Sparen und anlegen: Nie wieder für Geld arbeiten

Autor*innen
Oliver Noelting
Mann mit Bart und Hut steht auf dem Rand einer großen Münze. er hat die Arme ausgebreitet und lächelt. In einer Hand hält er eine Aktentasche, in der anderen ein Jacket. Im Hintergrund ein Pfeil, der einen Aufwärtstrend zeigt.

Reichsparer Oliver berichtet vom Leben auf der Sonnenseite: genügsam, aber – in wenigen Jahren – finanziell unabhängig. Der Software-Entwickler und FIRE-Fachmann gibt dir wertvolle Tipps, wie du mit Disziplin und Planung der Erwerbsarbeit Lebewohl sagst. Bonus: Sein interaktiver Rechner (s.u.) sagt dir genau, wie viele Jahre du noch durchhalten musst.

Was passiert eigentlich nach dem Studium? Na klar, wir gehen arbeiten. Und das im Regelfall mindestens 40 Jahre lang, acht Stunden täglich.

Schon weil sie so viel Zeit in Anspruch nimmt, ist Arbeit ein wichtiger Baustein in unserem Leben. Sie verleiht uns Identität und Bestimmung. Durch sie knüpfen wir Kontakte und können unsere Fertigkeiten für die Gesellschaft einsetzen.

Nur sieht die Arbeitswelt in Wirklichkeit natürlich nicht so rosig aus: Deadlines, Überstunden, nervige Kunden und Pendelei bestimmen nicht selten den Alltag. Selbst wenn der Job großen Spaß macht, stehen Familie, Sport und Hobbys häufig hintenan. Und auch die Lebensumstände verändern sich: Was nach dem Studium als Traumjob erschien, kann mit Ende dreißig zur Routine geworden sein – oder sogar zur Belastung.

Was uns trotzdem bei der Stange hält: Wir brauchen das Einkommen aus unserem Job, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zumindest glauben wir das.

Was würdest du tun, wenn du nicht mehr für Geld arbeiten müsstest?

Wäre es nicht cooler, wenn du nur noch an Projekten arbeiten könntest, auf die du Lust hast? Ohne eine Bezahlung zu benötigen?

Vielleicht würdest du nur noch an zwei oder drei Tagen in der Woche arbeiten. Oder dich mit einem langgehegten Vorhaben selbstständig machen – ohne Existenzängste. Arbeit wird um einiges angenehmer, wenn du nicht mehr auf ein Gehalt angewiesen bist.

Du hättest die beruhigende Gewissheit: Du könntest deinem Chef – wenn du überhaupt einen hast – jederzeit Lebewohl sagen. Du müsstest keinen Jobverlust fürchten. Und wenn dich je die Midlife-Crisis packt, steigst du einfach aus.

Finanzielle Unabhängigkeit: Ausgesorgt mit 38

Nie wieder für Geld arbeiten – was sich wie ein Wunschtraum anhört, ist für viele Menschen erreichbar. Und das sogar mit einem ganz normalen Einkommen.

Wie das funktionieren soll, beschäftigt seit einigen Jahrzehnten eine Community, die sich am besten mit dem Begriff "Financial Independence and Retiring Early" (kurz: FIRE) betiteln lässt. Wer ein bisschen recherchiert, stößt schnell auf zahlreiche Bücher und Blogs von Menschen, die finanzielle Unabhängigkeit anstreben oder schon erreicht haben.

Wie wirft dein Erspartes regelmäßige Erträge ab?

Wenn du finanzielle Unabhängigkeit anstrebst, musst du zwei zentrale Fragen beantworten: Wie sparst du möglichst viel Geld – und wie legst du dein Erspartes möglichst profitabel an?

Statt dein überschüssiges Geld also in Autokredite oder Designermöbel zu stecken, musst du davon produktive Wirtschaftsgüter kaufen.

Das kann zum Beispiel eine Eigentumswohnung sein, die monatlich Mieteinnahmen abwirft. Oder du baust dir ein Depot aus Aktienfonds auf, die durch Dividenden und Kursgewinne einen passiven Einkommensstrom erzeugen.

Ziel ist es, dein Einkommen von der eingesetzten Arbeitszeit zu entkoppeln. Statt in einem Job deine Zeit eins zu eins gegen Geld zu tauschen, fließen Mieteinnahmen und Dividenden bekanntlich auch dann, wenn du gerade schläfst oder deinen Hobbys nachgehst.

Wie viel Geld musst du sparen?

Wer aus einem Portfolio aus Aktienfonds seinen Lebensunterhalt bestreiten will, steht vor der Frage, wie viel Vermögen er dafür insgesamt ansparen muss. Denn obwohl der Aktienmarkt in der Vergangenheit im Durchschnitt rund sechs Prozent pro Jahr zulegte, schwanken Aktienkurse kurzfristig doch erheblich. Deshalb benötigst du ein solides Polster: Schließlich soll das Ersparte nicht schon vor dem Lebensende aufgebraucht sein.

Aus diesem Grund haben Wissenschaftler wie Wade Pfau (Professor für Retirement Income) verschiedene Entnahmestrategien und -modelle entwickelt. Der Tenor: Je nach Lebensumständen und Portfolio kannst du einem Aktiendepot jedes Jahr knapp vier Prozent des anfänglichen Werts entnehmen (und diesen Betrag sogar mit der Inflation steigern), ohne bankrottzugehen.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Sobald du das 25- bis 30-fache deiner jährlichen Ausgaben angespart und investiert hast, kannst du sehr wahrscheinlich für den Rest seines Lebens von den Kapitalerträgen leben. Kommst du mit 1.000 Euro im Monat über die Runden, benötigst du also rund 300.000 Euro, um keiner Erwerbsarbeit mehr nachgehen zu müssen.

Die Konsumspirale zurückschrauben

Um solch eine Summe anzusparen, hilft neben einem regelmäßigen, möglichst guten Gehalt auch ein genügsamerer Lebensstil. Mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, gesundes Essen günstig selbst kochen, Dinge gebraucht kaufen und selbst reparieren. Vielleicht eine kleinere Wohnung beziehen, statt sich für ein Einfamilienhaus zu verschulden. Zufrieden sein mit dem, was man hat.

Ein Leben auf kleinerem Fuß ist nicht erst angesagt, seit Wachstumsgrenzen und Klimawandel bekannt sind, sondern kann sogar glücklicher machen. Aktivitäten wie Sport, Kochen oder Handwerken, Zeit in der Natur oder mit Freunden zu verbringen – all das muss nicht viel kosten. Aber es steigert langfristig die Zufriedenheit erwiesenermaßen deutlich mehr als ein neues Auto, Luxusurlaube oder tägliches Shopping bei Amazon.

Die Erfahrung zeigt außerdem: Menschen, die sich mit ihren Finanzen auseinandersetzen, finden immer wieder clevere Wege, weniger Geld auszugeben, ohne dabei auf Lebensqualität zu verzichten. Wer dann noch als Ingenieur oder in der Unternehmensberatung gut verdient und seine Ausgaben nicht mit seinem wachsenden Einkommen steigert, hat beste Chancen, mit Ende dreißig ausgesorgt zu haben.

Mein Leben als Frugalist

Ich selbst bin vor zwei Jahren ins Berufsleben gestartet, nachdem ich meinen Abschluss in Medieninformatik in der Tasche hatte. Als Student habe ich immer gut und glücklich gelebt und darum meinen damaligen Lebensstil im Großen und Ganzen beibehalten: In meinem Job als Software-Entwickler verdiene ich knapp 2.500 Euro netto, gebe davon aber nur rund 800 Euro im Monat aus.

Mittlerweile habe ich genug angespart, um mehr als fünf Jahre ohne Arbeit zu überbrücken. Diesen Sommer habe ich während eines Jobwechsels zumindest drei Monate ohne Erwerbsarbeit verbracht. Wenn alles weiterläuft wie bisher, dann brauche ich mit Ende dreißig nur noch zu arbeiten, wenn ich Lust dazu habe.

Über den Autor

Oliver Noelting hat Medieninformatik und Mediendesign studiert. Er arbeitet als angestellter Software-Entwickler und selbständiger Programmierer. 2015 hat er den Blog https://www.frugalisten.de gestartet, um seine Reise zur finanziellen Unabhängigkeit zu dokumentieren und andere zu inspirieren. Dort findest du viele weitere Tipps, wie man Geld geschickt spart und anlegt. Oliver war außerdem bereits in der e-fellows.net community zu Gast und hat dort zahlreiche Fragen zu seinen Spar- und Anlagegewohnheiten beantwortet. Nachlesen lohnt sich (leider nur für e-fellows)!

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