Buch. Dort, wo der lesende Kopf wäre, befindet sich ein weißer Kreis, der einen Doktorhut trägt.

Du liest einen Text, weißt aber anschließend kaum noch, was eigentlich drinsteht? Das kennen viele – und lesen den Text mehrfach. Die Lesezeit schnellt in die Höhe, das Textverständnis nicht. Wo liegt das Problem und wie schaffst du Abhilfe? Wir haben wichtige Tipps aus Gabriele Forsters Buch "Effizient lesen" zusammengefasst.

Gabriele A. Forster leitet BrainTrain, ein Weiterbildungsunternehmen, das sich auf die effiziente Informationsverarbeitung beim Lesen sowie auf Gedächtnistrainings, MindMapping, gehirngerechte Kommunikation, Lernberatung und -coaching für Gruppen und Einzelpersonen konzentriert.

Versetz dich in deine Grundschulzeit zurück: Hier wurde dir beigebracht, beim Lesen genau hinzuschauen. Buchstabe für Buchstabe hast du entziffert, Wort für Wort mitgesprochen. Diese Lesetechnik ist fürs Lesenlernen geeignet.

Sobald du aber lesen kannst, unterfordert dich dieses Vorgehen. Du liest zu langsam und bietest deinem Gehirn zu wenig Input. Das Resultat: Dein Gehirn geht spazieren! Nachdem nicht genügend Text in einem bestimmten Zeitraum ankommt, sucht es sich andere Beschäftigungen. Du bist abgelenkt und interpretierst das als Konzentrationsmangel. 

Aber Konzentration ist das Ergebnis von effizientem Lesen, nicht dessen Voraussetzung. Entwickle daher deine Lesegewohnheiten aus der Grundschulzeit weiter und lerne, schneller zu lesen. Dafür ist es notwendig, dass du zuerst deine Blickspanne erweiterst.

Auf einen Blick: Erweitere deine Blickspanne

Wenn du jemanden beim Lesen beobachtest, kannst du feststellen, dass die Augen des Lesenden kleine Sprünge machen. Sie fixieren einen bestimmten Punkt im Text, nehmen die Textinformation auf und springen dann zum nächsten Fixierungspunkt. Solche Fixierungen sind notwendig. Um effektiv zu lesen, solltest du sie aber stark reduzieren, denn sie verlangsamen das Lesetempo und ermüden die Augen.

Wie viele Fixierungen du pro Zeile benötigst, hängt von deinen Lesegewohnheiten ab. Wenn du viele Fixierungen brauchst, hast du eine eher geringe Blickspanne. Das bedeutet, du kannst mit einem Blick nur wenig Text erfassen und zur Verarbeitung an dein Gehirn weitergeben. Die gute Nachricht: Mit ein wenig Übung kannst die Zahl der Fixierungen reduzieren.

Übung

Achte darauf, dass du ungefähr 30 bis 40 cm Abstand zum Text hast. Dann kann dein Auge durchschnittlich 8 cm Text erfassen. Nimm dir zunächst einen Text mit kurzen Zeilen.

Übung schmaler Text [Quelle: Gabriele Forster]
Übung breiter Text [Quelle: Gabriele Forster]

Das Ziel der Übungen ist, dass du deine Blickspanne gezielt erweiterst. Wie viel du dabei vom Text verstehst, ist noch nicht entscheidend. Insgesamt gilt: Mach so viele Fixierungen pro Zeile wie nötig – nicht mehr und nicht weniger.

Neben deiner Lesetechnik hängt die Anzahl der notwendigen Fixierungen pro Zeile auch von der Textschwierigkeit ab. Lange Wörter, Fußnoten, Zahlen, Klammern und eine Flut an Nebensätzen bremsen deine Augenbewegung. Auch die Optik des Textes ist entscheidend: Blocksatz, enge Zeilenabstände und eine kleine Schriftgröße sind schwieriger zu lesen.

Lesen am Bildschirm

Ob du lieber analog oder am Bildschirm liest, ist persönliche Präferenz. Der Vorteil von digitalen Texten ist, dass du ihr Layout mit ein paar wenigen Klicks individuell anpassen kannst. Zeilenlänge und Zeilenabstand, Schriftgröße und Schriftart, Seitenränder und Linksbündigkeit – all das lässt sich in einem Textverarbeitungsprogramm so einstellen, wie es für dich am angenehmsten ist.

Wenn du den Text im Anschluss nicht ausdrucken möchtest, kannst du noch weitere Bildschirmeinstellungen vornehmen:

  • Achte darauf, dass der Abstand zwischen deinen Augen und deinem Bildschirm circa 80 bis 100 Zentimeter beträgt. Damit kannst deine Blickspanne richtig ausnutzen und mehr Informationen mit einem Blick erfassen.
  • Bring deinen Bildschirm so an, dass die obere Bildschirmkante nicht höher als auf Augenhöhe ist. Ist der Bildschirm zu hoch, blinzelst du weniger und deine Augen werden trocken.
  • Zu viele bunte Bildschirmfarben können die Augen ermüden. Günstiger sind schwarz und weiß. Auch der Dunkelmodus und der Blaulichtfilter helfen dabei, dass die Augen weniger schnell ermüden.

Effizient lesen: Schnell lesen, mehr behalten

Effizientes Lesen zielt darauf ab, schneller zu lesen und gleichzeitig mehr vom Text zu verstehen. Das erreichst du, wenn du dir Leseziele setzt und deine Lesegeschwindigkeit flexibel daran anpasst.

Steck dir Ziele

Bevor du mit dem Lesen beginnst, stell dir immer die Frage: 'Warum sollte ich diesen Text lesen?' Nur wenn du darauf eine klare Antwort hast, kannst du dich gezielt auf das Wichtige im Text fokussieren und unnötigen Leseballast von vornherein vermeiden.

Ein Blick ins Inhalts- oder Stichwortverzeichnis kann dir dabei helfen, wichtige Textteile zu identifizieren. Überschriften, Grafiken, Hervorhebungen oder Zusammenfassungen sind weitere gute Anhaltspunkte.

Um wichtige Informationen im Text schnell zu finden, bieten sich das suchende und/oder das überfliegende Lesen an.

  • Beim suchenden Lesen legst du zunächst ein bestimmtes Schlüsselwort (und eventuell Synonyme) fest, nach denen du den Text absuchst
  • Beim überfliegenden Lesen gehst du nicht mit einem bestimmten Wort, sondern mit einer konkreten Fragenstellung an den Text heran und überlegst, welche Frage du nach der Lektüre des Textes beantworten können willst
S-Form [Quelle: Gabriele Forster]

Hast du eine relevante Information gefunden, verringerst du deine Lesegeschwindigkeit und liest die dazugehörige Textstelle langsamer. Wenn du dann das gefundene Themengebiet wieder verlässt, suchst du mit hoher Geschwindigkeit nach der nächsten wichtigen Textstelle.

Das suchende und das überfliegende Lesen setzen zum einen voraus, dass du deine Blickspanne bereits erweitert hast. Ohne Training würdest du wichtige Textstellen verpassen, weil du dich noch nicht an die neue Lesetechnik gewöhnt hast.

Zum anderen brauchst du ein gewisses Vorwissen, um die beiden Lesetechniken anwenden zu können. Wenn du schon eine grobe Ahnung vom Thema hast, kannst du Schlüsselworte oder eine konkrete Frage vor dem Lesen festlegen. Hast du noch keine Vorkenntnisse, kannst du die Fragen der Blitz-Methode verwenden. Hier geht es darum, innerhalb von einer Minute Antworten auf folgende Fragen im Text zu finden:

  • Wo sind die Hauptaussagen?
  • Was möchte der Autor ausdrücken?
  • Welche Einzelheiten sind für mich wichtig?
  • Was möchte ich aktiv behalten und umsetzen?

Du musst nicht immer alle vier Fragen an den Text stellen. Die Antworten auf die dritte und vierte Frage überschneiden sich auch teilweise. Gerade die erste und zweite Frage helfen dir aber, den Hauptgedanken und den Kern des Textes konsequent herauszuarbeiten.

Variiere deine Geschwindigkeit beim Lesen

Sobald du durch das suchende oder überfliegende Lesen eine relevante Textstelle identifiziert hast, ist es sinnvoll, diese etwas langsamer zu lesen. Das gilt vor allem, wenn die Textstelle anspruchsvoll ist. Insgesamt bleibt deine Lesegeschwindigkeit aber so hoch, dass deine Aufmerksamkeit nicht abschweift. Ist die interessante Passage vorüber, solltest du eine kurze Pause machen und das Thema und die Zusammenhänge durchdenken.

Willst du die Textverarbeitung intensivieren und mehr vom Inhalt behalten, hilft es auch, wichtige Textstellen zu markieren. Streich dir dafür die fünf bis sieben wichtigsten Informationen an – und zwar aus dem Gedächtnis. Du solltest die Stelle dafür nicht noch mal lesen. Nur so reaktivierst du den Text im Kopf und bist gezwungen, bewusst das Relevanteste aus dem Text auszuwählen.

Gewohnheiten, die dich am effektiven Lesen hindern

  • Das innere Mitsprechen Sprichst du beim Lesen innerlich mit? Auch das ist ein Relikt aus Grundschulzeiten. Diese Routine ist gut zum Lesenlernen geeignet, bremst dich aber aus, wenn du lesen kannst. Gleichzeitig verhindert das innere Mitsprechen, dass du bereits während des Lesens über den Inhalt des Textes nachdenkst. Versuch daher nur noch die Wörter innerlich mitzusprechen, die wirklich wichtig sind.
  • Regression Du ertappst dich dabei, dass du zurückspringst und Textteile noch mal liest? Das solltest du vermeiden. Denn so vergisst du, was du gerade gelesen hast, und deine Augen müssen mehr arbeiten. Beides führt zu Ermüdung und Frustration. Es ist besser, wenn du die Textstelle in zügigem Tempo erst fertigliest, bevor du die verlorenen Sätze des Anfangs wiederholst.
  • Fehlender Gewohnheitsaufbau Solltest du Probleme mit dem Textverständnis haben, lohnt es sich, noch einmal die Grundlagen abzuklopfen. Hast du einen Leseabstand von 30 bis 40 cm eingehalten? Im Zweifel ist ein größerer Abstand besser. Hast du zu langsam gelesen? Oder zu schnell? Probiere mehrere Lesegeschwindigkeiten aus und passe sie immer wieder an Textanspruch und -relevanz an.

Tatsächlich ist effizientes Lesen vor allem Übungssache! Du willst deine alten Lesegewohnheiten aus Grundschulzeiten verändern und dir ein neues Leseverhalten antrainieren. Das braucht natürlich Zeit. Doch schon fünf bis zehn Minuten täglich bringen bald erste Erfolge, denn das Gehirn nimmt gehirngerechte Arbeitstechniken schnell an. Wenn du dann schneller lesen kannst, ist diese Zeit auch bald wieder eingespart. Energie statt Lesefrust gibt's on top!

Mehr über effiziente Lesestrategien erfährst du im utb-Studienratgeber:

Gabriele A. Forster: Effizient Lesen

expert verlag GmbG, 227 S., 25 Euro

ISBN: 978-3-8252-5641-8

Bewertung: 2,5/5 (2 Stimmen)

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