Die ersten Wochen bei McKinsey: Philosoph mit Begeisterung fürs Banking

Autor*innen
Melanie Grell
Ein Kopf und eine Hand, die an eine altgriechische Marmorstatue erinnern. Die Hand zeigt das OK-Zeichen.

Michael Stephans Karriere startete mit einem "Eigentlich". Denn eigentlich wollte der studierte Philosoph in der akademischen Welt bleiben. Im Studium entdeckte er dann aber seine Liebe zu Zahlen - und hängte noch einen BWL-Bachelor an der WHU an. Vor ein paar Wochen ist er bei McKinsey eingestiegen. Sein erstes Projekt: einer Bank helfen.

Michael Stephan (26) studierte zunächst Philosophie in München und Reading (GB) und schrieb seine Abschlussarbeit über den "frühen Wittgenstein". Nicht gerade ein Thema, das auf direktem Wege zu McKinsey führt. Ein Praktikum bei der Unternehmensberatung zeigte ihm aber, dass er mit seinem zusätzlichen BWL-Studium den richtigen Weg eingeschlagen hatte. In seinem ersten Projekt helfen auch seine Philosophie-Kenntnisse.

Wieso haben Sie sich entschieden, bei McKinsey einzusteigen?

Ich habe im Studium gemerkt, dass es mir Spaß macht, Probleme zu lösen. Nicht nur darüber nachzudenken, sondern sie auch bis zum Ende zu bringen. Da schien mir die Arbeit in einer Unternehmensberatung passend. An der WHU hatte ich einige Freunde, die ein Praktikum bei McKinsey gemacht haben - daher habe ich mich dann dort auch beworben.

Direkt für einen Festeinstieg?

Nein, zunächst habe ich ein Praktikum gemacht. Ich wollte zusätzlich noch ins Investmentbanking hineinschnuppern und war auch für ein paar Monate in London. Nach meinem Studium hatte ich dann Angebote für beide Varianten, habe mich aber schließlich für McKinsey entschieden. Ich komme viel herum und erhalte Einblicke in verschiedene Industrien. Außerdem habe ich im Praktikum einige Kollegen kennengelernt, die mittlerweile zu Freunden geworden sind. Die Atmosphäre bei McKinsey ist sehr offen und locker.

Wie lief das Bewerbungsverfahren ab?

Ich habe zunächst meine Unterlagen auf der McKinsey-Website hochgeladen und bekam dann ein paar Wochen später eine Einladung zu einem Auswahltag. An diesem Tag nahm ich an zwei Interviews mit Beratern teil, und schon 24 Stunden später hatte ich die Zusage fürs Praktikum. Weitere vier Wochen später ging es los.

Was passierte bei den Interviews?

Bei beiden Interviews ging es zur Hälfte um meinen Lebenslauf, zur Hälfte um eine Fallstudie. Die Berater haben sich über einen Aspekt in meinem CV in der Tiefe unterhalten. Ich war sehr nervös, aber die Berater haben mir durch ihre Lockerheit geholfen. In einem Case ging es um die Liberalisierung des Energiemarktes. Ich sollte eine Strategie entwickeln und herausfinden, ob es sinnvoller ist, den Preis zu senken oder zu heben. Der andere Case hatte ein Mobilfunkunternehmen zum Thema. Ich sollte Ideen liefern, mit denen das Unternehmen weniger Kunden verlieren würde. Obwohl ich dachte, dass ich mich nicht gut geschlagen hätte, waren die Berater wohl doch ganz zufrieden mit mir.

So klappt der Einstieg bei McKinsey

Wie waren die ersten Tage nach Ihrem Festeinstieg?

Beim Praktikum und auch jetzt gab es eine Einführungsphase. Für Praktikanten ist sie etwas kürzer. In der Einführungswoche lernt man die anderen Einsteiger kennen, wird mit dem Unternehmen vertraut gemacht. Zum Beispiel: Welche Datenbanken gibt es? Wie nutzt man sie? Welche Abteilungen gibt es? Nach dieser Einführung fing direkt mein erstes Projekt an.

Wie viel Verantwortung übernimmt man als Einsteiger?

Es gibt bei diesem Projekt insgesamt fünf Teilprojekte. Für eins davon bin ich selbst verantwortlich, ein anderes teile ich mit einem Team-Kollegen. Aber auch wenn man alleine an einer Aufgabe arbeitet, wird man nie allein gelassen, sondern befindet sich immer in enger Abstimmung mit den erfahrenen Teamkollegen.

Was sind Ihre Aufgaben bei der Studie?

Unser Kunde ist eine europäische Bank, die das Risiko-Management für Kreditausfälle verbessern möchte. Sie will also schneller erkennen können, wenn es irgendwo brenzlig wird. Dazu hat der Klient schon firmeninterne Teams zusammengestellt, die sich mit verschiedenen Aspekten des Projekts befassen. Meine Rolle ist es, die Diskussion zu moderieren und zu organisieren. Dazu spreche ich viel mit den Teams, diskutiere deren Ideen und bringe auch eigene ein. Immer in Absprache mit meinem eigenen McKinsey-Team und unserem Projektleiter. Bei meinem anderen Projektstrang erstelle ich einen Business Case - ich berechne also, wie viel Ertrag das neue Risiko-Management bringen könnte. Ich habe dafür Daten zur Verfügung bekommen und errechne daraus verschiedene Szenarien.

Was hat am Anfang besonders gut geklappt – und wo gab es Schwierigkeiten?

Eigentlich waren die ersten Wochen sehr stimmig - ohne Stolperfallen. Das liegt wohl auch daran, dass ich durch das Praktikum schon wusste, wie das bei McKinsey läuft. Außerdem arbeite ich beim gleichen Klienten, was die Einarbeitung leichter macht. Zudem wird man bei McKinsey auch als Anfänger ernst genommen, das hilft. Schön war, dass wir mit unserem Projekt sehr schnell vorankamen. Es ist zeitkritisch, aber wir haben so gut zusammengearbeitet und schnell sinnvolle Ergebnisse erarbeitet, dass wir bislang keine Verzögerungen hatten.

Es gibt derzeit Gerüchte, dass Beratungen momentan nicht einstellen. Hatten Sie überlegt, vielleicht zunächst noch einen Master zu machen und es dann mit dem Einstieg zu versuchen?

Nein, darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich wusste ja, dass ich ein Angebot habe - und das wollte ich auch nutzen. McKinsey hat es auch nicht zurückgezogen, obwohl sie es mir ja schon lang vor der Krise gemacht hatten. Eine Promotion oder ein Master kommen daher momentan nicht in Frage - vielleicht in ein paar Jahren. Außerdem möchte ich meine Lebensplanung nicht von wirtschaftlichen Schwankungen beeinflussen lassen.

Wie fühlen Sie sich als Philosoph bei einer Beratung? Gibt es kritische Blicke?

Ich bin ja nicht der einzige 'Exot' hier. Nur die Hälfte der Berater bei McKinsey hat BWL studiert. Mein derzeitiges Team ist auch bunt gemischt bei den Studienhintergründen. So hat im Team auch jeder einen Bereich, in dem er Spezialist ist. Den Mathematiker kann man gut zu Statistiken befragen, zum Beispiel. Als Philosoph macht man sich viele Gedanken zu Meta-Problemen. Welche Strategien gibt es? Wie sollten wir an das Problem herangehen? Für mich ist es wichtig, Fragen konkret zu machen. Also nicht zu sagen "in Polen läuft das Geschäft schlecht", sondern genau zu ergründen, was schlecht läuft, um die Frage konkretisieren zu können. Beispielsweise fragen zu können, weshalb in Polen der Vertrieb im Vergleich zum Rest Europa geringere Erträge erwirtschaftet. Darauf kann man dann auch eine Strategie aufbauen. Ich kann also mein "Philosophen-Werkzeug" so einsetzen, dass das Team davon profitiert.

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