Praktikum in der Pathologie: Dein Herz in meinen Händen

Autor*innen
Fraua Ferlemann
Zwei Hände nähern sich an. Eine Person, deren gesamter Oberkörper durch ein Herz ersetzt wurde, läuft auf einer der Hände auf die andere zu.

Die Pathologie kennen die meisten von uns nur aus Krimiserien. e-fellow Fraua hat dort ein einmonatiges Praktikum absolviert und faszinierende Einblicke auf und in den menschlichen Körper bekommen. Einziger Wermutstropfen: Sie durfte zu wenig selbst ans Messer.

Nach meinem Abitur im Frühjahr 2011 habe ich ein einmonatiges Praktikum in der Pathologie des Schwarzwald-Baar-Klinikums gemacht. Im Zuge der Berufsorientierung am Gymnasium war ich bereits eine Woche als Praktikantin dort gewesen. Daher kannte ich sowohl die Mitarbeiter als auch den Tagesablauf und die einzelnen Arbeitsschritte schon recht gut. Das hat mir die Einarbeitungszeit verkürzt und erleichtert.

e-fellow Fraua (19) arbeitet momentan als Au Pair in Frankreich. Im Wintersemester 2012 wird sie ihr Medizinstudium beginnen.

Obwohl das Schwarzwald-Baar-Klinikum mehrere Kliniken des Schwarzwald-Baar-Kreises umfasst, ist die dazugehörende Pathologie in Schwenningen nicht besonders groß und wird nicht gerade mit Arbeit überhäuft. Daher assistierte ich während meines Praktikums nicht nur bei Obduktionen und Präparats-Zuschnitten, sondern half auch bei anderen Arbeitsschritten, die ansonsten in den Aufgabenbereich einer Medizinisch-Technischen Assistentin (MTA) fallen, wie beispielsweise das Anfärben der Schnitte auf den Objektträgern.

Den Seziertisch vorbereiten

Mein Arbeitstag begann zwischen halb acht und acht Uhr morgens damit, die Zuschnittplätze vorzubereiten. Zuschnittplätze sind kleinere Seziertische, auf denen größere Präparate makroskopisch (mit bloßem Auge) untersucht werden. Pathologisch auffällige Fragmente werden in die Mikroskopie gegeben. Ich musste darauf achten, dass das Zuschneidebrett und die notwendigen Instrumente sauber waren und alle notwendigen Gefäße und Lösungen bereitstanden. Wenn ich damit fertig war, kamen meist schon die ersten Präparate von den OPs früh am Morgen an, die "ausgepackt" und je nach Größe in die Makro- oder Mikroskopie weitergegeben werden mussten.

Zuschnitt der Präparate

Alles, was einem Patienten operativ entfernt wird, kommt in die Pathologie. Aber nicht alle Präparate müssen von einem Arzt "untersucht" und zugeschnitten werden. Die meisten sind so klein, dass sie direkt in sogenannte Einbettkassetten gelegt und anschließend in Formalin fixiert werden. Die größeren Präparate, wie beispielsweise Resektate (bei einer OP entfernte Teile) des Darms, werden zugeschnitten oder gegebenenfalls über Nacht in Formalin fixiert. Damit auffällige Partien mit dem Auge und unter dem Mikroskop richtig erkannt werden können, müssen nämlich erst alle Zellen abgetötet werden.

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Alle anderen Präparate, die entweder gegen Mittag oder erst am Nachmittag – je nach OP-Termin – in der Pathologie ankommen, schneidet der Arzt je nach Dringlichkeit später am Tag oder erst am Folgetag zu.

Einmal wachsen und färben, bitte!

Bei den Zuschnitten guckt sich der Pathologe das Präparat genau an, diktiert schon währenddessen alles, was ihm auffällt für den Bericht, und schneidet anschließend repräsentative Partien des Präparates zu, damit diese in die Einbettkassetten passen und weiterverarbeitet werden können. Das machen dann die MTAs im Labor. Sie entziehen den fixierten Präparaten in mehreren Schritten das Wasser, betten sie in Wachs ein, schneiden sie anschließend an Mikrotomen (Schneidegerät zur Herstellung mikroskopischer Präparate, mit dem man sehr dünne Schnittpräparate erstellen kann) und ziehen sie auf Objektträger. Nun entfernen sie das Wachs von den Präparaten und legen sie nacheinander in immer höher konzentrierten Alkohol (50%, 60%, 80%, 100%) ein, wobei jede Stufe circa vier Minuten lang dauert. Anschließend werden die Präparate unterschiedlich gefärbt und den Ärzten zur Mikroskopie vorgelegt.

Von Rauchern und Diabetikern

Der Arzt, der das Präparat zuvor makroskopisch untersucht hat, erhält die zu dem Fall gehörenden Objektträger. Teilweise sind das bis zu vierzig Stück, die er alle unter dem Mikroskop untersuchen muss. Zusätzlich diktiert er jede Auffälligkeit für den Abschlussbericht. Die mikroskopische Untersuchung dauert oft vom Vormittag bis zum zweiten Zuschnitt am späten Nachmittag. Wenn eine Sektion oder Untersuchung eines Amputats ansteht, dauert es sogar noch länger.

Die Untersuchung läuft von Fall zu Fall unterschiedlich ab, doch manche Schritte müssen immer gemacht werden. Bei Amputationen beispielsweise werden sehr häufig die Arterien untersucht. Das liegt hauptsächlich daran, dass meist infolge des progressiven Absterbens der Extremitäten amputiert werden musste, da eine durch Rauchen oder Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) verursachte Arteriosklerose (Erkrankung der Schlagadern, die zu Ablagerungen von Blutfetten, Thromben, Bindegewebe oder Kalk in den Gefäßwänden führt) vorliegt.

Auf der Suche nach Auffälligkeiten

Bei einer Sektion hingegen muss man im Prinzip alles untersuchen. Zunächst entnimmt der Pathologe alle Organe und untersucht sie auf Auffälligkeiten. Herz, Lunge, Nieren, Leber und Gehirn werden außerdem gewogen und gemessen. Anschließend legt man die Organe, die eine pathologische Veränderung aufweisen, in Formalin ein und bewahrt sie für weitere makro- und mikroskopische Untersuchungen auf. Alle anderen entnommenen Organe, ausgenommen das Gehirn, welches immer aufbewahrt wird, legt man wieder in die Körperhöhle und schließt die Bauchdecke.

In der Pathologie des Schwarzwald-Baar-Klinikums wird im Schnitt nur eine Obduktion pro Woche durchgeführt. Den Tagesablauf empfand ich schon nach wenigen Wochen recht monoton. Außerdem durfte ich natürlich kaum etwas selber machen, sondern habe den Ärzten hauptsächlich zugeschaut.

Fazit: Nach dem Physikum bringt’s mehr

Insgesamt fand ich das Praktikum jedoch sehr lehrreich. Die einzelnen Organe und den menschlichen Körper insgesamt so sehen zu können, verschaffte mir einen vollkommen anderen Blickwinkel. Auch die Ärzte bestätigten mir, dass es etwas ganz anderes sei, eine Diagnose zu stellen, wenn man das betroffene Organ mit den pathologischen Veränderungen schon einmal in der Hand gehalten und unter dem Mikroskop gesehen habe.

Ich würde jedem, der Medizin studieren will oder schon mitten im Studium ist, empfehlen, zumindest einmal ein Praktikum in einer Pathologie zu machen. Jedoch rate ich dazu, sich ein größeres Institut auszusuchen, damit genügend interessante Arbeit ansteht, und vielleicht bis nach dem Physikum zu warten. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, selber auch einmal ans Messer zu dürfen!

Bewertung: 5/5 (5 Stimmen)

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