Als Ingenieur zu mcKinsey: Vom Nanokristall zur Energie

Eine übergroße Hand zeigt auf eine Glühbirne, auf die auch ein Blitz zeigt. Auf der Hand läuft eine Person in Richtung der Glühbirne.

Ingenieure haben viele Möglichkeiten, beruflich erfolgreich zu sein - zum Beispiel indem sie Sicherheitssysteme für Autos entwerfen oder an Nanokristallen forschen. Ingenieure in der Unternehmensberatung, das klingt immer noch ein wenig nach Orchideen-Wahl. Zeit zum Umdenken.

Offenheit ist eine Tugend, die für McKinsey zur Corporate Identity gehört. Offenheit für neue Ideen, neue Menschen - und auch für Absolventen jener Studiengänge, die bisher ihre Zukunft nicht in der Unternehmensberatung vermuteten.

Fachgespräche mit den Klienten

Das hängt auch mit der heterogenen Klientenstruktur zusammen. Wenn sich ein Energieunternehmen, eine Tiefbaugesellschaft oder eine Forschungseinrichtung an die Beratung wenden, erwarten sie natürlich in erster Linie Wirtschaftsexpertise. Wer in der Sprache des Auftraggebers sprechen und dessen Geschäftsfeld inhaltlich nachvollziehen kann, hat aber doppelt gute Chancen. Wichtig dafür sind aber auch Berater, die mit Begeisterung dabei sind. Carsten Sürig, promovierter E-Techniker, ist einer von ihnen.

Carsten Sürig (Jahrgang 1966) studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und promovierte direkt im Anschluss. Seit 1996 ist er Berater bei McKinsey und seit 2001 Partner im Düsseldorfer Büro der Unternehmensberatung. Sein Spezialgebiet: Energie.

Herr Sürig, mit welchen Vorstellungen von Ihrem künftigen Beruf haben Sie Ihr Studium der Elektrotechnik begonnen?

Bei der Wahl meines Studienfachs standen für mich nicht die künftigen Berufsmöglichkeiten im Vordergrund, sondern ich habe in erster Linie das studiert, was mir Spaß machte. Mit anderen Worten: Ich bin meiner Begeisterung und Leidenschaft gefolgt. Mathematik und Physik haben mich schon als Schüler fasziniert und Technik hat mich schon immer interessiert. Zudem schien mir das Studium einer Ingenieurwissenschaft die ideale Balance zwischen Forschung und Anwendung zu ermöglichen – ein anspruchsvolles Studium und starke Anwendungsorientierung.

Haben sich diese Vorstellungen zum Ende Ihres Studiums hin verändert?

Am Ende meines Studiums wollte ich zunächst nochmal eine fachliche Tiefbohrung wagen und mir meine "naturwissenschaft- lichen Hörner" abstoßen. Deshalb entschied ich mich ganz bewusst für eine Promotion. Und daraus ist dann auch wirklich eine spannende und lehrreiche "Exploration" geworden: Anfang 1996 verteidigte ich im Rigorosum meine an der Schnittstelle zwischen Elektrotechnik und Physik angesiedelte Doktorarbeit mit dem Thema "Nanokristalline magnetische Aufzeichnungs- medien". Zuvor hatte ich fünf Jahre lang den erforderlichen Messaufbau zusammengelötet sowie Proben nach einem eigenständig entwickelten Verfahren gekocht und anschließend vermessen. So testete ich mathematische Modelle zu hartmagnetischen Werkstoffen an neuen magnetischen Aufzeichnungsmedien.
 
Entscheidend für meinen weiteren Werdegang war aber noch etwas ganz anderes: Während der Zeit als Doktorand habe ich mein erstes großes Projekt mit einem mehrköpfigen Team geleitet. Inhaltlich betrachtet war die Aufgabe zwar sehr stark wissenschaftlich orientiert, die Vorgehensweise im Projekt lag allerdings schon recht nahe dran an dem, was ich heute als Berater mache: neue Ideen entwickeln, Prozesse managen und Menschen zusammenführen. Diese Erfahrung hat meinen späteren Einstieg in die Beratung einfach gemacht.
 
Auch angesichts dieses Erfahrungshintergrunds stand für mich zum Ende der Promotion fest, dass ich nicht in die Forschung & Entwicklung gehen wollte. Denn mir war klar, dass meine Zukunft in der Wirtschaft, genauer im Management, liegt. Ich wollte nicht den typischen weiteren Werdegang durchlaufen, sondern etwas Ungewöhnliches tun.

Wie wurden Sie auf McKinsey aufmerksam?

Durch Zufall. Ein Diplomand an meinem Institut kannte einen ehemaligen McKinsey-Berater. Dieser zeigte offenbar Interesse an meinem Lebenslauf – und ließ mir ausrichten, ich solle ihn doch einmal anrufen, wenn ich mir grundsätzlich einen Berufseinstieg bei McKinsey vorstellen könne. Zu diesem Zeitpunkt kannte ich McKinsey zwar nur dem Namen nach und war der Meinung, dass Unternehmensberatungen junge BWL-Absolventen und keine 30-jährigen promovierten Ingenieure suchen. Aber ich war doch neugierig geworden. Also rief ich den Bekannten meines Diplomanden an und erfuhr viel über seine Tätigkeit in der Topmanagement-Beratung. Danach war ich sofort Feuer und Flamme für dieses Aufgabenfeld und habe nur wenige Wochen später einen neuen Karriereweg eingeschlagen.

Was war ausschlaggebend für Ihre Entscheidung für McKinsey?

McKinseys Dynamik und Professionalität. Ich wollte möglichst viele Dinge lernen, die einen erfolgreichen Manager aus- machen: Verständnis für ökonomische Zusammenhänge, Mitarbeiterführung, Kommunikation und die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern.
 
Aus heutiger Sicht sprechen auch noch ganz andere Punkte für meine damalige Entscheidung. McKinsey ist das einzige Unternehmen, das ich kenne, in dem jeder, der von einer Idee überzeugt ist, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Kollegen suchen kann. Dies liegt vor allem daran, dass die Arbeit bei McKinsey hierarchiefrei abläuft. Wer Spaß daran hat, Ideen zu entwickeln und diese voranzutreiben, ist dort also sehr gut aufgehoben.

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Welche der Fähigkeiten, die Sie während Ihres Studiums erworben haben, sind für Ihre Beratungstätigkeit wichtig gewesen?

Scharfe Analytik und die Fähigkeit, einerseits Durchhalte- vermögen zu beweisen und andererseits gleichzeitig mit Biss nach der besten Lösung zu suchen. Auf beides hat mich mein Studium sehr gut vorbereitet. Glücklicherweise habe ich schon während meiner Promotion die Erfahrung gemacht, dass zwischen der richtigen Lösung einer Aufgabe und ihrer erfolgreichen Implementierung stets Menschen stehen, die man zunächst von der Richtigkeit der Lösung überzeugen und dann vor allem bei der konkreten Lösung des Problems mitnehmen muss. Daher ist mir von Anfang an klar gewesen, dass und warum Sozialkompetenz für einen Berater von elementarer Bedeutung ist.

Welche Soft Skills sind für einen Berater besonders wichtig?

Berater haben sehr viel mit Menschen zu tun. Deshalb ist Team- und Kommunikationsfähigkeit in diesem Beruf absolut erfolgs- entscheidend. Bei der Projektarbeit geht es eben nicht nur um das Aufzeigen von Optimierungsmöglichkeiten, sondern auch um das Sicherstellen von deren Umsetzung in der Organisation. Und exzellente Lösungen für komplexe Probleme kommen vor allem dann zu Stande, wenn sich Kollegen gegenseitig respektieren und sich auch darauf verstehen, gemeinsam Spaß zu haben.

Was raten Sie Absolventen, die vor der Entscheidung "Industrie oder Beratung" stehen?

Auch als Berater arbeitet man mit Klienten aus der Industrie zusammen. Die Frage, vor der man steht, lautet daher eigentlich: Welche Rolle möchtest du als Hochschulabsolvent bzw. Young Professional künftig bei deiner Arbeit in einem Unternehmen einnehmen? Wenn diese Rolle möglichst interaktiv, international und abwechslungsreich sein soll, dann spricht sicherlich sehr viel für die Beratung. In der Beratung führt immer nur die enge Zusammenarbeit mit dem Klienten zum Erfolg - die Interaktion mit vielen Menschen aus verschie- denen Managementebenen ist typisch für das Consulting. Ein so enges Miteinander erlebt ein Berufseinsteiger in der Industrie üblicherweise nicht. Auch Internationalität und Reisen stehen bei McKinsey an der Tagesordnung. Mit mehr als 80 Büros in über 40 Ländern ist der Austausch mit ausländischen Kollegen ein wichtiger Bestandteil unserer täglichen Arbeit.

Warum ist die Beratung besonders auch für Ingenieure ein attraktives Arbeitsfeld?

Ingenieure bringen aus drei Gründen das optimale Werkzeug mit: Erstens verfügen sie zumeist über überdurchschnittliche analytische Fähigkeiten, die das "A und O" für eine Karriere als Berater sind. Zweitens bereitet das Studium Ingenieure gut auf die Teamarbeit vor, die typisch für die Beratertätigkeit ist. Drittens treffen Ingenieure auf den Teams häufig auf Kollegen mit dem gleichen Hintergrund – immerhin sind fast zwanzig Prozent der McKinsey-Berater Ingenieure – und auch Klienten aus technischen Industrien schätzen Ingenieure in unseren Teams sehr.

An welchen Projekten arbeiten Sie?

Nach der Deregulierung des Energiemarkts hat sich die Energieindustrie zu einem der interessantesten Beratungsfelder in Europa entwickelt. Ich war in den letzten Jahren zum Beispiel an einer großen Unternehmensfusion beteiligt. Darüber hinaus habe ich europaweit Studien bei Energieversorgungsunter- nehmen zu den Themen Regulierungs- und Risikomanagement, Investitionsstrategien und operative Verbesserungsprogramme betreut. In jüngster Zeit beschäftige ich mich besonders mit dem Aufbau und der Optimierung von Commodity-Handels- organisationen – es ist faszinierend zu sehen, wie die früher fast ausschließlich technik- und regulierungsgetriebene Industrie nun mit Finanzinstituten im Wettbewerb steht.

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