Berufsbild European Patent Attorney: Der Weg zum europäischen Vertreter

Autor*innen
Ute Feldmann und Dr. Bernhard Pfleiderer
Geschäftsleute sitzen und stehen auf Bürogegenständen

Deutsch, Englisch und Französisch – der European Patent Attorney sollte mindestens zwei der europäischen Amtssprachen beherrschen, da er sich um internationale Prüfungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt kümmert. Weitere Voraussetzungen findest du im Beitrag.

Der European Patent Attorney – oder auf Deutsch der "zugelassene europäische Vertreter" – ist einer der wenigen wirklich europäischen Berufe. Die Bezeichnung "europäischer Patentanwalt" ist im Grunde nicht zutreffend, wird aber häufig vereinfachend verwendet.

European Patent Attorney wird derjenige, der die europäische Eignungsprüfung erfolgreich absolvieren konnte, nachdem er die Zulassungsvoraussetzungen zu dieser Prüfung erfüllt hat. Eine Ausbildung im eigentlichen Sinne, die zum europäischen Patentanwalt führt, gibt es nicht. Die Voraussetzungen, um an der Eignungsprüfung teilnehmen zu dürfen, sind kurz gesagt ein geeignetes abgeschlossenes Hochschulstudium und eine mehrere Jahre dauernde Tätigkeit im europäischen Patentwesen.

Um zu verstehen, welche Qualifikation der europäische Patentanwalt haben muss, sollte man sich vor Augen halten, dass das Europäische Patentamt (EPA) für ein vereinheitlichtes europäisches Prüfungsverfahren europäischer Patentanmeldungen zuständig ist, sodass am Ende eines erfolgreichen Prüfungsverfahrens für alle – derzeit – 37 europäischen Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) gleichzeitig ein Patent erteilt werden kann. Der Anwalt kommuniziert schriftlich oder mündlich in einer oder mehreren der drei Amtssprachen (Deutsch, Englisch und Französisch) mit den Prüfern oder anderen Mitgliedern des Europäischen Patentamts.

Außer Deutsch sollte er mindestens eine der beiden anderen Amtssprachen sehr gut beherrschen. Da es sich um ein internationales Verfahren handelt, ist in der Regel auch die Mandantschaft international, sodass auch hier Fremdsprachenkenntnisse gefragt sind. Da der Zugang zum Beruf des europäischen Patentanwalts nur über die europäische Eignungsprüfung führt, bilden die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Prüfung und die Prüfung selbst einen wesentlichen Maßstab, an dem sich der Ausbildungsweg orientieren sollte.

Europäische Eignungsprüfung: Zulassungsvoraussetzungen

Gesetzliche Grundlagen

Die aktuellen Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung (VEP) in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung und die Ausführungsbestimmungen zu den VEP (ABVEP) in der seit 1. April 2010 geltenden Fassung (Beilage zum ABI. EPA 3/2011) sind auf der Website der europäischen Eignungsprüfung abrufbar. Die Bestimmungen der VEP und der ABVEP gelten gleichermaßen auch für die neue Vorprüfung, die im Jahr 2013 zum ersten Mal durchgeführt wird. Die gesetzlichen Regelungen zur Prüfungszulassung sind in Artikel 11 VEP sowie den ABVEP zu finden.

Der Prüfungsstoff für die europäische Eignungsprüfung umfasst gemäß Art. 13 VEP:

(1) umfassende Kenntnisse a) des europäischen Patentrechts nach dem EPÜ sowie des Gemeinschaftspatentrechts; b) der Pariser Verbandsübereinkunft (Art.1–5quater und Art. 11); c) des Vertrags über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens; d) aller Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer und der in den ABVEP genannten Rechtsprechung des EPA und

(2) allgemeine Kenntnisse des nationalen Rechts a) der Vertragsstaaten, soweit dieses europäische Patentanmeldungen und Patente betrifft; b) der Vereinigten Staaten von Amerika und Japans, soweit dieses für Verfahren vor dem EPA von Bedeutung ist.

Qualifikationen

Wie bei der Ausbildung zum Patentanwalt werden auch für die europäische Eignungsprüfung nur Bewerber zugelassen, die ein mindestens dreijähriges Vollzeitstudium absolviert haben. Dieses Studium muss sich mindestens zu 80 Prozent natur- und/oder ingenieurwissenschaftlichen Fächern widmen (gemäß R. 13 ABVEP: Bautechnik, Biochemie, Biologie, Chemie, Elektronik, Elektrotechnik, Informationstechnologie, Maschinenbau, Mathematik, Medizin, Pharmakologie und Physik). Es muss an einer Universität, technischen Universität, technischen Hochschule, Berufsfachschule, Fachhochschule, Schule für Ingenieurwissenschaften oder einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung in einem der Vertragsstaaten absolviert worden sein. Natur- oder ingenieurwissenschaftliche Bachelor- oder gleichwertige akademische Abschlüsse an ähnlichen Ausbildungseinrichtungen können ebenfalls anerkannt werden (vgl. R. 11 ABVEP).

Bewerber aus einem Nichtvertragsstaat des Europäischen Patentübereinkommens müssen gemäß R. 12 ABVEP dem Prüfungssekretariat nachweisen, dass ihre Qualifikationen den Maßstäben gemäß R. 11 ABVEP entsprechen.

Sofern eine gleichwertige natur- und/oder ingenieurwissenschaftliche Qualifikation zu den in R. 13 ABVEP aufgezählten Fächern geltend gemacht wird, muss gemäß R. 14 ABVEP dem Prüfungssekretariat zusätzlich eine zehnjährige praktische Tätigkeit in dem jeweiligen Fach nachgewiesen werden.

Berufserfahrung

Die Bewerber müssen gemäß Art. 11 (2) a) VEP iVm R. 15 ABVEP des Weiteren nachweisen, dass sie zum Zeitpunkt der Vorprüfung ein mindestens zweijähriges Praktikum und zum Zeitpunkt der Hauptprüfung ein mindestens dreijähriges Praktikum im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten in einer Patentanwaltskanzlei oder einem Unternehmen mit Sitz in einem Vertragsstaat absolviert haben. Als Praktikum zählt eine Beschäftigung für mindestens drei Monate und zu mindestens 50 Prozent der vollen Arbeitszeit. Alternativ kann auch ein Prüfer am Europäischen Patentamt zur Prüfung zugelassen werden, wenn dieser zum Zeitpunkt der Vorprüfung mindestens drei Jahre und zum Zeitpunkt der Hauptprüfung mindestens vier Jahre als Prüfer beim EPA tätig war.

Wird die dreijährige praktische Tätigkeit im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten in einer Patentanwaltskanzlei absolviert, so muss sie unter der Aufsicht eines zugelassenen europäischen Vertreters erfolgen. Dies gilt jedoch nicht für eine praktische Tätigkeit in einem Unternehmen. Auch wenn dort kein zugelassener europäischer Vertreter tätig ist, wird die Praxiszeit anerkannt, wenn die Tätigkeit im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und europäischen Patenten, beispielsweise vom Geschäftsführer oder einem Abteilungsleiter, beglaubigt wird.

Sofern die Ausbildung nicht durchgehend absolviert wird, können die einzelnen Ausbildungszeiten addiert werden; allerdings nur, wenn sie jeweils mindestens drei Monate gedauert haben. Auch Tätigkeiten auf dem Gebiet nationaler Patentanmeldungen und Patente können angerechnet werden. Das EPA kann auch unter bestimmten Bedingungen (Art. 11 (5) VEP iVm R. 1 e) und R. 16 ABVEP) zustimmen, die Ausbildungszeit des Bewerbers um maximal ein Jahr zu verkürzen: Beispielsweise werden einem Bewerber, der zum Zeitpunkt der europäischen Eignungsprüfung die achtmonatige Ausbildung bei den deutschen Patentbehörden abgeschlossen hat, sechs Monate angerechnet (R. 16 (3) ABVEP).

Derzeit qualifizieren die folgenden Studiengänge für eine Verkürzung der Ausbildungszeit um sechs Monate:

"Diplôme d’études internationales de la propriété industrielle" ("cycle long") des CEIPI in Straßburg (Studienjahr 2008/2009) "Master of Advanced Studies in Intellectual Property" der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich (Studienjahre 2008/2009 und 2009/2010) "Advanced Master in Intellectual Property Law and Knowledge Management" der Universität Maastricht (Studienjahr 2010/2011).

Zulassung zur Prüfung

Die Fristen zur Prüfungsanmeldung sowie die Prüfungstermine werden jeweils in der Bekanntmachung der europäischen Eignungsprüfung kundgegeben. Zu beachten ist, dass im Jahr 2013 zum ersten Mal eine Vorprüfung durchgeführt wird, deren Bestehen die Voraussetzung zur Teilnahme an der Hauptprüfung frühestens im Jahr darauf darstellt.

Bei der Anmeldung müssen entsprechende Formblätter verwendet werden, die auf der Webseite des EPA abrufbar sind. Folgende Angaben sind insbesondere zu machen und folgende Gebühren zu zahlen:

  • vollständiger Name, Geburtsort, Geburtstag, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Sprache und Kontaktdaten (amtlich beglaubigte Kopie eines gültigen Passes oder Personalausweises)
  • Angaben zum naturwissenschaftlichen/technischen Studium inklusive Nachweise
  • Angaben zu Beschäftigungszeiten (grundsätzlich zwei Jahre für Vorprüfung/drei Jahre für Hauptprüfung, für EPA-Prüfer gelten entsprechend drei/vier Jahre jeweils zum Zeitpunkt der Prüfung) sowie gegebenenfalls Verkürzung der Beschäftigungszeit und entsprechende Nachweise
  • Zahlung der Anmeldungs- und Registrierungsgebühr (derzeit 140 Euro) sowie der Gebühr für das Ablegen der Vorprüfung (derzeit 140 Euro) bzw. Gebühr(en) für zu absolvierende Hauptprüfungsaufgaben (derzeit 140 Euro pro Aufgabe)
  • Angaben zum technischen Gebiet (Chemie oder Elektrotechnik/Mechanik) für Prüfungsaufgaben A und B der Hauptprüfung
  • Angaben zum bevorzugten Prüfungsort
  • Unterschrift des Zulassungsantrags

Wird ein Antrag auf Teilnahme an einer Hauptprüfung gestellt, können die Bewerber angeben, welche Prüfungsaufgabe(n), das heißt eine, zwei, drei oder vier, sie ablegen möchten. Die Kombinationen sind dabei frei wählbar. Bei einer Wiederholung einer Prüfungsaufgabe wird die vorherige Note ungültig. Es dürfen allerdings nur solche Prüfungsaufgaben wiederholt werden, die zuvor nicht bestanden worden sind. Mit Ausnahme der absolvierten Praktikumszeit gelten alle sonstigen Voraussetzungen für die Hauptprüfung auch für die Vorprüfung. 

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