Studieren in Bochum: Stadt und Uni – keine Schönheit, aber berühmt-berüchtigt!

Autor*innen
Janet Lakatos
Das Bochumer Rathaus und Bücher

"Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt - ist es besser, viel besser, als man glaubt!" sang Grönemeyer über die Stadt im Ruhrpott. Und er hatte Recht: Viele Vorurteile über Bochum stimmen nämlich nicht.

Denkt man an Bochum, denkt man ans Ruhrgebiet. Die Stadt ist untrennbar mit der Region verbunden. So wie die Städte Essen, Dortmund, Duisburg, Mülheim oder Gelsenkirchen gehört Bochum zum "Ruhrpott", mit mehr als fünf Millionen Einwohner:innen einer der größten Ballungsräume Europas. Kohle, Stahl und rauchende Schlote – der Bergbau hat jahrzehntelang das Ruhrgebiet geprägt. Heute sind die Zechen keine glühendheißen (Gast-)Arbeiter:innenhöllen mehr, sondern Kulturräume: Museen, Restaurants oder Theaterbühnen haben sich hier einquartiert. So zeugen die Zechen im Ruhrgebiet von einer vergangenen Zeit und symbolisieren gleichzeitig den Strukturwandel der Region.

Nur noch sieben Zechen aktiv

Über 400 Zechen gab es einst im Ruhrgebiet – heute sind weniger als fünf. Diese befinden sich am äußersten Nordrand der Region und ob sie in Zukunft Bestand haben werden, ist ungewiss. Hochöfen und Fördertürme sind mittlerweile Ziele für Fotoexkursionen oder werden auf Postkarten gedruckt, die in Museumsshops und bei Heimatvereinen ausliegen.

Das Ruhrgebiet im 21. Jahrhundert

Nicht Bergbau, sondern Technologie, Handel und das Dienstleistungsgewerbe sind die Wirtschaftszweige im Ruhrgebiet des 21. Jahrhunderts. Und es gibt keine Region in Deutschland, deren Kulturangebot derart groß und vielfältig ist. Daher verwundert es nicht, dass stellvertretend für die ganze Region die Stadt Essen Kulturhauptstadt des Jahres 2010 war. Doch ganz abgestreift hat die Region ihre Vergangenheit noch nicht. So wie die abgestellten Fördertürme hat sich das Ruhrgebiet auch seine Mentalität bewahrt. Es ist und bleibt das von Arbeit geprägte "Revier" mit Schrebergärten und Gewerkschaftshäusern. Dennoch, Bildung spielt in der Region eine wichtige Rolle: Fünf Universitäten, mehrere Fachhochschulen, zahlreiche Museen, Archive und Bibliotheken finden sich hier.

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Keine Schönheit, aber vielseitig und praktisch

Das Ruhrgebiet hat nicht gerade den Ruf, eine Hochburg der künstlerischen Architektur zu sein. So müssen auch die Erwartungen an eine historische Uni mit Altbau-Charme leider enttäuscht werden. Dennoch: trotz Siebziger-Jahre-Betonbau und über 43.000 Kommiliton:innen bietet die Uni viele Vorteile: Sie ist eine Campus-Universität. Sie wurde 1965 auf einer freien Fläche zwischen Bochum und Witten erbaut. Daher befinden sich ihre 20 Fakultäten, die Bibliothek und die Mensa alle an einem Fleck – mehr oder weniger. Ein weiterer Vorteil: Sie ist eine Voll-Universität. Natur-, Ingenieur-, Geisteswissenschaften und Medizin gehören zu ihrem Angebot. Zwar fielen in den letzten Jahren kleine Fachbereiche der Geisteswissenschaften dem Rotstift zum Opfer, dennoch profitieren Bochumer Studierende von einem außergewöhnlich breiten Fächerangebot. Bei der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge ist die Ruhr-Universität Bochum mutig vorangegangen und bietet heute gut 185 Bachelor-, Master- und Diplomstudiengänge, dazu zahlreiche Aufbau- und Ergänzungsstudiengänge. Auch die Forschung kommt in Bochum nicht zu kurz: Zukunftsfelder wie Neurowissenschaften, IT-Sicherheit und Medizintechnik sind der Ruhr-Universität Bochum durchaus ein Begriff.

Let the sun shine und habe Geduld

Wer gerade nicht die Vorlesung besucht, trinkt Kaffee, isst oder ruht sich aus. Am besten geht all dies natürlich im Sommer, wenn jeder grüne Flecken der Uni zur Liegewiese wird – besonders vor den Gebäuden der Geisteswissenschaftler:innen. Den besten Kaffee gibt es im "Edwards", einer schicken Kaffeebar im Mensafoyer, auch wenn man für diesen oftmals lange anstehen muss. Dafür kann man sich beim Warten noch was Süßes oder Herzhaftes aus der Bio-Brot-Auslage aussuchen und sich mit Lounge-Musik beschallen lassen. Alternativ, aber auch nicht schneller, bekommst du als Student:in deinen Koffein-Schub in der Caféteria des Gebäudes GB. Vor den herumstehenden Kaffeeautomaten sei hingegen gewarnt - die Getränke sind furchtbar.

...oder raus aus der Mensa

Wer zum Kaffee kein Plätzchen, sondern eine Runde Kickern möchte, geht ins "Kulturcafe" gegenüber der Bibliothek. Hier findet auch abends und am Wochenende Programm statt: Poetry-Slam, Breakdance-Convention oder eine Lesung mit Bochums Lieblingskabarettisten Frank Goosen. Wer eine kleine, überschaubare oder ruhige Universität sucht, ist in Bochum allerdings falsch: Die Ruhr-Uni ist ein Ameisenhaufen. 43.000 Kommiliton:innen machen sich eben bemerkbar. Ein Tipp: Wer dem Ganzen zeitweilig entfliehen möchte, gehe in den Botanischen Garten der Uni, direkt unterhalb der Gebäude und des Tohuwabohus.

Ruhr-Uni aktiv

Die Bochumer Uni bietet viele Möglichkeiten neben dem Fachstudium aktiv zu sein, zum Beispiel ein offenes Studium generale oder künstlerische Angebote im Musischen Zentrum. Vorlieben für Theater, Musik, Malerei oder Fotografie kann man hier ausgiebig nachgehen oder einfach mal ausprobieren. Literarisch Aktive finden im Literaturclub "Treibsand" Gleichgesinnte. Ausländische Studierende, die gerade ein Praktikum in Bochum machen, trifft man bei AIESEC, wo sich auch gleich Vereinbarungen für das eigene Praktikum im Ausland machen lassen. Das Bochumer Schauspielhaus ist eins der besten des Landes und bietet von Shakespeare bis Botho Strauss alles, was das studentische Herz höher schlagen lässt – sofern man Theater mag. Wem das alles nicht reicht, der kann sich beim Uni-Sport verausgaben, afrikanischen Tanz beim Kulturbüro "Boskop" lernen oder zum Kemnader-See fahren. Joggen, Inline-Skaten, je nach Wetterlage Sonnen und Grillen – am See ist alles möglich.

Mein Studidorf

Eine Bleibe in Bochum zu finden, ist nicht schwer. Der Wohnungsmarkt ist entspannt und die Preise sind angemessen. Erste Anlaufstelle für studentisches Wohnen ist das Akademische Förderungswerk (AKAFÖ), das eine große Auswahl an Wohnheimen betreibt. Schneller und mit persönlicher Note lassen sich WGs und Wohnungen jedoch an den schwarzen Brettern der Uni finden, die bei fast jedem Fahrstuhl hängen. Sehr schön wohnen Bochumer Studierende im Studidorf in der Learholzstraße. Hier lässt sich vergessen, dass die Ruhr-Uni Bochum eine Pendler-Universität ist und viele Studierende nach der Vorlesung wieder nach Herne, Herten oder Iserlohn fahren. Wer jedoch das wahre Studi-Leben sucht, findet es dennoch – sehr gut im Studidorf.

Verschollen im Bermudadreieck

Neben studieren und wohnen gehört zum Bochumer Studi-Leben natürlich auch feiern. Studierende der unteren Semester nutzen dazu gerne die Fakultätspartys am Donnerstag, deren Königin die Mediziner:innenparty ist. Hier gibt es die besten Cocktails und den höchsten Flirt-Faktor. Bekannt ist Bochum für sein Bermudadreieck, eine Ausgehmeile mit vielen Cafés und Bars. Hier stößt man auf Studierende, Feiertourist:innen oder Junggesellen, die Abschied nehmen. Wenn es im Sommer heißt "Stühle raus", verwandelt sich das Bermudadreieck in eine Sitz-Oase der Happy-Hour-Fangemeinde. Originelles findet man im Bermudadreieck jedoch nicht. Dafür muss man ein paar Straßen weitergehen: Jeden zweiten Freitag im Monat bietet das "Theater unter Tage" Tanzwütigen elektronische Klänge. Ebenfalls zu empfehlen: Die Partyreihe "Sandbar". Seit Sommer 2005 hat sich diese mit wechselnden Veranstaltungsorten und Club-Musik in Bochum einen Namen gemacht. Wer lieber in die gute alte Disco möchte, findet auch dies in Bochum. Letztlich steht den Bochumer:innen aber auch das Nachtleben in Dortmund, Essen oder gar Düsseldorf offen – mit der Bahn oder dem Auto nur ein Katzensprung. Aber, wie Grönemeyer auch schon sang: "Hier wo das Herz noch zählt, nicht das große Geld! Wer wohnt schon in Düsseldorf?"

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